Nur, Herr Kollege Prewo: Ein solches Konsortium ist erst einmal verpflichtet, mit den betroffenen Grundstückseigentümern handelseinig zu werden. Ein solcher enteignungsgleicher Eingriff, wie er in dem vorliegenden Gesetzentwurf nun einmal vorgesehen ist, kann aus meiner Sicht nur das letzte Mittel sein.
Wenn man den Verlauf des Projekts über die letzten zwei Jahre verfolgt hat, dann weiß man auch, dass sich der Projektträger am Anfang – ich sage es einmal etwas vorsichtig – nicht gerade dadurch ausgezeichnet hat, dass er das Gespräch mit den Grundstückseigentümern gesucht hat, dass er Transparenz und Offenheit an den Tag gelegt hat. Vielmehr war oft das Gegenteil der Fall.
In den letzten Monaten hat man meines Erachtens durchaus erkennen können, dass dazugelernt wurde. Man kann sehen, dass es eine ganze Reihe von Kommunen gibt, mit denen selbst gesprochen wurde und wo man mit den Betroffenen das Gespräch gesucht hat, wo man aber auch bereit ist, Umplanungen und Umtrassierungen ins Auge zu fassen, und wo man, wenn es möglich ist, solche Umplanungen auch tatsächlich realisiert. Das drückt sich letztlich in der Zahl der Verträge aus – ich glaube, der Kollege Löffler hat es vorhin kurz angedeutet –, die mittlerweile abgeschlossen wurden. Im Jahr 2008 hatten etwa 70 % der Betroffenen entsprechende Verträge abgeschlossen, vor der Sommerpause waren es 77 %, derzeit stehen wir bei knapp unter 90 %. In den letzten zwei, drei Wochen gab es aufgrund strittiger Fälle eine Reihe von Gesprächen mit Kommunen, die sich bisher gegen das Projekt gestellt haben. Herr Kollege Mack, ich nenne als Beispiele Vaihingen/Enz, Alfdorf, Aalen-Dewangen
und Westhausen. In allen diesen Fällen habe ich den Eindruck, dass man zwischen der EPS und den Betroffenen handelseinig werden wird. Es kommt zu Umtrassierungen. Wenn man aber einen Blick in den Gesetzentwurf wirft, findet man in § 3 einen Satz, den ich zitieren möchte. Dort heißt es in Bezug auf die Enteignungsvoraussetzungen, dass der Betreiber, in diesem Fall die EPS – Zitat –,
... sich nachweislich ernsthaft bemüht hat, das Grundstück... zu angemessenen Bedingungen freihändig zu erwerben.
Ich finde, genau diese Chance muss man dem Konsortium geben. Der Kollege Mack hat bereits darauf hingewiesen, dass es nun einmal Fälle gibt wie in Westhausen, wo der dortige Bürgermeister in der „Schwäbischen Zeitung“ vom 24. September wie folgt zitiert wird:
Wenn es zutrifft, dass noch nicht alle Gespräche geführt wurden, dann können wir hier nicht ein Gesetzgebungsverfahren vorantreiben, das enteignungsgleiche Eingriffe forciert.
Das Gesetz ist jetzt eingebracht, das ist in Ordnung. Aber ich kann Sie nur bitten, was die weiteren Beratungen betrifft, die Geschwindigkeit herauszunehmen und erst einmal abzuwarten, bis diese Gespräche geführt worden sind.
Wir sind uns einig, dass nicht in 100 % der Fälle Vertragsabschlüsse erreicht werden. Das hat nicht zuletzt auch damit zu tun, dass wir die württembergische Realteilung mit all ihren Auswüchsen haben, dass es Grundstückseigentümergemeinschaften mit vielen Teilnehmern gibt, von denen manche in Chile und was weiß ich wo leben, sodass wir gar nicht alle Unterschriften bekommen werden.
In Bayern sind zum Schluss 120 Fälle in das Enteignungsverfahren gegangen. Man hat dann noch immer Verhandlungen geführt, und zuallerletzt sind vier Verfahren übrig geblieben, bei denen dann tatsächlich enteignet wurde. Ich finde, Herr Kollege Löffler, was in Bayern möglich war, sollte in BadenWürttemberg nicht unmöglich sein. Es sollte auch unser Ziel sein, diese enteignungsgleichen Eingriffe auf ein solches Minimum zu reduzieren.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal darf ich feststellen, dass bei diesem Projekt insgesamt ein erhebliches Maß an Konsens in diesem Haus besteht. Alle sind sich einig: Dieses Projekt ist ökonomisch sinnvoll.
