Der Stand heute wäre, dass alle anderen Reaktoren in diesem Land noch laufen würden. Daran wird schon sehr deutlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass das, was Sie hier machen, viel mit Wahlkampf zu tun hat.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Rein hold Gall SPD: Die Debatte haben Sie beantragt, nicht wir! Die Debatte haben doch Sie beantragt!)
Ich sage auch: Sie haben beide, sowohl Ihr Spitzenkandidat – der in der weiteren Diskussion jetzt nicht mehr da ist, wenn ich das einmal sagen darf – –
(Abg. Klaus Herrmann CDU: So ernst nimmt der das Parlament! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Der macht Wahlkampf in Reutlingen! – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Missachtung des Parlaments! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja wo ist er denn? – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Sie wissen doch gar nicht, wo er ist!)
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU zur SPD: Holen Sie ihn doch, wenn er erreichbar ist! – Abg. Klaus Herr mann CDU: Schon seit einer Stunde ist er nicht da!)
Ihr Spitzenkandidat hat im Übrigen seine Rede mit einem ein deutigen Wahlkampfansatz beendet. Deswegen dürfen wir, glaube ich, auch darauf hinweisen – das ist auch immer wie der deutlich zu machen –, dass die Landesregierung unter dem von Ihnen damals beschlossenen Gesetz in derselben Situati on wäre, wie sie derzeit ist –
mit einem Unterschied: Sie hätte nicht die rechtliche Mög lichkeit, Anordnungen zur Erhöhung der Sicherheit zu erlas sen. Das ist ein ganz zentraler Unterschied.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Was soll jetzt das bedeuten?)
Lieber Herr Kretschmann, Sie haben vorhin eindrücklich be richtet, wie Sie damals als Mitarbeiter von Joschka Fischer in einer emotionalen Ausnahmesituation waren. Sie unterstellen uns, dass wir nicht in der Lage wären, ebenfalls in einer sol chen emotionalen Ausnahmesituation zu sein. Denn Sie sa gen, Sie hätten nicht das Gefühl, wir nähmen das ernst, son dern Sie hätten das Gefühl, wir würden nur Wahlkampf ma chen. Herr Schmid hat das im Übrigen noch viel schöner for muliert, indem er den Ausdruck „Beruhigungspillen für die Menschen“ benutzte. Uns geht es nicht um Beruhigungspil len für die Menschen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, haben Sie sich ein mal da hineinversetzt, dass möglicherweise die emotionale Ausnahmesituation für jemanden, der sich für Laufzeitverlän gerungen eingesetzt hat, in einem solchen Fall viel größer ist
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Wie viel Chuzpe muss man haben, sich jetzt, sechs Monate nach der Laufzeitverlängerung, hier hinzustellen und diejenigen zu kritisieren, die die Verlängerung der AKW-Laufzeiten bekämpft haben! – Gegenruf von der CDU: Zuhören!)
Herr Untersteller, trotzdem ist es die Aufgabe einer Landes regierung, nüchtern, sachlich zu analysieren, kühlen Kopf zu bewahren, und dies gerade auch in der heißen Phase des Wahl kampfs. Das ist das, was wir in einer solchen emotionalen Ausnahmesituation – nicht nur bei den Menschen in BadenWürttemberg, sondern auch bei uns – zu tun haben.
Ich verwahre mich dagegen, dass man uns unterstellt, wir sei en nicht in der Lage, innezuhalten und nachdenklich zu sein. Genau dies unterstellen Sie. Damit zeigen Sie ein weiteres Mal, dass es Ihnen bei diesem Thema um Wahlkampf geht und um sonst gar nichts.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in der „Zeit“ heißt es unter Bezugnahme auf Altkanzler Helmut Schmidt:
Der Ex-Kanzler wandte sich dagegen, die Katastrophe in Japan für die innerdeutsche Atomkraft-Diskussion zu missbrauchen.
Vielleicht denkt die SPD daran, was der ihrer Partei angehö rende Altkanzler hierzu sagt. Denn ich glaube, das ist ganz wichtig und wesentlich.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Wir werden aber daraus auch nicht ein Tabuthema machen, wie es Ihnen recht wäre!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben kühlen Kopf bewahrt, auch in dieser heißen Wahlkampfphase.
Wir haben Entscheidungen gefällt, die wichtig waren. Wir ha ben nicht nur das Moratorium erlassen. Wir werden darüber hinaus die sieben ältesten Reaktoren zur Überprüfung der Si cherheit herunterfahren.
Lieber Herr Kretschmann, ich komme noch einmal auf das zurück, was Sie vorhin zu der Ausnahmesituation, in der Sie sich als Mitarbeiter unter Joschka Fischer befunden hatten, gesagt haben. Den von Ihnen vorhin angesprochenen § 19 Abs. 3 des Atomgesetzes gab es bereits 1986, als die Katast rophe in Tschernobyl war.
Sie haben die Anlagen trotzdem längere Zeit laufen lassen. Sie hatten damals den Versuch gestartet, auf der Grundlage von § 19 Abs. 3 des Atomgesetzes eine Stilllegung zu errei chen – und Sie sind schadensersatzpflichtig geworden. Trotz der Kenntnis all dieser Dinge haben wir den Mut, direkt nach diesem Ereignis in Japan diese sieben Atomkraftwerke auf der Grundlage von § 19 Abs. 3 des Atomgesetzes herunterfahren zu lassen.
(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Den Atom ausstieg beschlossen! – Gegenruf des Klaus Herr mann CDU: Fukushima kam trotzdem!)
(Abg. Klaus Herrmann CDU: Genau! – Abg. Rein hold Gall SPD: Die Einzigen, die ein Problem haben, seid ihr! Wir haben kein Problem!)
und nicht sagen, was heute Fakt wäre, wenn das von Ihnen beschlossene Gesetz noch in Kraft wäre. Das ist das Wesent liche: Sie streuen den Menschen Sand in die Augen, indem Sie an anderen Punkten arbeiten, um billig Wahlkampf zu ma chen.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Wider spruch bei der SPD und den Grünen – Abg. Klaus Herrmann CDU: Wie immer! Unverantwortlich ist das!)
Lieber Herr Kretschmann, mir ist klar, dass Ihnen das nicht gefällt, wenn wir über den Faktencheck sprechen, weil Sie meinen, dass Sie dieses Thema für sich gepachtet haben. Bei der Frage der Stromversorgung in der Zukunft geht es einer seits um die Darlegung der Fakten, andererseits aber auch da rum, dass man auf der Grundlage dieser Fakten entscheidet. Dann gilt die Frage: Haben wir wirklich Sicherheit, wenn un sere Freunde in Frankreich sagen: „Für uns kommt ein Atom ausstieg nicht in Betracht“?