Sie sehen, meine Damen und Herren: Wir können bei der Jus tiz in Baden-Württemberg auf eine Erfolgsgeschichte verweisen. Meine Damen und Herren von der Opposition, stimmen Sie dem Justizhaushalt zu.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Erfreulicherweise ist in der Debatte zum Ausdruck gekommen, dass die Justiz in BadenWürttemberg in Ordnung ist. Sie leistet hervorragende Arbeit und sorgt zusammen mit der Polizei für innere Sicherheit. Sie sorgt für Rechtsfrieden im Land. Eigentlich kann man einen solchen Vorteil – funktionierende Gerichte und Rechtsfrieden; Staatsanwaltschaften und Notariate sehr gut in Schuss – gar nicht in Geld ausdrücken.
Wenn man den Haushalt anschaut, sieht man, dass das Ausgabenvolumen 1,4 Milliarden € beträgt; das sind knapp 4 % des Landeshaushalts. Von diesen Ausgaben erwirtschaftet die Justiz gleich wieder die Hälfte: 50 %. Wir können diese Summe also gerade noch einmal halbieren. Dann bleibt an Belas tung pro Bürger, wenn man es mit einem beliebt gewordenen Vergleich plastisch ausdrücken will, ein monatlicher Betrag, der etwa dem Preis einer Currywurst entspricht.
Die „Veranstaltung Justiz“ kostet den Bürger also den Preis einer Currywurst pro Monat. Es ist klar, dass Jugendliche im Monat z. B. für die Klingeltöne ihres Handys viel mehr ausgeben, als wir pro Kopf für die Justiz bezahlen müssen.
Die Ausgaben, von denen ich gesprochen habe, sind in hohem Maße zwangsläufig. Allein 68 % davon sind Personalausgaben; 18 % werden für Auslagen in Rechtssachen benötigt, die von uns praktisch nicht beeinflussbar sind.
Vielleicht erstaunt im ersten Moment die Personalkostenquote von 68 %. Ich lege aber Wert auf die Feststellung, dass wir in Baden-Württemberg auch in der Justiz die dünnste Personaldecke bundesweit haben. Trotzdem haben wir objektiv mit die besten Ergebnisse. Wir sind eigentlich überall vorn in der Spitzengruppe mit dabei, einmal mit dem einem Land, einmal mit dem anderen. Die Ergebnisse sind also äußerst erfreulich.
Das hängt übrigens auch damit zusammen, dass es bis heute gelingt, wirklich guten Nachwuchs zu rekrutieren. Auf dem Markt sind wir nach wie vor ein sehr beliebter Arbeitgeber. Das ist sehr wichtig; denn klar ist, dass uns bei der Bezahlung andere ausstechen, und zwar zum Teil deutlich. Wir haben aber immer noch genügend sehr gute junge Leute, die zu uns in die Justiz wollen. Das erklärt, warum die Ergebnisse trotz einer relativ geringen Personaldichte so gut sind.
Man darf es aber natürlich auch nicht übertreiben. Man darf die Leute nicht verschleißen. Es muss so sein, dass sie mit dem Arbeitsanfall, den sie ja selbst nicht steuern können – Akten, die sich sonst einfach stapeln –, noch fertig werden können. Deswegen bin ich dem Landtag und dem Finanzministerium natürlich äußerst dankbar, dass sie an einer bestimmten Stelle einmal gesagt haben: Ein weiterer Personalabbau ist nicht möglich. Die Restverpflichtungen zum Abbau von 135 Stellen, die wir aus früheren Programmen noch hatten, wurden gestundet.
Dabei wurde – das muss man sagen – auch schon in der Vergangenheit auf diese Besonderheiten des Justizbereichs Rücksicht genommen, sodass sich der Personalabbau in überschaubaren Grenzen gehalten hat.
Aufgrund dieser „Deckelung“ der Stellen konnten wir – auch dafür bin ich dankbar – das Personal ein bisschen umschichten, und zwar dorthin, wo es am meisten brennt. Das geschah kostenneutral, aber es musste haushaltstechnisch mitvollzogen werden. Hierfür herzlichen Dank an die Fraktionen, die das unterstützt haben, und an das Finanzministerium. Wir haben in der Tat beispielsweise die Staatsanwaltschaften – was nötig war – ein Stück weit gestärkt, und wir haben die Sozialgerichtsbarkeit noch einmal um 15 Stellen gestärkt. Dorthin haben wir ja schon in der Vergangenheit 22 Stellen gebracht; jetzt kommen also noch 15 Stellen dazu. Dadurch haben wir dort eine Verbesserung erreicht und setzen dies fort.
