Protocol of the Session on October 7, 2009

zumal es in diesem Fall, jedenfalls zum größten Teil, von uns stammt.

Zur Föderalismusreform: Die Umsetzung ist die Überführung mehrerer Gesetze in baden-württembergisches Landesrecht; das bedeutet, dass das Land mittlerweile am Zug ist, um hier im Hinblick auf die aktuellen Probleme der Agrarstruktur nun sofort reagieren zu können. Gäbe es nur das Bundesgesetz, so wäre es natürlich nicht so einfach, bei diesem Agrarstrukturproblem mit der Schweiz handeln zu können; schließlich sind wir unmittelbare Nachbarn. Andere Bundesländer tun sich da im Rahmen von Bundesgesetzen sicherlich schwerer.

Die Lösungen, die sich jetzt in diesem Gesetz für die Grundstückskonflikte an der Schweizer Grenze anbieten, müssen sich erst noch bewähren. Ob sie EU-konform sind, ob sie einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs standhalten, muss sich zeigen. Wir hoffen es. Jedenfalls kann die Landesregierung landesspezifische eigene Lösungen in eigener Verantwortung umsetzen.

Immerhin ging nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs die Zahl der Verkäufe und Verpachtungen landwirtschaftlicher Flächen an die Schweiz wieder in die Höhe. Das bedeutet, dass sofort reagiert wird, wenn eine Hemmschwelle eingebaut wird, und dass es, sobald diese wegfällt, sofort wieder losgeht. Nicht umsonst sind in diesem Gesetz die Landkreise Waldshut, Schwarzwald-Baar-Kreis, Konstanz und Tuttlingen explizit aufgeführt. Der Landkreis Waldshut hat aufgrund seiner Größe natürlich die längste Gebietsgrenze. Nach 67 ha im Jahr 2008 sind bis Mitte des Jahres 2009 bereits 45 ha wieder an einen Besitzer in der Schweiz übergegangen.

Das Gesetz schreibt auch fest, unter welchen Voraussetzungen ein Vorkaufsrecht der Siedlungsbehörde und des gemeinnützigen Siedlungsunternehmens besteht.

Insgesamt ist es richtig, dass wir diese drei Gesetze und mehrere Verordnungen zusammen auf den Weg bringen.

Wie gesagt, das Gesetz ist richtig. Aber es ein Gesetz zum Bürokratieabbau zu nennen ist schon gewagt. In dem unter Tagesordnungspunkt 8 behandelten Gesetzentwurf zum Justizvollzug, der denselben Ausgangspunkt hat – bestimmte Zuständigkeiten werden im Rahmen der Föderalismusreform an die Länder delegiert –, wurde der Begriff Bürokratieabbau zu Recht nicht verwendet. Es ist nämlich schon schwierig, von einem Gesetz zum Bürokratieabbau zu reden, das eigentlich den gleichen Umfang hat wie vorher...

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich darf um Ruhe bitten.

... und bei dem nur wenige Paragrafen, jedenfalls inhaltlich, entfallen. Es steht ja auch drin: „Zielrichtung und Wortlaut der Gesetze bleiben unverändert.“ Insofern hat das MLR wohl bescheidene Ansprüche, wenn es das bereits als Bürokratieabbau bezeichnet.

Ich habe zwei Beispiele für Bürokratieabbau dabei. Der Deutsche Bauernverband hat 2006 ein „Schwarzbuch Bürokratieabbau“ mit Vorschlägen herausgegeben,

(Abg. Karl Rombach CDU: Das ist immer gut! – Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Das ist aber auch grün!)

was alles abgebaut werden soll. Gleichzeitig brauchen wir statistische Erkenntnisse darüber,

(Der Redner hält ein Exemplar des Statistischen Jahr- buchs 2008 hoch.)

wodurch Bürokratie verursacht wird. Die Ermittlung von statistischen Daten ist eine bürokratische Aufgabe. Zwischen diesen beiden Extremen müssen wir entscheiden: Wo können wir Bürokratie abbauen, und wo ist sie unverzichtbar?

Nicht umsonst spricht Meyers Konversationslexikon 1894 von der Bürokratie als von der „Schreibstubenherrschaft“. Meine Damen und Herren, wenn wir Bürokratie abbauen wollen, dann bitte anders als in diesem Gesetz. Denn dieses Gesetz fördert keineswegs den Abbau von Bürokratie.

(Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Beispiele!)

Trotzdem begrüßen wir gemeinsam mit den angehörten Verbänden diese neuen Standards.

