Protocol of the Session on November 26, 2009

Aber zu der Befassung mit diesem Thema ist hier und heute Folgendes zu sagen: Wir werden das Problem allein von Baden-Württemberg aus nicht lösen können.

(Zurufe: Hört, hört!)

Darauf haben wir in der Stellungnahme zu dem vorliegenden Antrag bereits hingewiesen.

Die Anerkennung ausländischer Qualifikationen ist ein Ziel der Qualifizierungsinitiative der Ministerpräsidenten der Länder und der Bundeskanzlerin vom Oktober 2008. Die BundLänder-Arbeitsgruppe „Anerkennungsverfahren“ hat sich intensiv mit dieser Problematik befasst. Der Arbeitsgruppe gehören Vertreter der Amtschefs der Kultusressorts verschiedener Länder, der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen, der Kultusministerkonferenz, der Arbeits- und Sozialministerkonferenz, der Wirtschaftsministerkonferenz, des Bundeswirtschaftsministeriums, des Bundesarbeitsministeriums, des Bundesgesundheitsministeriums sowie die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung an. Die Arbeitsgruppe hat als externe Experten den DIHK, den ZDH und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angehört. Dadurch erfolgte eine breite Einbindung der Betroffenen.

Die Arbeitsgruppe hat Ende August 2009 einen Bericht mit zahlreichen Empfehlungen vorgelegt. Lassen Sie mich einige wenige Punkte herausgreifen, die einen Bezug zum Antrag haben.

Erstens: Die Arbeitsgruppe hat festgestellt, dass bisher keine belastbaren Daten vorliegen, die Aufschluss darüber geben, wie viele Menschen in Deutschland aufgrund fehlender Anerkennung oder Bewertung ihrer mitgebrachten beruflichen Qualifikationen keinen ausbildungsadäquaten Zugang zum Arbeitsmarkt finden bzw. unterqualifiziert beschäftigt sind.

Zweitens: Die Arbeitsgruppe empfiehlt, einen gesetzlichen Anspruch auf ein Bewertungsverfahren einzuführen. Es soll geprüft werden, ob und, wenn ja, in welchem Maß im Ausland erworbene Qualifikationen deutschen Ausbildungen entsprechen. Außerdem soll ein Anspruch auf Information über Qualifizierungsmöglichkeiten sowie auf eine umfassende Beratung eingeführt werden, nicht jedoch ein Recht auf bezahlte Nachqualifikation. Die bisherigen Zuständigkeitsstrukturen sollen beibehalten werden.

Ein deutlicher Verbesserungsbedarf wird beispielsweise gesehen im Hinblick auf eine bessere Vernetzung der zuständigen Stellen, die Sicherung einer bundesweit einheitlichen Entscheidungspraxis, eine bundesweite Verbindlichkeit der Anerkennungsentscheidungen, eine Verbesserung der Kompetenzen der Entscheidungsstellen sowie den Auf- und Ausbau von Koordinierungsstrukturen der Agierenden vor Ort.

Aufgabe der Bundesregierung wird es sein, im Rahmen der Qualifizierungsinitiative die Empfehlungen umzusetzen. Dafür werden zunächst die gesetzlichen Voraussetzungen auf Bundesebene geschaffen werden müssen. Die Landesregierung hat sich parallel zu den geschilderten Aktivitäten im Rahmen des Integrationsplans dieses Themas angenommen.

Die im Oktober dieses Jahres durchgeführte Expertenanhörung hat bestätigt, dass dringender Handlungsbedarf besteht.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das sage ich doch! – Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Hört, hört!)

Hierbei liegen Sie richtig, Frau Sitzmann.

Umsetzungsempfehlungen und Umsetzungsvorschläge sollen erarbeitet werden. Für mich sind dabei drei Dinge von entscheidender Bedeutung.

Erstens: Es kommt darauf an, die Arbeitgeber von den mitgebrachten Qualifikationen zu überzeugen.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Gegenruf des Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Erst melden und dann reden!)

Die neuen Regelungen müssen darauf ausgerichtet sein, die Akzeptanz der Zeugnisbewertungen und der Gutachten bei der Wirtschaft zu erhöhen. Deshalb ist es nur folgerichtig, die Wirtschaft in die Anerkennung der erworbenen Qualifikationen einzubinden. Das kommt auch in den Empfehlungen deutlich zum Ausdruck.

Zweitens: Das anerkannt hohe Niveau der deutschen Berufsausbildung darf nicht gefährdet werden.

(Beifall der Abg. Dr. Ulrich Noll und Dieter Klein- mann FDP/DVP)

Drittens: Es dürfen keine neuen kostenintensiven Verwaltungsstrukturen geschaffen werden.

