Protocol of the Session on February 8, 2007

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich Frau Abg. Netzhammer das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Die Lebenskraft eines Zeitalters liegt nicht in seiner Ernte, sondern in seiner Aussaat.

So schrieb schon vor 200 Jahren der Schriftsteller Ludwig Börne. In diesem Sinne ist es uns wichtig, dass der vorliegende Haushaltsplan wie auch der Einzelplan 07 – Wirtschaftsministerium – den Kriterien Nachhaltigkeit, Generationengerechtigkeit und Zukunftschancen gerecht werden und selbstverständlich ihren Beitrag zur Nullnettoneuverschuldung im Jahr 2011 leisten.

Mit der Regierungsbildung im letzten Jahr hat das Wirtschaftsministerium einen neuen Zuschnitt erhalten, der sich natürlich in den Zahlen widerspiegelt. So werden z. B. die Bereiche Wohnungsbau, Wohngeld und Denkmalpflege wieder integriert, und im Ergebnis erhöhen sich die Gesamtausgaben des Einzelplans auf 597 Millionen €, was ein gutes Drittel ausmacht. Ich glaube, Herr Schmiedel, damit ist auch jede Diskussion über die Notwendigkeit eines Staatssekretärs, die wir ja im Rahmen der Beratungen des letzten Haushaltsplans hatten, obsolet geworden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Konjunktur läuft in unserem Land wieder rund. Darüber sind wir alle sehr erleichtert. Das Wachstum betrug im Jahr 2006 in Deutschland 2,5 % und in Baden-Württemberg 3,5 %. Baden-Württemberg

nahm damit wieder den zweiten Platz bundesweit ein. Wachstumsmotor hier war der Fahrzeugbau mit einem Zuwachs von 11,5 %.

Auch in diesem Jahr wird Baden-Württemberg mit 2,5 % Wachstum dem Deutschlandtrend von 2,1 % wieder voraneilen. Die Unternehmen haben ihre Wettbewerbsfähigkeit in den letzten Jahren verbessern können und Marktanteile zurückgewonnen. Die Menschen – Unternehmer, Investoren und Konsumenten – haben wieder Vertrauen in die Zukunft. Die unaufgeregte und verlässliche Politik unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie die zukunftsorientierte Wirtschafts-, Technologie- und Bildungspolitik des Landes Baden-Würt temberg können sich hier sicher ein Stück Mitbeteiligung und Mitverantwortung zuschreiben, auch wenn wir nicht so vermessen sind, zu sagen – wie es ein ehemaliger Bundeskanzler getan hat –, das sei „unser“ Aufschwung. So weit gehen wir nicht.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ist es ja auch nicht!)

Ganz besonders erfreulich ist, dass sich dieser Aufschwung endlich auf dem Arbeitsmarkt auswirkt. Im Jahr 2006 gab es allein in Baden-Württemberg 37 000 Erwerbstätige mehr, und im Jahr 2007 werden wir 40 000 Beschäftigte mehr haben. Mit 5,6 % Arbeitslosigkeit haben wir in Baden-Württemberg wieder bundesweit die niedrigste Arbeitslosenquote. An diesen Tatsachen kommt auch die Opposition nicht vorbei. In Baden-Württemberg haben die Menschen die mit Abstand bes ten Beschäftigungschancen innerhalb Deutschlands. Darauf sind wir stolz.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Erleichtert sind wir darüber, dass nach vier Jahren ständiger Abnahme der Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze deren Anzahl erstmals wieder gestiegen ist. Dies ist eine Trendwende: Regierungswechsel in Berlin war Ende 2005. Das hilft den Menschen, den Sozialversicherungsträgern und den öffentlichen Kassen. Diesen Erfolg gilt es zu halten, ja sogar auszubauen durch eine weitsichtige Tarifpolitik.

Von der durch die Bundesregierung angekündigten Unternehmen- und Erbschaftsteuerreform erwarten wir uns eine weitere Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen im Land. Entsprechende Vorkehrungen sind im Haushaltsplan bereits getroffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der vorherigen Debatte ging es um berufliche Bildung. Auch für uns ist berufliche Bildung eine zentrale Zukunftsaufgabe. Wir brauchen im Land gut ausgebildete Menschen als Facharbeiter, als Handwerksgesellen, als Meister oder als Kaufleute. Mit Blick auf den globalen Wettbewerb und den technologischen Wandel halten wir es für unbedingt erforderlich, nicht nur die Qualität der schulischen Ausbildung zu verbessern und die Hochschullandschaft zu stärken. Genauso wichtig ist es, Fachkräfte in genügender Zahl und mit guter Qualifikation zu haben, die eine duale Ausbildung durchlaufen haben.