Es ist allerdings auch richtig, wenn darauf hingewiesen wird, dass sich das Problem eigentlich mit einem Federstrich, nämlich mit der Zusammenlegung von Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit, lösen ließe. So müssen wir mühsam versuchen, Richterstellen von einem Bereich in den anderen zu bringen, was ja nicht ganz einfach ist, weil Richter bekanntlich nicht so einfach von einem Gericht an ein anderes versetzt werden können. Käme die Zusammenlegung, würden sie ganz einfach in einem anderen Spruchkörper desselben Gerichts tätig. Dieser Spruchkörper würde übrigens genauso aussehen wie bisher; wir wollen weder Spruchkörper verändern, noch wollen wir Prozessordnungen verändern, wir wollen praktisch nur personaltechnisch ein gemeinsames Dach errichten. Vielleicht bekommen wir es ja noch hin.
Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen, dass diese Umschichtungen einvernehmlich und konstruktiv – natürlich nach einigen Diskussionen; das liegt in der Natur der Sache – von
den Chefpräsidenten und den Generalstaatsanwälten, von den Spitzen der baden-württembergischen Justiz, gemeinsam getragen und verabschiedet wurden.
Ich darf in diesem Zusammenhang noch einmal auf die erwähnten fünf Stellen zurückkommen und Sie bitten, sich da ein eigenes Bild zu machen. Wir brauchen für die großen Reformen – Grundbuch und Notariat – vorübergehend eine Verstärkung unserer wirklich sehr kleinen Truppe im Ministerium, um den Ablauf dieser Reformen zu gewährleisten. Dazu benötigen wir für ein paar Jahre fünf Stellen aus der Justiz.
Meine Damen und Herren, wir haben 1 400 Richterstellen in der baden-württembergischen Justiz, verteilt auf die beiden Oberlandesgerichtsbezirke. Wenn für ein paar Jahre jeweils 2,5 Stellen pro OLG-Bezirk vorübergehend in Anspruch genommen werden und jemand sagt, das gefährde die Funktionsfähigkeit der baden-württembergischen Justiz, dann gibt er sich – Verzeihung – meiner Meinung nach der Lächerlichkeit preis. Aber da sieht man, welches heute die Probleme sind. Das scheint das größte Problem, die größte Zumutung zu sein.
Verzeihung, ich habe diesen Brief – nicht nur ich, aber auch ich – als maßlos und überzogen empfunden. Wenn wir nicht mehr darum bitten können, vorübergehend – nur für ein paar Jahre – für eine solche Reform pro OLG-Bezirk – bei 1 400 vorhandenen Richterstellen – jeweils 2,5 Stellen in Anspruch nehmen zu dürfen – die man hinterher ja zurückgibt –, dann dürfen wir vonseiten der Administration wohl gar nichts.
Herr Minister, stimmen Sie mir in der Bewertung zu, dass sich die Kritik des Oberlandesgerichtspräsidenten nicht auf diesen Einzelfall der fünf Stellen allein bezogen hat, sondern in eine grundsätzliche Kritik an der Informationspolitik Ihres Hauses eingebettet war?
Ich schicke voraus: Wenn wir in der Justiz eine Umfrage dazu machen würden, wie die Informationspolitik unseres Hauses empfunden wird, fiele die se sicherlich viel günstiger aus, als der Eindruck vermuten lässt, der aufgrund der Berichterstattung entstanden ist.
Ich gehe in diesem Zusammenhang gern aber auch auf das zweite schon angesprochene Stichwort ein: Beurteilungsrichtlinie. Ich lege schon Wert darauf, dass man auch hier im Haus einmal erfährt, worum es bei der Beurteilungsrichtlinie eigentlich wirklich geht.
