Protocol of the Session on February 3, 2010

In den Haushaltsjahren 2010 und 2011 betragen die Einnahmen jeweils rund 688 Millionen €, die Ausgaben rund 1,4 Milliarden €. Daraus ergibt sich ein Deckungsgrad von nur etwa 49 % im Jahr 2010 und 48 % im Jahr 2011.

Lassen Sie mich zunächst zu den wichtigsten Reformen im Justizbereich kommen. Eine bedeutende Reform ist die Notariatsreform. Die bundesgesetzlichen Voraussetzungen sind jetzt geschaffen. Wir beginnen nun, die landesrechtlichen Folgeänderungen vorzunehmen und das Anhörungsverfahren durchzuführen. Das freie Notariat wird bis zum Jahr 2018 realisiert sein.

Ich denke, dass wir durch die enge Zusammenarbeit mit den Notariatsverbänden sicherstellen können, dass Regelungen geschaffen werden, die eine hohe Akzeptanz haben. Insbesondere möchte unsere Fraktion sicherstellen, dass die Notare, die ja bisher beamtet sind, ihre Versorgungsansprüche auch in ihren freien Beruf mitnehmen können.

Eine wahre Herkulesaufgabe ist auch die Grundbuchamtsreform. Über 600 kommunale Grundbuchämter werden zu elf regionalen Standorten zusammengeführt. Es dürfte klar sein, dass dies organisatorisch nicht ganz einfach ist und auch Unbehagen auslösen kann.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Ja! Zu Recht! – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Aber da seid ihr für Konzentration! – Gegenruf des Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Ein bisschen Gottvertrauen, Herr Kolle- ge!)

Aber durch die Grundbucheinsichtstellen der Gemeinden kann man ebenfalls in kurzer Zeit Auskünfte bekommen. Es wird ein sehr bürgernahes System geben.

Durch den finanziellen Anreiz von 6 € je Grundbuch, das jetzt noch digitalisiert wird, werden die Gemeinden noch zahlreiche Grundbücher digitalisieren. Unsere Fraktion verfolgt diesen Prozess sehr genau und kann dem Justizministerium bescheinigen, dass es mit viel Sachverstand bei der Umsetzung der Reform ist.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Na ja! – Abg. Ur- sula Haußmann SPD: Was? Ojemine!)

Ein anderes Thema, das uns schon oft beschäftigt hat, ist die Übertragung der Straffälligen- und Bewährungshilfe auf einen freien Träger. Ich glaube, jetzt feststellen zu dürfen, dass die Firma NEUSTART gut arbeitet. Es wurden zusätzlich 40 hauptamtliche Bewährungshelfer eingestellt und weitere 300 ehrenamtliche Helfer gewonnen,

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Unglaublich!)

die ihre Arbeit, Herr Kollege Oelmayer, sehr motiviert machen. Das hat sich also absolut bewährt.

Ein erfreuliches Kapitel sind sicher auch die Arbeit der Bewährungshilfevereine sowie das Netzwerk Straffälligenhilfe und hier natürlich das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“, das wir alle fördern. Wir haben hierfür jetzt im Haushalt 1,715 Millionen €; damit haben wir den Haushaltsansatz pro Jahr um 100 000 € aufgestockt.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Sehr gut!)

Dieses Projekt ist erfolgreich. Es ist auch kostenentlastend für unser Land.

Ich komme noch einmal zu NEUSTART. Ich denke, dass Sie mit Ihrer Kritik, Herr Oelmayer, etwas leiser geworden, ja fast verstummt sind.

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Er wird halt älter! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: War das eine Auf- forderung?)

Denn auch Sie sehen, dass hier etwas gut läuft.

Ein weiteres Thema sind die Ergebnisse der Strafverfolgungsstatistik. Hier zeigt sich ein Rückgang der Straftaten, sodass unser Land mit Sicherheit als sicheres Land bezeichnet werden kann. Sicherlich ist die Gewaltkriminalität unter Jugendlichen ein Problem, für das es keine Patentrezepte gibt. Die Aktivitäten der Behörden werden hier allerdings immer bes

ser verzahnt, und es gibt bei uns auch relativ kurze Verfahrenslaufzeiten, was auch wichtig ist.

Die CDU-Fraktion sieht zudem noch einen gewissen Handlungsbedarf im Bereich des Jugendstrafrechts. Der Strafrahmen für schwerste Straftaten muss erhöht werden,

(Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

und auch ein Warnschussarrest für zu einer Bewährungsstrafe verurteilte Jugendliche muss ermöglicht werden.

Im neuen Koalitionsvertrag auf Bundesebene werden unsere Vorschläge teilweise auch aufgegriffen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Ojemine!)

Lassen Sie mich jetzt auch zur Integration noch etwas sagen. Immer wieder hat unser Land vor diesen Aufgaben gestanden. Gute Rahmenbedingungen sind notwendig, um die Integration zu ermöglichen. Der Landesintegrationsplan hat dafür eine gute Grundlage geschaffen. Baden-Württemberg will allen Migranten eine gute Heimat sein. Aber es ist auch erforderlich, dass sich der Migrant bemüht und z. B. an Deutschkursen teilnimmt – was leider nicht immer der Fall ist. Wir haben nun gute Förderangebote. Ebenso wichtig ist, dass unsere Werteordnung, die im Grundgesetz vorgegeben ist, beachtet werden muss.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: So ist es!)

Deshalb unterstützen wir Sie, Herr Minister Professor Dr. Goll, auch bei Ihren Aktivitäten beim Thema „Bekämpfung der Zwangsheirat“ und beim Thema Genitalverstümmelung.

