Protocol of the Session on May 23, 2007

(Abg. Reinhold Gall SPD: Der kann nicht sehr grob gewesen sein! Der kribbelt in der Nase! Da bin ich empfindlich!)

Aber keine Angst, Frau Kollegin Grünstein, ich will Sie zunächst einmal loben. Ich finde den Antrag, den Sie gestellt haben, ganz gut. Denn wir haben es mit einer Thematik zu tun, die gerade in Bezug auf den Feinstaub differenziert zu betrachten ist. Das Thema wird jedoch in der Öffentlichkeit – und die öffentliche Diskussion ist wichtig für die öffentliche Akzeptanz – immer wieder auf das verkürzt, was aus dem Auspuff herauskommt. Diese Quelle ist aber nicht allein verantwortlich.

Wenn man die Zahlen, die in der Stellungnahme des Umweltministeriums zu dem Antrag der SPD bezüglich der Feinstaubbelastung genannt werden, anschaut, sieht man, dass das, was zwar auch dem Verkehr zuzurechnen ist, jedoch nicht aus den

Auspuffen kommt, um 1 000 t mehr ist als die auspuffbedingten Emissionen. Das entspricht der Menge, die von Industrie und Gewerbe verursacht wird. Solche Themen sind also immer etwas komplizierter, als man in der ersten Aufregung vielleicht gedacht hatte und als die Parolen vielleicht suggerieren.

Hinzu kommt – und da stimme ich Ihnen völlig zu –, dass wir eine schwierige wissenschaftliche Konstellation haben. Es gibt den sogenannten PM10-Wert, der erstmals wohl im Jahr 1997 durch Messungen ermittelt wurde und für den ein Grenzwert hinsichtlich der Menge der inhalierten Partikel festgesetzt wurde. Ob aber das wirklich Gefährliche jetzt die Oberfläche dieser Partikel, deren chemische Zusammensetzung oder was auch immer ist, darüber wissen wir vergleichsweise wenig. Die quantitative Belastung können wir feststellen; mehr nicht.

Jetzt heißt die nächste Frage – und insofern ist auch der Antrag der Kollegen von der FDP/DVP vom Grundsatz her lobenswert –: Wie gehen wir damit um? Der Plan heißt ja nicht umsonst „Luftreinhalte- und Aktionsplan“ und nicht „Luftreinhalte- und Aktionismusplan“.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Das heißt, wir haben hier Zielkonflikte. Wir haben Zielkonflikte in Bezug auf die Mobilität und den Straßenverkehr, und wir haben auch Zielkonflikte – ich schaue jetzt in Richtung der Kollegen von den Grünen; denn wir haben das ja auch schon im Ausschuss besprochen – bei dem Thema „Energetische Nutzung der Biomasse“ – die wir ja alle wollen. Sie haben dabei völlig zu Recht gesagt – und ich will einmal dahingestellt sein lassen, wer hier in welchem Bereich vorangegangen ist –, dass die Landesregierung und auch wir an diesem Punkt sehr wohl einen sensiblen Umgang pflegen.

Wenn Sie die Stellungnahme zu dem entsprechenden Antrag des Kollegen Untersteller, der im Umweltausschuss beraten wurde, lesen, dann sehen Sie, dass die Bereitschaft der Landesregierung besteht, die Förderrichtlinien – wenn denn die 1. BImSchV geändert worden ist – schon vor der Umsetzungsfrist auf moderne Technik auszurichten.

Langer Rede kurzer Sinn: Es ist eine differenziert zu betrach tende Problematik, und wir sollten dieses Freund-Feind-Denken – ich muss ehrlich sagen, dies geht mir langsam auch etwas auf den Keks – bei diesem Umweltthema nun endgültig beenden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Ute Vogt SPD: Jetzt aber! – Abg. Ursula Haußmann SPD: Sag mal! – Abg. Katrin Altpeter SPD: Schwätzen Sie doch nicht!)

Jetzt komme ich noch zum Thema Fahrverbote als Bestandteil dieser Aktionspläne. Sie können mir erzählen, was Sie wollen: Es ist nun einmal in Gottes Namen so – das sieht nicht nur die Ministerin und das sehen nicht nur wir so, sondern das sehen, wie sie das auch in einem Spitzengespräch zum Ausdruck gebracht haben, z. B. auch die kommunalen Spitzenverbände so –, dass Berlin hier einfach nicht in die Pötte gekommen ist. Wenn die Bundesregierung, was die Nachrüstung mit Partikelfiltern betrifft, keine Vorgaben macht, dann kön

nen wir das eben nicht umsetzen. Wenn sie die Kennzeichenverordnung trotz entsprechender Initiativen nicht um die USKraftfahrzeuge erweitert, dann können wir das nicht vernünftig umsetzen.