Die „Zumutung“ bei der Beurteilungsrichtlinie war die folgende: Wenn jemand das erste Beförderungsamt bekommt, also von R 1 nach R 2 aufrückt – das ist die allererste Beförderung; in diesem Bereich bewegen wir uns –, wird in der Regel gefordert, dass er oder sie für ein halbes Jahr eine Erprobungsabordnung beim Oberlandesgericht durchläuft – scherzhaft als „drittes Examen“ bezeichnet. Das halten wir ein; ich halte das auch für richtig und stehe dahinter. Aber es sollte so sein, dass, wenn jemand ausnahmsweise seine Erprobung beim BGH oder beim Bundesverfassungsgericht macht, dies als gleichwertig erachtet wird und ebenfalls in Betracht kommt.
Jetzt müssen Sie sich folgenden Witz vorstellen – das muss hier einmal deutlich werden –: Baden-Württemberg ist, soweit ich sehe, das einzige Bundesland – obwohl diese Bundesgerichte bei uns im Land sind –, das eine Tätigkeit dort bisher nicht als mögliches Äquivalent anerkennt. Das ist ja gar nicht in die Fläche gedacht, sondern nur bezogen auf Einzelfälle.
Dann haben wir gesagt: Das könnte man doch auch bei uns hineinschreiben. Das war alles. Dann gingen die Gerüchte los, wir wollten darüber unsere Leute positionieren. Das alles ist ein Quatsch, wie er im Buche steht.
Es geht nur um Fälle wie diesen: Wir haben z. B. eine erstklassige Ziviljuristin im Haus. Die steckt juristisch so ziemlich alles in die Tasche, was es gibt. Dann arbeitet sie eine Zeitlang am BGH und wirkt dort an Urteilen mit. Bevor sie von R 1 in R 2, in das erste Beförderungsamt, darf, müsste sie noch einmal zum OLG, damit man schauen kann, ob sie es auch wirklich kann. Ob das nicht eine überzogene Vorstellung von anderer Seite ist, das lasse ich wiederum hier im Raum stehen. Das ist alles, worum es dabei ging. Da kann man jetzt natürlich irgendetwas dabei aufpumpen.
Wenn Sie deswegen, lieber Herr Stickelberger, anfangen würden, Ihre Spitzenbeamten infrage zu stellen, dann wären Sie ein schlechter Chef. Das möchte ich auch einmal deutlich sagen.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Rainer Stickelberger SPD: In anderen Häusern klappt es besser! Offensichtlich klappt es bei der Verwaltungsreform ohne dieses Hickhack mit den Behördenleitern!)
Gut, wissen Sie, wenn Sie vonseiten der Administration irgendetwas tun und irgendetwas verfolgen, gibt es zwischendurch immer auch einmal schwierige Momente, Kritik, Missverständnisse usw., die man dann in den Kontext stellen muss. Aber eines darf man nicht, nämlich sich am Ende zurückziehen und sagen: Jetzt mache ich am liebsten gar nichts mehr, damit ich keinen Ärger habe. Gelegentlichen Ärger können Sie bei keiner Reform ausschließen.
Ich wollte Ihnen hier nur die Dimension des Ärgers klarmachen. Mehr war es eigentlich nicht. Da kann man sich selbst ein Bild machen.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das war interes- sant, das einmal zu hören! – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Es muss doch einen Grund haben, warum es dann so explodiert!)
Wenn wir bei der Personalpolitik sind – Sie geben mir das Stichwort –, sage ich: Gut ist z. B., wenn Sie wissen, wo Sie wie viel Personal brauchen. Da darf ich an dieser Stelle einmal sagen, dass wir das moderne Personalbedarfsmessungssystem, das wir mittlerweile in der Bundesrepublik haben, federführend in der Gruppe erarbeitet haben. Wir können sehr genau sagen, wo viel Arbeit anfällt, wie viel Arbeit anfällt und wie viel Personal eingesetzt ist. Wir haben einen so guten Überblick, wie ihn üblicherweise die Betriebe haben, und sogar einen besseren Überblick, als ihn mancher Betrieb hat. Die Personalbedarfsberechnung ist ein Teil, in dem wir in der Jus tiz moderne Methoden eingeführt haben, um zu wissen, was los ist.
Genauso darf ich erwähnen, dass wir kürzlich ja erfreulicherweise gelobt worden sind, und zwar für die Einführung der Neuen Steuerungsinstrumente. Neue Steuerungsinstrumente sind natürlich gut und richtig, wenn man sie richtig umsetzt.