Protocol of the Session on February 11, 2009

„Das haben sie doch angeboten“: Sie wissen doch, dass sie zu dieser Vereinbarung genötigt wurden.

(Abg. Hans Heinz CDU: Das stimmt nicht! – Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Eine positive Anmerkung will ich machen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Sehr gut!)

Mit der Präzisierung und der Erweiterung des Konnexitätsprinzips werden die Städte und die Gemeinden unseres Landes tatsächlich deutlich besser vor der über Jahre und Jahrzehnte von CDU und FDP/DVP getätigten Praxis geschützt, dass Sie den Kommunen Aufgaben zugewiesen haben und sie bei der Finanzierung mittelfristig immer haben im Regen stehen lassen oder auch direkt in die Finanzschatulle der Kommunen gegriffen haben.

(Zuruf des Abg. Hans Heinz CDU)

Nur damit es nicht vergessen wird, Herr Heinz, will ich heute in Erinnerung rufen, dass Sie im Oktober 2006 – jetzt spreche ich das an – die kommunalen Landesverbände genötigt haben, bis zum Jahr 2010 einer jährlichen Kürzung von über 400 Millionen € zuzustimmen.

(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU)

Das sind rund 40 € pro Einwohner, die den Städten und Gemeinden gerade auch in dieser Zeit letztendlich fehlen, um ihren eigenen Aufgaben im Bereich der Infrastruktur, im Be

reich der Betreuungseinrichtungen oder bei der kommunalen Jugendförderung nachzukommen.

Im Bereich der inneren Sicherheit, Herr Innenminister, formulieren Sie in Ihrem Bericht zum Staatshaushaltsplan als Ziel, die Basisarbeit der Polizei zu gewährleisten. Demgegenüber steht aber die Realität in unserem Land, die da heißt: Schwächung der Basisarbeit der Polizei, indem Sie immer weniger Personal zur Verfügung stellen, damit die Polizei ihre Aufgaben erledigen kann. Diese Aufgaben nehmen eher zu als ab.

In vielen Revieren – das wissen Sie – und in Polizeiposten haben die Führungsverantwortlichen allergrößte Probleme, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten. Wenn dies gelingt, dann nur durch zusätzliche Belastungen der Kolleginnen und Kollegen dort. Im Schnitt stehen 14 %, in manchen Dienstbereichen bis zu 20 % der Arbeitskapazität der ohnehin gekürzten Planstellen nicht zur Verfügung, mit all den negativen Auswirkungen, die wir dann vor Ort zu spüren haben.

(Abg. Ingo Rust SPD: So ist es!)

Die im Jahr 2008 begonnene Erhöhung der Einstellungsquote, Herr Heinz, kommt viel zu spät. Natürlich wird sie von uns begrüßt, nicht nur von Ihnen und vom Kollegen Blenke, sondern vor allem von der Polizei im Land. Sie wird der Polizei aber in den Jahren 2009, 2010 und 2011 überhaupt noch nicht helfen; denn die Eingestellten sind ja noch in Ausbildung und stehen vor Ort nicht zur Verfügung. Die Situation wird dann, wenn sie auf den Revieren ankommen, bestenfalls entschärft und die Personalsituation nur schrittweise dem notwendigsten Bedarf wieder angenähert.

Bis dahin muten Sie den Beamtinnen und Beamten vor Ort Dienstpläne zu, die den Betroffenen körperlich auf die Knochen und auf ihre Gesundheit gehen, die eine zunehmende psychische Belastung mit sich bringen und die deren Familien- und Freizeitleben massiv einschränken.

Das Schlimmste dabei ist: Sie verschlechtern die Situation bis zum Jahr 2012 noch, indem Sie weiter Stellen und Personal kürzen, indem Sie sich weigern, über den Nichtvollzugsdienst eine zumindest bescheidene Entlastung des Vollzugsdienstes zu erreichen. Heute hätten Sie noch einmal Gelegenheit, das zu ändern, indem Sie unserem diesbezüglichen Antrag zustimmen.

Herr Minister, Sie sollten die Signale von vor Ort aufnehmen und vor allem auch ernst nehmen. Ich halte es für ein Alarmsignal, wenn Führungskräfte keinen Hehl mehr daraus machen, dass die Motivation bei ihrer Polizei abnimmt und die Stimmung schlecht ist.