Zum Schluss, meine Damen und Herren: Wir hätten dem Gesetzentwurf auch ohne diesen hochtrabenden Titel „Bürokratieabbau“ zugestimmt, zumal damit kein Abbau von Bürokratie, sondern nur ein Umbau verbunden ist.

(Beifall bei der SPD – Abg. Jochen Karl Kübler CDU: Der Schluss war nicht gut!)

Meine Damen und Herren, unter unseren Gästen auf der Zuhörertribüne gilt mein besonderer Gruß dem neuen italienischen Generalkonsul, Herrn Alessandro Giovine. Er hat sein Amt Ende August angetreten und stattet dem Landtag heute seinen ersten offiziellen Besuch ab.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Herr Generalkonsul Giovine, ich darf Sie im Landtag von Baden-Württemberg herzlich willkommen heißen und Ihnen eine erfolgreiche Amtszeit in Stuttgart wünschen.

Das Wort erteile ich nun Herrn Abg. Dr. Murschel für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Gesetz zur Umsetzung der Föderalismusreform und zum Bürokratieabbau im Geschäftsbereich des MLR gibt es sicherlich eine ganze Reihe von recht unstrittigen Punkten. Man kann – wie mein Vorredner, Kollege Winkler – natürlich sagen: Mit Bürokratieabbau haben die Punkte zwar etwas zu tun, aber sie sind sicherlich

erst einmal ein bescheidener Anfang und werden von den Verbänden, die davon jeweils betroffen sind, begrüßt; diese Verbände werden aber sicherlich sagen, da müsse noch einiges mehr kommen.

Es geht ja darum – das ist der eigentliche Bürokratieabbau –, für Weihnachtsbaumkulturen statt eines langwierigen und lange währenden Genehmigungsverfahrens die Anzeigepflicht einzuführen. Das ist sicherlich eine begrüßenswerte Sache. Da müssen aber noch andere Veränderungen folgen. Auch die Änderungen zum Fischereigesetz und zum Landeswaldgesetz sind unstrittig.

Strittig ist etwas anderes, und deswegen gab es auch einen umfassenden Redebeitrag des Landwirtschaftsministers zum Thema Grundstückverkehrsgesetz und Landpachtverkehrsgesetz. Klar ist: Momentan gibt es im Süden von Baden-Würt temberg eine Wettbewerbsverzerrung zwischen deutschen Bauern und Schweizer Bauern, eine Wettbewerbsverzerrung deswegen, weil die Schweizer Bauern höhere Zuschüsse bekommen, weil sie auf dem Schweizer Markt höhere Preise erzielen können und weil sie in der Lage sind, zollfreie Einfuhren vorzunehmen, was der deutsche Kollege, wenn er es andersherum machen wollte, nicht machen kann.

(Zuruf von der CDU: Sauerei!)

Die gesetzliche Lage ist klar: Es gibt das Deutsch-Schweizerische Zollabkommen von 1958, an dem die Schweiz nichts ändern möchte, das Freizügigkeitsabkommen aus dem Jahr 2002 und das daraus resultierende Urteil des BGH aus dem Jahr 2009. Die Gesetzesinitiative des Landes, die das Problem nun regeln soll, ist ein Gesetzentwurf mit einem besonderen Charme. Ich habe es noch nie erlebt, dass in einem Gesetzentwurf der Landesregierung das eigene Justizministerium einen Kommentar formuliert, demzufolge es von erheblichen rechtlichen Unsicherheiten ausgeht. Da fragt man sich, ob dieser Gesetzentwurf eigentlich ernst gemeint ist oder ob es sich eher um Aktionismus mit dem Ziel handelt, die Bauern erst einmal ruhigzustellen und ihnen zu zeigen: „Schaut einmal, wir tun ja etwas“, und wenn es nachher nicht klappt, heißt es: An uns liegt es nicht.

Die Frage ist also: Ist dieses Gesetz die richtige Antwort auf dieses strukturelle Problem, oder müssen wir anders herangehen? Jetzt die Schweizer – so muss man ja sagen – einfach auszugrenzen ist ein fragwürdiges Hilfskonstrukt. Vielleicht wäre es ein gangbarer Weg, zu sagen: Man müsste den deutschen oder den europäischen Bauern oder Landwirten zu einer Einkommenssituation verhelfen, die es ihnen ermöglicht, mit Schweizer Kollegen auf dem Markt zu konkurrieren. Man sollte nicht den Schweizer Bauern ausgrenzen und die Schweizer vom Einkommensniveau herunterzonen wollen, damit der Deutsche nachher konkurrieren kann,

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das entbehrt jeg- licher Logik! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sehr interessant!)

sondern vielleicht einfach die Einkommenssituation der deutschen und insbesondere der baden-württembergischen Landwirte so verbessern, dass sie in der Lage sind, Pachtpreise zu zahlen und dort auch Flächen aufzukaufen.

