Ein weiteres Beispiel kann man heranziehen: Nordrhein-Westfalen. Nordrhein-Westfalen wird seit einigen Jahren nicht mehr rot oder rot-grün regiert, sondern schwarz. Wir haben in Baden-Württemberg bis Ende 2008 ungefähr 340 Windkraftanlagen am Netz gehabt. In Nordrhein-Westfalen sind allein in den Jahren 2007 und 2008 360 neue Windkraftanlagen entstanden. Wenn hier in Baden-Württemberg gesagt wird: „Baden-Württemberg ist so dicht besiedelt, wir wollen das nicht“,
dann muss man einfach einmal erkennen: Nordrhein-Westfalen hat knapp 18 Millionen Einwohner. Baden-Württemberg hat 10,7 Millionen Einwohner und ist annähernd gleich groß. Das heißt, Nordrhein-Westfalen ist deutlich dichter besiedelt und macht das, was wir in zehn Jahren geschaffen haben, allein als Zubau in zwei Jahren.
Die Energiekonzeption der Landesregierung ist also eine Konzeption, die wirklich nichts mit der Zukunft zu tun hat.
Bei der Wasserkraft bemängeln wir Folgendes: Zwar gibt es große Projekte, die wir auch befürworten. Wir haben uns damals – 2003 und 2004 – in allen Fraktionen im Landtag dafür eingesetzt, dass die Große Wasserkraft mit ins EEG aufgenommen wird. Es gibt den Ausbau in Rheinfelden und in Albbruck-Dogern. Es gibt die fünfte Turbine in Iffezheim. Das wird gemacht. Aber viele kleine Wasserkraftanlagen im Land werden nicht gebaut, weil keine einheitliche Genehmigungspraxis vorhanden ist, weil der Ausbau der Kleinen Wasserkraft unter Abwägung der Belange des Naturschutzes vom Land nicht vorangetrieben wird. Ich glaube, wir dürfen diese 30 %, die bei der Wasserkraft noch machbar sind, nicht vergeuden. Wenn zwischen null und fünf Anlagen pro Jahr im Bereich der Kleinen Wasserkraft neu gebaut oder geändert werden, dann hat das auch nichts mit der Zukunft zu tun.
Sie, meine Damen und Herren von der CDU und der FDP/ DVP, reden beim Thema Windkraft immer wieder von einer „Verspargelung der Landschaft“. Jetzt kommt bei der Fotovoltaik allmählich das Wort von einer „Verspiegelung der Landschaft“ hoch. Ich weiß nicht, was bei der Wasserkraft noch kommt,
ob man da von einer „Verwässerung der Landschaft“ redet. Ich will jetzt allerdings nicht ansprechen – weil sich das nicht so gut anhören würde –, was die Gegner des Themas Biogas möglicherweise dazu sagen werden, was dort dann mit der Landschaft passiert.
Aber das, was bei uns in Baden-Württemberg passiert, ist auf jeden Fall weder energiepolitisch noch wirtschaftspolitisch sinnvoll.
Denn wir wissen, dass im Bereich der erneuerbaren Energien in den letzten Jahren massiv Arbeitsplätze entstanden sind. Baden-Württemberg sollte sich als starkes Land, das auch in diesem Bereich sehr aktiv ist, nicht zurückziehen und nicht sagen: „Wir wollen zwar, dass Windkraft und andere Techniken hier entwickelt werden,“ – da will man den Zuwachs an Arbeitsplätzen gern mitnehmen – „aber die Anlagen selbst
wollen wir hier nicht aufstellen lassen.“ Das wäre kontraproduktiv, denn wir werden das auch im Land vorführen müssen.
Das Energiekonzept bleibt natürlich weit hinter den Zielen des Bundes zurück, und es bleibt auch weit hinter den Zielen zurück, die wir als SPD-Fraktion schon seit 2007 in unseren Konzeptionen sehr dezidiert fordern.
Ich möchte zum Schluss eine Überschrift aus der Zeitschrift „Neue Energie“ vorlesen, die uns als Abgeordneten – zumindest denen, die im energiepolitischen Bereich, im Wirtschaftsbereich einen Schwerpunkt haben – immer zugesandt wird. Da steht zur Anhörung zum Energiekonzept in der Unterüberschrift:
und Experten lassen kein gutes Haar an dem Entwurf, der weit hinter den Zielen des Bundes zurückbleibt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Anträge der SPD sind eine gute Gelegenheit, zum Energiekonzept Stellung zu nehmen. Herr Knapp, um es gleich einleitend zu sagen: Es war ein Journalist, ein Mitarbeiter der „taz“, der das so dargestellt hat.
