Zum Schluss möchte ich zum Kollegen Ehret kommen. Er hat mich zwar gebeten, hierzu nichts zu sagen, aber, lieber Dieter, ich sage es trotzdem. Heute läuft über den Ticker:
Der Weisweiler FDP-Landtagsabgeordnete Dieter Ehret kandidiert 2011 nicht mehr. Als Grund nannte er seinen Protest gegen die von der Bundesregierung
Lieber Dieter, ich habe dich bei einer Podiumsdiskussion einmal als das Trojanische Pferd in der FDP bezeichnet.
Du weißt, wie das damals ausgegangen ist. Man hat ein Pferd hineingeschickt, hat sogar die Mauer aufgerissen, damit man es hineinziehen konnte, und aus dem Pferd sind nachts die Krieger ausgestiegen und haben Troja eingenommen. So lautet zumindest die Sage.
Leider – das muss ich heute sagen – kann ich dich nicht mehr als Trojanisches Pferd bezeichnen. Du bist zwar hineingegangen, aber du hast den Erfolg, die FDP zu ändern, nicht erreicht. Du bist als Trojanisches Pferd – zumindest inhaltlich – wieder hinausgeschoben worden.
Darauf sind sehr viele Bilder, u. a. von Kurt Beck und Gerhard Schröder. Hier in der Mitte, wo man noch ein Passbild einfügen kann, steht ganz klein: Dein Platz in unserer Mitte.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Thomas Knapp SPD überreicht Abg. Dieter Ehret FDP/DVP eine Beitrittserklärung der SPD.)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal ein paar Worte zum Kollegen Scheuermann. Sie haben auch heute wieder viel Richtiges gesagt. Ich und wir alle zollen Ihnen Respekt für das, was Sie im Umweltbereich, insbesondere beim Thema Flächenverbrauchsreduzierung, vorangetrieben haben.
Ich möchte mich aber auch noch auf Aussagen eines anderen Mitglieds Ihrer Partei beziehen, und zwar auf Aussagen von Ministerpräsident Oettinger. Dieser hat in seiner Regierungserklärung zu Beginn der Legislaturperiode auf die umweltpolitischen Herausforderungen hingewiesen. Er hat wichtige und richtige Fragen gestellt wie z. B.: Wo liegen die Grenzen des Wachstums? Wie viel Konsum können wir uns leisten? Wie können wir schädliche Emissionen reduzieren? Wie können wir den Klimawandel stoppen? Er hat von Energiesparen, Energieeffizienz und erneuerbaren Energien gesprochen. Auch hat er das Ziel der Nettonull beim Flächenverbrauch gesetzt.
Ich sage: gar nicht. Statt das Umweltressort zu stärken, werden die Mittel Jahr für Jahr gekürzt, und zwar stärker als in anderen Bereichen. Gerade noch 0,94 % der Gesamtausgaben des Landes entfallen auf das Umweltressort.
Die Umweltverwaltung war auch schon bei den Personalkürzungen in den vergangenen Jahren überproportional betroffen. Im gesamten Ressort gibt es jetzt noch 860 Personalstellen. Das sind etwa vier Promille der beim Land Beschäftigten.
Statt den Umweltbereich kleinzusparen, bedürfte es einer Stärkung, insbesondere der Arbeitsbereiche, die sich mit Zukunftsfragen beschäftigen, die konzeptionell arbeiten, die neue Ideen entwickeln und befördern.
Stattdessen hält man an den bestehenden Strukturen fest. Man schiebt das eine oder andere Referat in eine andere Abteilung, aber man ändert nichts an der Gewichteverteilung.
Der stärkste Bereich im Umweltministerium ist nach wie vor die traditionell starke Wasserwirtschaft.
Andere, zukunftsgerichtete Bereiche wie die Umweltforschung oder das Aufgabenfeld Nachhaltigkeit bleiben schwach und schmächtig.
Die LUBW, die auch Aufgaben im konzeptionellen Bereich hat, die als Ideenschmiede dienen könnte und wichtige Beiträge zur Beantwortung der von Ministerpräsident Oettinger aufgeworfenen Fragen liefern müsste, dient als Sparschwein. Jedes Jahr wird hier um 1 Million € gekürzt, sodass am Ende kaum noch die Pflichtaufgaben erfüllt werden können.