Es ist in Bezug auf die Praktikabilität ja schon ein Unterschied – wenn ich jetzt die Stellungnahme zum Antrag der FDP/DVP betrachte –, ob es 100 000 Fahrzeuge mehr oder weniger sind, die davon betroffen sind. Kommen Sie uns also nicht mit dem „vorbildhaften“ Bundesumweltminister, der sich zügig um alles gekümmert habe! Wir wären so weit gewesen. Wir hoffen, dass Berlin jetzt so, wie es angekündigt wurde, im Sommer und im Herbst seine Hausaufgaben macht und wir somit zum 1. Januar 2008 starten können.

Insofern gibt es aus meiner Sicht bei diesem Punkt jetzt relativ wenig zu diskutieren. Alles ist aufgegleist. Wir haben bei der Frage nach Ausnahmen die Abstimmung mit den kommunalen Landesverbänden gesucht. Es sind schon Fallgruppen entwickelt worden. Jeder mag beurteilen, wie es zu bewerten ist, dass der Bundesumweltminister jetzt sinngemäß sagt: „Wenn es jetzt heikel in der Diskussion wird, sollen es einmal die Länder und die Kommunen regeln.“ Hierüber mag sich jeder selbst sein Urteil bilden.

Wir stehlen uns nicht aus der Verantwortung, und wir werden pragmatisch und effektiv vorgehen, so wie wir das in diesem Land immer tun.

Nehmen Sie einfach einmal zur Kenntnis, dass wir eine durchaus auch über die Landesgrenzen hinaus akzeptierte und anerkannte Umweltpolitik betreiben, auch in Person unserer Ministerin. Da können wir doch eigentlich ganz zufrieden sein. Besser werden kann man immer. Das wissen wir auch. Aber im Moment stehen wir gar nicht so schlecht da.

Mehr habe ich aus dieser Sicht eigentlich nicht zu sagen, da wir zu dem gleichzeitig angeschnittenen Thema Windkraft nachher sicher noch in aller Ausführlichkeit kommen werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Da werden Sie das dann wieder relativieren!)

Das Wort für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Abg. Dr. Splett.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Was die gesundheitsschädliche Wirkung von Feinstaub und anderen Luftschadstoffen angeht, hat Kollegin Grünstein schon vieles gesagt. Da werde ich jetzt nicht noch tiefer einsteigen. Ich will aber gleich an diesem Punkt die Frage stellen: Wozu gibt es überhaupt die Luftreinhaltepläne? Sie werden erstellt, weil insbesondere an hoch belasteten Straßenabschnitten gesundheitsgefährdende Konzentrationen von Stickstoffdioxid und Feinstaub gemessen werden und weil es bisher nicht gelungen ist und noch immer nicht gelingt, die geltenden Immissionsgrenzwerte einzuhalten. Die Luft ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten im Übrigen auch nicht so wahnsinnig viel besser geworden. Das hängt immer davon ab, um welchen Schadstoff es geht. Bei Ozon z. B. sind wir noch weit davon entfernt, die Ziele zu erreichen.

Es geht also um den Schutz der menschlichen Gesundheit. Die Tatsache, dass in Stuttgart, in Ilsfeld, in Leonberg, in Ludwigsburg, in Mannheim, in Pleidelsheim, in Schwäbisch Gmünd, in Tübingen, in Freiburg, in Heidelberg, in Karlsruhe, in Mühlacker, in Pforzheim,

(Abg. Ute Vogt SPD: Das ist redezeitfüllend!)

in Reutlingen, in Heilbronn, in Herrenberg, in Pfinztal-Berghausen und in Ulm Luftreinhalte- und Aktionspläne erstellt wurden und werden und dass auch für Bruchsal und Weingarten Luftreinhaltepläne erstellt werden, zeigt, wie groß der Handlungsbedarf ist und wie groß die Versäumnisse im Bereich Luftreinhaltung in diesem Land sind.

Denn es ist schon lange bekannt, dass das Einatmen von Feinstaub ungesund ist und dass insbesondere in den Städten die Kinder unter der schlechten Luftqualität leiden. Mit der Erstellung der Luftreinhaltepläne hat man aber erst begonnen, als wir aufgrund der EU dazu gezwungen waren, und man hat mit Verspätung begonnen.

Die Anzahl der Luftreinhaltepläne ist groß. Noch größer ist die Zahl der Maßnahmen, die in diesen Plänen stehen. Trotzdem ist leider davon auszugehen, dass wir in vielen Bereichen dennoch die Ziele nicht erreichen werden. Manch eine Maßnahme kann als Zeichen der Hilflosigkeit, zum Teil gepaart mit einem autobegeisterten „Weiter so!“, verstanden werden, beispielsweise wenn zur Senkung der verkehrsbedingten Emissionen Ausbauten innerstädtischer Bundesstraßen und die Optimierung von grünen Wellen angegeben sind, wie das im Luftreinhalteplan der Stadt Karlsruhe der Fall ist, oder wenn der Kollege Ehret sagt: Wenn wir mehr Straßen bauen, gibt es weniger Stau und sinken die Emissionen.

