Die 500 Millionen € – wenn Sie wissen wollen, wo die sind, Herr Kollege – liegen bereits im Haushalt. Das sind Mehreinnahmen aus den vergangenen Jahren. Darauf sind wir ja alle mächtig stolz. Überall hat er gespart, seine Töpfchen gebildet. Aber jetzt dieses Töpfchen noch weiter hinzuschieben und gleichzeitig über eine Bildungsoffensive zu sprechen, ist mit doppelter Zunge gesprochen.
Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns einig: Wir stehen in den nächsten Jahren vor ganz besonderen Herausforderungen. Da bedarf es einer Regierung, die klare Ziele hat, die verlässlich argumentiert und auch verlässlich handelt.
(Abg. Klaus Herrmann CDU: Die haben wir in Ba- den-Württemberg! – Beifall bei Abgeordneten der CDU – Widerspruch bei der SPD)
Denn der Ministerpräsident ist hier an diesem Pult gestanden und hat gesagt: „Ich habe nicht geglaubt, dass eine CDU/SPDRegierung weniger in die Verkehrsinfrastruktur steckt als RotGrün.“
Wir haben alle mitgearbeitet. Das ändert sich. Aber wir wollen nicht mehr in die Verschuldung. Darauf haben auch Sie hingewiesen. Also brauchen wir eine Finanzierung. Dazu ist die Maut da. Über Einnahmen aus dieser Maut wird z. B. jetzt die Autobahn nach Karlsruhe dort, wo sie noch nicht dreispurig ausgebaut ist, vorzeitig ausgebaut. 100 Millionen € für das Land Baden-Württemberg! Der Finanzminister stand bei seiner Einbringungsrede hier und hat gesagt: „Wir begrüßen die zusätzlichen Mittel, die durch die Maut jetzt im Land BadenWürttemberg investiert werden.“
Jetzt frage ich Sie, Herr Ministerpräsident: Warum haben Sie dann diese Maut im Bundesrat abgelehnt? Warum haben Sie die abgelehnt?
Noch gravierender wird das Thema, wenn man einmal in den Bundeshaushalt schaut. Herr Ministerpräsident, Sie haben wie wir intensiv darum gekämpft, dass Stuttgart 21 jetzt im Bundeshaushalt verankert wird, und zwar so verankert wird, dass das Projekt nicht mehr infrage gestellt werden kann.
Das haben wir erreicht. Aber die notwendige Gegenfinanzierung für die Verpflichtungsermächtigungen sind die Mehreinnahmen aus der Maut. Mit der Enthaltung des Landes BadenWürttemberg an dieser Stelle haben Sie das Projekt infrage gestellt.
Sie argumentieren, es sei das Zukunftsprojekt des Landes schlechthin. Wenn es aber darum geht, die Mittel dafür bereitzustellen, dann treten Sie auf die Seite, dann sind Sie gar nicht mehr da. Sie sind nicht berechenbar, Sie sind nicht verlässlich an dieser Stelle.
Nein, ich bin noch nicht fertig. – Im Landeshaushalt stehen 800 Millionen € Erbschaftsteuereinnahmen. Der Bundesratsminister, gefragt, ob die notwendige Erbschaftsteuerreform, die stattfinden muss, damit diese 800 Millionen € realisiert werden können, in den Vermittlungsausschuss komme: „Um Gottes willen, es geht um alles oder nichts.“ Abstimmung im Bundesrat, das Land Baden-Württemberg: Nein.
(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Gott sei Dank, prima! – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: An den Folgen dieser Reform werdet ihr noch lange zu knabbern haben!)
Bei entscheidenden Weichenstellungen auch für unser Land ist diese Landesregierung nicht handlungsfähig. Herr Minis terpräsident, es ist direkt lachhaft, wenn Sie von dieser Stelle aus der Bundeskanzlerin die Zusammenarbeit anbieten. Dann muss man im Bundesrat auch springen.
Jetzt verweisen Sie auf die Koalition, ich weiß schon. Aber jetzt sage ich Ihnen einmal, wie das geht.
(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Was sagen Sie zu Würth? – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Das Beispiel ist super! Das ist ja lächerlich!)
Das Land Berlin z. B. hat der Erbschaftsteuerreform zugestimmt, obwohl der kleinere Koalitionspartner dies nicht wollte. Herr Wowereit hat gesagt, zuerst komme das Land. Da verlange und erwarte ich auch von Ihnen, dass Sie sagen: „Zuerst kommt das Land und dann die FDP/DVP.“
(Lebhafter Beifall bei der SPD – Lachen bei Abge- ordneten der CDU – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Das Land wird die Folgen dieser Erbschaftsteuerre- form noch bitter büßen! – Abg. Michael Theurer FDP/DVP meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glo- cke des Präsidenten – Unruhe)
(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Ich sage nur: Würth, Erbschaftsteuer! – Gegenruf des Abg. Alfred Winkler SPD: Ruhe auf den billigen Rängen!)
Meine Bitte ist, dass wir uns von Ritualen lösen, die lauten: „Die Regierungsseite weiß sowieso immer alles besser, und die Opposition hat nur falsche Vorschläge“,
Sie haben neulich auf ein Dilemma der CDU hingewiesen. Das stand im amtlichen Pressespiegel des Landtags.
(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Wenn Sie eine Steuersenkung vorschlagen, haben Sie meine Unter- stützung!)
Eines der Probleme der Union ist, dass wir auf der ganzen Breite der wirtschafts- und finanzpolitischen Themen nicht mehr so aufgestellt sind wie in der Vergangenheit. Es fehlen Charakterköpfe.