(Widerspruch des Abg. Hans Heinz CDU)

Motivierend ist auch nicht – das will ich sagen –, wenn der Stellenanteil für den gehobenen Dienst gerade einmal auf 54 % angehoben werden soll. Gleichzeitig haben Sie, Herr Minister, vor Kurzem bei der GdP den Polizeimeistern Ihr Bedauern über deren miserable Bezahlung ausgedrückt.

In Hessen – das will ich in Erinnerung rufen – gibt es den mittleren Dienst bei der Polizei seit zehn Jahren gar nicht mehr.

In Nordrhein-Westfalen ist das seit Beginn dieses Jahres der Fall. Deshalb ist die Forderung unserer Polizeibeamtinnen und -beamten mehr als gerechtfertigt, die da heißt: Gleiches Gehalt für gleiche Leistung.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Polizei des Landes BadenWürttemberg gehört zu der am schlechtesten bezahlten in ganz Deutschland.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

Lassen Sie deshalb Ihrem Bedauern, Herr Minister, und Ihren Ankündigungen endlich erste Taten folgen

(Abg. Thomas Blenke CDU: Das stimmt schlicht und einfach nicht!)

und schaffen Sie die Einstellung von Polizeibeamten in Besoldungsgruppe A 7 ab.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage Ihnen: Wer tagein und tagaus an Stellen tätig ist, an denen es richtig brenzlig werden kann, dort, wo die zunehmende Gewaltbereitschaft richtig zu spüren ist und wo der Dienst mit Blessuren oder Verletzungen zu Ende gehen kann, der hat auch Anspruch darauf, anständig bezahlt zu werden, und zwar nicht erst in zwei oder drei Jahren, wenn Sie diese Maßnahme eventuell als Wahlgeschenk verkaufen wollen, sondern jetzt.

(Beifall bei der SPD)

Motivierend, meine Damen und Herren, ist sicherlich auch nicht, was sich im Bereich der Fort- und Weiterbildung abspielt. Die deutliche Reduzierung der Mittel für die Polizei akademie lässt darauf schließen, dass Sie zunehmend von der bewährten mehrtägigen Weiterbildung unserer Polizeikräfte an der Akademie bzw. deren Außenstellen Abstand nehmen wollen.

Hinter Ihrem E-Learning-Konzept und der Verlagerung von Ausbildung in dienstfreie Zeiten oder in die Nachtschicht – auch das hat man schon gehört – steckt doch nichts anderes als die Kaschierung der Personalnot in den Dienststellen.

So lobenswert es auch ist, jungen Berufsanfängern ausbildungsbegleitend den Zugang zum gehobenen Dienst zu ermöglichen – dieses Vorhaben streben Sie an; wir unterstützen und befürworten das, keine Frage –, so schlecht ist es, wenn Sie das W-8-Programm im kommenden Jahr auslaufen lassen wollen und gegenwärtig nur noch rund 100 Beamtinnen und Beamten – das ist weniger als die Hälfte gegenüber dem Jahr 2007 – diese Aufstiegschance eröffnen.

Wir meinen, es muss auch zukünftig im Laufe eines Berufslebens, das ja mindestens drei bis vier Jahrzehnte andauert, die Möglichkeit geben, in die nächsthöhere Laufbahngruppe aufzusteigen. Polizeibeamte zwischen 40 und 56 Jahren – das ist der bisher geltende Korridor hierfür – sind lebenserfahren und berufserfahren, haben in aller Regel ihren Mann bzw. ihre Frau an der polizeilichen Alltagsfront gestanden. Sie haben

es nicht verdient, dass man ihnen diese Perspektive in der Mitte ihres Berufslebens kaputt macht.

(Beifall bei der SPD)

Im Bereich der technischen Ausstattung ist es schon bemerkenswert, Herr Kollege Heinz, dass Sie ein Polizeigesetz beschließen, das der Polizei in weiten Bereichen zwar mehr Kompetenzen einräumt – was wir teilweise unterstützt oder gar gefordert haben –, dass Sie es dann aber unterlassen, einen Haushaltsansatz auszubringen, der es ermöglicht, die entsprechende Technik zur Erfüllung dieser Aufgaben zur Verfügung zu stellen.