(Abg. Dieter Ehret FDP/DVP: Nicht mehr Straßen! Das habe ich nicht gesagt! Straßenausbau, Frau Kol- legin! Straßen ausbauen, nicht neu bauen! – Gegen- ruf des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Grün an- malen! – Weitere Zurufe von den Grünen)

Dieses Rezept hat nie funktioniert, aber es ist hier immer noch beliebt.

(Unruhe)

Bei vielen Maßnahmen fehlt außerdem eine zeitliche Festlegung, und sie sind nicht konkret genug. Deswegen werden viele Maßnahmen, wenn sie denn überhaupt Effekte haben, erst am Sankt-Nimmerleins-Tag Wirkung zeigen.

Das, was am meisten in der Diskussion war und ist, sind ja die Umweltzonen. Bei der Umsetzung dieser Fahrverbote hat die Landesregierung keine glückliche Hand gezeigt. Es gab ein Hü und Hott, man war sich nicht einig, wie der Zeitplan nun aussehen soll. Die Abstimmung zwischen Land und Bund hat auch nicht gerade gut geklappt.

Fakt ist, dass der Start erst 2008 sein wird. Klar ist auch, dass nur ein kleiner Teil der Fahrzeuge betroffen ist und dass die meisten Fahrzeughalter Fahrverboten entgehen können, indem sie ihre Fahrzeuge nachrüsten.

(Abg. Ulrich Lusche CDU: Das ist doch gut so!)

Die Auswirkungen auf den Verkehr – das zeigen die Antworten ja sehr deutlich – werden also nicht dramatisch sein.

Insgesamt – so sieht es auch das Umweltministerium – werden uns die lokalen Maßnahmen nur bedingt weiterhelfen. Im Bereich des Verkehrs – der ist ja der Hauptemittent von Feinstaub – brauchen wir eine insgesamt schadstoffärmere Fahrzeugflotte und eine Abnahme des Straßenverkehrs. Darum werden wir nicht herumkommen, wenn wir eine bessere Luft wollen.

(Beifall bei den Grünen)

Weitere Emissionsminderungen brauchen wir auch im Bereich von Industrie und Gewerbe. Es kann nicht sein – das sage ich mit Blick auf Karlsruhe und auf die dortigen Pläne für ein neues 800-Megawatt-Kohlekraftwerk am westlichen Stadtrand –, dass wir zuerst schöne Luftreinhalte- und Aktionspläne mit ein paar kleinen Maßnahmen erstellen und dann eine neue Planung kommt, die mit ganz erheblichen Schadstofffrachten und Schadstoffeinträgen ins Stadtgebiet einhergeht.

Wenn die Luftreinhaltepläne Sinn machen sollen, dann müssen auch bei Neuplanungen, seien es neue Anlagen, seien es neue Straßen, die mehr Verkehr in die Region bringen, diese Pläne eine wichtige Rolle spielen.

Jetzt nur noch wenige Sätze zu den Beschlussteilen der Anträge. Dem Beschlussantrag der SPD-Fraktion zum Fuhrpark des Landes stimmen wir gern zu. Auch wir fordern, dass das Land eine Vorbildfunktion einnimmt und den eigenen Fahrzeugbestand mit Partikelfiltern nachrüstet – auch beim bestehenden Fuhrpark. Das ist im Übrigen im Karlsruher Luftreinhalteplan ein Bestandteil für den städtischen Fuhrpark. Wir meinen, dass das auch dem Land gut ansteht.

Wir stimmen ebenfalls der Forderung zu, dass im Zuge einer zügigen Revision des Generalverkehrsplans Anforderungen an die Luftreinhaltung zu berücksichtigen sind. Ergänzen möchte ich, dass der Generalverkehrsplan auch im Sinne des Klimaschutzes dringend zu überarbeiten ist. Innerhalb der Städte sollten auch Fußgänger- und Radverkehr angemessen, also stärker als bisher, berücksichtigt werden.

Etwas abenteuerlich finde ich die anderen Beschlussteile, weil diese eigentlich nicht viel mit den Berichtsteilen der Anträge zu tun haben. Es geht ja um Luftreinhaltung, um Feinstaub. Die Forderungen bezüglich der Genehmigungspraxis von Windkraftanlagen, der energetischen Sanierung von Altbauten und der Förderung von Geothermie

(Abg. Reinhold Gall SPD: Trotzdem richtig!)

sind richtig, berühren aber eigentlich eher klimaschutzpolitische Aspekte. Das ist irgendwie da reingewurschtelt. Das finde ich etwas abenteuerlich,

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Was haben Sie ge- gen Abenteuer?)

auch wenn die Richtung stimmt.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen – Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Nachfrage des Herrn Abg. Lusche?

Frau Kollegin, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie der Auffassung sind, dass die vorhandenen Luftreinhaltepläne und Lärmaktionspläne noch nicht weitgehend genug sind? Wenn ja, wie bewerten Sie folgende Aussage – Zitat –?: