Der Rechnungshof hat bekanntlich die Justiz für die Umsetzung dieser Instrumente gelobt. Bei uns sind Controlling, Qualitätsmanagement, Benchmarking, Vergleichsringe und Organisationsuntersuchungen Alltag. Gestern ist bei mir z. B. folgende Sache über den Schreibtisch gegangen: 22 Zielvereinbarungen der Hausspitze mit den Abteilungen zu konkreten Projekten. Das ist das, was wir mit kooperativer Führung meinen und was die Justiz übrigens sicher auch in ihren objektiven Ergebnissen vorangebracht hat und weiter voranbringen wird. Insofern muss man, glaube ich, schon das Gesamtbild richtig sehen. Bei uns wird gesteuert, aber es wird kooperativ gesteuert. Die Betroffenen werden einbezogen.
Die künftigen Reformen, die großen Reformen, sind angesprochen worden. Dazu will ich nur wenige Anmerkungen machen.
Zur Notariatsreform: Die Notariatsreform ist eine gerade noch rechtzeitig erfolgende Antwort auf die Entwicklungen in der EU. Ich sage es an dieser Stelle ein letztes Mal: Wir sind an dieser Stelle ein Stück weit Getriebene. Das ist keine Privatisierungslust, sondern es ist so, dass dieses System demnächst von der EU funktionsunfähig gemacht worden wäre und dass wir jetzt rechtzeitig die Weichen für ein neues System gestellt haben, uns aber auch so viel Zeit lassen, dass sich alle nun wirklich darauf einstellen können.
Damit einhergehend bzw. vorher erfolgt die Reform des Grundbuchwesens. Bei der Reform des Grundbuchwesens fasziniert mich, wie oft man da klarmachen muss, was im Jahr
2009 Bürgernähe bedeutet. Ich sehe es den Grünen ja nach, die sich wahrscheinlich mit jeder neuen Technik irgendwo schwertun.
(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie sind aber gütig! – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Bernd Hitzler CDU: Rauch- zeichen!)
Sie sind aber hier wirklich – – Lieber Herr Oelmayer, Ihre Argumentation ist einfach von gestern. Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass Sie dann, wenn die Reform durchgeführt ist, in der Summe wahrscheinlich von mehr Stellen aus ans Grundbuch herankommen als jetzt, obwohl wir jetzt 673 Grundbuchämter haben. Dank moderner Technik soll es eine Möglichkeit geben, bei etwa 400 Grundbucheinsichtsstellen im Land Einsicht zu nehmen.
(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Ich habe doch gar nichts gegen das Grundbuch! Ich will bloß nicht ka- pieren, warum Sie es bei der Gerichtsbarkeit nicht machen! Gegen die Grundbuchreform habe ich doch gar nichts!)
Wir halten aber vorher fest, dass man hinterher von mehr Stellen an das Grundbuch herankommt. Der Service für die Bürger wird also unter dem Strich besser.
Jetzt der Unterschied zu den Amtsgerichten: Ich bin fassungslos, dass man das überhaupt erläutern muss. Wann waren Sie eigentlich zuletzt beim Grundbuchamt?
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Noch nie! – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Wann waren Sie zum letzten Mal beim Amtsgericht?)
(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Also ohne beruf- lichen Aspekt! Wann waren Sie zum letzten Mal beim Amtsgericht?)
Ich muss selbst überlegen, wann ich einmal beim Amtsgericht war. Ich besuche die Amtsgerichte häufiger, aber Sie wissen, was ich meine und was ich sagen will. Zum Amtsgericht kommt der Bürger mit einer gewissen statistischen Wahrscheinlichkeit tatsächlich einmal im Leben.
Dann ist wichtig, dass er die Menschen kennt. Das halte ich z. B. im Strafrecht in kleineren Städten für ganz wichtig. Es geht nicht nur um Polizeipräsenz, es geht auch um die Präsenz der Justiz,
darum, ob der Jugendliche, der irgendetwas getan hat, sagt, er fahre zum Einkaufen in die X-Stadt, und in Wirklichkeit steht er dort vor Gericht, und keiner merkt es. In einem kleineren Ort, in dem man die jungen Leute noch kennt, haben wir eine wesentlich günstigere Struktur.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Erzieherisch nach- haltig! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das wollte Herr Oelmayer wahrscheinlich vermeiden!)
Erzieherisch nachhaltiger. – Die finanziellen Effekte der Auflösung kleiner Amtsgerichte sind denkbar gering. Wir haben das vor Jahren ergebnisoffen geprüft, bei uns gibt es nicht einfach Käseglocken. Ich bin damals in der Abschlusssitzung mit dem damaligen Präsidenten des Rechnungshofs zusammengesessen, und wir waren uns einig – man höre und staune –, dass man statt der bescheidenen Einsparungen, die möglich sind, den Nutzen der Präsenz in der Fläche haben will.
Ich ziehe jetzt einmal ein kleines Fazit. Ich will mich an diesem Punkt nicht länger aufhalten, aber Herr Oelmayer, wenn Sie mit Ihrer Grünen-Fraktion dabei bleiben, dass 44 Amtsgerichte besser wären, man aber das Grundbuchamt um die Ecke haben muss, dann werden Sie mit dieser verkehrten Welt sicher ziemlich allein bleiben.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Jawohl! – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Da werden wir nie einig! – Zuruf der Abg. Edith Sitz- mann GRÜNE)
Ich will noch andere Reformvorhaben streifen, die auf uns zukommen, z. B. die Umgestaltung des familiengerichtlichen Verfahrens, ein großer Umbruch in diesem Jahr. Wir werden gezielt schulen. Ich bedanke mich beim Landtag, dass zusätzliche Mittel für die flächendeckende Schulung bereitgestellt wurden. Es wird auch das Forderungsmanagement für die Jus tiz kommen, für die Vergabe, und wir werden mit einem auf drei Jahre angelegten Pilotprojekt Erfahrungen sammeln. Hierzu muss man mit einem Satz klarmachen, dass es nicht darum geht, dass Gewalt angewandt wird – darum geht es gerade nicht –, sondern es soll im gewaltfreien Vorfeld effizienter gearbeitet werden.
Es wird zäher nachgefasst. Es wird darauf geachtet, ob vielleicht einer wieder zu Geld gekommen ist. Wir stellen fest, dass es mittlerweile sehr viele seriöse Forderungsmanagementfirmen gibt, die in geschickter Weise am Ball bleiben,
ohne jemanden einzuschüchtern, indem sie einfach rechtzeitig daran erinnern und darauf achten, ob sich die Verhältnisse geändert haben. Sie kommen eben – man muss es sagen – zu verbesserten Ergebnissen. Deswegen sollte man einmal schauen, ob das etwas bringt. Derzeit läuft das Vergabeverfahren; der Zuschlag wird wahrscheinlich zum 20. März 2009 erteilt werden.
Gern spreche ich noch einmal den Punkt der Übertragung der Bewährungshilfe auf freie Träger an. Dabei wende ich mich jetzt an diese beiden Fraktionen, weil ich anfange, mich damit abzufinden, dass in diesem Teil des Hauses die Neigung besteht, bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag Zerrbilder zu konservieren, zu hegen und zu pflegen. Aber ich hoffe, dass Sie zumindest mit einem Ohr mithören.
Seit wir die Bewährungshilfe an den freien Träger übertragen haben, sind dort zusätzlich 200 Ehrenamtliche tätig. 100 weitere sind in der Ausbildung und damit bald fertig. Dann werden es in Kürze 300 Ehrenamtliche mehr sein, die in BadenWürttemberg Bewährungshilfe leisten.
Gleichzeitig werden zurzeit zusätzlich 40 hauptberufliche Stellen beim Träger geschaffen. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Der stellt im Moment gerade 34 Sozialarbeiter und sechs Unterstützungskräfte ein. Was will man eigentlich mehr?
Damit wären wir ja schon zufrieden. Aber er gibt uns gleichzeitig für das letzte Jahr 1 Million € zurück. Das ist der Stand heute.
Wer jetzt nicht langsam und allmählich merkt, dass es richtig ist, zu sagen: „Am Ende wird es besser sein als am Anfang“, dem muss eine gewisse Realitätsblindheit vorgeworfen werden.
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Mit Blindheit ge- schlagen! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Beratungsresistent! Innovationsresistent!)
Auch bei dem Projekt „Schwitzen statt Sitzen“ – zu Recht ist das angesprochen worden – bedienen wir uns einer ehrenamtlichen Struktur. Auch das verdient, kurz beleuchtet zu werden. Bei „Schwitzen statt Sitzen“ haben sich die Vereine der Straffälligen- und Bewährungshilfe zu einem Netzwerk zusammengeschlossen, zu einer neuen Qualität der Zusammenarbeit. Sie selbst sagen, dass sie auf diese Art zu neuen Ufern vorgestoßen sind.
Wir haben jetzt einen einheitlichen Partner. Das bringt natürlich auch Motivation bei den Betroffenen, wenn die Arbeit ernst genommen wird. Aber man braucht dafür natürlich auch Geld. „Für umme“ geht es nicht; das stimmt. Deswegen freue ich mich, dass wir den Zuschuss an das Netzwerk Straffälligenhilfe doch auf satte 1,6 Millionen € festsetzen konnten. Das ist eine tolle Sache. Die Leistung, die wir dafür bekommen, liegt auf der Hand: Im Gegenzug muss eine große Vollzugsanstalt nicht betrieben werden.
Im Moment – wenn wir beim Vollzug sind – sind wir dabei, die ganzen Gesetze zum Strafvollzug auf den Weg zu bringen. Ich möchte nur noch kurz daran erinnern, dass es bei der Debatte zur Übertragung des Jugendstrafvollzugs auf die Länder hieß: Jetzt fängt der Schäbigkeitswettbewerb an. Ich stelle hier fest: Das Gegenteil hat stattgefunden. Es gibt einen Verbesserungswettbewerb der Länder im Strafvollzug. Dieser Bereich ist bei den Ländern in guten Händen.
Wir haben ein Haftplatzentwicklungsprogramm Justizvollzug. Da werden wir bis 2015 2 400 neue Plätze erstellen und 1 200 außer Dienst stellen. Damit können wir endgültig und auf lange Sicht eine rechtmäßige Unterbringung aller Gefangenen gewährleisten. Im rein rechnerischen Sinne haben wir sowieso nicht mehr viel Überbelegung; das muss man dazusagen. Aber auch da halten sich zäh die Irrtümer.
Wir passen das Haftplatzangebot an die Bedingungen der Zukunft an. Dazu gehört auch die Anstalt in Offenburg. Zu Offenburg hätte ich wirklich die dringende Empfehlung, das mit der Teilprivatisierung etwas tiefer zu hängen. Kürzlich hat bei einem Kongress ein erfahrener Anstaltsleiter gesagt: „Was wollen wir denn? Wir haben jetzt schon eine ganze Reihe von Leistungen privatisiert.“
Ob das die medizinische Versorgung ist, ob das Unterricht ist, ob das andere Dinge sind – das sind doch nicht alles hoheitliche Aufgaben. Wir gehen nicht an die hoheitlichen Aufgaben; ich kann das nicht oft genug sagen. Aber den nicht hoheitlichen Teil – Wäsche, Kochen, Raumpflege, Unterricht, Arbeit –