Protocol of the Session on July 25, 2007

Herr Minister Niu Dun, ich heiße Sie hier im Landtag von Baden-Württemberg herzlich willkommen. Ich wünsche Ihnen und den Mitgliedern Ihrer Delegation einen angenehmen und informativen Aufenthalt in unserem Bundesland.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 7 auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Film- und Popakademiegesetzes und des Zweiten Hochschulrechtsänderungsgesetzes – Drucksache 14/1140

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Drucksache 14/1497

Berichterstatterin: Abg. Katrin Schütz

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, die Unterhaltungen außerhalb des Plenarsaals zu führen.

Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die CDU-Fraktion darf ich Herrn Abg. Dr. Christoph Palmer das Wort erteilen.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut Ding will Weile haben. Das kann man im Hinblick auf die langjährige Debatte um eine Theaterakademie im Land sagen. Jetzt sind wir aber am Ziel, und das ist gut so.

Ich habe das Projekt in verschiedenen Häusern viele Jahre lang mit entwickelt und vorbereitet. Es wurde dann Ende des Jahres 2004 in die Zukunftsoffensive IV von Ministerpräsident Erwin Teufel aufgenommen.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: ZOFF! – Unruhe)

Ich will heute an dieser Stelle ausnahmsweise einmal einem Beamten besonders danken – normalerweise tut man das ja nicht; der Generalstab hat keine Namen, heißt es –, der dieses Projekt über viele Jahre vorangebracht hat und sich durch keinen Rückschlag hat entmutigen lassen. Ich nenne namentlich den Leitenden Ministerialrat i. R. Dr. Klaus Bessey. Ohne ihn wären wir heute nicht so weit. Das muss einfach einmal gesagt werden.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen)

Am Ende hat diesem Projekt der Kunststaatssekretär Dr. Birk zum Durchbruch verholfen. Er hat die Sache in die Hand genommen, er hat sich durchgesetzt und hat Widerstände – auch

solche, die in letzter Minute noch auftraten – geduldig überwunden. Ich gratuliere ihm namens der CDU-Fraktion herzlich zu diesem Erfolg.

(Beifall bei der CDU)

Warum brauchen wir eine solche Akademie für Darstellende Kunst? Nach meiner Überzeugung bleibt das Schauspiel eine der Schlüsselsparten der Kunst. Auch im Zeitalter des Internets verliert der unmittelbare Eindruck von Menschen und von Ereignissen auf der Bühne oder im Film nichts von seiner Bedeutung. Digitale Kunstfiguren, sogenannte Avatare, werden den lebendigen Menschen, der etwas zum Ausdruck bringt und verkörpert, nie ersetzen können.

Schauspieler müssen gleichermaßen für Bühne und Film geeignet sein. Wir brauchen Doppelqualifikationen. Im Übrigen werden dadurch auch die Berufschancen besser. Das Faszinierende an der neuen baden-württembergischen Konzeption ist die interdisziplinäre Anlage. Studiengänge für Dramaturgie, für Kostüm, für Regie, für Bühnenbild und für Schauspiel, dazu Praxis im Bühnen- und Filmbetrieb – das ist bundesweit einmalig. Ein solches praxisbezogenes Studium wird sich durchsetzen. Es bietet mehr als die klassische Schauspielausbildung, wie wir sie bisher von den Schauspielschulen kennen.

Wir wollen die Kreativitätspotenziale im Land halten, wir wollen sie wecken. Die Akademie für Darstellende Kunst ist die dritte der Kreativeinrichtungen in unserem Land, die in Zukunftsbranchen ausbilden. Die Filmakademie wurde 1991 gegründet, die Popakademie 2003/2004, und nun kommt die ADK 2007/2008 hinzu. Der Dreiklang ist fertig, er ist in sich harmonisch abgestimmt und auch in einem Gesetz – so, wie das richtig ist – zusammengefasst.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Wir gewinnen in Baden-Württemberg weiter an nationaler und internationaler Wahrnehmbarkeit. Die ADK – ich will allerdings einschränkend sagen: richtige personelle Weichenstellungen vorausgesetzt; denn die richtige Personalauswahl ist, wie wir an der Filmakademie ebenso wie an der Popakademie gesehen haben, von entscheidender Bedeutung – wird den Erfolg der anderen Akademien wiederholen können.

