Protocol of the Session on February 3, 2010

Denn wir sagen Ihnen: Wer tagein, tagaus an einer Stelle, an der es richtig brenzlig werden kann und auch brenzlig wird, wer dort, wo die zunehmende Gewaltbereitschaft täglich zu spüren ist, einen Dienst verrichtet, der häufig mit Beleidigungen, körperlichen Blessuren und Verletzungen verbunden ist, hat eine angemessene Vergütung verdient.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Ich möchte Ihnen auch sagen, meine Damen und Herren: Die Polizei hat auch Ihre Haushaltsspielchen satt. Im ursprünglichen Haushaltsentwurf – ich gehe einmal davon aus, dass er mit dem Segen des Ministers eingebracht wurde – war vorgesehen, die Polizeizulage für die in Ausbildung befindlichen Polizeianwärter zu streichen. Schließlich wird dieses Vorhaben zurückgenommen – das war zu erwarten, denn es war natürlich zwischen den Koalitionsfraktionen und der Regierung abgesprochen –, und es wird die Polizeizulage nach wie vor noch geben.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das sind Spielchen! – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Das Schlimme, Herr Blenke, ist: Dafür erwarten Sie auch noch Beifall seitens der Polizei. Ich sage Ihnen: Den werden Sie

nicht bekommen, denn diese Spielchen hat die Polizei längst durchschaut;

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

sie fühlt sich bei diesen Spielchen missbraucht.

Meine Damen und Herren, nicht nur die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht auf Sicherheit – das ist überhaupt keine Frage –, sondern es gilt auch, unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten mehr Sicherheit zu geben.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Dafür wäre es dringend erforderlich, dass Sie nicht nur die neuen Herausforderungen beschreiben – das haben Sie getan, und zwar zu Recht, wie ich ausdrücklich sagen will –, sondern auch Lösungen anbieten, wie diese Herausforderungen bewältigt werden können, und vor allem auch entsprechend handeln.

Wie schwer Ihnen das fällt, zeigen Ihre zögerlichen Aktivitäten z. B. beim Stichwort Geldwäsche in Baden-Württemberg. Nachdem Sie dem Thema Geldwäsche über lange Zeit keine Bedeutung beigemessen haben – dafür mag es Gründe geben –,

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Na, na, na! – Gegen- ruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

sehen Sie sich nun aufgrund einer Rüge des Bundes und einer Beschwerde bei der EU genötigt – so muss ich sagen –, entsprechende Haushaltsmittel für die Jahre 2010 und 2011 einzustellen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ob Sie es damit wirklich ernst meinen, meine Damen und Herren, werden wir im Laufe dieser zwei Haushaltsjahre genau in Augenschein nehmen.

Herr Kollege Heinz: Baustelle Katastrophenschutz. Der Handlungsbedarf, der Investitionsstau in diesem Bereich wird in der Summe auf annähernd 40 Millionen € geschätzt. Die Landesregierung – Sie schütteln den Kopf; ich weiß es – spricht von 31 Millionen €. Aber dass Ihre Zahlen häufig nicht richtig sind, brauche ich an dieser Stelle nicht zu erwähnen.

(Zuruf des Abg. Werner Raab CDU)

Selbst wenn wir unterstellen würden, dass 31 Millionen € ausreichten, um eine Minimalversorgung – so haben Sie es selbst genannt – im Katastrophenschutz sicherzustellen, würden Sie Ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht. Denn Sie stellen in den Haushaltsjahren 2010 und 2011 die für den Zehnjahreszeitraum erforderlichen Mittel gar nicht bereit. Erforderlich wären Mittel in der Größenordnung wie im letzten Haushalt. Da hatten es die Regierungsfraktionen mit ihrem „Spielgeld“ auf die notwendige Höhe von 3,1 Millionen € gebracht. Die stellen Sie aber im Haushalt 2010/2011 nicht ein. Vielmehr veranschlagen Sie nur etwa 30 % der dringend erforderlichen Mittel.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Unglaublich! – Abg. Walter Heiler SPD: Skandal!)

Wie Sie angesichts dieser Tatsache Ihrem Risikoszenario, Herr Minister, das Sie selbst beschrieben haben – Überschwemmungen, Sturmschäden, kritische Infrastruktur, Terroranschläge, auf die auch Sie, Herr Heinz, hingewiesen haben, oder schwere Unfälle –, mit den deutlich zu niedrig veranschlagten Mitteln gerecht werden wollen, das bleibt zumindest mir schleierhaft.

Meine Damen und Herren, zu den Baustellen oder, besser gesagt, zu der Kraterlandschaft im Verkehrsbereich wird mein Kollege Haller in der zweiten Runde Stellung nehmen.

Ich möchte am Ende meiner Ausführungen namens der SPDFraktion all denen danken, die trotz der Haushaltspolitik der Landesregierung und der Regierungsfraktionen ihre Pflicht tun. Sie tun häufig deutlich mehr als ihre Pflicht. Mit ihrem persönlichen Einsatz gewährleisten sie unsere Sicherheit im Land. Dank gilt auch all denen, die in den einzelnen Bereichen des Innenressorts letztlich unserem Staat dienen und für ein funktionierendes Gemeinwesen sorgen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abg. Gall, gestatten Sie noch eine Nachfrage des Herrn Abg. Heinz?

Bitte schön.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber die Redezeit an- halten!)

Lieber Kollege Gall, ich wollte Sie fragen, wie Sie die 20 Millionen € in Ihrem Rechenexempel einsortieren. Wir bekommen doch 20 Millionen € über das Konjunkturprogramm II für den Katastrophenschutz. Wenn Sie jetzt praktisch 10 Millionen € Differenz rechnen – –

(Abg. Walter Heiler SPD: Frage stellen! – Abg. Ur- sula Haußmann SPD: Eine Frage!)

Ich habe doch schon eine Frage gestellt. Ich möchte wissen, ob er das vergessen hat. Ich kann seine Rechnung nicht nachvollziehen.

Ich sage schlicht und ergreifend: Sie selbst haben die Zahl von 31 Millionen € genannt. Ich spreche nach Rücksprache mit all denen, die im Katastrophenschutz tätig sind – Sie einmal ausgenommen –,

(Lachen des Abg. Hans Heinz CDU)

von 40 Millionen €.

Sie haben in den zurückliegenden Haushaltsjahren ein Zehnjahresprogramm aufgestellt. Die Rechnung lautet: Wenn 31 Millionen € in zehn Jahren zugrunde gelegt werden, sind dies 3,1 Millionen € pro Haushaltsjahr. Im Haushalt sind aber nur 1 Million € veranschlagt worden.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Richtig!)

Das Wort erhält Herr Abg. Sckerl.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Einzelplan 03 ist einer der großen Einzelpläne dieses Doppelhaushalts. Natürlich wird vom zuständigen Minister erwartet, dass er einen Einsparbeitrag liefert. Wenn nicht der Einzelplan 03 einen Einsparbeitrag liefert, welcher Einzelplan dann?

Es steht außer Frage, dass wir sparen müssen. Dies haben wir in der Generaldebatte besprochen und dargelegt. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten dies zu Recht. Die Frage ist nur, in welchen Bereichen wir sparen, in welchen Bereichen wir Leistungen verbessern können und in welchen Bereichen wir Reformen durchführen müssen.

Würdigen wir zunächst einmal den Einsparbeitrag von 223 Millionen €. Herr Minister, das ist schon einmal etwas; das soll nicht unerwähnt bleiben. Es ist auch keine Frage, dass es beim Einzelplan 03 aufgrund des hohen Personalkostenanteils nicht einfach ist, diesen zu durchforsten und Sparmaßnahmen umzusetzen. Das ist völlig klar, das wissen wir.

Dennoch sehen wir eine ganze Reihe von Defiziten, die wir beseitigen müssen. Dies gilt beispielsweise für die Verwaltungsreform. Ich will heute nicht mehr über die Verwaltungsreform der Jahre 2004 und 2005 streiten. Auf der Ebene der Landkreise hat man sich damit arrangiert. Man könnte aber mehr tun. Es könnten noch mehr Synergieeffekte erreicht und noch mehr Struktureinsparungen realisiert werden. Allein das System dieser Verwaltungsreform verhindert eine Fortsetzung. Aufgrund der Größe der Herausforderungen, vor denen wir stehen, ergibt sich aber bereits jetzt der Zwang zu weiteren strukturellen Einsparungen. Der Sprung der Jahre 2004 und 2005 war zu kurz. Wir müssen weiter springen.

(Abg. Hans Heinz CDU: Wohin denn?)

Wir brauchen eine Perspektive, um die mittlere Verwaltungsebene – Stichwort Regierungspräsidien – mit einer Strukturreform überflüssig zu machen und in den Regionen eine neue, vernünftige Verwaltungsebene zusammenzuführen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut! – Abg. Hans Heinz CDU: Dann hätten wir noch mehr Ebenen!)

Das war bereits Diskussionsthema im Jahr 2004. Damals haben SPD und Grüne ähnliche mutige und weitreichende Vorschläge gemacht. Das war für Sie damals gar kein Thema, Herr Heinz. Wann, wenn nicht jetzt, soll dies aber Thema sein, da wir vor gewaltigen finanziellen und strukturellen Herausforderungen stehen und Reformen auf den Weg bringen müssen? Der Doppelhaushalt 2010/2011 liefert bedauerlicherweise keine Antwort auf diese großen Herausforderungen. Wir hoffen aber darauf, dass es dennoch möglich sein wird, die Debatte darüber zu führen, Herr Minister.

Zweites Stichwort: Dienstrechtsreform. Da ist es, sage ich einmal, überfällig, dass die Landesregierung endlich einen vernünftigen Entwurf liefert. Die kleine grüne Landtagsfraktion hat im Jahr 2007 einen kompletten Entwurf zur Dienstrechtsreform einschließlich ihrer Finanzierung in allen Einzelheiten und Verästelungen geliefert. Das ist drei Jahre her. Wir warten bis zum heutigen Tag auf einen vergleichbaren Entwurf der Landesregierung, der diese Debatte voranbringt und der endlich auch einmal die Frage beantwortet: Wie schaffen wir es, ein attraktives, modernes öffentliches Dienstrecht auch in

Bereichen, in denen Sie, Herr Minister, zuständig sind, auf den Weg zu bringen? Ich nenne die Stichworte Polizeilaufbahnen, zweigeteilte Laufbahn sowie die Beseitigung der Probleme vieler Polizistinnen und Polizisten, die sich irgendwo im Mittelfeld ihrer beruflichen Karriere befinden und bis zum Ende ihrer Laufbahn viel zu wenig Aufstiegsmöglichkeiten und eine viel zu geringe Bezahlung haben.

Da gibt es dringenden Handlungsbedarf. Wir fordern Sie auf, im Laufe dieses Jahres die notwendigen Konzepte in den Innenausschuss und in den Landtag einzubringen.

(Beifall bei den Grünen)

Das Stichwort Datenschutz wurde vorhin schon zu Recht genannt. Wir hätten erwartet, dass die Zusammenführung des Datenschutzes im öffentlichen und im privaten Bereich ers tens jetzt stattfindet und zweitens im Doppelhaushalt 2010/2011 haushaltsmäßig dargestellt wird, dass die unwürdige Diskussion über Stellen und mehr Effizienz bei dieser wichtigen Aufgabe im Vorfeld gelöst wird und die Landesregierung eine klare Aufstellung dazu hat. Das hat sie leider nicht. Das ist und bleibt unbefriedigend.