Protocol of the Session on March 15, 2011

Glauben Sie denn ernsthaft, Sie könnten langfristig mit einem Atomkonzern Geld verdienen? Sie haben sich zum Gefange nen Ihrer Laufzeitverlängerung gemacht, als Sie die EnBW gekauft haben. Sie haben keinerlei Strategie, wie Sie die Ab hängigkeit dieses Konzerns von der Atomenergie vermindern wollen.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben sich bei diesem Geschäft schlicht und einfach verzockt.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Unglaublich!)

Wenn Sie jetzt sagen: „Es ist großartig, dass wir den Ankauf getätigt haben; denn nun können wir abschalten“ – wie bei Neckarwestheim I –,

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

dann ist das eine ganz neue Volte.

(Zuruf von der SPD: Ja!)

Das gibt uns auch die Möglichkeit, darüber zu diskutieren, wie wir als Eigentümer der EnBW den ursprünglich geplan ten Atomausstieg endlich durchsetzen können.

(Zuruf von der SPD: Ja!)

Das war immer unsere Linie. Das haben wir vorgeschlagen. Wir haben gesagt: Gerade weil wir Eigentümer sind, wollen wir die Strategie der EnBW so ausrichten,

(Abg. Peter Hauk CDU: Sie haben gesagt: gar nicht kaufen! – Abg. Elke Brunnemer CDU: Sie haben gar nicht mitgestimmt!)

dass wir den ursprünglichen Atomkonsens wiederherstellen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Ja, was jetzt?)

Ich freue mich darüber, dass Sie auch dabei sind.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: So eine Schein heiligkeit!)

Aber dann lassen Sie uns den Weg konsequent zu Ende ge hen. Es ist unglaublich,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, das ist unglaub lich!)

dass Sie zuerst die Laufzeitverlängerung durchboxen wollten und dann erklären, Sie hätten die EnBW nur gekauft, um die AKWs abzuschalten. Das ist nicht sehr glaubhaft.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und Abgeordne ten der Grünen – Abg. Thomas Blenke CDU: Eine abenteuerliche Argumentation!)

Wenn Sie jetzt als der Papst der erneuerbaren Energien auf treten

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

und sagen: „Wer für erneuerbare Energien ist, der muss für Biosprit sein“,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der Grü nen)

dann sage ich erst einmal: Wer für erneuerbare Energien ist, der muss auch einmal bereit sein, Windkraftanlagen zu geneh migen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zurufe von der SPD: Jawohl!)

Sie haben die Windkraft auf 99 % der Landesfläche verhin dert. Sie haben das rot-grüne Erneuerbare-Energien-Gesetz bis aufs Messer bekämpft.

(Zurufe von der SPD: So ist es! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Dagegen gestimmt haben sie! – Abg. Peter Hauk CDU: Das kam doch von uns!)

Egal, was Sie uns heute sagen: Stefan Mappus und erneuer bare Energien, das bleibt ein Widerspruch in sich.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Schwarz-Gelb hat seinen Atomkurs immer mit wirtschaftli chen Argumenten begründet. Sicherheitsaspekte waren nach rangig. Sie haben behauptet, Atomstrom sei billig. Das ist nun wirklich ein PR-Märchen der Atomlobby, bei dem die Folge kosten verschwiegen werden.

Sie haben behauptet, die Atomkraftwerke sicherten Arbeits plätze in Baden-Württemberg. Ich bin jeden Tag im Land un terwegs

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Es ist Wahlkampf, gell?)

und kenne keinen Mittelständler, keinen Maschinen- oder An lagenbauer, der Atomkraftwerke baut, aber ganz viele, die Windkraftanlagen und Wasserkraftanlagen bauen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Lachen des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Sie haben behauptet, die Atomkraft sei eine Brückentechno logie. Spätestens seit den Ereignissen in Japan ist klar: Diese Technologie führt in eine Sackgasse.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Mehr denn je brauchen wir verlässliche und berechenbare Rahmenbedingungen für die deutsche Energiewirtschaft. Ger hard Schröder mit seiner rot-grünen Bundesregierung hat mit dem Atomkonsens genau diese berechenbaren und verlässli chen Rahmenbedingungen geschaffen.

(Zuruf von der SPD: Richtig! – Abg. Thomas Blen ke CDU: Dass ihr euch an den einmal wieder erin nert!)

Er hat deutlich gesagt, die Atomkraftwerke in Deutschland werden Schritt für Schritt abgeschaltet, so, wie die technolo gischen Standards es erfordern, das heißt, die älteren, störan fälligen Meiler zuerst und dann zum Schluss, bis Anfang der Zwanzigerjahre, die moderneren Kernkraftwerke, die bis da hin immer wieder entsprechend nachgerüstet wurden.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ist das der Schrö der, der jetzt Gas verkauft?)

Es geht in der Tat nicht um einen Ausstieg auf Knopfdruck, sondern um einen planbaren, verlässlichen Ausstieg, der der Energiewirtschaft – sowohl den Atomkonzernen als auch den Stadtwerken und denjenigen, die in der Erzeugung von erneu erbaren Energien tätig sind – Sicherheit für ihre Investitionen gibt. Genau diesen Atomkonsens haben Sie mit einem Feder strich zunichtegemacht und damit Investitionen von Stadtwer ken in der ganzen Republik in Höhe von 10 Milliarden € auf Eis gelegt. Sie haben Unsicherheit hineingebracht. Sie sind der Unberechenbare in diesem Spiel, Herr Mappus.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme hat noch einmal deutlich gemacht, dass der Ausstieg so, wie er von RotGrün geplant war, möglich ist – auch in Baden-Württemberg –, und zwar mit der Abschaltung der Kraftwerke Schritt für Schritt, wie wir es beschlossen haben.

Übrigens: Neckarwestheim I wäre nach dem rot-grünen Aus stiegsbeschluss Ende letzten Jahres endgültig stillgelegt wor den, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Sogar früher!)

Dazu brauchen wir Ihre Mithilfe nicht.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Sie haben sich durch Ihre Atompolitik in eine heillose Lage gebracht, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU und von der FDP. Sie haben durch die Laufzeitverlän gerung für AKWs neue Rechtspositionen geschaffen, die Sie nur mit Moratorien vorübergehend beseitigen können. Sie sind aber auf Gedeih und Verderb auf das Wohlwollen der Atom konzerne angewiesen. Sie haben das Heft des Handelns bei der Energiewende aus der Hand gegeben. Das ist das Fatale gewesen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das ist unerträg lich!)

Ich führe noch ein Zitat aus der Debatte aus dem Jahr 1986 an: