Protocol of the Session on December 18, 2008

(Ministerpräsident Günther Oettinger)

sicher sind und die damit geeignete Maßnahmen für mehr Beschäftigung darstellen.

Was haben wir genau vor?

Erstens: Wir stocken das Bürgschaftsprogramm, den Rahmen für Bürgschaften, in Baden-Württemberg deutlich auf. Der Ablauf ist wie folgt: Der Handwerksmeister, dessen Aufträge zurückgehen, der Händler, der Mittelständler, der Betriebsmittel braucht, der im Winter und Frühjahr Löhne bezahlen soll oder der die degressive Abschreibung nutzen will und eine Presse, eine Maschine, eine Anlage, einen Lastkraftwagen kaufen will, braucht neben Eigenkapital auch Fremdkapital. Er braucht ein Darlehen von der Bank. Da die Banken – die Volksbanken, die Raiffeisenbanken, die Sparkassen, die BWBank, die Geschäftsbanken –, obwohl sie sich bemühen, derzeit ihre Kreditlinien nicht ausbauen, sondern eher einschränken und eher unsicher sind, ist die Bürgschaft des Landes wertvoller denn je.

Das heißt, dass ich ganz konkret davon ausgehe, dass der Bauhandwerksmeister, der vom Land im nächsten Frühjahr einen neuen Straßenbauauftrag bekommt, der sich vielleicht eine neue Baumaschine und einen neuen Lkw von Mercedes-Benz kaufen will, dafür einen Teilbetrag angespart hat, einen größeren Betrag von der Bank braucht, dass sich die Bank aber nicht traut, ein Darlehen dafür zu gewähren, und dass deswegen eine Bürgschaft des Landes beantragt wird. Deswegen stocken wir den Bürgschaftsrahmen von 150 Millionen € in Baden-Württemberg um 350 Millionen € auf eine halbe Milliarde Euro auf.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Dadurch erreichen wir, dass die Bürgschaftsbank BadenWürttemberg für Bürgschaften im kleineren sechsstelligen Bereich, dass die L-Bank für den Bereich von bis zu 5 Millionen € Bürgschaft pro Fall und Jahr und dass der Landtag für größere Bürgschaften über 5 Millionen € diesen Bürgschaftsrahmen nutzen können und dadurch der Bank schnell eine ergänzende Sicherheit gewährt wird, damit der Kredit fließt und der Lkw, die Anlage, die Maschine gekauft oder die Löhne weiter gezahlt werden können.

Ich finde, das ist ein maßvolles und richtiges Programm. Wir werden in den nächsten Wochen davon Gebrauch machen und dann die Entwicklung auf dem Markt beobachten. Damit soll erreicht werden, dass im ganzen Jahr 2009 dort, wo Bürgschaften sinnvoll und vertretbar sind, wo sie Arbeitsplätze sichern, wo sie Aufträge stärken, wo sie Käufe möglich machen, das Land mit Bürgschaften hilft und dadurch ein wirkungsvoller Beitrag gegen mehr Arbeitslose und für mehr Beschäftigung erreichbar ist.

Der zweite entscheidende Punkt ist, dass das Land selbst investiert. Wir haben in diesem Jahr keine neuen Schulden gemacht. Wir hatten in diesem Jahr vor, dass eine Altschuldentilgung in Höhe von 350 Millionen € fließt. Dies wäre im Haushalt möglich gewesen. Das Geld ist da. Aber in der Güterabwägung stellen wir jetzt, nachdem wir ohne neue Schulden ausgekommen sind, die Tilgung von alten Schulden für einige Jahre zurück, nehmen das dafür vorhandene Geld in die Hand und investieren daraus in eigener Verantwortung

dort, wo das Land Auftraggeber und Träger von Infrastruktur im Hochbau und im Tiefbau ist. Wir ziehen Maßnahmen vor, die sinnvoll sind und die geplant waren. Das heißt, wir geben in der Betrachtung mehrerer Jahre nicht mehr Geld aus, sondern investieren zur richtigen Zeit.

