Protocol of the Session on March 15, 2011

Warum? Wenn man sich in der Branche umhört, dann hört man: Nach der Laufzeitverlängerung haben wir ein großes Problem, nämlich Überkapazitäten.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Ganz genau!)

Aus diesem Grund sind übrigens auch die Margen an der Strombörse in Leipzig im Keller. Sie sind absolut im Keller. Hören Sie sich doch einmal um. Schauen Sie sich einmal die Bilanzpressekonferenz von EnBW-Chef Villis an. Schauen Sie sich einmal die Bilanzpressekonferenz von E.ON-Chef Teyssen an.

Fakt ist, dass alle damit rechnen, dass in den nächsten Jahren die Kasse nicht mehr so klingelt, wie sie geklingelt hat.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Hinzu kommt, dass die Brennelementesteuer, die richtig ist, auch drückt. Hinzu kommt, dass der Emissionshandel die Ge winne zusätzlich schmälern wird.

Vor 2006 gab es die Situation, dass in Deutschland sieben An lagen nicht ans Netz angeschlossen waren. Damals hatten wir kein Problem, den Bedarf zu decken. Auch in den kommen den Jahren werden wir kein Problem haben, den Bedarf zu de cken; denn wir haben Überkapazitäten in einer Größenord nung von 20 000 MW.

Heute decken wir in Deutschland 17 % der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien. Der Anteil der Kernenergie macht 22 % aus. Im Übrigen halte ich es für unredlich, zu ar gumentieren, in Baden-Württemberg mache der Anteil der Kernenergie 50 % aus. Fakt ist doch, dass der Strom nicht um dreht, wenn er an die Landesgrenze kommt. Vielmehr bekom men wir Strom aus anderen Teilen Deutschlands, und wir lie fern Strom in andere Teile Deutschlands. Deshalb ist es dane ben, zu argumentieren, in Baden-Württemberg mache der An teil der Kernenergie 50 % aus.

Richtig ist, dass der Anteil der Kernenergie an der Stromer zeugung in Deutschland 22 % ausmacht. Der Anteil erneuer barer Energien liegt bei 17 %. Wir bauen den Anteil erneuer

barer Energien weiterhin aus. Die Bundesregierung strebt ei nen Anteil erneuerbarer Energien von 35 % bis zum Jahr 2020 an. Das reicht Ihnen aber noch immer nicht aus, um auszu steigen.

Ministerin Gönner hat in einem Interview der „Stuttgarter Zei tung“ vom 9. Februar 2010 Folgendes zum Besten gegeben. Dabei ging es um Herrn Röttgen, den der Herr Ministerpräsi dent lieber nicht mehr an seinem Platz gesehen hätte. Ich zi tiere die Ministerin:

Verwunderlich ist, dass er (Röttgen) die Kernkraft aus laufen lassen will, sobald der Anteil der erneuerbaren Energien auf 40 % gestiegen ist. Das ist eine Vorfestle gung, die gerade nicht vorgenommen werden sollte.

Es geht Ihnen also gar nicht darum, den Ausbau erneuerbarer Energien zu forcieren und gleichzeitig aus der Kernenergie auszusteigen. Die Ministerin sagt selbst in diesem Interview: Selbst bei 40 % wollen wir die Kernenergie weiterhin laufen lassen.

Ich halte es für unredlich, in dieser Situation diejenigen zu kri tisieren, die seit Jahren und Jahrzehnten aus der Kernenergie aussteigen wollen, und nicht zu sagen: „Wir haben Fehler ge macht. Wir müssen umkehren. Wir müssen eine neue Ener giepolitik machen.“ Das ist für mich beim besten Willen nicht nachvollziehbar.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das Wort erteile ich – –

(Abg. Peter Hauk CDU: Herr Präsident, ich hätte gern eine Kurzintervention gemacht!)

Das geht nicht mehr.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmiedel.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Herr Minister Frankenberg, ich bin Ih nen sehr dankbar für Ihre Ausführungen. Unter dem Strich ha ben Sie noch deutlicher gemacht, was auch alle anderen Ver treter der Koalition zum Ausdruck gebracht haben.

Die Botschaft Ihrer Worte an die Bevölkerung in Baden-Würt temberg war: Ein solches Erdbeben gibt es in Japan. Ein ähn liches Erdbeben kann es vielleicht im Mittelmeer geben. Wir sind aber sicher: Einen Tsunami gibt es in Japan, aber einen Tsunami am Neckar müssen wir nicht einkalkulieren.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Er hat genau differen ziert!)

