Protocol of the Session on April 23, 2009

Meine Damen und Herren, ich darf um Ruhe bitten!

Man darf nicht nur darüber reden, welche gesetzlichen Maßnahmen man in diesem Bereich treffen kann, sondern man muss auch darüber reden, warum sich so viele Teenies und junge Erwachsene – ich sage es einmal so brutal – ins Traumland saufen, weshalb die Anzahl der jungen Menschen und übrigens auch der jungen Erwachsenen, die sich am Wochenende radikal betrinken, so zugenommen hat.

Hierfür gibt es unterschiedliche Ursachen. Auch hierüber haben wir vor eineinhalb Jahren schon diskutiert, aber ich möchte es noch einmal wiederholen. Alkohol ist zu billig. Hochprozentiger Alkohol kann bereits für gängiges Taschengeld erworben werden.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Auch die Werbung spielt eine wichtige Rolle. Jugendliche werden schon mit dem Design und in der Werbung damit umworben, dass Produkte „cool“ sind und im Trend liegen. Außerdem gilt unkontrolliertes Trinken bei Jugendlichen als Bewährungsprobe dafür, sich in Zeiten der immer früher einsetzenden Pubertät zu positionieren.

Insoweit müssen wir uns alle auch an die eigene Nase fassen. Denken wir an die Vorbildfunktion – als Eltern, im Freundeskreis, in der Öffentlichkeit. Der Konsum von Alkohol ist alltäglich, er ist zu alltäglich, und wenn Alkohol verfügbar ist, nehmen uns die Jugendlichen zum Vorbild.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Alkoholmissbrauch ist kein Jugendproblem und auch kein Problem von Jugendlichen aus bildungsfernen Schichten, sondern er kommt, genauso wie das Gewaltproblem, aus der Mitte der Gesellschaft und umfasst alle Altersschichten. In einem Artikel der „Zeit“ habe ich gelesen, dass der Alkoholmissbrauch sogar bei über Achtzigjährigen extrem zugenommen hat.

(Zurufe von der FDP/DVP, u. a. Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel: Am besten verbieten!)

Das Thema Alkoholmissbrauch kann man wirklich nicht auf Jugendliche reduzieren. – Es ist auch kein Thema, über das man sich lustig machen sollte, lieber Kollege. Ich finde, das ist ein ernstes Thema. Dieses Gegrinse ist dem Thema nicht angemessen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Ich weiß nicht, ob Sie Radio hören. In der letzten Woche gab es im SWR eine interessante Reportage. Jugendliche wurden auf dem Cannstatter Wasen begleitet.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Das habe ich sogar gehört!)

Das ist ja super! Vielleicht hat es bei Ihnen tatsächlich etwas gebracht.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Die Jugendlichen wurden gefragt, warum sie sich eigentlich zuschütten. Sie sagten, sie würden es überall so sehen. Da gibt es also kein Unrechtsbewusstsein.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Warum denn nicht?)

Warum, Frau Kollegin Berroth, gibt es das nicht? Weil es die Erwachsenen auch machen, weil man es in der Werbung sieht, weil man es überall sieht.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Meine Kinder haben Unrechtsbewusstsein!)

Ich glaube, es wäre gerade der liberalen Partei angemessen, Kollegin Berroth, sich an die eigene Nase – auch wir als Erwachsene – zu fassen und zu sagen:

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Empfeh- lungen von den Grünen brauchen wir nicht!)

Wir brauchen eine bessere Bildung. Die Jugendlichen brauchen ehrliche Vorbilder, realistische Vorbilder. Daher brauchen wir zum einen schärfere Gesetze. Wir brauchen aber auch ein anderes Bewusstsein, wir brauchen ein Verbot der Werbung für Alkohol, und wir müssen Alkohol verteuern. Ich glaube, dieses Bündel ist ein erfolgreicher Maßnahmenmix, um das Thema Alkoholmissbrauch anzugehen.

Letztlich wäre es für uns wichtig – ich betone dies, weil bei diesem Thema der Innenminister und nicht die Sozialministerin anwesend ist –, dass ein Gesetzentwurf vorliegt, damit wir wissen, was darin steht, und uns nicht auf faule Kompromisse einlassen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Nachfrage des Herrn Abg. Bachmann?

