Protocol of the Session on February 12, 2009

(Abg. Gustav-Adolf Haas SPD: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

wenn sie den Eindruck haben sollte, es funktioniere nicht reibungslos. Allerdings gehen wir davon aus, dass das Justizministerium mit großem Einsatz an dieser Aufgabe arbeitet.

Seit dem 1. Januar 2007 ist die private NEUSTART gGmbH flächendeckend in ganz Baden-Württemberg für die Erfüllung der Aufgaben der Bewährungs- und Gerichtshilfe verantwortlich. Nachdem wir zunächst einige Hürden nehmen mussten, arbeitet der freie Träger nunmehr höchst erfolgreich, wie von allen Seiten bestätigt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

Mit dem Haftplatzentwicklungsprogramm „Justiz 2015“ wird der Justizvollzug in Baden-Württemberg grundlegend modernisiert. Insbesondere durch die Schwerpunktsetzung im baulichen Bereich wird die Sicherheit der Haftanstalten verbessert.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Schauen wir ein- mal!)

Die vorgesehenen Investitionen führen zu einer Reduzierung der laufenden Kosten und dazu, dass auch eine höhere Wirtschaftlichkeit erreicht wird. Bis zum Jahr 2015 kann eine ausreichende Zahl von Haftplätzen in Baden-Württemberg geschaffen werden, um so den verfassungsrechtlichen Anforderungen zu genügen. Wir haben das Bauprogramm mit einem Gesamtvolumen von 285 Millionen € verabschiedet. Es sieht Neubauten in Offenburg und Rottweil,

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Wo baut man denn in Rottweil, Herr Kollege?)

Erweiterungen an fünf Standorten sowie die Schließung von 13 kleineren Anstalten vor.

Kommen wir zur Integration. Eine gelungene Integrationspolitik ist zwingend erforderlich, um Baden-Württemberg auch in Zukunft wirtschaftlich und gesellschaftlich in der Erfolgsspur zu halten.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Land Baden-Württemberg geht strukturiert an die damit verbundenen Herausforderungen heran. Ein Ergebnis dieser Arbeit ist der Integrationsplan Baden-Württemberg mit dem Titel „Integration gemeinsam schaffen“. Dieser Integrationsplan stellt neben zentralen Handlungsfeldern des Landes auch Ziele, Programme und Konzepte weiterer Akteure dar. Denn Integration ist eine Querschnittaufgabe, und gelungene Integration bedarf einer effektiven und konstruktiven Zusammenarbeit aller.

Es gibt im Übrigen in unserem Land sehr viele gute Beispiele für Integration. Aber Integrationspolitik braucht einen langen Atem, und derjenige, der integriert werden soll, muss natürlich auch mitmachen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Wir werden bei diesem Thema am Ball bleiben.

Meine Damen und Herren, die CDU-Landtagsfraktion hat sich auch dafür eingesetzt, dass die geschäftsmäßige und organisierte Suizidbeihilfe unter Strafe gestellt werden kann. Unternehmen, die für knapp 5 000 € einem Menschen die für die Selbsttötung erforderlichen Chemikalien besorgen und sich anschließend auch noch um die Verbrennung des Leichnams kümmern, sollten hier nicht tätig werden.

(Abg. Katrin Altpeter SPD: Genau!)

Aufgrund des Engagements unserer Fraktion brachte BadenWürttemberg einen Gesetzentwurf zum Verbot der Suizidbeihilfe auf den Weg. Mit diesem neuen Straftatbestand soll das Betreiben eines Gewerbes oder die Gründung einer Vereinigung, deren Zweck oder Tätigkeit darauf gerichtet ist, anderen die Gelegenheit zur Selbsttötung zu verschaffen, mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Der Bundesrat hat sich allerdings bisher noch nicht zu einem Gesetzentwurf durchringen können. Wir werden aber dieses Thema sehr genau beobachten. Wir möchten nicht, dass das Thema in der allgemeinen politischen Diskussion untergeht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Justiz in BadenWürttemberg ist gut aufgestellt. Sie steht an der Spitze in Deutschland.

(Beifall des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Die CDU-Fraktion wird dem Etat zustimmen. Wir danken dem Justizminister und all seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im ganzen Land für ihren Einsatz. Nachdem ich kei

ne Anträge von der Opposition gesehen habe, könnte sie zumindest teilweise zustimmen.

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Stickelberger für die Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Im Bericht zum Haushalt des Justizministeriums von Herrn Justizminister Dr. Goll heißt es eingangs: „Den Weg gemeinsam weitergehen“. Diesen Weg gehen wir ein Stück weit mit. Nachher werden sich – Sie werden es sehen – unsere Wege trennen, obwohl wir, Herr Kollege Hitzler, Teilen dieses Haushalts durchaus zustimmen können.

Der Justizhaushalt ist ja seit Jahren geprägt von Zwängen und Einsparprogrammen, die die Justizverwaltung erbracht hat. Dafür gebührt der Justiz Lob und Anerkennung, insbesondere auch den Justizbediensteten in Gerichten, Staatsanwaltschaften, Notariaten, in den Justizvollzugsanstalten, im Minis terium sowie in vielen Behörden der Justiz. Ihnen gebührt Dank und Anerkennung; denn sie haben bei knappen Ressourcen, bei Personalverkleinerung, bei wachsendem Arbeitsumfang und steigenden gesellschaftlichen Anforderungen ihre Aufgaben zu erfüllen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU, der Grünen und der FDP/DVP)

Deshalb freuen wir uns auch, Herr Kollege Hitzler, dass es uns zusammen mit den Koalitionsfraktionen gelungen ist, in einem gemeinsamen Antrag den Mehrbedarf an Stellen bei der Sozialgerichtsbarkeit mit 15 Stellen abzudecken. Ich glaube, das ist ein gutes Ergebnis gemeinsamer Bemühungen.

Ich glaube auch, dass die Schaffung von Stellen bei den Staatsanwaltschaften und fünf Richterstellen als Ausgleich für künftig beim Ministerium geführte Stellen eine Verstärkung der Justiz bewirkt, die sie dringend braucht. Wir erhoffen uns von mehr Personal Verbesserungen in der Ermittlungsarbeit, insbesondere im Bereich der organisierten Kriminalität und der Wirtschaftskriminalität.

Innovative Politikansätze und moderne Lösungen sind gerade in Zeiten wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Veränderungen von besonderer Bedeutung.

Meine Damen und Herren, dieser Satz ist nicht von mir. Er könnte von mir sein, aber er stammt von Herrn Justizminister Dr. Goll und steht im Bericht zum Haushalt.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Prima! Da hat er recht!)

Wir wollen einmal prüfen – vielleicht an einigen Maßnahmen –, wie es mit dieser Innovation denn aussieht. Dabei räumen wir durchaus ein, dass es bei knappen Finanzen natürlich Aufgabe ist, nach neuen Spielräumen zu suchen. Das Thema Privatisierung spielt dabei natürlich eine große Rolle, und um es vorwegzunehmen: Wir werden uns natürlich nicht den Man

tel der Fundamentalverweigerer umhängen lassen, wie es gelegentlich in Publikationen anklingt, sondern wir werden bei einzelnen Maßnahmen genau prüfen, wo wir das akzeptieren können und wo nicht.

Fangen wir einmal mit der Justizvollzugsanstalt Offenburg an: Da wird ein privater Finanzinvestor beauftragt. Dieser beauftragt wiederum einen Generalunternehmer. Dann werden Subunternehmer mit Dumpingpreisen diese Arbeiten ausführen. Abgesehen davon, dass Sie hier eine Mittelstandspolitik betreiben, die auf Kosten der kleinen Unternehmen geht, halten wir diesen Weg für falsch.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Abg. Ka- trin Altpeter SPD: Lass dich nicht von ihm provozie- ren!)

Lieber Kollege Zimmermann, Sie dürfen nachher gern anschließen.

Die Justizvollzugsanstalt Offenburg soll ja zu 40 % privat geführt werden, nachdem sie privat finanziert und auch privat gebaut wird. Wir sehen da schon erhebliche Probleme im Sicherheitsbereich; denn es werden auch Teile des Bewachungswesens privatisiert. Die Trennlinie zwischen den Bereichen, in denen der Staat seine Hand drauf hat, und denen, in denen künftig Private agieren, ist sehr schmal, sehr neblig, sehr verflochten, und wir fragen uns, wer das Personal aussucht und überwacht, das dann in diesem hochsensiblen Sicherheitsbereich tätig ist. Mit uns ist das nicht zu machen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

Deshalb haben wir auch dem Forderungsmanagement, wie Sie es initiiert haben, nicht zugestimmt, weil wir glauben, dass das Land darauf setzt, dass private Inkassofirmen mehr können, als staatliche Gewalt vermag, und man sich möglicherweise auf eine Grauzone verlässt, wo es darum geht, nicht einbringbare Forderungen zu realisieren. Warum überlassen wir das nicht unseren Gerichtsvollziehern, die das besser können?

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Das tun wir doch!)

Warum brauchen wir private Inkassounternehmen, wenn wir nicht klammheimlich darauf vertrauen, dass sie in einer Grauzone arbeiten, an die sich der Staat nicht herantraut?

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Das ist schlicht und ergreifend falsch!)

Die Bewährungshilfe ist ein Bereich, der naturgemäß nicht unbedingt staatlich geführt sein muss, denn historisch kommt er aus einer privaten Initiative. Wir haben nur die Verfassungsmäßigkeit der Finanzierung kritisiert und sind auch vom Staatsgerichtshof in unserer Einschätzung bestätigt worden, dass Sie hinsichtlich der Finanzierung verfassungswidrig gehandelt haben. Wie sich die Bewährungshilfe entwickelt, werden wir kritisch beobachten. Aufgrund zahlreicher Stellungnahmen aus der Bewährungshilfepraxis, nicht nur von Bewährungshelfern, sondern insbesondere auch von Gerichten, sind wir skeptisch, ob die Umsetzung in der Form, wie Sie es sich

vorstellen, erfolgreich sein wird und ob wir insbesondere auch die Einsparungen erreichen werden, die man sich vorgestellt hat.

Ein anderer Bereich im strafrechtlichen Thema ist die Fußfessel. Da sind wir offen. Mit der elektronischen Fußfessel betreten Sie Neuland, jedenfalls hier in Baden-Württemberg und auch in Deutschland. Wir sind gern mit dabei und werden die Entwicklung abwarten. Wir warten auf Ihre demnächst hier im Landtag einzubringenden Vorschläge.

Auch bei der Notariatsreform sehen Sie die Sozialdemokraten an Ihrer Seite, was die grundsätzliche Ausrichtung angeht. Dort haben Sie, glaube ich, in der Vergangenheit die größeren Schwierigkeiten mit Ihrem Koalitionspartner gehabt.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Er weiß nicht, wovon er redet!)

Der Weg in die Privatisierung des Notariats ist richtig. Wir müssen ihn gehen – aus europarechtlichen Gründen, aus Gründen des Bundesrechts, aus systematischen Gründen. Wir erwarten in dieser langen Übergangsphase bis 2018, dass das Notariat in seiner derzeitigen Form seine Leistungsfähigkeit behält, kundenfreundlich und bürgernah bleibt und insbesondere, dass sich dieser Umwandlungsprozess nicht auf Kosten der Bediensteten der Justiz vollzieht.

(Beifall bei der SPD)