Protocol of the Session on June 28, 2006

Zitat Ute Vogt, „Süddeutsche Zeitung“, 17. Oktober 2003.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Hört, hört! – Zurufe von der SPD)

Dass die Kollegin Vogt rechtzeitig die Kurve gekratzt hat, haben wir spätestens im Wahlkampf mitbekommen.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Sie sprach von „ge- bührenfreiem Studium“! Das haben Sie doch gera- de zitiert!)

„Die Welt“, 25. Januar 2006:

Die SPD will als einzige Partei das Erststudium gebührenfrei halten.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Richtig! So ist es!)

Aber, meine Damen und Herren, es wird noch viel spannender. Deshalb die Frage: Wer ist es, der hier zaudert und zögert? Wer steht wo? Wer weiß eigentlich, was er will?

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Sie haben es doch ge- rade vorgelesen!)

Die SPD-Fraktion, der jetzige stellvertretende Landtagspräsident Drexler, damals noch Fraktionsvorsitzender, am 21. Oktober 2003 in den „Stuttgarter Nachrichten“ – ich zitiere –:

Ich halte nachlaufende Gebühren für sinnvoll, wenn das Geld tatsächlich den Hochschulen zur Verfügung steht. Ich hatte schon früher eine etwas andere Meinung als die Mehrheit meiner Fraktion, aber allmählich denken viele meiner Kollegen endlich um.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Boris Palmer GRÜNE und Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Glückwunsch zur Erkenntnis! Aber als kleiner Beleg dafür, meine Damen und Herren, dass die CDU und alle Beifahrer im Vergleich zu Ihrer Mannschaft grenzenlos homogen sind, ein weiteres schönes Zitat. Ich zitiere den finanzpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Nils Schmid.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Der hat noch ge- fehlt!)

„Stuttgarter Nachrichten“, 19. Februar 2004:

Nachlaufende Studiengebühren, die an das Einkommen anknüpfen und erst dann verlangt werden, wenn ein Akademiker sie bezahlen kann, halte ich für sozial ausgewogen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, da kann ich nur sagen: Sie müssen bei Ihnen klären, wer etwas will, wohin Ihr Auto mit Ihren Beifahrern oder wem auch immer fährt. Im Vergleich zu der Position, die Sie im Moment haben, im Vergleich zu Ihrer Fraktion ist jeder Ameisenhaufen eine geordnete Kampfformation.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Herr Palmer, ganz ruhig bleiben. Ich habe Ihnen schon x-mal gesagt: Das, was Sie machen, ist ungesund. Sie regen sich immer so auf.

(Unruhe)

Nächster Punkt: Wir haben heute ausgiebig das Thema Schule diskutiert. Frau Vogt, Sie haben darauf verwiesen, das Entscheidende sei nicht PISA oder was dabei herauskomme, sondern sei, ob wir jetzt weltweit Spitze seien oder

nicht. Sie haben sicherlich nachvollzogen, dass wir in den letzten Jahren in dieser Rangskala deutlich nach oben gerutscht sind. Wir sind noch nicht ganz oben – das ist in Ordnung –, aber auf dem richtigen Weg. Was den Vergleich mit anderen Bundesländern angeht, sind wir an der Spitze in Deutschland.

Wir haben in der letzten Legislaturperiode vor allem die Inhalte verändert: Einführung von Englischunterricht in der Grundschule, Abitur nach dem zwölften Schuljahr – die SPD war lange Zeit vor Ort, zum Beispiel in Pforzheim, in weiten Bereichen massiv dagegen –, Veränderung der Lerninhalte und vieles andere mehr. Aber wenn es jetzt um Zaudern und Zögern geht, dann kann ich nur sagen: Es war dieser Ministerpräsident,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Welcher denn?)