Vom Kollegen Bachmann immer gern.

Vielen Dank, Frau Kollegin Lösch. Ich wollte nur, weil Sie den Cannstatter Wasen erwähnten, die Nachfrage stellen, ob Sie auch den Alkoholgenuss in Bierzelten und Gaststätten verbieten wollen. Wir hatten angenommen, es gehe vornehmlich um Tankstellen.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Jeder blamiert sich, so gut er kann! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Ich habe schon gedacht, es käme eine intelligente Frage! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Alles ver- bieten!)

Sehr geehrter Kollege Bachmann, wenn Sie nicht die Möglichkeit gehabt haben, zuzuhören, möchte ich es Ihnen noch einmal sagen. Hier redet kein Mensch davon, dass wir den Alkoholgenuss verbieten wollen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Nicht?)

Es geht um einen vernünftigen Umgang mit Alkohol.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Das ist eine Steigerung! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Warum haben Sie denn mich angesprochen?)

Es gibt sehr viele Menschen, die mit Alkohol umgehen können, aber es gibt auch Menschen – vor allem sehr viele Jugendliche –, die mit Alkohol nicht umgehen können. Es ist die Frage, was man tun kann, damit Jugendliche den vernünftigen Umgang mit Alkohol lernen.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Da gibt es einige Kriterien. Eines ist die Einschränkung der Verfügbarkeit, das zweite ist die Prävention, das dritte ist das Vorbildverhalten von Erwachsenen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Fraktion der Beleidiger!)

Das ist nicht nur eine grüne Position, Kollege. Unterhalten Sie sich einmal mit Expertinnen und Experten im Bereich der Sucht, mit der Landesstelle für Suchtfragen, mit den kommunalen Suchtbeauftragten. Lesen Sie einmal die Schriften der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Darin steht das alles. Da könnten Sie vieles lernen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Oberge- scheit! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Woraus schließen Sie, dass wir das nicht wissen?)

Ich schließe das aus dem Niveau der Zwischenfragen des Kollegen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Da schlie- ßen Sie gleich auf Frau Berroth! Alle in einen Topf, wie üblich!)

Nein, ich schließe das nur auf Sie.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Heinz für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es klang bei meinen Vorrednerinnen an: Wir haben hier im Plenum des Landtags schon mehrfach über das Thema „Alkoholmissbrauch und adäquate Maßnahmen gegen den Alkoholmissbrauch“ beraten. Die Problematik ist ja auch nicht ganz einfach. Das muss man wohl sagen. Frau Haußmann hat eine sehr gute Zustandsbeschreibung gegeben.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Das will ich nicht wiederholen.

Es gab in einer Regionalausgabe der „Stuttgarter Nachrichten“ eine Übersicht über alle Krankenhäuser der entsprechenden Region. Mich elektrisieren die Fallzahlen der Krankenhäuser. Die sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Bei den Krankenhäusern, die Kinder und Jugendliche wegen Alkoholmissbrauchs behandeln müssen, sind die Zahlen sprunghaft gestiegen.

Wenn man nun die Berichte in den Zeitungen über Komasaufen und anderes liest, kann einen das schon erschrecken.

Große Sorge macht mir aber auch – das möchte ich als Innenpolitiker sagen –, dass wir eine starke Zunahme der Zahl der Gewaltdelikte insbesondere bei jungen Menschen unter Alkoholeinfluss bemerken. Das Gleiche gilt im Übrigen für Widerstandshandlungen gegen die Staatsgewalt, gegen Polizeibeamte. In über zwei Dritteln der Fälle war Alkohol mit im Spiel.

Wir von der CDU-Fraktion haben zu diesem Thema eine Anhörung durchgeführt. Wir sind eigentlich zu eindeutigen Ergebnissen gekommen. Ich will drei Punkte herausgreifen.

Erstens: Wir benötigen einen Ausbau und eine Intensivierung der Präventionsmaßnahmen. Obwohl wir – da kann ich auf die Drucksache verweisen, die damals, Frau Lösch, Diskussionsgegenstand war – eine Latte von Präventionsmaßnahmen durchführen, vertrete ich die Meinung: Es kann nie genug sein. Wir müssen immer noch mehr in Prävention investieren. Das ist für mich gar keine Frage. Das ist der erste Punkt.