Protocol of the Session on March 2, 2011

frage der Fraktion der FDP/DVP ist, hatte die Fraktion der FDP/DVP insgesamt zehn Minuten Redezeit.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Endlich einmal eine gerechte Aufteilung! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Guter Hinweis! Sehr guter Hinweis!)

Für die CDU-Fraktion erteile ich jetzt Herrn Abg. Palm das Wort.

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Justiz als Kernbereich staatlichen Handelns erfordert eine besondere Sensibilität der Politik im Umgang mit der Materie. Der Landtag befasst sich deshalb nur dann mit Justizthemen, wenn es um gravierende Fragen geht. In dieser Legislaturperiode haben wir uns rela tiv wenig mit Justizthemen beschäftigt. Das liegt an der gu ten Arbeit des Ministers sowie der Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter im Ministerium,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

in erster Linie aber an den vielen Tausend in der Justiz Be schäftigten, vom Vollzugsbeamten bis zur Richterin und zum Richter.

Das lässt sich auch der Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion der FDP/DVP entnehmen. Die Drucksache 14/7348 ist ein Kompendium der Justiz. Wir können feststellen, dass Baden-Württemberg in diesem Bereich insgesamt gut aufge stellt ist.

Eine funktionierende Justiz vermittelt der Bevölkerung das Gefühl der Sicherheit. Es kann Vertrauen in den Staat gewon nen werden. Deshalb müssen wir bei diesem Thema auch wei terhin die höchsten Ansprüche erfüllen.

Höchste Ansprüche muss auch erfüllen, wer bei uns in der Jus tiz arbeiten möchte. Unsere Justiz – Herr Kollege Dr. Wetzel, Sie haben es dargestellt – ist hoch effizient. Ich nenne nur ei ne Zahl: rund 1,3 Millionen neue Verfahren in jedem Jahr. Et wa 1,3 Millionen neue Verfahren in allen Bereichen müssen bearbeitet werden.

Die Qualität muss bestehen bleiben. Das ist die Auffassung der CDU-Fraktion. Das bedeutet, die Personalausstattung muss leistungsgerecht erhalten bleiben.

(Beifall des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Wir haben im Laufe der Legislaturperiode das Thema Perso naleinsparung in der Form bearbeitet, dass wir Personalein sparungen zurückgenommen bzw. geplante Personaleinspa rungen nicht umgesetzt haben; dies hat sich als notwendig er wiesen. Punktuell wurde sogar aufgestockt. Sie haben den Wirtschaftsbereich genannt; ich möchte noch den Bereich des Sonderausschusses zum Amoklauf in Winnenden und Wend lingen nennen.

Es geht aber auch um Strukturen. Wenn wir in den vergange nen fünf Jahren Reformen durchgeführt haben, so waren sie für die Zukunftssicherung notwendig, auch wenn wir von dem

einen oder anderen Gewohnten Abschied nehmen mussten. Datenschutz, Notare, Grundbücher, Bewährungshilfe – wir werden weiterhin beobachten, wie insbesondere die Privati sierungsmaßnahmen einschlagen. Wir sind der Ansicht, dass Privatisierung in den Bereichen möglich ist, in denen es Pri vate besser machen als der Staat.

(Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Ich möchte auch an die aktuelle Denkschrift des Rechnungs hofs erinnern. Darin wird eindrücklich gefordert, sich der Struktur der Sozialgerichtsbarkeit und der Verwaltungsge richtsbarkeit zu widmen. Mit einer in diesem Zusammenhang ergriffenen Bundesratsinitiative sind wir leider nicht ganz bis zum Ende gekommen, aber hier steckt natürlich noch einiges drin.

Ein weiterer wichtiger Punkt für die CDU-Fraktion ist die Ju ristenausbildung. Bei der Juristenausbildung sollten wir kei ne Abstriche von dem hohen Qualitätsanspruch machen und das gute Niveau bei uns im Land halten.

Wenn wir von Sicherheit reden, dann denken sicher die aller meisten an das Strafrecht. Die Kriminalitätsrate in BadenWürttemberg ist zusammen mit der in Bayern am niedrigsten in ganz Deutschland und damit auch in Europa.

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: Anständige Men schen!)

Die CDU-Fraktion setzt bei der weiteren Reduzierung der Kri minalität stark auf die Prävention. Wir sind aber auch der An sicht, dass nicht jede Straftat verhindert werden kann, und sei die Präventionsarbeit noch so gut. Deshalb brauchen wir ne ben der Prävention auch Sanktionen. Wir brauchen daher leis tungsfähige und von der Legislative unbeeinflusst arbeitende Strafverfolgungsbehörden. Wir brauchen leistungsfähige und von Legislative und Exekutive unbeeinflusst arbeitende Straf gerichte und einen Strafvollzug, der auf der einen Seite die Rechte der Straftäter achtet, aber auf der anderen Seite dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung gerecht wird.

Deshalb schauen wir mit besonderer Aufmerksamkeit auf die laufenden Verfahren beim Bundesverfassungsgericht in Sa chen Sicherungsverwahrung. Ich glaube, wir sind uns einig, dass dabei jetzt eine einheitliche Linie gefunden werden muss, die zwar die Freiheitsrechte der aus guten Gründen unbefris tet Sicherungsverwahrten berücksichtigt, dies jedoch ins rich tige Verhältnis zum berechtigten Sicherungsbedürfnis der Be völkerung rückt.