Alle sind sich auch einig: Es ist ökologisch sinnvoll, weil es allemal besser ist, das Ethylen mit einer solchen Pipeline zu transportieren als beispielsweise mit einem Gefahrguttransporter. Insofern besteht Konsens.
Worüber zu reden war, war natürlich die Frage, wann ein solches Gesetz, das zu enteignungsgleichen Eingriffen führt, die letzten Zögerer unter den Grundstückseigentümern zwingen soll.
Von einem frühen Zeitpunkt an haben wir gesagt: Am Ende wird ein solches Gesetz kommen müssen, weil wir am Ende immer einige Totalverweigerer haben werden. Allerdings war es unsere Politik, zu sagen, dieses Gesetz sollte möglichst spät kommen, weil ja auch das Grundrecht auf Eigentum ein hohes Rechtsgut ist
und wir nur im äußersten Notfall Bürger zwingen wollen, ihr Eigentum für etwas zur Verfügung zu stellen, was sie vielleicht nicht möchten.
Am Ende des Tages aber wird dieses Gesetz kommen; so haben wir es formuliert. Wir hatten dabei stets eine Einigungsquote von etwa 90 % im Auge. Das haben wir natürlich nicht auf dem Marktplatz verkündet, damit nicht der Druck aus den
Verhandlungen genommen wird, sondern wir haben da ein Stück weit Unklarheit gelassen, hatten diese Quote aber im Auge. Sie ist jetzt erreicht. Jetzt ist aus unserer Sicht der richtige Zeitpunkt, um ein solches Gesetz umzusetzen.
Abschließend ein Lob an die Opposition in diesem Haus. Es ist den beiden Oppositionsfraktionen gelungen, die Regierung in eine ausweglose Lage zu bringen.
Die SPD sagt: Dieses Gesetz muss kommen – aber es kommt zu spät! Die Grünen sagen: Dieses Gesetz muss kommen – aber es kommt zu früh! Insofern sind wir als Regierungsfraktionen in einer ausweglosen Lage. Wir können es den Oppositionsfraktionen nicht recht machen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Franz Untersteller GRÜNE zur CDU: Man kann euch nur beglückwünschen zu diesem Koalitionspartner!)
Man könnte, wenn man diese beiden Äußerungen betrachtet und sie nebeneinanderstellt, aber auch zu dem Ergebnis kommen: Dieses Gesetz kommt zum richtigen Zeitpunkt. Nach den Ausführungen meiner Vorredner kann ich genau das abschließend feststellen.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Jawohl! So ist es! – Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)
Meine Damen und Herren, ich habe keine Wortmeldungen mehr vorliegen. Es wurde vorgeschlagen, den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 14/5171, zur weiteren Beratung an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. – Sie stimmen dem zu. Es ist so beschlossen.
Finanzministeriums – Die soziale Verantwortung des Landes als Unternehmer – Drucksache 14/3090 (berich- tigte Fassung)
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung zu beiden Anträgen fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! In manchen Parlamentsdebatten, denen Anträge und die darauf erfolgten Stellungnahmen zugrunde liegen, ist es fast wichtiger, darüber zu reden, was in den Stellung
nahmen der Landesregierung nicht enthalten ist. Beide Anträge der Fraktion der SPD drehen sich um das Thema „Verantwortung des Landes als Arbeitgeber und als Unternehmer gegenüber den Beschäftigten“. Es geht um Ausbildungsverhältnisse, um Übernahmequoten, es geht um die Schwerbehinderten in unserem Land und ihre Möglichkeiten, wenn es darum geht, eine Beschäftigung zu finden, und es geht um befristete und um geringfügige Beschäftigungsverhältnisse.
Das Erste, was in beiden Stellungnahmen fehlt, was ich jedoch dringend einfordere, ist eine Antwort der Landesregierung auf die Frage, ob sie überhaupt bereit ist, in dieser Funktion soziale Verantwortung zu übernehmen. Denn in beiden Stellungnahmen findet sich kein Satz, kein Wort, nicht einmal ein Komma dazu. Es ist ein Skandal für ein Land wie BadenWürttemberg, dass es eine Landesregierung hat, die überhaupt keine Aussage zu diesem Thema trifft.
Wenn man in die Stellungnahmen schaut – ich nehme den Antrag der Abg. Dr. Gisela Splett u. a. GRÜNE, Drucksache 14/4779, gleich noch mit hinzu, da dort die derzeit aktuellsten Daten enthalten sind –, muss man zur Kenntnis nehmen, dass die Landesregierung versucht, sich in Bezug auf die inhaltlichen Fragen, die gestellt wurden, um eine Antwort zu drücken.