(Abg. Thomas Knapp SPD: Herr Kollege Nemeth, ich wollte ja nicht Sie zitieren, denn Sie weichen nach oben ab!)
Baden-Württemberg ist das erste Land überhaupt in ganz Deutschland, das mit seinem Energiekonzept einen realen und konkreten Entwurf vorlegt. Wir haben – darüber haben Sie mit keinem Wort gesprochen, Herr Knapp – im Bereich der Wärme – das ist der größte Anteil am Primärenergieverbrauch – höhere Zahlen als der Bund und höhere Zahlen als jedes andere Bundesland. Deswegen haben wir in diesem Bereich von unabhängigen Instituten den ersten Preis erhalten. Das haben Sie mit keinem Wort erwähnt.
Meine Damen und Herren, Baden-Württemberg ist bei den modernen, innovativen und erneuerbaren Energien im Bereich Wärme absolut führend in Deutschland.
Zweitens: Auch im Bereich des Stroms haben wir uns ambitionierte Ziele gesetzt. Wir haben, meine Damen und Herren, eine Vervierfachung des Anteils der Windkraft vor.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber von welcher Ba- sis aus? Das ist doch lächerlich! Von so einer Mini- basis!)
Wir haben außerdem eine Verzehnfachung bei der Fotovoltaik vor. Unser Land Baden-Württemberg ist im Ranking hier zweitbestes Land nach Bayern. Im letzten Jahr wurden allein in Baden-Württemberg 800 Millionen € im Bereich Fotovoltaik investiert.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Damit habt ihr doch nichts zu tun! Das ist doch alles Bund! Das geht doch alles an der Landesregierung vorbei! – Gegenruf der Abg. Veronika Netzhammer CDU: Zuhören! – Unru- he)
Bei der Bioenergie haben wir eine Verfünffachung, meine Damen und Herren, vor. Sie fordern in Ihrem Antrag, Herr Knapp, eine Verzehnfachung bei der Biomasse. Eine Verzehnfachung, meine Damen und Herren, würde bedeuten, dass wir Bioenergie importieren müssten.
Wir müssten entweder Zigtausende von Lastwagenladungen Biomasse hierherfahren oder Palmöl einführen. Das kann doch keine vernünftige Politik sein. Deswegen ist auch der Nachhaltigkeitsbeirat gegen Ihre Vorschläge.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wir bringen doch auch Öl hierher! Wir holen auch Mineralöl! – Gegenruf des Abg. Karl Zimmermann CDU: Aber das ist mü- ßig!)
Aber, meine Damen und Herren, ganz entscheidend ist doch ein anderer Punkt. Sie, Herr Knapp, haben lediglich über 20 % des Konzepts gesprochen. In Wirklichkeit ist eine unserer Grundüberzeugungen, die dem Energiekonzept zugrunde liegen, die, dass wir in Baden-Württemberg keine andere Chance sehen, als an der Kernkraft als Übergangstechnologie festzuhalten. Sie reden nur über die 20 %
und haben kein Wort darüber gesagt, wie man denn eigentlich in einem Industrieland wie Baden-Württemberg die anderen 80 % realisieren will.
Russland, das Land, von dem wir Gas, Öl und Kohle beziehen, plant 26 neue Kernreaktoren, die britische Regierung elf neue Standorte – um nur zwei Beispiele zu nennen. Und wir in Deutschland meinen, es uns erlauben zu können, vorzeitig abzuschalten! Wer diese Meinung ernsthaft vertreten will, der muss eigentlich noch einen Zwillingsbruder haben, denn so blöd kann einer allein nicht sein.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl Zim- mermann CDU: Sehr gut! – Abg. Ute Vogt SPD: Ein bisschen mehr Anstand hier im Parlament!)
Unsere Energiepolitik wurde mit der der 15 anderen Bundesländer verglichen, und zwar von führenden Wissenschaftlern, meine Damen und Herren, nämlich von der Agentur für Erneuerbare Energien, vom DIW Berlin und vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung. Die Bewertung: In Bezug auf die Wärmeenergie heißt es, dass die Anstrengungen des Landes und die Erfolge beeindruckend sind: Platz 1 für Baden-Württemberg; Rheinland-Pfalz unter „ferner liefen“ auf Platz 8; Berlin auf dem letzten Platz.