Insoweit wundere ich mich doch etwas, lieber Kollege Bullinger, dass jemand wenige Wochen vor dem Ende der EU-Ratspräsidentschaft mit so einem Programm auftritt.
In der Tat haben wir zum zwölften Mal den Vorsitz in der EU, meine Damen und Herren. Wir sollten jedoch einfach einmal den Bericht des Landwirtschaftsministers richtig lesen. Die
Ratspräsidentschaft hat moderierenden Charakter, lieber Herr Bullinger, und keinen Gesetzgebungscharakter. Trotzdem haben wir indirekt sicherlich einiges in die Wege geleitet. Wir haben durch unser Eingreifen auf manche Initiativen Einfluss genommen. Wir haben sicherlich Beschleunigungen bei manchen Rechtsetzungsverfahren erreicht. Ihre Auffassung, dass Seehofer und Hauk in diesem Bereich nichts gemacht hätten, kann ich nicht teilen.
Auch unser Landwirtschaftsminister hat einige Anregungen an Seehofer weitergegeben. Da ist einiges eingebracht worden.
Ich möchte einige wichtige Punkte aus der Sicht Baden-Würt tembergs ansprechen. Oberstes Ziel war, ist und bleibt das Thema „Verwaltungsvereinfachung und Abbau der Bürokratie“. Das ist ein großer Hemmer in unserer Landwirtschaft.
Wir begrüßen auch den Vorschlag der EU-Kommission zur Verringerung der Belastung durch Bürokratie im Rahmen der Cross Compliance. Die deutsche Forderung geht allerdings noch weiter. Vielleicht können wir sie umsetzen. Wir geben privaten Zertifikationssystemen den Vorrang vor staatlichen Vorschriften. Wir betrachten auch die Vorstöße zur Einführung einer Bagatellgrenze bei Verstößen als richtig. Es wäre sehr schön, wenn man die Kontrolldichte auf 1 % der Betriebe reduzieren und eine Vorabunterrichtung über diese Kontrollen durchsetzen könnte.
Die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch zukunftsorientierte Maßnahmen ist ebenfalls eines unserer Ziele. Aber eines muss natürlich gelten, meine Damen und Herren, nämlich der Grundsatz der Stärkung des ländlichen Raums gegenüber den Metropolregionen. Die Metropolregionen dürfen nicht bevorzugt werden, sondern es muss eine Ausgewogenheit und Harmonisierung gegeben sein.
Im Bereich der Lebensmittelüberwachung hat diese Harmonisierung bereits gegriffen. Unsere landwirtschaftlichen Betriebe sind in diesem Bereich in ihrer Wettbewerbsfähigkeit besonders benachteiligt. Bei Lebensmitteln tierischen Ursprungs ist die Harmonisierung jedoch bereits vollzogen.
Ich möchte noch ein wichtiges Thema ansprechen, mit dem wir uns in nächster Zeit sicherlich noch befassen müssen. Das ist das Thema Wein. Die EU plant die Rodung Tausender Rebstöcke zum Abbau des Weinsees. Wir haben das in der Vergangenheit abgelehnt und werden dies auch zukünftig tun.
Ganz aktuell hat unser Landwirtschaftsminister Peter Hauk gegen diesen Plan Widerspruch eingelegt. Als amtierender
Vorsitzender der Verbraucherschutzministerkonferenz erhält er auch die Unterstützung seiner Kollegen. Er ist wie ich der Meinung, dass wir mit Beihilfen die Qualitätsverbesserung vorantreiben und zur Erschließung der Weltmärkte beitragen sollten. Wir wenden uns gegen die Vernichtung heimischer Reben und gegen die Destillation von Überschüssen.
Noch ein letzter Satz zum Natur- und Umweltschutz: Dieses Jahr im März, Herr Kollege Bullinger, ist das Umweltförderprogramm LIFE+ in Kraft getreten. Ich muss sagen, davon profitiert unsere heimische Landwirtschaft im Besonderen. Durch dieses Programm werden Projekte aus den Themenkreisen Klimawandel, Natur, biologische Vielfalt, Gesundheit, Lebensqualität und Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen gefördert. Bei LIFE+ gehören auch die Vogelschutzrichtlinie, die FFH-Richtlinie und Natura 2000 dazu.
Die deutsche Ratspräsidentschaft, meine Damen und Herren, hat sicherlich einiges in den Blick genommen und einige Anstöße gegeben. Wir werden vielleicht Ende des Jahres ein Resümee ziehen, wie sich das auf Baden-Württemberg und die baden-württembergische Landwirtschaft ausgewirkt hat. Eines kann ich jedenfalls sagen: Mit unserem Minister haben wir eine gute Wahl getroffen.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Zu- stimmung! – Abg. Reinhold Gall SPD: Eben nicht! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP zu Abg. Jo- chen Karl Kübler CDU: Jochen, du hast nicht aufge- passt! Ich habe den Seehofer geprügelt, nicht den Hauk!)
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dem Lesen dieses Antrags habe ich mich gefragt, ob ich etwas Wichtiges überlesen habe. Ich habe aber nichts Wichtiges gelesen und auch nichts Wichtiges überlesen.
Der Vorteil des Antrags war, dass der inhaltliche Anspruch so gesetzt war, dass niemand überfordert wurde.
(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Auch nicht die SPD-Abgeordneten!)
Die einzige Ausnahme war: Das Ministerium war beim Antworten sicherlich etwas überfordert. Denn es war darin überfordert, auf nicht vorhandene Fragen Antworten mit Inhalten zu geben.
löste mit der ersten Frage, der Frage, welchen generellen Handlungsbedarf die Landesregierung bezüglich der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands zur Erhaltung der Wirtschaftskraft der Landwirtschaft und des ländlichen Raums in BadenWürttemberg sieht – eine lange Frage –, eine ganz verblüffend ehrliche, diplomatisch-freundliche Antwort des Ministers aus. In der Stellungnahme heißt es dazu:
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der Grü- nen – Abg. Thomas Blenke CDU: Es gibt zwei Koa- litionspartner!)
Man muss halt nur einen Antrag mit solchen Fabulierungen stellen, und schon hagelt es Informationen durch die Landesregierung.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der Grü- nen – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wir fangen erst am 11. 11. mit Fasching an! – Abg. Mi- chael Theurer FDP/DVP: Vielleicht sollten Sie ein- mal über Ihre Fragen nachdenken!)
Meine Damen und Herren, dabei gibt die Problematik Landwirtschaft bzw. ländlicher Raum eigentlich schon etwas her, wenn man weiß, was man zu fragen hat. So wurden im Jahr 2007 46 % aller EU-Ausgaben für die Landwirtschaft aufgewendet. In den Achtzigerjahren waren es noch 70 %.
Mittlerweile sind jedoch die Wettbewerbsfaktoren harmonisiert. Als Beispiel nenne ich die Harmonisierung der Anforderungen bezüglich Rückstandshöchstwerten und Grenzwer ten beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Nur weiß es die FDP/DVP noch nicht.
Lassen Sie mich ausreden. – Bei der Umsetzung von EURecht sind laut der Stellungnahme des Ministeriums Wettbewerbsbenachteiligungen im Bereich des Naturschutzes nicht zu erkennen. Nur weiß das die FDP/DVP noch nicht.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der Grü- nen – Abg. Reinhold Gall SPD: Aber deshalb fragen sie doch!)
(Heiterkeit bei der SPD und den Grünen – Abg. Mi- chael Theurer FDP/DVP: Aber mit den Landwirten sprechen Sie nicht! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: In welcher Welt lebst du?)