Meine Damen und Herren, der Justizhaushalt gehört zu den kleineren Haushalten. Trotzdem arbeiten über 19 000 Menschen im Land in diesem Bereich, die meisten von ihnen – fast alle – mit großem Engagement und Einsatzfreude in wichtigen Fachgebieten. Ihnen gilt der Dank der CDU-Fraktion,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Lobet und danket!)

denn sie sind die Garanten für das Funktionieren unseres Rechtsstaats.

Besonders bedankt sich unsere Fraktion bei Ihnen, Herr Jus tizminister, und bei Ihren Mitarbeitern für die kompetente Arbeit.

Herzlichen Dank für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Guter Mann!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Stickelberger das Wort.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Jetzt einmal zur Sa- che! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt tu doch nicht so, als würdest du etwas da- von verstehen! – Gegenruf der Abg. Ursula Hauß- mann SPD: Mehr als du! – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Das ist aber normalerweise rügepflichtig!)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Justizhaushalt des Landes Baden-Württemberg bietet wenig Spielraum. Kollege Hitzler hat darauf hingewiesen. Es ist ein Verwaltungshaushalt, ein Personalhaushalt, der zu 50 % aus Personalkosten und einem großen Teil aus Versorgungslasten besteht. Damit sind mehr als drei Viertel des Haushaltsvolumens aufgezehrt.

Dieser Haushalt ist natürlich schon seit Jahren auch durch die schwierige Haushaltssituation geprägt. Wir wissen, dass gerade in der Justiz auch schmerzhafte Einsparungen gemacht wurden. Umso bewundernswerter ist es, wie die Beschäftigten in den Strafanstalten, in Gerichten, Staatsanwaltschaften und anderen Behörden der Justiz diese Einsparprogramme bewältigt haben.

Ihnen gebührt der Dank für gute Arbeit, für gute Erledigungszahlen, für solide Arbeit im Interesse der Bürger – trotz schwieriger Bedingungen, trotz großer Systemveränderungen, die anstehen, etwa im Bereich des Grundbuch- und Notariatswesens. Da stehen wir vor riesigen Reformen, die bis zum Jahr 2018 dauern. Die Justiz bereitet sich darauf vor. Ein Dank gilt deshalb den Bediensteten in der Justiz auch von unserer Seite. Ihre Tätigkeit ist sicher nicht der Grund, warum wir diesen Haushalt ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte mich nicht so sehr mit den bundespolitischen Aktivitäten befassen, die Sie auch angesprochen haben, Herr Kollege Hitzler. Vieles fällt in die Zuständigkeit des Bundes. Dabei kann das Land zuarbeiten, kann Vorschläge machen und kann Entwürfe einbringen.

Ich möchte mich aber mit einigen Punkten aus dem Haushalt befassen. Dabei möchte ich gar nicht mit ein wenig Lob sparen, was allerdings nicht allzu lange dauern wird.

(Heiterkeit des Abg. Peter Hofelich SPD)

Wir begrüßen – ich glaube, einhellig, fraktionsübergreifend –, dass die k.w.-Stellen im Bereich der Arbeits- und Sozialgerichte weitergeführt werden können. Diese beiden Gerichtszweige brauchen die Stellen gerade im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung. So, wie sie sich abzeichnet, werden wir dort unter Umständen noch gewaltige Zuwächse bei den Verfahrenszahlen haben.

Wir begrüßen natürlich auch die Mittelbereitstellung für das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“. Es ist ein lobenswertes Projekt, das, glaube ich, zur Akzeptanz von Strafe beiträgt, das hilft, Strafe sinnvoll zu regeln, und das letztlich auch zu einem finanziellen Erfolg oder zumindest zu Einsparungen führen kann, die wir mit der Haftverbringung nicht hätten.

Insgesamt gibt es dafür Lob, ebenso wie für die Mittelbereitstellung im Bereich der Psychotherapie für Gewalt- und Sexualstraftäter.

Wir haben auch der Verbesserung der Ausstattung von Räumen für Kinder bei Familiengerichtsangelegenheiten zugestimmt. Auch das ist eine sinnvolle Maßnahme. Dabei müssen wir uns schon fragen, ob dann, wenn bei einem Titel, der einen Betrag von 23 Millionen € umfasst, aus den Koalitions

fraktionen ein Antrag kommt, diese Mittel um 25 000 € zu erhöhen, wirklich die Sache im Vordergrund steht oder ob das Ganze nicht unter der Rubrik Show zu verbuchen ist.

(Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

Wir wissen natürlich, dass es wichtig ist, in vielen Bereichen auch personelle Verstärkung vorzusehen. Das ist im Rahmen der Haushaltsmittel nur begrenzt möglich. Dabei gibt es doch einiges zu bedenken. Herr Justizminister, jetzt werden sieben Staatsanwaltsstellen allein für das Verfahren zur Abwicklung der Ermittlungen gegen die Landesbank Baden-Württemberg neu geschaffen. Sieben Stellen! Wir fragen uns schon, ob Sie dabei die richtigen Schwerpunkte setzen.

(Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

Was passiert eigentlich in den anderen Bereichen, im Bereich der Gewaltkriminalität, der Schwerstkriminalität, der Bandenkriminalität, der organisierten Kriminalität und vor allem auch im Bereich der Wirtschaftsdelikte? Wo bleiben da die personellen Verstärkungen? Setzt man hier nicht einseitig nur auf ein Pferd und vielleicht sogar auf das falsche? Vor allem gibt es uns zu denken, wenn wir in diesen Tagen lesen, dass nach fünfjähriger Ermittlungsarbeit ein Strafverfahren