Herr Minister, Sie haben nach dem Erfolg der Bewerbung in der ersten Runde das von den Landkreisen Calw, Freudenstadt, Rastatt und dem Ortenaukreis sowie der Stadt BadenBaden eingereichte Konzept als zukunftweisend gelobt und als Meilenstein für den Erhalt der Biodiversität im Nordschwarzwald bezeichnet. Sie haben auch auf die Bedeutung des Projekts für den Erhalt der Auerhuhnpopulation im Nordschwarzwald hingewiesen.
Ein Konzept, das so viel Lob verdient, kann nun nicht in der Schublade verschwinden. Auch ohne Bundeszuschuss muss an der Umsetzung gearbeitet werden – darin sind wir uns alle einig –, denn die Erarbeitung von Konzepten, die Bildung von neuen Partnerschaften und Netzwerken, das Anstoßen von Prozessen, die auch ohne Bundeszuschüsse weiterlaufen, sollen und müssen ein Nebeneffekt der Bewerbung sein. Das gilt im Übrigen genauso für das Naturschutzgroßprojekt Baar, zu dem ja beim Bundeswettbewerb ebenfalls eine Ideenskizze eingereicht wurde.
Herr Minister, ich habe Sie im Juni in einem Schreiben gefragt, inwieweit das für den Nordschwarzwald erarbeitete Konzept auch ohne Bundesunterstützung weiterverfolgt wird und wie sich das Land diesbezüglich engagieren wird. Welche Antwort habe ich erhalten? Wie es weitergeht, das muss die regionale Trägerschaft überlegen.
So weit, so richtig. Aber weiter: Das Ministerium Ländlicher Raum werde die Trägerschaft hierbei unterstützen. Unkonkreter geht es nicht.
Das Land hatte laut Stellungnahme zu dem Antrag der Fraktion der SPD 250 000 € für die Umsetzung des Naturschutzgroßprojekts eingeplant. Wo sind diese Mittel jetzt? Sie müssen für die Umsetzung von Wildnisschutz, für die Umsetzung des Auerhuhn-Aktionsplans zur Verfügung stehen. Aber da sind wir genau beim Kern des Problems: Naturschutzkonzepte gibt es viele, aber Geld ist nicht in Sicht. Wir haben einen Auerhuhn-Aktionsplan, mit dessen Umsetzung es mangels Geldes nicht vorangeht.
In der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift „Der Jäger in BadenWürttemberg“ wurde der Auerhuhn-Experte der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt sinngemäß mit dem Satz zitiert: Wegen mangelnder Haushaltsmittel ist die Umsetzung im Bereich Habitatgestaltung und naturnahe Waldwirtschaft im öffentlichen Wald noch unbefriedigend.
(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Hört, hört! – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Solange Sie nichts zum Kor- moran sagen, geht es ja noch!)
Das Alt- und Totholzkonzept der Landesregierung hat Lob von uns und von den Umweltverbänden bekommen – vom Konzept her. Aber solange die Forstämter Vorgaben dazu haben, wie viel Geld sie beim Finanzminister abzugeben haben, haben sie keinen Spielraum zur Umsetzung. Von den Umsetzungsproblemen im Privatwald will ich erst gar nicht reden.
Jahr für Jahr erwarten Sie in den Regierungsfraktionen, dass Geld für neue Herausforderungen, neue Aufgaben, neue Projekte im Naturschutz aus dem mageren Naturschutzhaushalt herausgeschwitzt wird. Deswegen wird man nicht mehr herausfinden, wo die 250 000 €, von denen die Rede war, sind. Die sind nämlich schon x-mal verplant und schon mehrfach ausgegeben worden. Anstelle der Realisierung eines Naturschutzgroßprojekts wird der Naturschutz kleingespart.
Der Nordschwarzwald ist der Naturraum in Baden-Württemberg mit dem höchsten Waldanteil, das Gebiet, in dem Wildnis in unserer Kulturlandschaft noch die größte Chance hat. Wildnis und Wirtschaft sowie Wildnis und Tourismus schließen sich nicht aus. „Erlebbare Wildnis“ ist ein wichtiges Stichwort. Die Menschen, die im Schwarzwald Urlaub machen, wollen Natur erleben, wollen naturnahe, artenreiche Wälder auf erlebnisreichen Wegen und Pfaden erleben. Für Auerhuhn und Luchs interessieren sich nicht nur eingefleischte Naturschützer, sondern diese sind auch wichtige Botschafter für den Tourismus im Schwarzwald.
Mit Wildnis könnten wir auch national punkten. Auch die EU hat das Thema Wildnis erkannt. Nur 1 % der Fläche in Europa sind Wildnisgebiete. Das Bewusstsein für den Wert dieser Flächen steigt.
Ich muss jetzt ganz schnell zum Ende kommen. Ich will aber doch noch sagen, dass das Bundesprojekt natürlich einiges in Gang gebracht hätte. Aber auch ohne Bundesmittel muss sich das Land im Auerhuhnschutz engagieren, und es muss sich auch im Wildnisschutz engagieren. Das Land muss die Umsetzung der entwickelten Konzepte aktiv vorantreiben und insbesondere prüfen, inwieweit hier auch Tourismusmittel eingesetzt werden können.
Wir fordern Sie, Herr Minister, auf, den Naturschutz im Nordschwarzwald zusammen mit den Verantwortlichen in der Region voranzubringen und mehr als schöne Worte beizutragen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Bayer hat gesagt, er sei Schwarz wälder. Aber auch wir aus dem Rheintal und viele andere Menschen machen sehr gern Urlaub im Schwarzwald. Warum? Es ist eine herrliche Landschaft. Es gibt unterschiedliche Regionen. Unseren Schwarzwald zeichnet der Wechsel von urbanem Leben und beschaulichen Idyllen aus, und zwar vom Norden bis zum Süden. Deshalb ist es ein logischer Schritt – Kollegin Fauser hat dies auch unterstützt – der Landkreise Calw, Freudenstadt, Rastatt, des Ortenaukreises und des Stadtkreises Baden-Baden, an dem Bundeswettbewerb „Idee.Natur“ teilzunehmen.
Wir haben es gehört: Der Wettbewerb ist abgeschlossen. Unter 60 Teilnehmern praktisch ins Finale zu kommen ist ein sehr großer Erfolg für die Schwarzwaldkreise.
Wir sind uns auch darin einig – das haben wir hier gehört –, dass sowohl die Konzeption als auch die Durchführung der Bewerbung insgesamt positiv zu bewerten sind. Wir wissen, die Schiedskommission hat sich leider für ein bayerisches Vorhaben entschieden. Das ist für die dortige Natur natürlich gut, aber wir wissen – da sind wir uns mit dem Landwirtschaftsminister einig –, dass auch der Nordschwarzwald die Kriterien für ein solches Naturschutzgroßgebiet erfüllt.
Meine Damen und Herren, wir im Land Baden-Württemberg können stolz sein auf ebendiese abwechslungsreiche Kulturlandschaft im Schwarzwald mit der Vielfalt an Lebensräumen, mit ihren Tier- und Pflanzenarten und mit ihrer Funktion als Erholungsraum für die Menschen. Deshalb gehört die Erhaltung dieses Gebiets für uns natürlich zu den vorrangigen gesellschaftspolitischen Aufgaben.
Kollege Bayer hat jetzt den Rahmen gesteckt. Der Antrag ist zwar eigentlich uralt, aber wir müssen uns – da sind wir uns einig – darüber unterhalten, ob das praktisch ein Einstieg in eine ganz großflächige Ausweitung von Schutzgebieten ist – nicht nur im Nordschwarzwald, sondern flächendeckend über den ganzen Schwarzwald, eine flächendeckende Schutzgebietsausweisung – und in welcher Form und unter welchen Modalitäten wir diesen Schutzraum bestmöglich ausgestalten, damit wir dies auch durchsetzen können. Auch das ist angeklungen: Wir müssen da natürlich auch alle Beteiligten und Betroffenen mitnehmen.
Für uns ist der Naturschutz zweifellos eine Frage der Generationengerechtigkeit. Wir müssen unseren künftigen Generationen Naturhaushalte hinterlassen, die wir jetzt positiv in ihrer Funktionsfähigkeit beeinflussen. Der Naturschutz braucht aber auch den Menschen. Das muss uns wohl bewusst sein; schließlich gehört der Mensch zur Natur. Er ist der Mittelpunkt der Natur, wenngleich er natürlich auch schon Teile der Natur kaputt gemacht hat.