Wenn sich die Menschen fragen, ob sich die Union, ob sich die Koalition tatsächlich geändert hat, ob das jetzt wirklich die Einstellung ist, dann sage ich dazu: Der Wolf hat Kreide gefressen, ist aber nicht die Geißmutter geworden. Es ist der alte Wolf.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Dr. Diet rich Birk CDU: Was ist das für ein Niveau? Wir sind hier nicht beim SPD-Parteitag!)

Herr Kollege Hauk, Sie haben über Risiken gesprochen und ausgeführt: „Wir leben mit Risiken. Wir unterliegen verschie denen Risiken. Wir nehmen, wenn wir Auto fahren, Risiken auf uns. Wir haben es bei allen Tätigkeiten mit einem Risiko zu tun.“ Das ist völlig richtig. Aber es ist auch eine Verharm losung dessen, worüber wir zu diskutieren haben.

(Abg. Peter Hauk CDU: Nein! Den restlichen Teil ha ben Sie gar nicht mehr gehört!)

Natürlich müssen wir mit Risiken leben. Aber es ist die Fra ge, ob man mit einem Risiko leben muss, das ganze Landstri che in Mitleidenschaft zieht,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

das ganze Landstriche auf Dauer unbewohnbar macht und un kalkulierbare Risiken für Millionen von Menschen mit sich bringt. Das ist der qualitative Unterschied, und das ist der Un terschied zwischen Ihnen und uns.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Peter Hauk CDU: Sie haben meinen Schluss nicht gehört!)

Kollege Untersteller hat mit einem Zitat gerade deutlich ge macht, dass es Ihnen gar nicht darum geht, die Voraussetzun gen zu schaffen, dass man auf Atomkraft verzichten kann. Das merkt man bei Ihnen auch. Es ist doch verräterisch, wenn Sie sagen: „wenn bezahlbare Alternativen zur Verfügung stehen“. Sie sagten tatsächlich: „wenn bezahlbare Alternativen zur Ver fügung stehen“!

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was heißt das? – Zu ruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Stellen Sie sich einmal vor, Sie erzählen jetzt jemandem in Ja pan: Eine bezahlbare Alternative stand nicht zur Verfügung.

(Zuruf der Abg. Andrea Krueger CDU – Gegenrufe von der SPD)

Das, was Sie praktiziert haben, war doch eine Doppelstrate gie. Wir hatten mit denen, die das Ganze als Wirtschaftsak teure betrifft, den Energieversorgern, einen gesellschaftlichen Konsens über das Ende der Atomkraft in Baden-Württemberg hergestellt. Anschließend haben Sie diesen Konsens einkas siert. Gleichzeitig haben Sie alles getan, um eine Alternative, die auch in Baden-Württemberg am schnellsten zu realisieren wäre – die Windkraft –, ganz unter der Decke zu halten.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zurufe von der CDU)

Das wollen Sie jetzt nicht ernsthaft bestreiten, oder?

(Zurufe von der CDU: Doch! – Abg. Peter Hauk CDU: Doch! Weil es nicht stimmt!)

Sie wollen doch nicht ernsthaft bestreiten, dass Sie von An fang an – – Ministerpräsident Teufel hat noch nach Tscherno byl gesagt: „Jetzt müssen wir die Alternativen schaffen.“ Dann hat er aber im Zusammenhang mit Windkraftanlagen von der Verspargelung der Landschaft gesprochen.

(Zuruf des Abg. Jörg Döpper CDU)

Er hat ein Gesetz gemacht,

(Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Dr. Dietrich Birk: Sagen Sie einmal etwas zur Wasserkraft! Die spielt bei Ihnen keine Rolle!)

das den Einsatz der Windkraft blockiert.

Jetzt kommt das Heuchlerische: Als man merkt, dass man da mit auf Dauer nicht durchkommt, legt man ein Paket auf, das Klimaschutzkonzept 2020PLUS. Bei diesem Paket hat die Windkraft einen Anteil von einem Drittel an der Stromversor gung in Baden-Württemberg.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es! – Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Es geht! Aber nach Ihrem Plan geht es erst im Jahr 2050.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

So lange wollen Sie warten. Das ist das, was uns unterschei det: Wir haben mit den Energieversorgern unter schwierigen Bedingungen einen Konsens ausgehandelt, übrigens einen Konsens, der auch in der Gesellschaft bei denjenigen, die fun damental gegen die Atomenergie sind, anerkannt wurde. Denn wir hatten im Zuge des Atomkonsenses keine Großdemonst rationen mehr, bei denen man Tausende von Polizisten einset zen musste.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Daran machen Sie das fest! – Zuruf des Abg. Jörg Döpper CDU)

Das haben wir erreicht. Sie haben dies zerstört. Sie haben al les unternommen, um die Alternativen kleinzuhalten. Das un terscheidet uns. Deshalb ist das, was Sie heute sagen, nicht echt.