Protocol of the Session on January 19, 2010

Nur, das Problem ist: Das, was Herr Ackermann sagt, ist das eine, und das, was geschieht, ist das andere. Den Fonds gibt es heute noch immer nicht.

Ich will nur darauf aufmerksam machen: Ihre Analyse, dass alles von allein besser werde, ist falsch. Wenn Sie die Regierung übernehmen und weiterhin sagen: „Bürgschaften reichen, und im Notfall erhöhen wir den Bürgschaftsrahmen“ – – Bürgschaften sind dann sinnvoll, wenn Unternehmen kreditwürdig sind und einen Kredit bekommen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Wenn ein Unternehmen aber keine Sicherheit mehr zu bieten hat – das heißt, wenn das Eigenkapital weitgehend aufgezehrt ist –, dann hilft die Bürgschaft nicht, weil es keinen Kredit gibt.

(Zuruf des Abg. Stefan Mappus CDU)

Dann bedarf es einer Eigenkapitalunterstützung. Das ist mittlerweile doch bei allen durch.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Stefan Map- pus CDU – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Jetzt wird es blamabel!)

Sie tragen eine hohe Verantwortung, wenn in der Krise wesentliche Substanz in Baden-Württemberg auf der Strecke bleibt. Sie tragen eine hohe Verantwortung, wenn Sie weiterhin durch Untätigkeit glänzen und sagen: „Alles wird gut. Wir sind in Baden-Württemberg so gut, das regelt sich von allein.“ Nichts regelt sich von allein.

(Beifall bei der SPD)

Ich will ein Thema aufgreifen, das auch zum Haushalt gehört. Das ist Ihre Annahme, wir könnten die Wirtschaft auch in Schwung bringen, indem wir die Steuern senken. Das ist in Ihren Augen ja eine Tätigkeit: Wir senken die Steuern und tragen damit wesentlich dazu bei, dass die Wirtschaft in Schwung kommt.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU)

Zu dem Kronzeugen, den Sie jetzt genannt haben – Herrn Schiller –, sage ich: letztes Jahrhundert; kein Bezug zur aktuellen Situation, in der wir uns befinden. Dazu kann ich Ihnen vielmehr lebende Zeugen zitieren. Z. B. hat Herr Franz, der Vorsitzende der Wirtschaftsweisen,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das wissen wir!)

sinngemäß gesagt:

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist bestimmt auch ein Beamter!)

Dass man durch Steuersenkungen ein solches Wirtschaftswachstum induziert, dass dies die Einnahmeausfälle aufgrund von Steuersenkungen durch zusätzliche Steuereinnahmen prak tisch wieder ausgleicht, funktioniert nur beim Baron von Münchhausen. Es ist eine Lügengeschichte.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Lachen des Abg. Stefan Mappus CDU – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Ich sage Ihnen: Sie müssen aufpassen, dass Sie nicht als „Baron Mappus“ in die Landesgeschichte eingehen,

(Oh-Rufe von der CDU)

der an dieses Lügenmärchen auch noch glaubt und es weiter propagiert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Die CDU hat eine Affinität zu den Ad- ligen! Vorsicht! – Abg. Jörg Döpper CDU: Vom „Brutus“ zum „Baron“! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ich kann Ihnen aber auch noch Herrn Koch zitieren:

Steuersenkungen haben für das Wirtschaftswachstum eine geringere Bedeutung, als viele glauben.

Unter den vielen meint er auch Sie.

Um vielleicht auch jemanden aus diesem Haus hier zu zitieren, solange er noch hier ist: Der Ministerpräsident selbst sagte:

Ich erwarte von jedem, der Steuern senken will, die Antwort auf die Frage, wie er das schaffen will.

Diese Antwort, Herr Mappus, sind Sie komplett schuldig geblieben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Sie haben vage spekuliert und gesagt: „Wir treten dann auf die Bremse.“ Dann haben Sie über das geschimpft, was wir als Einsparungspotenziale vorschlagen. Sie haben all die Bereiche genannt, wo Sie nicht sparen wollen, aber Sie sagen, Sie treten „kraftvoll auf die Bremse“. Sie haben überhaupt keine Antwort. Sie haben nicht die Bohne eine Antwort auf die Frage, wie Sie den Haushalt in Ordnung bringen wollen, und wollen weiter Steuern senken.

Jetzt zitiere ich noch einmal Herrn Oettinger,

(Abg. Stefan Mappus CDU: Herrn Ministerpräsident Oettinger!)

der wörtlich sagte:

Ich glaube, wir sollten ehrlich sein und dem Bürger sagen, dass er in den nächsten Jahren von seinem Bruttoeinkommen netto nicht mehr haben wird.

Dieser Appell zur Ehrlichkeit richtet sich auch an Sie, Herr Mappus.

(Beifall bei der SPD – Lachen des Abg. Stefan Map- pus CDU)

Die Analyse ist doch ganz einfach.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Warum haben Sie Maß- nahmen gegen die kalte Progression noch im letzten Jahr verteidigt?)

Das sage ich Ihnen gleich.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Da bin ich aber gespannt! 6 Milliarden €!)

Die Analyse ist doch ganz einfach. Wir müssen erst die Analyse von Herrn Oettinger noch einmal anführen und darlegen, warum er sagt, es bleibe netto nicht mehr übrig. Er sagt, wenn wir jetzt die Steuern senken, dann führe das zu Einnahmeausfällen – insbesondere bei den Kommunen – und dann würden die Kommunen kommen und es von den Bürgern wieder holen, weil ihnen das Wasser bis zum Hals steht.

(Zurufe)

Sie können doch jeden Tag die Appelle der Kommunen in den Zeitungen lesen. Sie könnten doch sagen, sie könnten es nicht mehr stemmen.

Dann geben Sie noch einmal etwas obendrauf und noch einmal und nehmen dann einmal etwas herunter. Dann gehen die

Kommunen hin und erhöhen die Gebühren für das Abwasser, erhöhen die Gebühren für den Kindergarten oder sonst irgend etwas: linke Tasche, rechte Tasche. Die Armen zahlen die Zeche für Ihre Steuersenkungen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Jetzt zu der Steuersenkung, die wir gemeinsam beschlossen haben. Das ist der größte Brocken.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wer zahlt die Gebüh- ren ab? – Abg. Stefan Mappus CDU: Und die kalte Progression!)

Das betrifft zunächst die Anrechnung der Aufwendungen für die Gesundheit usw.:

(Abg. Stefan Mappus CDU: Bundesverfassungsge- richt!)

10 Milliarden €.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Ja!)