Protocol of the Session on February 4, 2010

Auch der Ministerpräsident hat 2008 eine große Innovationsoffensive angekündigt. 145 Millionen € für wirtschaftsnahe Forschungseinrichtungen sollen die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Land stärken. Gerade einmal eineinhalb Jahre später werden mit diesem Doppelhaushalt schon wieder 6 Millionen € bei diesen Programmen gekürzt. Wo bleibt da die Innovationspolitik der Landesregierung in der Krise?

Wir haben im vorletzten Sommer eine große öffentliche Aufführung zum Thema Innovationsgutscheine erlebt. Die wurden mit großem Tamtam eingeführt. Auch wir fanden: Das ist keine schlechte Idee. Die Gutscheine wurden nach und nach auch gut angenommen. Der Wirtschaftsminister erklärt, das sei ein so tolles Projekt, dass auch andere Länder jetzt diese innovative Idee übernehmen wollten. Auch die Begleitforschung kommt zu dem Ergebnis, dass das außerordentlich sinnvoll sei. Was passiert im Haushalt? Die ursprünglichen 2,7 Millionen € werden still und heimlich auf 1,4 Millionen € gekürzt. Das ist Innovationspolitik à la FDP/DVP, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Dr. Rainer Pre- wo SPD)

Des Weiteren gibt es einen 50-köpfigen Innovationsrat. Den hat der Ministerpräsident ins Leben gerufen. Er hat jetzt zwei Jahre lang getagt. Das einzige konkrete Ergebnis, das wir bislang kennen, ist ein Programm für Hochschulabsolventen von MINT-Studienfächern. Das ist alles, was bislang an konkreten Ergebnissen da ist. In diesem Haushalt – allerdings nicht im Einzelplan 07, sondern im Einzelplan 12 – sind hierfür über 30 Millionen € eingestellt, meine Damen und Herren.

Auf der anderen Seite wissen wir, dass diese Landesregierung nicht einmal in der Lage ist, ihre Pflichtaufgaben in der Bildung zu erfüllen – also gute Schulbildung für alle zu ermöglichen, alle Voraussetzungen zu schaffen, damit alle Schülerinnen und Schüler ausbildungsreif die Schulen verlassen, eine gute berufliche Ausbildung zu organisieren und die Hochschulen, die ja wohl für Innovation maßgeblich sind, endlich finanziell solide auszustatten. All das passiert leider nicht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Da klar ist, dass wir in Baden-Württemberg gut aus- und weitergebildete Beschäftigte brauchen, bekommen wir Unterstützung von der Europäischen Union, durch den Europäischen Sozialfonds. Von 2007 bis 2013 sind das insgesamt 87 Millionen €. Was macht diese Landesregierung in der Krise? Sie kürzt bei der Kofinanzierung dieser Mittel und setzt damit das absolut falsche Signal. Dabei wäre es so einfach, denn den gleichen Betrag – 400 000 € – gibt der Wirtschaftsminister für den sogenannten „Automobilsommer 2011“ aus.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Da sehen die ja rot!)

Wir sagen Ihnen: Dieser „Automobilsommer“ ist sinnlos und überflüssig. Er wird kein touristisches Highlight werden. Es wird ein Flop, und am Ende, wenn die Sponsoren nicht kommen, werden die Steuerzahler auf den Miesen sitzen bleiben. Mit Konjunkturhaushalt hat das nichts zu tun, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen)

Das Gleiche gilt für das geplante Parkhaus auf dem Feldberg. 3 Millionen € aus dem Kommunalen Investitionsfonds haben Sie im wahrsten Sinn des Wortes in diesem Haushalt versteckt, um dieses unsinnige Projekt zu fördern. Sie nehmen den Kommunen Investitionsmittel weg, damit für vielleicht 20 Tage im

Jahr, wenn Schnee liegt, die Parksituation auf dem Feldberg verbessert wird. Auch das, meine Damen und Herren, ist Politik von vorgestern, zumal in Zeiten des Klimawandels, und hat mit einem Konjunkturhaushalt nichts zu tun.

(Beifall bei den Grünen)

Zum Schluss zum Thema Wohnungsbauförderung in BadenWürttemberg. Herr Wirtschaftsminister Pfister ist vor nicht allzu langer Zeit komplett aus der Förderung des Mietwohnungsbaus ausgestiegen. Wir sind froh, dass Sie sich von den Grünen und von vielen Verbänden haben überzeugen lassen, dass es wichtig ist, in den Mietwohnungsbau zu investieren und ihn mit öffentlichen Mitteln zu fördern. Sie sind im Jahr 2009 wieder in die Förderung eingestiegen, und Sie haben das Richtige getan, nämlich die Förderung auf Großstädte und Hochschulstandorte zu konzentrieren. Allerdings standen im vergangenen Jahr 120 Millionen € zur Verfügung, und für die nächsten beiden Jahre sind es nicht einmal mehr 50 Millionen €. Das ist viel zu wenig, um den Bedarf im Land zu decken.

(Beifall bei den Grünen)

Was ist zu tun? Es gibt zwei Varianten. Die eine Variante ist das, was die SPD vorschlägt: Man stockt das Volumen auf und nimmt dafür Geld –

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Kredit! Schulden!)

Geld, das in den nächsten Jahren fehlen wird. Man vertagt durch den vorgeschlagenen Verkauf von Forderungen die Finanzierung auf morgen. Das ist für uns Grüne nicht der richtige Weg.

Der andere Weg wäre, zu sagen: Wenn es zu wenig ist, dann haben wir doch den Mut und setzen Prioritäten. Diesen Weg gehen wir. Wir setzen die Priorität auf den Mietwohnungsbau. Das ist vielleicht nicht der Weg, den alle gut finden,

(Abg. Paul Nemeth CDU: Das stimmt!)

aber wir sind davon überzeugt, dass es der richtige Weg ist. Setzen Sie auf den Mietwohnungsbau, um diejenigen Menschen im Land zu unterstützen, die sich ein Eigenheim nicht leisten können. Das ist der richtige Weg; der weist auch in die Zukunft.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

All diese Beispiele zeigen: Es ist kein Konjunkturhaushalt. Es gibt keine neuen Impulse. Das trifft nicht nur auf die von mir dargestellten Bereiche zu, sondern auch auf die Energiepolitik. Mein Kollege Franz Untersteller wird Ihnen jetzt sehr überzeugend darlegen, warum das so ist.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Muss das sein? – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Jetzt plötz- lich?)

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Untersteller. Herr Abgeordneter, Sie haben noch fünf Minuten und 20 Sekunden Redezeit.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jetzt kommen die Un- terstellungen!)

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Löffler hat vorhin in seiner Rede gemeint, man habe mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf und den energiepolitischen Ansätzen darin „Maßstäbe“ gesetzt.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Jetzt wollen Sie mir beipflichten!)

Jetzt kommen wir einmal zu den Maßstäben. Ich will mit einem Zitat beginnen, an dem man sieht, welchen Maßstab Sie anlegen. Vor 24 Jahren, Herr Kollege Löffler, hat der damalige CDU-Fraktionsvorsitzende Erwin Teufel, der spätere Ministerpräsident, in diesem Haus in einer Plenarrede im Landtag Folgendes gesagt:

Die Weichen für Alternativen zur Kernkraft müssen heute gestellt werden

hören Sie gut zu –

und nicht erst im Jahr 2000. Jetzt

wohlgemerkt: 1986 hat er das gesagt –

muss erforscht werden und entwickelt werden, was später in Serie genutzt werden soll. Die Zukunft gehört nicht der Kernkraft, weil kein Mensch mit so großen Risiken leben will, wenn es risikoärmere, gefahrlosere Arten der Energieerzeugung gibt.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Und was wollen Sie mir jetzt vorhalten?)

Das ist der Maßstab. Und Sie erzählen uns im Jahr 2010, dass das Energiekonzept 2020, das dem Haushalt jetzt zugrunde liegt, zum Ziel hat: „Wir wollen Energie auch nach dem Jahr 2020 zu 50 % aus Kernkraft sowie zu 30 % aus fossilen und zu 20 % aus erneuerbaren Energieträgern erzeugen.“ Sie sagen, das sei ein Maßstab, der uns energiepolitisch voranbringe. Das kann nicht Ihr Ernst sein. Das ist rückwärtsgewandte Ener giepolitik,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: 30 Jahre zurück!)

die Sie betreiben, wenn man einmal überlegt, was Herr Teufel damals gesagt hat. Sie halten an einer völlig überkommenen Energiepolitik fest,

(Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

die diesem Land schadet, die uns nicht voranbringt, die uns auch in der Frage des Exports von Effizienztechnologien und Technologien zur Nutzung regenerativer Energien nicht voranbringt.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Wir sind weiter als jedes andere Land!)

Ich will Ihnen einmal ein paar Beispiele nennen: Nehmen Sie einmal die zuvor erwähnten Anteile von 50, 30 und 20 %. Sie wollen also den Anteil von 50 % Kernenergie, den wir heute haben, weiter beibehalten; 30 % der Energie sollen aus fossilen und 20 % aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt werden. Bei letzteren kommen wir bereits heute auf einen Anteil von 15 %. Wenn das Wasserkraftwerk in Rheinfelden dazukommt, erreichen wir in diesem Jahr 17 %, 18 %. Das heißt, Sie haben bis 2020 einen jährlichen Zuwachs um 0,2 Prozentpunkte zum Ziel.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Wow!)

Herzlichen Glückwunsch! So viel zu dem Maßstab, den Sie anlegen.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Paul Ne- meth CDU)

Sie halten an Kraftwerkstechnologien fest, die einen Wirkungsgrad von knapp über 30 % haben.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Wenn wir neue bauen wol- len, sind Sie doch immer dagegen! Das ist ja unglaub- lich!)

Knapp 70 % der Energie gehen bei einem Kernkraftwerk als Abwärme ungenutzt ab. Dann stellen Sie sich hin und erzählen uns, wie toll dieses Energiekonzept sei. Andererseits wird aber vom Ministerpräsidenten, auch in der Regierungserklärung zu Beginn dieser Legislaturperiode, davon gesprochen, wie notwendig es sei,

(Abg. Paul Nemeth CDU: Wären Sie bereit, mit uns neue zu bauen? Das ist unglaublich! Er widerspricht sich selbst! – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)