Protocol of the Session on February 8, 2007

Sie bekommen die Zahlen, aber Sie ziehen vielleicht doch wieder die falschen Schlüsse daraus.

Wir wissen jedenfalls – damit komme ich zum Ausgangspunkt zurück –, was wir an den Belegschaften in der Justiz haben, und haben das auch zum Ausdruck gebracht. Es gibt nicht nur einen warmen Händedruck, sondern es gibt auch Maßnahmen. Es gibt, auch in schwierigen Zeiten – dafür bedanke ich mich gezielt bei den Regierungsfraktionen –, 240 Stellenhebungen – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen –, selbst in heutiger Zeit, und zwar in dem Bereich, wo es am nötigsten ist. 240 Stellen in A 6 und in A 7 werden angehoben. Damit werden wir z. B. erreichen, dass es im Bereich des Strafvollzugs, wo 41 Stellen gehoben werden, keine A-6-Stellen mehr gibt. Das ist gerade eine Sache, die im Strafvollzug eine große Rolle gespielt hat, dass man dort auch im Verwaltungsbereich etwas macht.

Wir haben ferner festgeschrieben, dass es keinen Personalabbau mehr geben wird. Auch das ist in harten Zeiten ein großes Wort.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Es hat im Vollzug sowieso schon lange keinen Personalabbau mehr gegeben, und es wird in der Justiz, weil sie wichtige Aufgaben hat, weil die Situation nicht einfach ist, weil wir die Leistungen anerkennen, keinen weiteren Personalabbau geben. Allerdings wird es – da muss man realistisch sein – auch keinen Personalzuwachs geben. Da haben Sie Forderungen aufgestellt, die für mich durchaus nachvollziehbar sind.

Fangen wir bei der Sozialgerichtsbarkeit an. Was passiert in der Sozialgerichtsbarkeit? Sie erlebt eine Klagewelle vergleichbar denen, wie sie schon in anderen Gerichten vorgekommen sind. Es gab bei den Verwaltungsgerichten eine Klagewelle – das liegt schon einige Zeit zurück – beispielsweise zum Numerus clausus und im Asylbereich. Es gab bei den Arbeitsgerichten eine Klagewelle aufgrund des Personalabbaus der letzten Jahre, der Gott sei Dank zum Stillstand gekommen ist. Es kamen dann jedes Mal wieder ruhigere Zeiten. Es gab dann jedes Mal auch die Situation, dass wir rein rechnerisch zu viel Personal an Bord hatten.

Da muss man auch einmal eines sagen: Wir können nicht auf jede Maßnahme des Bundesgesetzgebers reagieren, indem wir einfach an einer Stelle Personal aufstocken, das uns hinterher dann ja bleibt. Das geht so nicht. Wir müssen das intelligenter

hinbekommen. Das heißt, wir müssen den Personalbestand zwischen den Gerichtsbarkeiten ausgleichen. Es ist bereits gesagt worden, aber ich möchte es noch einmal ausdrücklich betonen: Das bei Weitem Einfachste und Richtigste wäre es natürlich, die Verwaltungs- und die Sozialgerichte zusammenzulegen.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Das ist ein alter Hut!)

Dagegen gibt es keinen einzigen wirklich in der Sache gerechtfertigten Einwand. In der Tat ist es so: In jeder der beiden Koalitionsfraktionen im Bundestag müssen hierfür Mehrheiten gefunden werden, aber die Zusammenlegung scheitert schon daran, dass die SPD-Bundestagsfraktion abgewunken hat. Hinter den Kulissen haben wir allerdings erfahren – weil es ja kein Sachargument dagegen gibt –, dass das damit zu tun hat, dass „Sozial-“ davorsteht. In dieser Legislaturperiode soll offenbar nichts abgeschafft werden,

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Die schaffen alles ab!)

vor dem das Wort „sozial“ steht – egal, ob dies im Einzelfall sinnvoll wäre oder nicht. Das ist es, was da mitschwingt; leider ist das jedoch komplett irrational. Deswegen müssen Sie da schon ein bisschen die Schuld bei Ihrer Partei suchen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Was wir jetzt können, ist, mit den herkömmlichen Methoden der Personalwirtschaft Stellen zu verschieben. Wir haben insgesamt 19 Stellen zur Sozialgerichtsbarkeit bewegt. Lieber Herr Oelmayer, weil Sie danach gefragt hatten: Natürlich habe ich Frau Haseloff-Grupp, der Präsidentin des Landessozialgerichts, gesagt, dass sie im Laufe des Jahres fünf weitere Stellen bekommt.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Das stimmt!)

Das wird auch so sein, und das passiert im Laufe des Jahres aufgrund frei werdender Stellen. Die Stellen werden nicht aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit kommen, sondern es werden Stellen aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit sein. Es ist möglich, dass auch der eine oder andere aus der Arbeitsgerichtsbarkeit freiwillig bereit ist, sich abordnen zu lassen. Mit diesen Methoden werden wir noch fünf Stellen hinüberschieben. Mehr kann – Stand heute – nicht zugesagt werden; und ich sage eigentlich nur Dinge gerne zu, die ich hinterher auch einhalten kann. So wird das gehen, und insofern wird der Sozialgerichtsbarkeit ein Stück weit geholfen. Übrigens hat die Präsidentin auch ausdrücklich anerkannt, dass da geholfen wird.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Bei acht Standor- ten! Könnte man da nicht wenigstens acht Stellen ver- lagern?)

Es ist so: Wir haben in jüngster Zeit schon an zwei Standorten je eine zusätzliche Stelle eingerichtet. Deswegen kommen wir mit etwas weniger Stellen aus. Wir werden unterm Strich – Sie sprechen es zu Recht an – an nahezu allen Standorten eine Stelle mehr haben.

Ich komme zu einer Forderung, die für den flüchtigen Betrachter natürlich sehr plausibel klingt, nämlich drei zusätzliche Stellen für den Werkdienst in Adelsheim zur Verfügung zu stellen. Ich kann ja verstehen, wenn jemand sagt: „Warum geschieht das eigentlich nicht? Wir sollten doch etwas für die jungen Leute tun!“ Aber selten ist die Realität so weit von dem entfernt, was hier dargestellt wird. Sie haben z. B. gesagt: „Es sollen doch alle einen Ausbildungsplatz bekommen!“ Verzeihung, in Adelsheim kommen 19 Leute von außen in die Anstalt, um dort ihre Ausbildung zu machen. 19 externe Auszubildende!

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Paul Nemeth CDU)

Da kann es doch wohl schwerlich eine Warteliste geben.

(Zurufe von der SPD und des Abg. Thomas Oelmay er GRÜNE)

Wir erfüllen den Anspruch jetzt schon.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Der ist schon erfüllt! – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Bei 423 Leu- ten!)

Damit, den Anspruch zu erfüllen, lieber Herr Oelmayer, sind wir in diesem Fall schon fertig.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Da ist die Werk- stätte, aber kein Personal!)

In Adelsheim sind 430 Gefangene; davon sind 411 in Ausbildung oder Beschäftigung. Da kommt natürlich jeder in die Ausbildung, die für ihn geeignet ist. Sie sehen aber allein schon an der Zahl von 19 Externen, die da in die Anstalt kommen –

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Das wollen wir ja nicht streichen!)

das finde ich ja schön –, dass es da intern keine Warteliste geben kann. Nur 2,5 % der Gefangenen dort sind nicht beschäftigt. Wenn Sie überlegen, dass dort immer ein bestimmter Prozentsatz aus Sicherheitsgründen, aus Gesundheitsgründen nicht beschäftigt werden kann, kann ich hier eigentlich sagen: In Adelsheim gibt es die Vollbeschäftigung.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Da reden wir auch nicht über andere Vorschläge zum Jugendstrafvollzug, etwa über die Forderung, mindestens 60 % soll ten Ausbildungs- bzw. Arbeitsplätze bekommen. Verzeihung, wir sind bei 97 %.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wir können uns an einer solchen Diskussion gar nicht beteiligen.

In diesem Zusammenhang ist auch interessant: In Adelsheim sind alle, die dies wollen und hierfür auch geeignet sind, schon jetzt einzeln untergebracht. Der weitaus größte Teil der jugendlichen Gefangenen – das ist ja auch ganz interessant – in Adelsheim ist schon einzeln untergebracht. Auch da erfüllen

wir jetzt eigentlich weitgehend schon Forderungen, die im Raum stehen. Nicht einzeln untergebracht sind nur diejenigen, die zusammen untergebracht werden wollen und bei denen wir diesbezüglich keine Bedenken haben. Nur diejenigen, die dies wollen und die unbedenklich zusammengelegt werden können, werden zusammen untergebracht, und eben Suizidgefährdete.

Zum Thema Einzelunterbringung muss man übrigens der Fairness halber einmal eines sagen: In dem Artikel über die Suizide wurde uns vorgeworfen, dass der Gefangene einzeln lag. Aber wenn zwei Monate vorbei sind, werden wir wieder aufgefordert, alle einzeln in die Zelle zu legen. Wenn ich einen Suizidgefährdeten habe, brauche ich immer mindestens einen, der es nicht ist, mit dem ich ihn zusammenlegen kann. Schon deswegen kann ich kein durchgängiges Konzept auf Einzelunterbringung verfolgen. Trotzdem halten wir fest: In Adelsheim sind alle, die einzeln untergebracht werden wollen, auch einzeln untergebracht, es sei denn, dass im Einzelfall etwas dagegen spricht.

Im Erwachsenenvollzug sind wir auf dem besten Weg, an manchen Stellen diesen Zustand zu erreichen. Vor allem wird uns Offenburg dabei einen großen Schritt weiterbringen. Ich darf erwähnen, dass wir im Dezember des letzten Jahres mit dem Bau in Offenburg begonnen haben. Dieser wird eine erhebliche Verbesserung bringen. Ich will an dieser Stelle noch einmal sagen: Wir werden prüfen, welche Teile wir dort durch dritte Partner erledigen lassen. Nur eines sei jetzt schon klar gesagt: Ein Sicherheitsproblem darf es nicht geben.

Ich bitte einfach zur Kenntnis zu nehmen, dass in Sichtweite im benachbarten Frankreich, mit dem wir eine lange gemeinsame Grenze haben, 22 Anstalten dieses Prinzip praktizieren. Ich hatte den Eindruck, dass die Sicherheit in diesen Anstalten sogar besser ist als bei uns.

(Abg. Ute Vogt SPD: Aha!)

Die französische Vollzugsphilosophie scheint mir etwas weniger resozialisierungs- und etwas mehr sicherheitsorientiert zu sein als unsere. Das sind nun wirklich Anstalten, in denen kein Grashalm wächst.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das stimmt!)

Ausbrüche waren z. B. im letzten Jahr, als wir dort waren, null, Fehlanzeige. Dafür gab es in einem halben Jahr fünf Suizide, weil die Leute allein liegen. So war es in Avignon; es waren ja etliche dabei.

Jedenfalls werden wir durch die neue Anstalt in Offenburg vorwärtskommen.

Für die Jugendlichen kommt das Jugendstrafvollzugsgesetz. Wir haben einen Vorschlag gemacht. Dieser Vorschlag – das sage ich ganz offen – ist nicht dadurch gekennzeichnet, dass er strotzt von Ansprüchen jugendlicher Gefangener. Das hielte ich für ein falsches Signal.

Unser Gesetz fängt damit an, dass wir auch ein Recht der Allgemeinheit, der Gemeinschaft auf Schutz vor Delikten, auf einen sicheren Vollzug statuieren. Darauf aufbauend sagen wir: Natürlich werden die Leute ordentlich behandelt; das ist dort breit beschrieben. Natürlich machen wir mit denen etwas, um

sie zu resozialisieren. Wir geben ihnen sogar – bundesweit einmalig – ein Recht auf Bildung. Das steht da drin. Die anderen trauen sich das nicht, weil es gleich Geld kosten könnte. Außerdem haben wir die neuen Projekte wie das „Projekt Chance“ verankert. Es kann uns also niemand vorwerfen, dass wir dort einen Sparvollzug betreiben würden, sondern wir sind da eigentlich vorbildlich – das kann man schon sagen – in der Ausstattung.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Aber wir legen halt das Gewicht nicht auf einklagbare Ansprüche, die bedeuten würden, dass wir dann sozusagen ständig vor den Ansprüchen herrennen müssen, denn diese Vollzugphilosophie ist nicht unser Ansatz. Aber auf der Basis unseres Ansatzes machen wir einen gut ausgestatteten Vollzug, den wir weiter ausbauen.

Ich bedanke mich für die Mittel in der externen Drogenberatung, die zuletzt beschlossen worden sind. Das ist eine wunderbare Sache. Wir werden die externe Drogenberatung ausbauen können. Wir werden Maßnahmen wie das Projekt „Schwitzen statt sitzen“ ausbauen können. Das hilft zur Haftvermeidung und dient natürlich auch der Entlastung der Anstalten. Das sind Fortschritte, die den Strafvollzug betreffen.

Wir haben gesagt, 68 % sind Personalausgaben. 18 % sind Auslagen in Rechtssachen.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Ja, genau! Da bin ich jetzt gespannt!)