Ich will heute als Stuttgarter Abgeordneter abschließend noch mein Unverständnis über die Schach- und Winkelzüge von Hochschulleitung und einzelnen Personen im Hochschulrat der Musikhochschule Stuttgart zu Protokoll geben.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der SPD – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das waren nicht die einzigen!)

Wir hätten, meine sehr verehrten Damen und Herren, in den vergangenen Wochen und Monaten manche überflüssige Debatte vermeiden können, wenn man überall in diesem Land, vor allem aber in der Region Stuttgart, regional denken würde und wenn man nicht nur den eigenen Vorgarten, die eigenen Einrichtungen sehen würde, sondern mehr auf das Ganze verpflichtet wäre. Dieses Ganze heißt Baden-Württemberg, heißt aber natürlich auch regionale Zusammenarbeit. Es ist geradezu absurd, dass zwischen Stuttgart und Ludwigsburg

Statuskämpfe um den Standort dieser Einrichtung ausgelöst wurden.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Umso mehr danke ich der Stadt Ludwigsburg, danke ich der Filmakademie Ludwigsburg, aber danke ich auch – hieran sehen Sie, dass das Thema in Stuttgart keinesfalls einheitlich gesehen wurde – der traditionellen Kunstakademie Stuttgart oben am Weißenhof dafür, dass sie stets Kurs gehalten haben und sich nicht haben verwirren lassen.

Die Musikhochschule Stuttgart ist auch jetzt als Kooperationspartner willkommen. Sie muss jedoch wissen, dass es auch Alternativen gibt. Wir deuten diese Alternativen in unserem Entschließungsantrag an. Natürlich wäre es besser, wir würden alle mit an Bord nehmen. Es gibt aber auch die Möglichkeit eines eigenen Studiengangs Filmschauspiel an der Akademie für Darstellende Kunst.

Wir wünschen dem Staatssekretär und den zuständigen Beamten im Ministerium für die Schlussrunde der Verhandlungen alles Gute und hoffen, dass die Kooperation zustande kommt. Aber jeder muss wissen: Es gibt zur Not auch einen Plan B.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf für die CDU-Fraktion gern die Zustimmung zu diesem großen Wurf, zur Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg, die nach vielen Jahren nun glücklich ins Ziel kommt, ankündigen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut! Bravo!)

Für die SPD-Fraktion erhält Frau Abg. Heberer das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute erneut den Punkt „Gesetz zur Änderung des Film- und Popakademiegesetzes“ auf der Tagesordnung. Ich erinnere daran: Wir hatten diesen Gesetzentwurf vor zwei Monaten schon einmal angekündigt bekommen, aber das Ministerium hat seinen Entwurf dann zurückgezogen und von der Tagesordnung des Plenums genommen, weil wesentliche Voraussetzungen noch nicht erfüllt waren.

Hintergrund ist: Einer der wichtigsten Kooperationspartner – ein sehr sicher geglaubter Partner – hatte sich überraschend verabschiedet. Es durfte also mit Fug und Recht erwartet werden, dass dem Ministerium daran liegt, dem Parlament heute ein abgestimmtes, verbindliches und tragfähiges Konzept für die Akademie vorzulegen, das Gegenstand des Gesetzes sein kann.

Das ist nun nicht ganz so. Neu ist inzwischen ein Entschließungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/ DVP, der seit heute vorliegt und all die Argumente aufnimmt, die wir in der Vergangenheit geäußert haben. Das bestätigt uns zwar, dass wir mit dem Aufzeigen der Knackpunkte und der Schwierigkeiten richtig lagen und dass sie jetzt auch aufgenommen und verstanden wurden. Aber die Notwendigkeit

eines solch vorsorgenden Entschließungsantrags zeigt doch, dass die Probleme inzwischen nicht beseitigt werden konnten. Das zeigt aber auch, dass das Ministerium von seinen ursprünglichen Ansprüchen, nämlich solide Voraussetzungen für die Gründung einer solchen Akademie zu schaffen, wohl in Teilen abgerückt ist, weil es in der Behebung der Misere keinen Millimeter vorangekommen ist.