Herr Innenminister, ich finde, Sie hätten Ihrer Partei wahrlich eine andere Spielwiese überlassen sollen. Im Finanzausschuss war es erforderlich, diese Mittel über Anträge zu verdreifachen. Ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie als Innenminister selbst dafür sorgen, dass Ihrer Polizei die Technik zur Verfügung gestellt wird, die sie dringend braucht.

Stichwort Feuerwehr und Katastrophenschutz: Sie haben in dem Haushaltsentwurf rund 5,3 Millionen € weniger an Zuweisungen an Gemeinden für Investitionen zur Unterstützung der örtlichen Gefahrenabwehr – die Sie gelobt haben, Herr Kollege – eingestellt, nämlich in der Summe rund 18 Millionen €, von denen jedoch 12,7 Millionen € für alte Verpflichtungsermächtigungen benötigt werden. Zugrunde gelegt haben Sie die Reduzierung des Aufkommens aus der Feuerschutzsteuer auf rund 40 Millionen €.

Unstrittig ist im Prinzip bei allen Fachleuten und bei den kommunalen Landesverbänden, Herr Kollege Heinz, dass der Mindestbetrag wenigstens 46 Millionen €, eher aber 50 Millionen € betragen müsste.

Deshalb hatten wir im Finanzausschuss einen Antrag vorgelegt, der die Erhöhung dieser Zuweisungen um 5 Millionen € vorgesehen hat. Die Landesregierung hat uns in der 33. Finanzausschusssitzung versichert, dass Gesamtmittel in Höhe von etwa 6 bis 7 Millionen € aus dem Mehraufkommen der Feuerschutzsteuer aus dem Jahr 2008 im Laufe des Haushaltsvollzugs zur Verfügung gestellt würden.

(Abg. Hans Heinz CDU: Ich habe es gelesen!)

Dies würde bedeuten, dass für diesen Bereich dann insgesamt etwa 24 bis 25 Millionen € eingestellt werden müssten. Ich kann Ihnen sagen: Wir vertrauen in diesem Fall der Landesregierung. Wir haben im Moment keinen Grund, diese Aussage anzuzweifeln. Aber ich kann Ihnen versichern: Wir werden im Haushaltsvollzug sehr genau darauf schauen, was sich im Einzeltitel 883 72 – Zuweisungen für Investitionen an Gemeinden und Gemeindeverbände – so bewegt.

Eine kurze Bemerkung zum Thema Datenschutz. Ich kann nur sagen: Die Personalausstattung im Bereich des Datenschutzes ist in beiden Bereichen, die wir gegenwärtig haben – sowohl beim Landesbeauftragten für den Datenschutz als auch im Innenministerium –, miserabel.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Was ist mit dem Ver- kehr?)

Derzeit wird uns ja täglich vor Augen geführt, wie es quer durch Deutschland – auch in Baden-Württemberg – mit dem Datenschutz bestellt ist. Es gibt massive Verstöße, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich. Dort sind inzwischen neue technische Möglichkeiten anwendbar. Demzufolge – so kann man feststellen – steigt auch die Zahl der Verstöße. Es besteht also auch in diesem Bereich aus unserer Sicht dringender Handlungsbedarf. Insbesondere fordern wir, diese beiden Bereiche zusammenzulegen und sie vor allem auch personell besser auszustatten.

Alles in allem, meine Damen und Herren, ist der Einzelplan 03 – Innenministerium – deutlich unterfinanziert, gerade in den Bereichen der inneren Sicherheit und der Gefahrenabwehr, die in unserem Land große Bedeutung haben und, so fürchte ich, zunehmend eine größere Bedeutung erlangen werden, wofür Sie die Verantwortung zu tragen haben. Deshalb können Sie unsere Zustimmung zu diesem Einzelplan nicht erhalten.

Ich will am Schluss sagen: Dank ist denen geschuldet, die trotz der Haushaltspolitik der Landesregierung und der Politik der Regierungsfraktionen tagtäglich nicht nur ihre Pflicht tun, sondern tatsächlich häufig darüber hinaus auch unter persönlichem Einsatz unsere Sicherheit gewährleisten. Dank gebührt aber auch denen, die in den einzelnen Bereichen des Innenressorts unserem Staat dienen – ich will dies ausdrücklich so erwähnen – und Rahmenbedingungen garantieren, die notwendig sind, um uns allen ein funktionierendes Gemeinwesen zu gewährleisten, von dem wir letztendlich alle profitieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Haller.