der vor der Wahl, und zwar gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden, in Rekordzeit, was Sie garantiert nicht hinbekommen hätten, im letzten Jahr ein Paket – übrigens unter anderem mit dem Kollegen Ivo Gönner, der Ihnen wahrscheinlich nicht ganz unbekannt ist; er gehört, wenn ich es richtig weiß, Ihrer Partei an – mit einem Volumen in Höhe von 1 Milliarde € geschnürt hat, und zwar ein flächendeckend bedarfsorientiertes Konzept an Ganztagsschulen innerhalb der nächsten Jahre in ganz Baden-Württemberg. Mit Verlaub: Man kann doch nicht davon reden, wir würden zaudern oder zögern und hätten keine Inhalte. Wir haben das gemacht. Wir haben es mit den Kommunen und nicht gegen die Kommunen umgesetzt, und wir werden es in den nächsten Jahren vollständig umsetzen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Jetzt zum Thema Ganztagsschulen. Sie haben vorhin einfließen lassen, wir wollten das alles nicht, Fahrer und Beifahrer hätten da völlig unterschiedliche Ansichten. Die Metapher finde ich ganz gut. Ich kann Ihnen nur sagen: Fahrer und Beifahrer und alle 67 Mitfahrer der CDU-Fraktion – an der Homogenität dieser Mannschaft werden Sie noch viel Freude haben. Das verspreche ich Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Lachen bei der SPD – Abg. Carla Bregenzer SPD: Das war bald mehr Beifall bei der SPD als bei der CDU!)

Die Frage bei der Umsetzung dieses Projekts ist aber: Welches Familienbild haben Sie? Welches Familienbild hat die CDU? Sie wollen die generelle Ganztagsschule. Wir wollen nicht die generelle Ganztagsschule. Wir wollen die generelle Ganztagsschule deshalb nicht, weil wir der Überzeugung sind, dass ein flächendeckend bedarfsorientiertes Konzept an Ganztagsschulen, nach dem die Familien entscheiden, ob sie dies in Anspruch nehmen wollen oder nicht, richtiger ist –

(Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Stichwort Subsidiarität als ein Zwangskonzept, das der Staat einführt. Das ist der große Unterschied. Deshalb ist Ihre kontinuierliche Forderung nach einer generellen Ganztagsschule, wobei Sie uns ständig vorwerfen, dass wir sie nicht umsetzen, schlicht und ergreifend falsch, und zwar familienpolitisch und inhaltlich falsch. Deshalb wird die ge

nerelle Ganztagsschule in Baden-Württemberg nicht stattfinden.

(Beifall bei der CDU)

Sozialpolitik, Landeserziehungsgeld: Sie haben vorhin gesagt: „Das muss weg, und das Geld wird vollständig in Betreuung investiert.“ Ich räume ein, dass man bei dem Thema Betreuung unbestritten noch mehr Gas geben muss als bisher, und zwar gemeinsam mit den Kommunen. Wir können die Kommunen nicht alleine lassen, weil sie die Betreuung nicht alleine schultern können.

Meine Damen und Herren, auch hier gilt ein anderes Familienbild, als Sie es offensichtlich haben. Ich will, dass wir Betreuung haben. Ich will, dass wir als Land für die Betreuung mehr Geld ausgeben. Aber was mit uns nicht zu machen ist, ist, dass quasi diejenigen finanzpolitisch bestraft werden, die die Betreuung in der Familie selber übernehmen. Das ist mit der CDU nicht zu machen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut!)

Aber genau das wäre der Fall, wenn man das, was nicht nur die Opposition ab und zu fordert, tun würde, nämlich das Landeserziehungsgeld zu streichen und eine vollständige Investition in die Betreuung vorzunehmen. Dann würde genau das eintreten, dass Familien, die selber betreuen, unabhängig vom Einkommen nichts mehr bekommen.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Übrigens gibt es aus meiner Sicht der Dinge bei dem, was im Moment in Berlin passiert, einen kleinen Strickfehler. Denn beim Familiengeld gibt es Fälle, in denen Geringverdiener, die ihr Kind selber erziehen, beaufsichtigen und betreuen und nicht zur Arbeit gehen, in bestimmten Fällen weniger Geld vom Bund bekommen als bisher. Das halte ich für einen Strickfehler. Ich sage das in aller Offenheit. Aus meiner Sicht der Dinge muss das so schnell wie möglich entsprechend korrigiert werden.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Haben Sie das Frau von der Leyen schon gesagt?)