Aber gerade im Schwarzwald, in dieser Kulturlandschaft, deren Natur seit Jahrhunderten vom Menschen mit gestaltet wurde, hat er auch positive Fakten geschaffen. Erst spät ist die Natur dort vom Tourismus entdeckt worden. Entstanden ist die Naturlandschaft, wie sie sich heute darstellt, wie wir sie kennen, durch die Nutzung durch den Menschen, durch die Waldwirtschaft und vor allem auch durch die Landwirte, die für die Offenhaltung der Landschaft Sorge tragen.
Die Waldwirtschaft ist gerade im Schwarzwald auch ein erheblicher Wirtschaftsfaktor. Von den 22 000 Unternehmen mit 210 000 Beschäftigten, die hier in Baden-Württemberg dem Cluster „Forst und Holz“ zuzurechnen sind, ist ein großer Teil im Schwarzwald ansässig; ein großer Teil des Jahresumsatzes von insgesamt 30 Milliarden € wird dort generiert.
Wir müssen also auch sicherstellen, dass in diesen Schutzgebieten gerade der für diesen ländlichen Raum wichtigen Branche die Grundlage nicht entzogen wird. Dann sind wir natürlich bereit, hier auch Schutzgebiete zu schaffen.
Außerdem – daran müssen wir auch denken – dürfen wir die Möglichkeit der Energieerzeugung gerade durch regenerative Energien – diese wollen wir ja auch voranbringen – nicht einschränken. Neben Holz gehören natürlich auch Wasser- und Windkraft dazu. Darüber hinaus sehen wir das Problem, dass sich im Schwarzwald nur der kleinere Teil des Waldes im Landeseigentum befindet. Das ist auch wichtig.
Der überwiegende Anteil gehört privaten und kommunalen Waldbesitzern. Wer den Antrag richtig gelesen hat, weiß, dass eine Ausweisung nur möglich ist, wenn man diese Leute mitnimmt. Eine De-facto-Enteignung durch Unterschutzstellung wäre schwer zu rechtfertigen. Das würden wir nicht mitmachen; entsprechende Entschädigungen wären auch gar nicht finanzierbar.
Wir haben – ich muss leider zum Ende kommen – sehr viele und große Aufgaben im Naturschutz. Wir müssen zunächst diese Aufgaben bewältigen und finanzieren; erst dann können wir die Großprojekte wirklich anpacken. Dass wir sie andenken, ist okay. Wir werden alle Initiativen, den Naturschutz vor Ort weiterzuentwickeln, fördern.
Frau Kollegin Splett, die Regierungsfraktionen und das Land haben diesen Antrag beim Bundeswettbewerb sehr gut unterstützt. Sollte es zu einem zweiten Durchgang kommen – ich habe gehört, dass dies möglich ist –, würden wir das weiterhin genauso machen. Ich könnte mir im Schwarzwald durchaus ein ähnliches Konstrukt wie das Biosphärengebiet Schwäbische Alb vorstellen. Wir haben in Baden-Württemberg ja auch bemerkenswerte Biotope, etwa am Feldberg oder im Pfrunger-Burgweiler Ried.
Für uns Liberale ist Naturschutz ein Gestaltungsprinzip. Das ist auch wichtig. Vernünftige Menschen schützen, was sie schätzen. Deshalb müssen entsprechende Maßnahmen nach unserem Verständnis nicht nur von den Betroffenen getragen, sondern auch vor Ort initiiert werden.
Dann sind die Erfolgschancen für solche großen Projekte mit Unterstützung der Politik am größten. Dies wird auch – das ist, denke ich, auch wichtig – …
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Tat hat die Bundesregierung in der zweiten Stufe des Wettbewerbs das, wie ich meine, gute Projekt abgelehnt. Es ist in Wettbewerbssituationen immer so, dass es Erste und Zweite gibt. Ärgerlich ist es immer für den Zweiten – auch wenn die Projektierung meines Erachtens hervorragend war. Im Endausbau wären es 50 000 ha gewesen, zweifelsohne das größte Gebiet. Es hätte mit über 13 Millionen € in zehn Jahren auch das größte Finanzvolumen beansprucht. Das mag auch ein Ablehnungsgrund gewesen sein. Man kann darüber nur rätseln.