Dementsprechend sieht die Umweltpolitik der Landesregierung auch aus: Solide, aber ganz und gar nicht innovativ.
(Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Franz Un- tersteller GRÜNE – Gegenruf des Abg. Winfried Scheuermann CDU)
In weiten Teilen läuft man Vorgaben der EU hinterher, ohne eigene Akzente zu setzen. Die einzige Ausnahme aus den vergangenen Jahren, die mir einfällt, ist das Erneuerbare-Wärme-Gesetz.
Auch die Nachhaltigkeitsstrategie ändert nichts an diesem Bild. Sie besteht aus vielen kleinen Projekten. Es fehlt das klare Profil. Bezeichnend ist auch, dass keiner meiner Vorredner auf die Nachhaltigkeitsstrategie eingegangen ist. Insgesamt fehlt also der Einfluss auf die Landespolitik.
Wenn ich mir allein das Ziele-Sammelsurium anschaue, das für jegliche Art der Projektsteuerung völlig ungeeignet ist, dann ist klar, dass das Konstrukt dem Begriff „Strategie“ nicht gerecht wird.
Haushaltsberatungen – das haben mir auch die Finanzausschussberatungen sehr bewusst gemacht – sind nur bedingt geeignet, um die eigenen Vorstellungen deutlich zu machen und punktgenau Akzente zu setzen.
Wir haben im vergangenen Jahr wieder viele inhaltliche Vorschläge gemacht, die auch mit finanzwirtschaftlichen Auswirkungen verbunden sind. Wir haben Vorschläge zur Abwasserentsorgung gemacht, bei der wir eine weitere Erhöhung des schon sehr hohen Anschlussgrads für ökonomisch und ökologisch unsinnig halten.
Auch der Hochwasserschutz ist bereits angesprochen worden. Auch hierbei gehen ökologische und ökonomische Optimierung Hand in Hand. Der von den Regierungsfraktionen eingebrachte Antrag auf weitere Anhebung der ohnehin schon erhöhten Mittel für die Unterhaltung wasserbaulicher Anlagen steht für ein „Weiter so!“, aber nicht für die notwendige Optimierung der Gewässerunterhaltung in ökologischer und ökonomischer Hinsicht.
Die „Kies-Affäre“, zu der schon heute Morgen Wesentliches gesagt worden ist, zeigt sehr deutlich, dass der Hochwasserschutz noch unter ganz anderen, von der Regierung hausgemachten Blockaden leidet. Mehr Geld hilft hier gar nicht weiter.
Beim Flächenverbrauch setzen wir – im Übrigen im Einklang mit dem Nachhaltigkeitsbeirat Baden-Württemberg und mit der Kommission Bodenschutz des Umweltbundesamts – auf wirksame Instrumente, wie handelbare Flächenzertifikate. Wir setzen auch auf die konsequente Anwendung dessen, was rechtlich möglich ist.
Immer mehr Modellprojekte, auch noch auf mehrere Ressorts verteilt – es wurde schon angesprochen; auf diesem Feld tummeln sich nicht nur das Umweltministerium, sondern auch das Wirtschaftsministerium und das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum –, bringen uns nicht weiter. Mehr Förderprojekte stehen für Aktivismus, aber nicht für eine zielgerichtete Vorgehensweise.
Der Klimaschutz ist eine der wichtigsten Aufgaben der Politik weltweit und in Baden-Württemberg. Wir reden hier viel von Klimaschutz, aber die Landesregierung wird ihrer Verantwortung nicht gerecht. Das zeigt sich auch an diesem Haushalt, selbst wenn ich die vom Kollegen Scheuermann genannten nicht finanzwirksamen Maßnahmen berücksichtige.
Besonders bedeutungsvoll ist der Zustand der landeseigenen Gebäude. Das Land ist direkt dafür verantwortlich, dass zur Deckung des Energieverbrauchs in den 8 900 Landesgebäuden 460 000 t CO2 im Jahr erzeugt werden. Wir haben aufgezeigt, dass es beim jetzigen Sanierungstempo 150 Jahre dauern würde, bis alle Gebäude saniert wären.
Wir haben bei der Verabschiedung des Erneuerbare-WärmeGesetzes Druck gemacht, damit sich auch die öffentliche Hand und nicht nur die Privaten bei der Gebäudesanierung anstrengen.