In diesem Punkt haben wir ein anderes Familienbild, für das wir kämpfen und mit dem wir in den nächsten Jahren mit Sicherheit draußen auch noch entsprechenden Erfolg haben werden.

Nächster Punkt, meine Damen und Herren: Energiepolitik. Das ist Ihr Lieblingsthema, Herr Kretschmann, das Sie heute wieder zweimal angeführt haben. Frau Vogt hat in einem Nebensatz etwas Interessantes gesagt, nämlich, dass man deshalb gegen die Kernenergie sein müsse, weil das Thema „Lagerung der Abfälle“ ja unter anderem auch auf den Schwarzwald zukommen könnte. Das ist schon eine ziemlich interessante Bemerkung, meine Damen und Herren. Der Steuerzahler hat in den letzten 20 Jahren Hunderte von Millionen – zuerst D-Mark, dann Euro – dafür ausgegeben, dass zwei Lagerstätten – eine für Hochtemperaturabfälle, eine für Niedrigtemperaturabfälle – en detail untersucht werden. Die Untersuchungen sind abgeschlossen. Da können Sie in die Planfeststellung und dann in die Umsetzung ge

hen. Aber der Spät-68er Trittin hat das erst einmal gestoppt, und die Strategie, die jetzt von Gabriel verfolgt wird – nämlich zu sagen: „Jetzt legen wir das mal ad acta und erpressen die mal ein bisschen nach dem Motto ‚Na ja, wir könnten ja vielleicht auch bei euch untersuchen, ob wir den Abfall bei euch ablagern‘“,

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Deshalb sind Sie für Atomenergie, weil Baden-Württemberg da nicht in- frage kommt?)

so nach dem Motto „Dann sind die ganz schnell dagegen“, und am besten noch einmal richtig Geld zu investieren –, ist, meine Damen und Herren, schon eine ziemlich üble Nummer, sowohl was die Politik angeht als auch was das Geld des Steuerzahlers angeht. Ich kann nur sagen: Damit werden Sie uns nicht einfangen.

Es gibt zu dem – auch was der Ministerpräsident an Vorschlägen gemacht hat – in einem Land, in dem 60 % des Stroms durch Kernenergie erzeugt werden, kurz- und mittelfristig keine vollständige Alternative zu diesem Thema. Deswegen halte ich den Weg, den wir gehen, für richtig.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Wenn Sie so weiterma- chen, wird es nie eine geben!)

Deshalb werden wir ihn gemeinsam gehen. Ich bin mir sicher und bin bereit, Wetten anzunehmen: Innerhalb der nächsten drei Jahre kippt in dieser großen Koalition in diesem Bereich – schlicht und ergreifend aufgrund der Preisentwicklung an den Märkten – die Meinung. Ich biete Ihnen die Wette an, dass das Konzept, das vom Ministerpräsidenten vorgeschlagen wird und im Übrigen von den Stromkonzernen gewollt wird,

(Lachen bei der SPD – Abg. Christine Rudolf SPD: Auch ein interessanter Nebensatz!)

die Sie, Herr Kretschmann, um es einmal sehr vorsichtig auszudrücken – ich will jetzt nicht sagen: erpresst –, auf relativ unlautere Art und Weise zu diesem Vertrag gebracht haben, kommen wird, dass es richtig ist und dass wir auch im Hinblick auf das Preisniveau in den nächsten Jahren auch hier richtig liegen werden.