Die Landesregierung wird den Prozess der Umsetzung der Empfehlungen weiterhin begleiten und befördern. Aktuell befasst sich beispielsweise die Wirtschaftsministerkonferenz mit diesem Thema. Ich bin guter Dinge, dass uns die bessere Anerkennung ausländischer Qualifikationen gelingen wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Abg. Sitzmann das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist sehr erfreulich, dass wir alle uns darin einig sind, dass hinsichtlich der Anerkennung ausländischer Qualifikationen ein Problem besteht und man dieses Problem beheben soll.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sie haben den Mou- ratidis auch für qualifiziert gehalten, und jetzt haben Sie ihn abgesägt! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Wir sind uns einig, dass es in diesem Zusammenhang Aufgaben gibt, die auf Bundesebene erledigt werden müssen. Ich verweise auf den Rechtsanspruch auf ein Anerkennungsverfahren oder die Ausweitung der europäischen Anerkennungsstandards auf Drittstaatsangehörige. Das ist richtig.

Herr Drautz, es ist auch richtig, die Wirtschaft mit ins Boot zu holen. Aber das reicht nicht aus. Denn wir haben ein gravierendes Informationsdefizit. Da fängt das Problem schon an.

Die Landesregierung hat vier Monate gebraucht, um zu unserem Antrag Stellung zu nehmen. Frau Netzhammer, Sie haben es gesagt: Es fehlt viel Datenmaterial. Uns liegen keine genauen Zahlen vor. Wir finden in der Anlage eine Liste, welche Stellen für welche Anerkennung von welchen Abschlüssen zuständig sind. Das ist eine sechsseitige Tabelle.

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Das soll ja ver- einfacht werden!)

Ich finde, man kann nicht wissen und nicht blicken, wie das funktioniert.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Das würde jedem von uns schwerfallen. Deswegen brauchen wir mehr und bessere Informationen.

Auch wir wollen keine neuen kostenintensiven Strukturen schaffen, Herr Staatssekretär. Deswegen haben wir, um diesen Hindernislauf durch die einzelnen Behörden abzubauen, vorgeschlagen, dass die Arbeitsgemeinschaften für berufliche Fortbildung – 55 davon gibt es im Land; es handelt sich um einen Zusammenschluss regionaler Weiterbildungsträger, also um Experten in diesem Bereich – die Anlaufstellen werden können. Dort können Migrantinnen und Migranten Informationen aus einer Hand bekommen, was sie tun können und müssen, damit die Kompetenzen, über die sie verfügen, festgestellt werden und auch der Qualifizierungsbedarf eruiert wird.

Meine Damen und Herren, es geht nicht darum, die Qualität zu vernachlässigen, ganz im Gegenteil. Selbstverständlich wollen wir Leute, die in ihren Jobs gut sind, egal, ob das in der Wirtschaft oder im öffentlichen Dienst ist. Deswegen muss es Anpassungsqualifizierungen und Weiterbildungen geben.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Kostenfrei oder kos tenpflichtig?)

Wir sind der Ansicht: Da gibt es auf Landesebene einiges zu tun. Die Stellungnahme zu unserem Antrag beweist das. Deswegen bitten wir Sie, unserem Änderungsantrag, der Ihnen heute vorliegt, zuzustimmen. Wenn Sie es wirklich ernst meinen, dass wir hinsichtlich der Anerkennung ausländischer Qualifikationen vorankommen müssen, können Sie gar nicht anders, als zu sagen: Das ist der richtige Weg.

(Abg. Veronika Netzhammer CDU: Nein, das stimmt nicht! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen jetzt zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der vorliegenden Initiativen.

Abschnitt I des Antrags Drucksache 14/3444 ist ein Berichtsteil, der für erledigt erklärt werden kann.

Abschnitt II stelle ich in der Fassung des Änderungsantrags Drucksache 14/5478 zur Abstimmung. Wer Abschnitt II in dieser Fassung zustimmt, der möge bitte die Hand erheben. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist Abschnitt II des Änderungsantrags abgelehnt.

Abschnitt II des ursprünglichen Antrags Drucksache 14/3444 ist durch diese Abstimmung erledigt.

Damit ist Tagesordnungspunkt 8 erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Finanzministeriums – Energetische Sanierung der landeseigenen Gebäude – Drucksache 14/3484

b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Finanzministeriums – Sanierungs- und Modernisierungsbedarf bei landeseigenen Gebäuden – Drucksache 14/4935

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und b fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Für die SPD-Fraktion darf ich Herrn Abg. Knapp ans Rednerpult bitten.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute über unsere Ablehnung des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes. Wir haben bei der damaligen Beschlussfassung hier im Landtag ganz klar gesagt: Wir halten das Erneuerbare-Wärme-Gesetz im Grundsatz für gut. Aber das, was in den beiden Landtagsdrucksachen zum Ausdruck kommt, dass sich vor allem bei Landes immobilien wenig tut, dass das Land beim Renovieren und beim energetischen Sanieren von Landesgebäuden seine Vorbildfunktion gegenüber der Bevölkerung und den Kommunen nicht wahrnimmt, war der Grund, dass wir damals ein im Grunde gutes Gesetz abgelehnt haben. Es hat eben keine Vorbildfunktion.