Ein Fazit muss also sein: Setzen Sie sich auf der EU-Ebene und in Berlin dafür ein, dass es in Europa eine Landwirtschaft

gibt, die ohne Wettbewerbsverzerrungen auskommt und die es ermöglicht, dass unsere Landwirte europaweit – dazu zähle ich jetzt auch die Schweiz – ein gutes und sicheres Einkommen haben. Das wäre der dauerhafte und beständige Weg, und nicht ein Gesetz auf Abruf.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Thema verfehlt!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Chef für die FDP/DVP-Fraktion.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt kommt wie- der Sachlichkeit hinein!)

Danke für die Vorschusslorbeeren.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Gern!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung zur Umsetzung der Föderalismusreform I sollen in den Bereichen Grundstückverkehr, Pachtwesen und ländliches Siedlungswesen auch Vorschläge zum Bürokratieabbau umgesetzt werden. Das haben wir ja schon gehört. Ich möchte mich an dieser Stelle nicht darüber auslassen, ob es jetzt erforderlich ist, dass ein Gesetzentwurf zum Bürokratieabbau über 100 Seiten beinhalten muss, und inwieweit bei der Anpflanzung von Weihnachtsbaumkulturen bürokratische Hindernisse abgebaut werden müssen. Für die FDP/DVP-Landtagsfraktion ist vielmehr von Bedeutung, dass mit den vorgesehenen gesetzlichen Änderungen in wesentliche Eigentumsrechte eingegriffen wird.

Meine Damen und Herren, es ist schon ausgeführt worden, dass der Bundesgerichtshof entschieden hat, dass ein Schweizer Landwirt mit Betriebssitz in der Schweiz bei der Beurteilung von Pachtverträgen wie ein deutscher Landwirt mit Betriebssitz in Deutschland behandelt werden muss. Dies führt dazu, dass die Schweizer Landwirte einerseits EU-Prämien erhalten, andererseits gleichzeitig ihre Waren zollfrei in die Schweiz verbringen können und dort natürlich auch wesentlich höhere Preise erzielen. Diese unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen führen offensichtlich dazu, dass Schweizer Landwirte verstärkt Grundstücke auf der deutschen Seite erwerben und dadurch der Markt letztlich auch nachhaltig beeinflusst, wenn nicht sogar gestört wird.

Wir als FDP haben dies seit Jahren moniert. Eine befriedigende Lösung soll jetzt mit diesem Gesetzentwurf geschaffen werden. Wir unterstützen das Ziel der Landesregierung, Chancengleichheit für Landwirte auf beiden Seiten der Grenze zu schaffen, wenngleich ich nicht verhehlen möchte, dass es vor allem auch bei den deutschen Landwirten durchaus Stimmen gibt, insbesondere auf der Verkäuferseite, die mit der aktuellen gesetzlichen Lage sehr gut zurechtkommen.

Die FDP/DVP-Landtagsfraktion wird in der Ausschussberatung Wert darauf legen, dass in den Gesetzentwurf eine entsprechende Berichtspflicht aufgenommen bzw. dass die gesetzliche Regelung zeitlich befristet wird. Zu erörtern gilt es dort auch, inwieweit die gemeinnützigen Siedlungsunternehmen auch weiterhin Sonderregelungen benötigen.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf beinhaltet zudem eine Verordnungsermächtigung zur Reduzierung der Mindestgröße beim Verkauf von landwirtschaftlichen Grundstücken. Auch hierbei wollen wir sicherstellen, dass die gesetzliche Grundlage nicht im Verordnungsweg einseitig konterkariert wird. Letztlich würden wir hierin eine unzulässige Einschränkung der Eigentumsfreiheit bei der Veräußerung von landwirtschaftlichen Grundstücken sehen. Hier interessieren uns vor allem die Fallzahlen sowie die Frage, welche Entlas tung für die Landwirtschaftsverwaltung, aber natürlich auch für die Veräußerer letztlich eintritt.

Ich danke dem Ministerium für die Vorlage und wünsche uns allen weiterhin eine gute Beratung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 14/5140, zur weiteren Beratung an den Landwirtschaftsausschuss zu überweisen. – Sie stimmen dem zu. Es ist so beschlossen.

Damit ist Punkt 9 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf: