Protocol of the Session on November 25, 2009

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Wetzel für die Fraktion der FDP/DVP.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Damen und Herren! Auch die FDP/DVP-Fraktion wird diesem Gesetzentwurf zustimmen.

Wenn man sich mit der Materie befasst, fragt man sich natürlich zunächst einmal: Ist das alles überhaupt notwendig? Brauchen wir die Einrichtung eines nationalen Präventionsmechanismus? Ist das nötig? Schließlich enthalten Artikel 5 der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen und Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention ausdrücklich ein Folterverbot. Im innerstaatlichen Recht der Bundesrepublik Deutschland ist ein Folterverbot in Artikel 1 und in Artikel 104 des Grundgesetzes ausdrücklich geregelt. Man fragt sich also, wozu es noch eine solche Einrichtung geben soll.

Dennoch begrüßen meine Fraktion und ich diese sinnvolle Einrichtung. Denn auch wir in Deutschland sind – das muss man leider sagen – nicht frei von Schuld. Die Bundesrepublik, so ist zu lesen, wurde in der Vergangenheit vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte mehrfach wegen Verstößen

gegen die UN-Antifolterkonvention verurteilt. Im Fall Vera Stein wurde der Klägerin ein Schadensersatz von 75 000 € zugesprochen. Im Jahr 2002 – wir können uns alle noch daran erinnern – erregte der Fall Daschner in Frankfurt die Gemüter. Der Jurastudent Magnus Gäfgen entführte den Bankiers sohn Jakob von Metzler, erstickte ihn und versteckte die Leiche. Später ging es dann darum, ob seine Aussage im Rahmen der Vernehmung hatte erpresst werden sollen oder nicht. Letztlich wurden der ehemalige Polizeipräsident von Frankfurt und ein weiterer Beamter wegen Aussageerpressung verurteilt. Das ist natürlich die Vorstufe zur Folter.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, wie notwendig eine solche Einrichtung ist.

(Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Dann wurde 2004 bekannt, dass während der Grundausbildung bei der Bundeswehr in Coesfeld Rekruten bei nachgestellten Geiselnahmen gefoltert wurden, indem man sie fesselte und mit Wasser bespritzte. Ferner seien die Soldaten mit Elektroschockgeräten und durch Schläge in den Nacken misshandelt worden.

Also, auch auf unserem deutschen Boden war Folter möglich. Wir wollen durch diese Einrichtung erreichen, dass sich solche Fälle nicht wiederholen. Zielsetzung der Einrichtung dieses Präventivorgans ist die Verbesserung des präventiven Schutzes vor Folter oder erniedrigender Behandlung. Folter ist in jeder Form abzulehnen, da sie gegen die Menschenwürde verstößt und mit dem Rechtsstaat nicht zu vereinbaren ist.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Justizminister Professor Dr. Goll.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ausgangspunkt für das Gesetz ist das 1984 geschlossene Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. Das ist in Deutschland 1990 in Kraft getreten. Im Dezember 2002 gab es das mehrfach zitierte Zusatzprotokoll, das u. a. die Einrichtung unabhängiger nationaler Gremien, sogenannter nationaler Präventionsmechanismen, vorsieht. Im Wesentlichen geht es um regelmäßige Besuche in freiheitsentziehenden Einrichtungen; das sind – sie sind schon genannt worden – beispielsweise Einrichtungen des Justizvollzugs, die Psychiatrie, der Polizeigewahrsam sowie auch Pflege- und Altenheime.

Die Bundesrepublik Deutschland hat das Fakultativprotokoll unterzeichnet und dann später auch ein Bundesgesetz beschlossen. Die Bundesrepublik hat sich damit verpflichtet, ein unabhängiges nationales Kontrollorgan zu schaffen.

Dann hat man über die Form geredet, wie man das am vernünftigsten macht. Denn in der Bundesrepublik Deutschland fallen die meisten dieser Einrichtungen in Länderzuständigkeit. Es wäre sicherlich kein sinnvolles Vorgehen gewesen, jetzt 16 Landeseinrichtungen und dazu noch eine vom Bund

zu schaffen. Deswegen hat man sich entschlossen, hier gemeinsame Sache zu machen. Dies geschah übrigens durchaus vor dem Hintergrund, dass man Folgendes sehen muss: Bei uns sind gerade in diesen Einrichtungen sehr viele Kontrollmöglichkeiten vorhanden. Vorhin wurde der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte genannt, mit dem wir gelegentlich Kontakt haben. Wenn man dort ist, sieht man die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern, für die dieser Gerichtshof zuständig ist. Da darf ich natürlich jedem klar zurufen: Da sind sicherlich nicht wir das Problem, sondern wir haben sehr gut ausgebaute Mechanismen in all diesen Bereichen, die ich vorhin genannt habe, vom Vollzug bis zu den Altenheimen.

Auf der anderen Seite wäre es aber natürlich auch ein ganz schlechtes Beispiel, wenn wir da nicht mitmachten, ein schlech tes Beispiel gerade auch für die, die man erreichen will. Ers tens schadet bei uns eine zusätzliche Kontrolle nicht – jedoch haben wir keinen großen Bedarf; man soll es also nicht übertreiben –, aber zweitens – das ist eben das Argument – wäre es umgekehrt sicherlich nicht gut, wenn wir uns an dieser Geschichte nicht beteiligen würden. Vor diesem Hintergrund haben wir die folgende Konstruktion gefunden, die als schlank bezeichnet wird:

Wir schaffen eine Kommission mit vier ehrenamtlich tätigen Persönlichkeiten, grundsätzlich auf vier Jahre von der Justizministerkonferenz zu ernennen, und werden diese Kommission, die auch jährlich einen Bericht erstellt, der den Landesparlamenten zugeleitet wird, bei der schon vorhandenen Kriminologischen Zentralstelle in Wiesbaden ansiedeln. Auf diese Art erfüllen wir die Vorschrift redlich – so, wie es sich für unser Land gehört –, ohne wiederum eine Einrichtung zu schaffen, die sehr viel zusätzlichen Aufwand und Kosten verursacht.

Ich darf zum Schluss nur noch die Hoffnung äußern, dass das dann auch funktionieren wird. Andere Länder werden sich nicht mehr auf uns berufen können, wenn sie weitere Kontrollen ablehnen. Aber es ist natürlich eine traurige Tatsache, dass die Länder, die man beim Thema Folter am ehesten im Fokus hat, im Moment nicht im Traum daran denken, ein solches Abkommen zu unterzeichnen. Das ist ein bisschen schade, aber vielleicht können wir den Druck dadurch etwas verstärken, dass die Bundesrepublik Deutschland und Baden-Württemberg bei der Erfüllung dieses Abkommens künftig klar dabei sind.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 14/5277.

Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Ständigen Ausschusses, Drucksache 14/5464. Der Ständige Ausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Ich rufe auf

Artikel 1

Wer Artikel 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Artikel 1 ist einstimmig zugestimmt.

Ich rufe auf

Artikel 2

Wer Artikel 2 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Artikel 2 ist einstimmig zugestimmt.

Die Einleitung

lautet: „Der Landtag hat am 25. November 2009 das folgende Gesetz beschlossen:“.

Die Überschrift

lautet: „Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Einrichtung eines nationalen Mechanismus aller Länder nach Artikel 3 des Fakultativprotokolls vom 18. Dezember 2002 zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe“. – Sie stimmen der Überschrift zu.

Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmen möchte, den bitte ich, sich zu erheben. – Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Dem Gesetz wurde einstimmig zugestimmt.

Damit ist Punkt 7 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Innenministeriums – Stellenabbau im Nichtvollzugsbereich der Polizei – Drucksache 14/3358

b) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des

Innenministeriums – Personalsituation im Vollzugsdienst der Polizei – Drucksache 14/3359

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu a und b fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Gall für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen, werte Kollegen! Zugegebenermaßen sind die beiden vorliegenden Anträge, zumindest nach dem Zeitpunkt der Antragstellung, nicht mehr ganz taufrisch – das muss man sagen –, aber sie sind aktueller denn je, wie ich jetzt anfügen will. Denn das Thema, mit dem sich diese Anträge befassen, wird in der Landespolizei von Tag zu Tag prekärer. Die Situation derer, die von diesem Thema betroffen sind, wird von Tag zu Tag problematischer.

Die Stichworte dieser Anträge heißen Stellenabbau und Personalsituation im Bereich der Polizei. Meine Damen und

Herren, unser neuer Landespolizeipräsident Wolf-Dietrich Hammann forderte anlässlich seiner Amtseinführung meines Erachtens zu Recht – das sage ich gleich dazu –, dass die Polizei im Südwesten – damit hat er seinen Tätigkeitsbereich gemeint, also Baden-Württemberg – mit der Kriminalität auf Augenhöhe bestehen können müsse. Recht hat er!

Aus meiner und unserer Sicht gibt es unterschiedliche Themenfelder, unterschiedliche Parameter, die zu betrachten sind und anhand deren man auch überprüfen kann, ob die Landesregierung – von der sprechen wir da, nicht von der Polizei – in der Vergangenheit dafür gesorgt hat, dass die Polizei diesem Anspruch gerecht werden konnte.

Lassen Sie mich mit der Technik, mit der unsere Polizei ausgestattet ist, beginnen. Da fällt einem dann natürlich sofort ein, dass unsere Polizei nach wie vor mit einer Kommunikationstechnik ausgestattet ist und umgehen muss, die völlig überaltert ist und deren Strukturen überhaupt nicht mehr zeitgemäß sind,

(Abg. Thomas Blenke CDU: Aber Sie wissen auch, woran es liegt!)

während sich die Landesregierung über Jahre hinweg, Herr Kollege Blenke, hauptsächlich mit Scharmützeln mit der Bundesebene beschäftigt hat, anstatt ihre Anstrengungen in diesem Bereich zu forcieren. Ich kann Ihnen schon jetzt sagen: Den von Ihnen vorgegebenen Zeitplan für eine vollständige und flächendeckende Einführung eines funktionierenden Digitalfunks werden Sie mit großer Wahrscheinlichkeit nicht einhalten können.