Sie haben maßgeblich dafür gesorgt, dass auch die Menschen in Baden-Württemberg 25 Jahre länger mit dem Restrisiko von Atomkraftwerken leben müssen.
Die Menschen im Land vertrauen Ihnen nicht. Ihre Glaubwür digkeit in dieser Frage ist auf dem Nullpunkt, und Ihr durch sichtiger Aktionismus verunsichert, anstatt Sicherheit zu ge ben.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Gundolf Fleischer CDU – Abg. Peter Hauk CDU: Jetzt sind wir einmal auf die Konzepte ge spannt!)
Denn Ihr plötzlicher Kurswechsel mit der Ankündigung von Sicherheitsüberprüfungen ist auch in den Augen der Bürge rinnen und Bürger eindeutig eine beschwichtigende Rhetorik, wie wir sie vor 25 Jahren schon einmal erlebt haben.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Wolf gang Drexler SPD: So ist es! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jetzt bin ich gespannt auf das Konzept!)
Die Fakten liegen auf dem Tisch, sie wurden nur von der CDU und von der FDP lange ignoriert. Es ist erwiesen, dass insbe sondere die älteren AKWs gegen Flugzeugabstürze ungenü gend gesichert sind. Bekanntlich haben Philippsburg 1 und Neckarwestheim I keine gesonderte Betonhülle. Selbst bei ei nem kleineren Flugzeugabsturz können große Unglücke pas sieren.
Auch die Erdbebengefahr im Rheintal ist bekannt. Genau dort steht eine ganze Reihe von Kernkraftwerken. Das Bundesum weltministerium unter Leitung Ihres geschätzten Parteifreunds Norbert Röttgen sagt dazu:
Bei der Ermittlung des Bemessungserdbebens müssen be stimmte Annahmen getroffen werden. Um den dadurch auftretenden Unsicherheiten Rechnung zu tragen, werden für die Erdbebenauslegung im kerntechnischen Regelwerk „Sicherheits-Zuschläge“ vorgesehen, die eine Unter schätzung des Bemessungserdbebens verhindern sollen.
Aber was passiert, wenn sich die Natur nicht an die Ausle gung hält? Genau das ist in Japan geschehen.
Die Defizite bei der Sicherheit sind bekannt. In Japan war der Ausfall der Stromversorgung der entscheidende Auslöser. Wie es damit im Land aussieht, wissen wir seit den Vorgängen in Philippsburg im Jahr 2001. Schlampigkeiten beim Personal, bei der TÜV-Aufsicht, bei der Atomaufsicht hätten damals zu einer verheerenden Katastrophe führen können.
Damals gingen Faxe verloren, Mitarbeiter gingen einfach ins Wochenende, und die TÜV-Aufsicht hat trotz blinkender und summender Warnsysteme angeblich nichts bemerkt.
All das macht deutlich: Es ist eine Lebenslüge der schwarzgelben „Verlängerungskoalition“, dass die Risiken beherrsch bar wären.
Die Wahrheit ist: Wir haben bislang schlicht Glück gehabt. Am 10. März hat Ihre Umweltministerin Tanja Gönner den noch behauptet:
Die Kernkraftwerke Philippsburg und Neckarwestheim erfüllen alle geltenden Sicherheitsstandards und sind kon tinuierlich nachgerüstet worden.
Ich möchte hier einmal ganz offen sagen, dass es mich be troffen macht, wenn Politiker jetzt plötzlich erklären, wir müssten die Sicherheit unserer Kernkraftwerke neu über prüfen. Wenn ich als Politiker erkläre, dass ich jetzt zu überprüfen begänne, dann würde ich als Bürger sagen: „So habe ich mir die Politiker immer vorgestellt. Es muss erst etwas passieren, bis sie die Sicherheit ernst nehmen.“
Herr Mappus, warum muss es immer erst zur Katastrophe kommen, bis Sie Ernst machen? Wenn es einen roten Faden in Ihrer Politik der letzten 14 Monate gibt, dann diesen. Wenn Sie jetzt von Überprüfungen und neuen Regeln sprechen, dann frage ich Sie: Warum erst jetzt?
Fünf Jahre lang hatten Experten des Bundesumweltministeri ums unter Sigmar Gabriel mit Bundesländern und Energiekon zernen neue Sicherheitsregeln für Atomkraftwerke verhandelt. Seit April 2009 lag dann eine Aktualisierung des kerntechni schen Regelwerks vor, das der deutschen Atomaufsicht neue Handhaben zur Überprüfung von Sicherheitsstandards gibt.
Welche Priorität die Sicherheit für Schwarz-Gelb hat, hat man nach der Bundestagswahl gesehen. Die schwarz-gelbe Koali tion hat dieses neue Regelwerk außer Kraft gesetzt und das alte, lückenhafte, 30 Jahre alte Regelwerk wieder in Kraft ge setzt. Das ist die Wahrheit über Ihre Atompolitik.
Sie haben den rot-grünen Atomkonsens von Gerhard Schrö der ohne Not gebrochen. Sie haben die Laufzeitverlängerung vorangetrieben. Sie haben damals gesagt: „Wir brauchen 15 plus x Jahre Laufzeitverlängerung; 15, 16, 17 Jahre halte ich für sinnvoll.“
Als selbst CDU-Umweltminister Röttgen dies für zu viel er achtet hat, haben Sie ihn zum Rücktritt aufgefordert.
Herr Mappus, Sie haben den gesellschaftlich und wirtschaft lich vernünftigen Atomkonsens zusammenbrechen lassen. Sie haben damit Deutschland bei den erneuerbaren Energien um Jahre zurückgeworfen.
Die SPD ist seit bald drei Jahrzehnten für den Atomausstieg und nicht erst seit 15 Stunden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Warum habt ihr ihn dann nicht gemacht? – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: So eine Schein heiligkeit!)
Denn die Gefahr eines Super-GAUs infolge einer Kern schmelze ist unbeherrschbar und unberechenbar. Das ist kei ne theoretische Rechengröße. Diese Gefahr kann sich reali sieren.
(Zurufe von der CDU und der FDP/DVP, u. a. Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ihr seid nicht aus gestiegen!)
Wir haben in unserem Regierungsprogramm klar aufgezeigt, wie der Weg in die Zukunft der Energiewirtschaft aussehen muss.
(Beifall bei der SPD – Abg. Peter Hauk CDU und Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sie wollten ihn doch gar nicht kaufen!)
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Lachen des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Abg. Elke Brunnemer CDU: Das ist aber eine Unterstel lung! – Abg. Peter Hauk CDU: Unglaublich!)
Sie wollen die EnBW wieder weiterverkaufen, um mit Atom kraft Geld zu verdienen. Sie haben keinen anderen Plan für die EnBW als die Verlängerung von Laufzeiten. Das ist Ihr Problem.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Elke Brunnemer CDU: Oje! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ein Quatsch! Das ist unglaublich!)
Glauben Sie denn ernsthaft, Sie könnten langfristig mit einem Atomkonzern Geld verdienen? Sie haben sich zum Gefange nen Ihrer Laufzeitverlängerung gemacht, als Sie die EnBW gekauft haben. Sie haben keinerlei Strategie, wie Sie die Ab hängigkeit dieses Konzerns von der Atomenergie vermindern wollen.