Das „Bündnis für Ausbildung“ der Landesregierung war richtig, und es war ein Erfolg. Die Wirtschaft hat ihre Zusage, um neue Ausbildungsplätze zu werben, mehr als erfüllt. Aber wir

müssen mehr tun. Wir brauchen mehr Ausbildungsplätze. Deswegen ist es richtig, das „Bündnis für Ausbildung“ im Jahr 2007 neu aufzulegen. Die Gewerkschaften sind herzlich eingeladen und gut beraten, sich diesmal – im Gegensatz zum letzten Mal – einzubringen.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut!)

Wir halten es auch für sehr wichtig, dass diesmal die Probleme der Qualifikation und der Integration in den Mittelpunkt des Bündnisses gestellt werden. Jeder von uns kennt die Klagen der Unternehmer über die mangelnde Qualifikation von Bewerbern. Zusätzliche Qualifikationsmaßnahmen, finanziert mit ESF-Mitteln oder Mitteln der Landesstiftung, sind in diesem Haushalt bereits eingeplant.

Qualifikation und Innovation in kleineren und mittleren Unternehmen wollen wir aber auch dadurch verbessern, dass die überbetrieblichen Ausbildungsstätten zu Kompetenzzentren weiterentwickelt werden.

Die CDU-Fraktion hat sich in den Haushaltsplanberatungen auch dafür eingesetzt, dass die Kontaktstellen „Frau und Beruf“ in der bestehenden Form weitergeführt werden können. Diese Kontaktstellen leisten einen exzellenten Beitrag zur Qualifizierung von Frauen, gerade für Frauen nach der Familienphase. Das zusätzliche Förderprogramm „Chancengleichheit“ mit einem Volumen von 2 Millionen € wird diese Arbeit weiter stärken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in einer lebendigen, innovativen Wirtschaft ist nichts so beständig wie der Wandel. Es ist wichtig, dass sich immer wieder junge, innovative, leistungsbereite Menschen mit guten Ideen dazu entschließen, sich unternehmerisch selbstständig zu machen. Die Wirtschaftspolitik des Landes hat diese Existenzgründer immer unterstützt: durch Beratung, mit finanziellen Förderprogrammen und mit Bürgschaften. Diese Politik ist erfolgreich. So konnte die Anzahl der Betriebsgründungen in den letzten Jahren auf über 90 000 gesteigert werden. Das ifex hat unter 52 beteiligten Initiativen in Deutschland den Wettbewerb um die Europäischen Unternehmerpreise gewonnen.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Aber was gut ist, kann natürlich noch besser werden. Deswegen werden wir die Beratende Äußerung des Rechnungshofs zur Förderung von Existenzgründungen und Existenzfestigungen intensiv prüfen. Wenn es Möglichkeiten zur Reduzierung von Mitnahmeeffekten gibt, werden wir diese aufgreifen.

Die Föderalismusreform gibt uns die Chance, neue Akzente in der Wohnraumförderung zu setzen. Die CDU-Fraktion ist der Meinung, dass Familien, die mit Kindern leben, besonders förderungswürdig sind. Deswegen stehen diese im Mittelpunkt der Landesförderung: junge Familien mit Kindern, die Wohneigentum schaffen oder erwerben wollen. Darüber hinaus werden wir den sozialen Wohnungsbau fortsetzen.

Für den Mietwohnungsbau wird die L-Bank unter Einbeziehung des Programms „Ökologisch bauen“ der KfW und unter Beachtung des Aspekts „Kinderland“ ein Mietwohnraumförderprogramm auflegen. Dieses Programm ist familiengerecht, ökologisch und vor allem nach oben nicht begrenzt und

damit eine deutliche Verbesserung gegenüber der bisherigen Förderung.

Nach eingehender Prüfung werden wir auch die Fehlbelegungsabgabe abschaffen. Sie hat drastisch auf ein Drittel des ursprünglichen Aufkommens abgenommen. Mit einem Verwaltungsaufwand von rund 32 % ist sie nicht mehr gerechtfertigt.

Frau Vogt hat gestern die Frage gestellt, wo der Beitrag des Landes zum Klimaschutz sei. Ich bin sicher: Nach der heutigen und morgigen Debatte ist diese Frage erschöpfend beantwortet.

(Lachen des Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE)

Warten Sie nur einmal ab; Sie werden hier auch noch etwas lernen.

Der 19. Januar 2007 war ein guter Tag für die Energiepolitik und den Klimaschutz in Baden-Württemberg. Am 19. Januar erfolgte der erste Spatenstich für das neue Wasserkraftwerk am Hochrhein in Rheinfelden, das in vier Jahren das älteste Flusskraftwerk Europas ersetzen wird. Jahrelang haben wir dafür gekämpft, dass die Große Wasserkraft in das EEG aufgenommen wird – endlich mit Erfolg.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Und im Bundestag hat man nicht zugestimmt!)