Ich will auf einen nicht zu übersehenden Knackpunkt hinweisen, den wir heute zu behandeln haben: Ein im April erstellter Entwurf eines Curriculums der Akademie für Darstellende Kunst, der uns in diesen Tagen zuging, beschreibt einen sehr überzeugenden Studienaufbau. Entscheidend an diesem Entwurf ist, dass der Studiengang Schauspiel grundlegend angelegt ist und in großen Teilen in der und durch die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst durchgeführt wird. Das ist, Herr Dr. Palmer, genau das, was Sie angesprochen haben: die Voraussetzung für diese Doppelqualifikation, die Sie erwähnt haben.

Zum 14. Mai jedoch ist die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst aus dem Trägerverbund ausgeschieden, und es musste ein Plan B vorbereitet werden – natürlich noch immer in der Hoffnung, dass Plan A mit der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst zu verwirklichen ist. Aber das Problem ist: Wenn Plan A ungesichert ist, dann muss man an der Sicherung von Plan B arbeiten. Hier wäre ein alternatives Curriculum notwendig. Dies liegt aber bis heute nicht vor. Uns fehlt hier eine klare inhaltliche und finanzielle Konzeption.

Es ist ausdrücklich davor zu warnen, mit der nun angedeuteten neuen Konzeption, die nicht mehr eine grundlegende – ich wiederhole: eine grundlegende! – Schauspielausbildung vorsieht, eine abgespeckte Version der Ausbildungsgänge auf den Weg zu bringen. Das ist eine Warnung, aber auch eine Frage. Denn ursprünglich war eine Doppelqualifikation im Schauspiel sowohl für die Bühne als auch für den Film vorgesehen. Beides ist auch Voraussetzung für den Studiengang Regie. Jetzt aber soll der Bühnenteil wegfallen.

Meine Damen und Herren, wenn Sie z. B. eine Musikerausbildung machen, dann lernen Sie in diesem Fall doch zuerst einmal, ein Instrument zu spielen, und zwar grundlegend. Sie lernen also, Ihr Handwerkszeug, Ihr Instrument – ein Klavier oder eine Geige – wirklich gut zu beherrschen. Welchen Weg der beruflichen Spezialisierung – entweder klassische Musik oder Jazz oder andere Musikarten – Sie dann später einschlagen, ist ein zweiter Schritt. Aber das Handwerkszeug muss da sein. Davon hängt ab, ob Sie Ihr Instrument beherrschen.

Beim Schauspieler – ob auf der Bühne oder im Film – ist das Instrument die Stimme und der Körper mit all seinen Ausdrucksmitteln. Genau da muss eine grundlegende Ausbildung gewährleistet sein. Der entscheidende Punkt ist aber nun, dass in Ludwigsburg ein paralleles Angebot entwickelt werden muss, sofern dies nicht an der Musikhochschule angeboten wird. Der Entschließungsantrag will jedoch bewirken, dass es hier eben zu keinem Doppelangebot kommt. Das halten wir auch für richtig.

Aber wie sieht es nun aus, wenn die Grundlage nicht in Stuttgart gegeben werden kann? Dann muss ja ein Angebot in Ludwigsburg gemacht werden. Das ist das Dilemma in der ganzen Sache. Ludwigsburg muss etwas anbieten, was Stuttgart ei

gentlich schon vorhält. Insofern haben wir eine Verdoppelung.

Wie wollen wir dieses Problem lösen? Sie sehen, in welche Regelungsbereiche wir kommen, wenn wir das Konzept durch deklinieren. Ich fürchte, wenn die Regierung ihr Konzept unter Dach und Fach hat, wird möglicherweise umgehend eine Novellierung des Gesetzes notwendig. Es wird sich rächen, dass wir heute um der Gesichtswahrung willen ein sogenanntes Vorratsgesetz beschließen. Ich hoffe es nicht, aber ich möchte davor warnen.

Die SPD-Landtagsfraktion wird, um der Akademie für Darstellende Kunst in Ludwigsburg ihren Start zu ermöglichen, dem Gesetzentwurf zustimmen. Konsequenterweise wird sie auch dem Entschließungsantrag zustimmen, weil er all das enthält, worauf wir aufmerksam gemacht haben. Allerdings – und das ist wichtig – sehen wir es als unabdingbar notwendig an, dass das Parlament in regelmäßigen und in der Anfangszeit kurzen Zeitabschnitten – etwa quartalsmäßig – über die Aufnahme der Arbeit und die Lösung der angesprochenen Probleme informiert wird. Mehr noch: Für uns ist dies die Bedingung für unsere Zusage.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU, der Grünen und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE erhält Herr Abg. Walter das Wort.