Protocol of the Session on November 5, 2008

(Beifall bei der FDP/DVP – Lachen des Abg. Win- fried Kretschmann GRÜNE – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Märchenstunde!)

Die Ausgliederung des Investmentgeschäfts aus den Bankbilanzen ist menschliches Versagen und kein Marktversagen.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Zurufe der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP und Dr. Nils Schmid SPD)

Die Immobilienpolitik der Regierung Bush ist menschliches Versagen und kein Marktversagen,

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

und die Politik des leichten Geldes der Ära Greenspan ist ebenfalls menschliches Versagen und kein Marktversagen.

Wenn wir uns im Land einmal anschauen, welche Banken versagt haben und welche Banker versagt haben – sei es die WestLB, seien es die Sachsen LB, die BayernLB usw. –,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: HSH Nordbank!)

dann stellen wir fest, dass es in der Regel Staatsbanker und Politiker waren, die in den Aufsichtsräten geschlafen haben.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: So ist es! Genau so ist es!)

Die Frage, die sich jetzt stellt, lautet: Was kann die Bundesregierung an dieser Stelle tun? Nach unserer Auffassung ist dieses Konjunkturprogrämmchen, das sich da abzeichnet, der falsche Weg.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir haben ja Erfahrungen mit solchen Konjunkturprogrammen. Das hat in den Siebzigerjahren, in der Ära Schmidt, begonnen und hat den Weg in die Staatsverschuldung gewiesen. In den USA gab es in diesem Jahr ein Programm von rund 270 Milliarden Dollar. Wo sind die positiven Auswirkungen? In Japan gab es zunächst eine Tranche mit umgerechnet 90 Milliarden € und anschließend jetzt eine Tranche mit 40 Milliarden €. Das Ergebnis ist lediglich, dass die Neuverschuldung

des japanischen Staats aktuell bei 6,5 % bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt liegt und die Staatsverschuldung insgesamt 182 % des Bruttoinlandsprodukts beträgt. Das ist dreimal so viel wie bei uns. Ich frage Sie: Wo sind die positiven Effekte?

Deshalb sind zwei kardinale Anforderungen an ein solches Konjunkturprogramm zu stellen, damit dies nicht wie ein Strohfeuer verpufft. Erstens darf es keine Verzerrung zwischen einzelnen Branchen geben,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

und zweitens darf es keine Mitnahmeeffekte geben,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

für die man vielleicht Anreize setzt. Das Konjunkturprogramm, das die Regierung Merkel vorhat, erfüllt diese beiden Kriterien nicht.

Es ist durchaus richtig: Welchen Sinn macht es, einen VW Touareg mit einem CO2-Ausstoß in Höhe von 315 g je Kilometer mit rund 1 500 € – die Gesamtkosten für ein solches Fahrzeug betragen 80 000 € – zu subventionieren? Es wird vermutlich eher zu Mitnahmeeffekten führen,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: So ist es!)

wenn man hier die Kfz-Steuer aussetzt. Deshalb brauchen wir hier Investitionen in die Zukunft und kein konsumtives Strohfeuer. Wir brauchen nachhaltige Strategien und eben kein kurzfristiges Strohfeuer. Wir müssen etwas für die Mitte der Gesellschaft tun, damit die Menschen überhaupt Autos kaufen können,

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

bevor wir anfangen, darüber nachzudenken, irgendwelche Vergünstigungen kurzfristiger Natur zu schaffen. Deshalb ist es weit sinnvoller, die Kfz-Steuer insgesamt abzuschaffen und sie durch ein Mautsystem zu ersetzen, damit wir auch die ausländischen Nutzer unserer Straßen für die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur heranziehen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wir haben 5 %! 5 % Ausländer haben wir auf den Straßen!)

5 %. Aber 5 % sind 5 %, Herr Schmiedel. Wenn Sie so weitermachen, dann fallen Sie, wenn Sie 5 % nachlassen, in Hessen bald unter die Fünfprozenthürde. So wenig sind 5 % nämlich nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Wer etwas für die Konjunktur tun will, der soll auch einmal darüber nachdenken, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Dieser trifft nämlich den Mittelstand, und er trifft die ganze Breite unserer Gesellschaft.

Derselbe Vorwurf mangelnder Nachhaltigkeit gilt auch für all das, was sonst geplant ist: für zinsvergünstigte Darlehen bei der KfW, bei der die Staatsbanker, die versagt haben, die Leute ohnehin schon abgeschreckt haben. Auch all das, was sonst noch geplant ist, diese ganzen Vorschläge von Steuerboni oder von Investitionen, die gefördert werden sollen,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Hand aus der Hosen- tasche!)

bewirken keine nachhaltigen, sondern kurzfristige Effekte,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Genau!)

die – ob sie jetzt, wie bei Investitionsgütern, absetzbar sind oder was auch immer – keine nachhaltige Wirkung haben.

Wir müssen die Breite der Gesellschaft entlasten, nämlich die Breite des Mittelstands, die Breite der Mittelschicht. Sonst führt dieses Konjunkturprogramm wie viele seiner Vorgänger lediglich zu einem Strohfeuereffekt, der die Staatsverschuldung nach oben bringt.

Im Land Baden-Württemberg haben wir konkrete Vorschläge für Investitionen – keine konjunkturellen Strohfeuer, sondern Investitionen in die Zukunft.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Nicht das Haus Baden, sondern die 528 Millionen € für unsere Bildungsinitiative.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das sind Investitionen in die Zukunft. Das ist Nachhaltigkeit, meine Damen und Herren. Das schaffen wir auch selbst. Dafür brauchen wir keine Bundeskanzlerin, die für die Bildungspolitik nicht zuständig ist.

(Beifall der Abg. Beate Fauser und Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/ DVP: Auch richtig!)

Ein weiterer Vorschlag: Verkehrsinfrastruktur. Stuttgart 21 ist ein nachhaltiges Projekt der Verkehrsinfrastruktur. Diese Investitionen sind richtig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es!)

Dasselbe gilt für die Rheintalbahn; dasselbe gilt für den Vorschlag eines Straßenbauprogramms West. Überall hier können wir solche Investitionen tätigen. Das will auch die Wirtschaft unseres Landes.

Das Gutachten von Ernst & Young aus der vergangenen Woche hat deutlich gemacht: 37 % der Familienunternehmer in Baden-Württemberg verlangen Bürokratieabbau. Das wissen wir schon lange. Das ist ein Topthema. Aber noch mehr – mehr als die Hälfte – fordern Investitionen in die Infrastruktur.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das macht doch deutlich, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind. Wenn der Bund etwas tun will, wenn Frau Merkel uns

unterstützen will, dann sollte sie keine Bildungsgipfel abhalten, sondern dann sollte sie nach Baden-Württemberg kommen und dort ihre Aufgaben im Bereich der Verkehrsinfrastruktur erfüllen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: So ist es!)

Sie erscheint uns so wie aus Michael Endes Jugendbuch „Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer“ der Scheinriese Tur Tur: Je weiter sie weg ist, desto größer erscheint sie uns; aber sie schrumpft dann zu einem Zwerg, wenn man ihr gegen übersteht,