In diesem Wasserkraftwerk wird ab 2010 das Dreifache der bisherigen Strommenge produziert. Dies entspricht einer Leis tung von 300 Windkraftanlagen und erspart jährlich sage und schreibe 348 000 t CO2.

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Und wie viele Kern- kraftwerke?)

Wir stehen zu dem Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2020 auf 20 % zu steigern; derzeit liegen wir bei 9,5 %. Um dies zu erreichen, bedarf es eines ganzen Bündels von Maßnahmen. Auch hier bringt sich das Wirtschaftsministerium neben anderen Ministerien ein. Das Land unterstützt einige innovative Leuchtturmprojekte für neue Anwendungsmöglichkeiten erneuerbarer Energien.

Erstes Beispiel: Anlagen zur solaren Erwärmung von Brauchwasser sind inzwischen Standardprodukte. Warum nicht auch Solarwärme zur Erwärmung in Heizungsanlagen einsetzen?

Zweites Beispiel: Gemüse- und Pflanzenanbau in Gewächshäusern erfordert derzeit noch den Einsatz von Öl. Das ist teuer und klimaschädlich. Geht es nicht auch mit Erdwärme und Solarwärme bei Anwendung einer anderen Gebäudetechnik? Der Württembergische Gärtnereiverband arbeitet an einem Projekt für Landwirte und Umwelt – eine interessante Alternative.

Neu ist, dass wir eine gesetzliche Grundlage dafür schaffen wollen, dass bei Neubauten der Einsatz von erneuerbaren Energien mit einem gewissen Prozentsatz festgeschrieben wird. Begleitet wird dies mit einem Förderprogramm in Höhe von über 3 Millionen €.

Die überbetrieblichen Ausbildungsstätten sollen zu Kompetenzzentren für erneuerbare Energien und effiziente Technologien weiterentwickelt werden.

Wir müssen auch die Bürgerinnen und Bürger besser darüber informieren, wie viel Klimaschutz bereits heute beim derzeitigen Stand der Technik möglich ist. Dies soll mit einem Ener gietag passieren.

Wir müssen aber auch das Bewusstsein für Energiesparen wieder stärken. Abschalten des Stand-by, etwas niedrigere Raumtemperatur und kontrollierte Geschwindigkeit beim Autofahren sind einfache und effektive Beiträge, die jeder Einzelne bereits heute wirksam zum Klimaschutz leisten kann.

Sie sehen: Wir diskutieren nicht nur, wir handeln auch. Der bereits gestern zitierte Professor Wicke wird der Landesregierung auf dem nächsten Parteitag der Grünen nicht nur eine gute, sondern eine sehr gute Arbeit in der Umweltpolitik bescheinigen können.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Winkler?

Nur, wenn es nicht auf die Zeit angerechnet wird. Ich meine, er kann nachher fragen. Wir machen es nachher; kein Problem. Wir machen das im Anschluss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin jetzt mit der Energiepolitik fertig.

Der großflächige, autogerechte Einzelhandel auf der grünen Wiese ist für unsere historisch gewachsenen Innenstädte eine gewaltige Herausforderung. Mit Mitteln der Städtebauförderung helfen wir den Kommunen, innerstädtische Bereiche für Wohnen, Dienstleistungen und Handel wieder attraktiver zu machen. Dieses Programm ist den Kommunen sehr wichtig. Es wirkt aber auch als Baukonjunkturprogramm. Mit dem eingeplanten Bewilligungsvolumen von 120 Millionen € wird letztendlich ein Investitionsvolumen von knapp 1 Milliarde € ausgelöst.

Die neue Messe Stuttgart öffnet im Oktober 2007 ihre Pforten. Damit erhält die baden-württembergische Wirtschaft eine Messe, die ihrer Leistungskraft ebenbürtig ist: modern, kompakt, übersichtlich, mit optimaler Verkehrsanbindung.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Den letzten Satz wür- den wir nicht unterschreiben wollen!)

Wie können wir aus unserer sehr guten Messeinfrastruktur aus neuer Landesmesse und Regionalmessen mehr machen, internationaler werden, Mehrwert schaffen? Dies wollen wir gutachterlich untersuchen lassen und daraus dann die entsprechenden Handlungsanweisungen ableiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, kurz noch einige Worte zum Tourismus: Mit 30 000 Betrieben, 140 000 Beschäftigten, 40 Millionen Übernachtungen und 400 Millionen Tagesgästen erwirtschaftet der Tourismus in Baden-Württemberg 8 % des Bruttosozialprodukts. Dabei sind die Heilbäder und Kurorte ein wichtiges Standbein. Der Wettbewerb im Tourismus ist nach wie vor hart. Deutschland ist kein Billigtou