Wir gehen im Augenblick davon aus, dass die Rezession der Wirtschaft und das Minuswachstum das ganze Jahr 2009 prägen werden. Wenn der Aufschwung früher kommt, soll es uns recht sein. Wir vermuten, dass die rezessive Phase 2009 und bis ins Frühjahr 2010 andauern wird. Deswegen ist unser Programm auf 18 Monate angelegt und nicht länger, weil man eigentlich von einem Aufschwung in eineinhalb Jahren ausgehen kann – es entsteht entsprechender investiver und konsumtiver Nachholbedarf –, aber auch nicht kürzer. Denn wer zu kurz springt, muss nachbessern. Unser Programm ist auf die Laufzeit von 18 Monaten angelegt und auch entsprechend solide finanziert.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Der Finanzminister hat dabei auf eine strenge Vorgabe Wert gelegt. Dies wird von uns vorbehaltlos unterstützt. Wir machen keine Wunschzettel, wir gönnen uns nicht das, was wünschenswert wäre, aber nicht notwendig ist, sondern wir orientieren uns allein daran: Welche Investition ist unvermeidbar, ist aber nicht im nächsten Jahr vorgesehen, sondern 2011, 2012 oder 2013 vorgesehen, also auch nicht in einer unabsehbar späteren Zeit, sondern in der mittelfristigen Finanzplanung notwendig? Diese Maßnahme ziehen wir vor, arbeiten wir ab, finanzieren wir durch oder beschaffen wir. Wir sparen damit für den Haushalt 2012 Ausgaben ein und investieren jetzt, wenn Impulse für Wachstum und Beschäftigung sinnvoll und notwendig sind. Wir handeln antizyklisch und zielgenau.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

So geben wir beispielhaft für den staatlichen Hochbau im Zeitraum von 2009 bis Mitte 2010 185 Millionen € mehr aus. Schauen wir einmal unsere Hochschulgebäude, unsere Uniklinika, unsere Bezirksbauten, unsere Polizeireviere etwas genauer an. Da wird jeder Euro, den wir früher investieren, sinnvoll sein,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist dringend notwen- dig!)

weil wir damit unser Vermögen erhalten und stärken, damit die Arbeitsmöglichkeiten, die Behandlungsmöglichkeiten für Patienten vor Ort verbessern, im Zweifel sogar Mittel des Bundes abrufen und weil wir damit Ausgaben in mittlerer Zukunft ersparen.

Beim Hochbau kommt das Thema „Klimaschutz und Energetik“ hinzu. Ein Teil dessen, was früher investiert wird, erspart Heizöl, erspart Gas, setzt im Grunde genommen sinnvolle Umwelt- und Haushaltsziele gemeinsam um.

Der zweite große Bereich ist der Straßenbau: 70 Millionen € mehr. Nachdem der Landesstraßenbau in den Jahren 2008 und 2009 schon durch ein Sonderprogramm und durch stabile Haushaltsmittel deutlich mehr Mittel haben wird, als er in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts zur Verfügung hatte, kommen nochmals 70 Millionen € hinzu. Aber damit wird nicht eine neue Großmaßnahme finanziert; denn da bestünde das Risi

(Ministerpräsident Günther Oettinger)

ko, dass der Auftrag nach Ausschreibung an Betriebe in Köln, München oder Wien geht.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Oder Bukarest!)

Wir wollen damit bewusst unser Vermögen in Form von Landesstraßen erhalten und sichern. Das heißt: Wir machen ein Erhaltungs- und Unterhaltsprogramm und werden damit erreichen, dass viele Landesstraßen besser werden und viele kleine Tiefbauunternehmen und Handwerksmeister in allen Regionen des Landes durch Aufträge profitieren werden und damit ihre Umsätze sichern und ihre Arbeitsplätze erhalten können.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Oder nehmen wir den Klimaschutz und den Hochwasserschutz. Jeder weiß, dass beim Hochwasserschutz an Rhein und Neckar, aber auch an Flüssen der zweiten Ordnung Nachholbedarf besteht. Meistens kommt in den Tagen nach einem eingetretenen Hochwasser auch Bewegung in die Haushaltsstruktur. Jetzt kommt Bewegung hinein, ohne dass ein Hochwasser gekommen ist. Ich bin sicher, dass mit den 30 Millionen € überall dort, wo Pläne bestehen, diese rascher realisiert werden und dass damit Baden-Württemberg der Bauwirtschaft hilft und das Land auf das nächste Hochwasser früher und besser vorbereitet ist.

350 Millionen € investieren wir in das Vermögen des Landes Baden-Württemberg. Damit schaffen wir eine Entlastung künftiger Haushalte und geben in den Jahren 2009 und 2010 Impulse für die Wirtschaft. Ich finde, dass in der Güterabwägung, einerseits hier zu investieren, andererseits die Haushaltsziele nicht aufzugeben, indem wir zwar keine neuen Schulden machen, aber die Tilgung alter Schulden zurückstellen, die Gratwanderung richtig beschritten worden ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Der dritte große Schwerpunkt neben dem Bürgschaftsprogramm und dem landeseigenen Investitionsprogramm ist die kommunale Ebene. Wir wissen nur zu gut, dass keine andere öffentliche Hand für die Wirtschaftsförderung vor Ort eine derart starke Verantwortung trägt, aber auch Möglichkeiten hat, wie das bei Rathäusern und Landratsämtern, bei den Kommunen der Fall ist. Die Kommunen sind in vielen Fällen Träger des Hochbaus und des Tiefbaus, der öffentlichen Infrastruktur.

Dafür haben wir seit Jahrzehnten bewährte Instrumente, u. a. den Kommunalen Investitionsfonds, KIF genannt, und den Kommunalen Umweltfonds, KUF genannt. Der Ausgleichstock kommt als Steuerungsinstrument für finanzschwache Gemeinden, für kleine Gemeinden und für den ländlichen Raum ergänzend hinzu. Genau dort setzen wir an.

Wir zwingen keiner Gemeinde etwas auf; wir machen den Gemeinden ein Angebot. Warum? Wenn man weiß, dass im Krankenhausbau seit Jahren und Jahrzehnten ein Antragstau in der Sanierung, der Erweiterung, der Erneuerung, dem Kauf von Großgeräten für unsere kommunalen Krankenhäuser besteht, eine Warteliste im Umfang von vielen Hundert Millionen Euro,

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Ach, auf einmal!)

dann sollte man jetzt – –

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Bisher war doch alles in Ordnung! – Unruhe bei den Grünen und Abgeord- neten der SPD)

Ich sehe in Ihren Zurufen Zustimmung und keinen Widerspruch.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Lachen bei den Grünen – Zurufe, u. a. der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE)

Schauen Sie: Wir sind derzeit in einer außerordentlichen Situation, in der die Haushaltskonsolidierung um Investitionen ergänzt werden muss und sich die Frage der Güterabwägung neu stellt. Genau da setzen wir an.

Da wir wissen, dass Jahr für Jahr Gemeinderäte und Kreistage Krankenhausmaßnahmen planen und dass dafür in den kommunalen Haushalten Mittel eingestellt sind, die aber nicht genutzt werden, weil die Kofinanzierung nicht in ausreichender Höhe vorhanden ist, stocken wir die Kofinanzierungsmittel im KIF auf und ermöglichen damit, dass kommunale Investitionen jetzt geschehen und nicht erst 2012 oder später; also zur richtigen Zeit und nicht zu spät.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Aber das reicht nicht! – Zu- rufe der Abg. Reinhold Gall, Dr. Nils Schmid und Ute Vogt SPD)

Wir wollen nicht, dass sich die Kommunen genötigt sehen, sich anders zu entscheiden. Vielmehr ermöglichen wir, dass die Kommunen, wenn sie sich entschieden haben, das Land als Partner bekommen. Wir treten mit diesem Programm früher und stärker als Finanzpartner für die Kofinanzierung für Krankenhäuser, Pflegeheime, Straßenmaßnahmen, Sanierungen und anderes mehr auf den Plan.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was? Pflegeheime? – Unruhe bei der SPD – Zuruf der Abg. Ursula Hauß- mann SPD)

Entschuldigung, noch finanzieren wir die restlichen Maßnahmen zwei Jahre lang ab, Frau Kollegin Haußmann, und zwar jetzt.

(Zurufe der Abg. Katrin Altpeter SPD und Bärbl Mie- lich GRÜNE – Unruhe)

Frau Kollegin Haußmann, die Sache ist doch ganz klar, und Sie sind bei diesem Thema doch viel sachkundiger, als Ihr Zwischenruf erkennen lässt.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir wollen bei der Pflegeheimförderung die noch notwendigen, für die flächendeckende Infrastruktur sinnvollen Maßnahmen kofinanzieren.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Danach, zum Ende dieser Legislaturperiode, stellen wir uns das Auslaufen der Pflegeheimförderung vor. Dennoch ziehen wir jetzt nochmals Maßnahmen dafür vor und haben in un

serem Programm hierfür 11 Millionen € ergänzend bereitgestellt. Darum geht es; deshalb war Ihr Zwischenruf, wie ich glaube, der Sache wenig dienlich. Ihre Sachkunde ist aber trotzdem hoch.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Gewagte Aussage! – Abg. Ursu- la Haußmann SPD: Das wird von uns genau beobach- tet!)

Für Krankenhäuser haben wir 70 Millionen € vorgesehen. Nachdem man weiß, dass es vonseiten der Kommunen Anträge in hoher dreistelliger Millionensumme gibt,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Ja!)