Meine Damen und Herren, Personal, Struktur, Ausbildung – das sind Themen, mit denen wir uns befasst haben und auch zukünftig befassen werden.

Ich möchte abschließend noch ein Plädoyer für eine etwas ver änderte Streitkultur in unserem Land halten. Diese 1,3 Milli onen Neufälle pro Jahr sind auf den Arbeitstag herunterge rechnet mehr als 5 000 neue Verfahren, die pro Tag beim Staat als Schlichter ankommen. Ich denke, wir sollten unsere Ge sellschaft durchaus motivieren, den einen oder anderen Kon flikt von Bürger zu Bürger selbst zu bewältigen. Das ist nicht immer angenehm, aber es ist notwendig, dies einmal zu sa gen. Man kann nicht immer das Angenehme selbst machen

und das Unangenehme outsourcen. Ich plädiere dafür, die Streitkultur und die Konfliktfähigkeit insgesamt hochzuhal ten. Dazu gehört auch, dass man Inhalt und Person voneinan der trennt. Das haben wir in dieser Legislaturperiode versucht.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der SPD, der Grünen und der FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Das Wort für die SPDFraktion erteile ich Herrn Abg. Stickelberger.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Die heu tige Debatte gibt uns Gelegenheit, über die Schlussbilanz des Herrn Justizministers zu diskutieren. Diese Bilanz fällt äu ßerst zwiespältig aus.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Hoi, hoi, hoi! – Ge genruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist fair ausgedrückt! – Zuruf von der SPD: Schlussbilanz!)

Sie ist erfreulich, was die Leistungsfähigkeit bei den Amtsge richten, die Bearbeitungszeit und die Quote, die dort erfüllt wird, angeht. Wir haben gute bis mittelmäßige Erledigungs zahlen, die in Teilbereichen verbesserungsfähig sind.

(Abg. Albrecht Fischer CDU: Da könntet ihr auch nichts besser machen!)

Sie wissen, der Präsident des Verwaltungsgerichtshofs hat vor Kurzem bei seiner Amtseinführung angesprochen, dass dort noch Steigerungsmöglichkeiten bestehen.

Wir haben sicher auch Probleme. Wir haben in Teilbereichen, etwa in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, das Problem, dass wir zu wenig junge Richter haben. Das sind Herausforderungen, die sich in Zukunft stellen.

Herr Kollege Palm hat einige weitere Herausforderungen ge nannt, insbesondere im Bereich der Juristenausbildung.

Was Sie zur Streitkultur gesagt haben, Herr Kollege Palm, kann ich nur unterstreichen. Ich danke Ihnen auch für die Pfle ge der Streitkultur in diesem Haus. Sie werden ausscheiden. Ich bedaure das außerordentlich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Minis ters Heribert Rech)

Wir haben natürlich auch Großbaustellen, Herr Minister. Die Notariatsreform, die mühsam auf den Weg gekommen ist, bis man eine verfassungskonforme Regelung gefunden hat, ist ei ne Großbaustelle mit vielen Ungereimtheiten, etwa wenn man an die Standorte der Grundbuchämter denkt oder daran, was bis zum Zieljahr 2018 auf die Beschäftigten zukommt. Hier gibt es mehr offene Fragen als Antworten. Wir werden in der neuen Legislaturperiode diese Antworten geben, die nötigen Korrekturen vornehmen und Leitplanken auf diesem Weg in die Notariatsreform einziehen.

(Lachen des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Hoi, hoi!)

Es gibt durchaus viele Projekte, die wir natürlich begrüßen und auch unterstützt haben.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Keine Regierungser klärung!)

Das ist Ihnen, Herr Kollege Wetzel, in den letzten Jahren viel leicht etwas entgangen. Ich nenne das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“ und das „Projekt Chance“. Wir haben im Finanzaus schuss immer für eine Erhöhung der Mittel in diesem Bereich gestimmt und uns für den Ausbau dieser Projekte, die wirk lich sinnvoll sind, starkgemacht.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Das sind Pri vate!)

Wir kritisieren vor allem – da werden wir die nötigen Korrek turen anbringen – eine weitere Verlagerung von hoheitlichen Aufgaben auf private Träger. Mit der Bewährungshilfe wur de der Anfang gemacht. Darüber kann man von der Sache her diskutieren. Aber die Erwartung, dass es kostengünstiger wür de, hat sich, wie uns der Rechnungshof bescheinigt hat, gera de nicht erfüllt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Falsch! Falsch! – Gegenruf des Abg. Norbert Zeller SPD: Der Rech nungshof lügt nicht! – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Auch die Tätigkeit der Gerichtsvollzieher ist für uns eine ur eigene hoheitliche Aufgabe. Die Gerichtsvollziehertätigkeit muss in der Hand des Staates, des Landes Baden-Württem berg bleiben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wir verstehen auch Ihre Vorstöße zum privaten Forderungs einzug nicht. Es ist schon ein Armutszeugnis, wenn die Ver waltung dieses Landes Baden-Württemberg nicht in der La ge ist, Forderungen des Landes in eigener Zuständigkeit durchzusetzen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Aber seitdem läuft’s!)

Was wir überhaupt nicht mittragen – auch dort werden wir nach dem Regierungswechsel verstärkt tätig werden müssen –

(Abg. Hans-Martin Haller SPD: Sehr gut! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Wann ist das der Fall?)

ist der Einzug privater Firmen in unsere Haftanstalten. Immer mehr hoheitliche Aufgaben werden auf private Firmen über tragen.