Protocol of the Session on November 28, 2007

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Mit Verlaub, Herr Zimmermann, Baden-Württemberg ist in dieser Frage eher in einer Sondersituation.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmer- mann CDU)

Kein Bundesland außer Baden-Württemberg vollzieht diesen Schritt. Diese Privatisierung ist Unfug.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ich kann mich noch an eine Tagung in Bad Boll erinnern, bei der nun wirklich alle versammelt waren, die etwas von diesem Thema verstehen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ich war nicht dort! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Der Zimmermann war aber nicht dabei! – Unruhe)

Sie waren übrigens nicht da, der Minister war auch nicht da, aber alle, die etwas davon verstehen, waren da.

(Lebhafte Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, die Unterhaltungen außerhalb des Plenarsaals zu führen.

Die haben alle, mit Verlaub, über das, was wir hier vorhaben, den Kopf geschüttelt. Die Privatisierung ist schon aus mehreren Gründen Unfug. Zum einen haben wir, haben alle „Widerständler“ nachgewiesen, dass es durch die Privatisierung gar nicht zu einer Kostenersparnis kommen wird, eher im Gegenteil.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Letztlich ergibt sich auch aus dem Bericht über die Beratungen des Ständigen Ausschusses, dass der Minister gesagt hat: Dass künftig billiger gearbeitet werde, sei gar nicht das entscheidende Argument. Man geht sogar davon aus, dass durch die Privatisierung auch noch Mehrkosten entstehen werden. Das verdeutlicht uns auch, warum und wieso sie hier vor

genommen wird: Das ist eine reine Möglichkeit, wieder eine zentrale Staatsaufgabe zu privatisieren, und sonst gar nichts.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen ist es so: Ständig wird das Beispiel Österreich herangezogen und wird Baden-Württemberg mit Österreich verglichen. Aber, mit Verlaub, österreichische Birnen mit badenwürttembergischen Äpfeln zu vergleichen ist fehlerhaft. Es ist fehlerhaft, weil in Österreich erstens eine ganz andere Kultur in der Bewährungsarbeit und der Bewährungshilfe besteht, zweitens eine völlig andere Entlohnung stattfindet und drittens ein völlig anderes Zahlenverhältnis zwischen Klienten und Bewährungshelfern besteht. Wenn man dies weiß, dann erkennt man auch, dass man Baden-Württemberg und Österreich hier nicht miteinander vergleichen kann, sondern dass unsere Befürchtungen im Vordergrund stehen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Der Erfolg besagt et- was anderes!)

Erfolg ist in dieser kurzen Zeit mathematisch noch gar nicht messbar. Wir haben gerade einmal in einem kleinen Bezirk ein Pilotprojekt abgeschlossen. Die Zahlen sind dieser Form noch nicht verifizierbar.

Meine Damen und Herren, die Ziele werden nicht erfüllt. Das Ziel, durch die Privatisierung die Qualität zu verbessern, wird nicht erfüllt.

(Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Die Vorgabe, durch Ehrenamtliche – nicht durch Studierte – die Frage der Bewährung entscheiden zu lassen bzw. die Entscheidungsgrundlage für den Bewährungswiderruf schaffen zu lassen, ist hoch problematisch. Es geht immer um Haftfragen. Das heißt, es geht hier nicht um kleinstkriminelle Ladendiebe, sondern es geht hier um Personen, die wegen einer Straftat in Haft gewesen sind oder denen angedroht wird, in Strafhaft zu kommen, und es geht um die Frage, ob diese Bewährung widerrufen wird. Es sind immer, mit Verlaub, schwerere Taten. Wenn es um Haft geht, geht es nicht um klein oder um bedeutungslos oder unbedeutsam, sondern geht es immer um einen elementaren Eingriff.

Der nächste Punkt: Beim Landesrichtergesetz haben Sie – da geht es um Richter – sehr über die Fürsorgepflicht gegenüber Ihrem Personal gesprochen. Meine Damen und Herren, Bewährungshelfer sind auch Personen und Bedienstete dieses Landes, die Ihrer Fürsorge bedürfen.

(Beifall bei der SPD)

Diese Personen muss man ernst nehmen und darf sie nicht als Widerständler und Rebellen denunzieren, weil sie nichts anderes machen als das, was auch die Richter gemacht haben, sich nämlich Sorgen um ihre Arbeitsplätze und die Form ihrer Arbeit zu machen.

Das heißt, dieses Verfahren lehnen wir ab. Erinnern wir uns: Es hat ein Pilotprojekt gegeben und keine vernünftige Evaluation, obwohl wir sie angemahnt haben und sie uns auch versprochen wurde. Dann gibt es natürlich erst recht zu denken, dass die Finanzierung am Parlament vorbei gemacht wurde. Dass dies rechtswidrig war, hat Ihnen der Staatsgerichtshof in seiner Entscheidung bescheinigt.

Sie sehen, Sie haben selbst das Gefühl gehabt: Hier läuft etwas in die falsche Richtung. Sie wollten das Parlament ausschalten. Es ist Ihnen gesagt worden, dass dies ein Fehler war. Unsere Zustimmung bekommen Sie nicht.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Oelmayer für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir beraten in zweiter Lesung den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Landesgesetzes über die Bewährungs- und Gerichtshilfe und natürlich auch zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Finanzgerichtsordnung. Dem zweiten Teil stimmen wir zu.

Dem ersten Teil stimmen wir nicht zu. Kollege Zimmermann, da geht es nicht um die Frage, ob die Räumlichkeiten

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Auch!)

nun an lärmbelastenden Straßen liegen oder nicht. Es geht auch nicht um die Frage, ob sich die 274 betroffenen und dort engagiert arbeitenden Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer von Verkehrslärm gestört fühlen oder nicht.

(Abg. Karl Zimmermann CDU hält ein Papier hoch. – Abg. Karl Zimmermann CDU: Kollege!)

Vielmehr geht es im Grundsatz, Kollege Zimmermann, um die Frage, ob wir als Parlament der Auffassung sind, dass es sich bei der Bewährungs- und Gerichtshilfe um eine eher hoheitliche Aufgabe handelt, für die der Staat verantwortlich bleiben muss, oder ob wir diese privatisieren können und auf einen privaten Träger übertragen können. Wir sind der Meinung: Diese Aufgabe zählt zum Kernbereich der hoheitlichen Tätigkeit. Das ist unser grundsätzlicher Einwand. Da geht es nicht um Räume und Straßen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Das sagen Sie einmal denen, die sich beschweren!)

Es wäre vielleicht auch toll, wenn Sie das tun.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ein zweiter Punkt: Jetzt gibt es 16 Bundesländer

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Ach was!)

in unserer Bundesrepublik Deutschland.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Und keines ist so gut wie wir! – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Frisch durchgezählt! – Weitere Zurufe)

Ja, das ist für die FDP/DVP wichtig. Eine kleine Staatsbürgerkunde am Nachmittag kann nicht schaden.

Es gibt also 16 Bundesländer, und von den 16 Bundesländern – liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP/DVP-Fraktion, hören Sie gut zu – gibt es ein einziges Bundesland,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das an der Spitze steht!)

das ausgerechnet meint, die Bewährungs- und Gerichtshilfe jetzt privatisieren zu müssen.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Das ist Öster reich!)

Österreich ist nicht das 17. Bundesland, Kollege Theurer!

(Lebhafte Heiterkeit)

Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das ist schwierig!)

Ganz ruhig bleiben, Kollege Zimmermann; wir halten es auch immer aus, wenn Sie Ihre Ausführungen machen.