Protocol of the Session on March 2, 2011

Für die FDP/DVP-Fraktion darf ich Herrn Abg. Dr. Wetzel das Wort erteilen.

Herr Präsident, mei ne sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Anhand der Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion der FDP/DVP müssen wir feststellen: Wir können bei der Justiz in Baden-Württemberg auf eine Erfolgsge schichte verweisen. Die vorliegende Antwort der Landesre gierung zeigt, dass die Justiz in Baden-Württemberg im Län dervergleich eine ganz hervorragende Arbeit leistet. Sie ist ef fizient und insgesamt gut.

(Unruhe)

Wir haben mit die kürzesten Verfahrensdauern, sowohl bei den Gerichten als auch bei den Staatsanwaltschaften, und da mit auch einen sehr effektiven Rechtsschutz für unsere Bür gerinnen und Bürger.

In der Antwort auf unsere Anfrage haben wir ganz konkrete Zahlen mitgeteilt bekommen, die ich gern nennen möchte.

(Unruhe)

Wir haben beim Amtsgericht in Zivilsachen im Durchschnitt die kürzesten Verfahrensdauern; ein Verfahren dauert in Ba den-Württemberg im Durchschnitt 3,8 Monate. Im Bundes durchschnitt dauert ein solches Verfahren 4,6 Monate. Dabei gibt es Länder, die dafür durchschnittlich 5,6 Monate brau chen.

In Familiensachen – speziell bei Scheidungsverfahren – lie gen wir mit 8,6 Monaten auf Platz 2. Der Bundesdurchschnitt beträgt 9,9 Monate, wobei es Länder mit einer Verfahrensdau er von durchschnittlich 11,9 Monaten gibt.

Bei Zivilsachen in erster Instanz an Landgerichten haben wir in Baden-Württemberg eine Verfahrensdauer von durch schnittlich 6,3 Monaten. Der Bundesdurchschnitt beträgt 8,4 Monate, wobei es Länder mit durchschnittlich 11,2 Monaten Verfahrensdauer gibt.

Ich habe versucht, in Erfahrung zu bringen, welche Länder denn Schlusslicht sind. Leider ist dies nicht feststellbar, weil es unter den Datenschutz fällt; die Länder rücken ihre Zahlen nicht heraus. Wir dürfen nur vermuten, welche Länder dies sind.

(Zuruf: Rot-grün regierte Länder! – Unruhe)

Auch bei der Abwicklung von Strafverfahren liegen wir ganz vorn. Beim Amtsgericht beträgt die Dauer im Durchschnitt 2,9 Monate; damit liegen wir auf Platz 2. Der Bundesdurch schnitt beträgt 3,9 Monate. Es gibt aber Länder mit durch schnittlich 5,5 Monaten Verfahrensdauer.

Das sind nur einige Beispiele, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Auch die Justiz reagiert auf besondere Herausforderungen. Durch die Wirtschafts- und Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 ist der Anteil der Verfahren im Bereich des Wirt schaftsstrafrechts höher geworden. Darauf hat die Landesre gierung sehr schnell reagiert: Durch die Schaffung von insge samt sieben neuen Stellen bei der zuständigen Staatsanwalt schaft Stuttgart konnte dafür gesorgt werden, dass die Verfah ren zügig abgewickelt werden.

Insgesamt erarbeitete sich unsere Justiz diesen Spitzenplatz mit einem – relativ gesehen – geringen Personalbestand. Im Bereich der Amtsgerichte haben wir pro 100 000 Einwohner 6,79 Richter. Der Bundesdurchschnitt beträgt 9,71 Richter, manche Länder leisten sich 14,59 Richter pro 100 000 Ein wohner.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Entsprechendes gilt für die Landgerichte, die Staatsanwalt schaften usw.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das kommt durch den Länderfinanzausgleich!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht zuletzt ist ei ne gut funktionierende Justiz mit hoher Qualität und kurzen Verfahrensdauern auch ein wirtschaftlicher Standortvorteil. Gerade Unternehmen müssen sich darauf verlassen können, dass sie schnell und gut zu ihrem Recht kommen. Versuchen Sie einmal in Spanien, Italien, Bulgarien oder Rumänien, ei nen Zivilprozess zu führen. Sie werden erkennen, wie viel Ge duld Sie haben müssen und wie viel Zeit Sie mitbringen müs sen. Für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg ist eine gut funktionierende Justiz daher eine eminent wichtige Rah menbedingung.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, Sie sehen: Die Justiz in BadenWürttemberg ist auch im Vergleich zu allen anderen Bundes ländern eine Erfolgsgeschichte.

Auch beim Strafvollzug und bei den Resozialisierungsmaß nahmen ist Baden-Württemberg fortschrittlich und bundes weit oftmals führend. Der Strafvollzug ist im Ländervergleich nicht nur besonders sicher, sondern im Hinblick auf das Ziel der Resozialisierung der Straftäter auch besonders modern und zeitgemäß.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das ist der Oppositi on egal! – Vereinzelt Heiterkeit)

Ja, die Opposition war bei vielem, was geschaffen wurde, dagegen, und wir können momentan noch nicht erkennen, dass diese Haltung eine Erfolgsgeschichte wäre.

Ich erinnere an das „Projekt Chance“, meine sehr verehrten Damen und Herren, den Jugendstrafvollzug im Seehaus Leon berg und in Creglingen. Ich darf daran erinnern, dass der Frei staat Sachsen dies ebenfalls übernehmen will. Herr Merckle vom Seehaus Leonberg steht in intensiven Verhandlungen mit Sachsen.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Das führen wir auch weiter, das Projekt! – Abg. Thomas Oelmayer GRÜ NE: Das würden wir auch weiterführen wollen!)

Ja, Herr Kollege von der Opposition, ich darf daran erin nern, dass dies Strafvollzug in privater Form ist; Sie sind ja immer gegen Privatisierung.

(Zuruf des Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE)

Ich erinnere auch an das Netzwerk Straffälligenhilfe. Es hat im Jahr 2008 die landesweite Vermittlung gemeinnütziger Tä tigkeiten übernommen. Dafür sind wir sehr dankbar.

Auch hierzu ein paar Zahlen: Durch das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“ konnten im Jahr 2009 insgesamt 184 993 Haft tage vermieden werden.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Hoi, hoi!)

Das erspart den Betrieb einer ganzen Strafvollzugsanstalt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wenn pro Hafttag in einer Justizvollzugsanstalt in Baden-Württemberg im Durchschnitt 87,62 € aufgewendet werden und das Projekt „Schwitzen statt Sitzen“ pro Tag 10 € kostet, ergibt sich da durch eine Ersparnis von über 77 € pro Tag. Baden-Württem berg spart dadurch insgesamt ca. 2 Millionen € pro Jahr ein. Ich finde, das kann sich hören lassen. Insbesondere ist dies ebenfalls eine private Form des Strafvollzugs – gegen die Sie immer ins Feld ziehen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Strafvollzug nach Kassenlage! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Das ist kein Strafvollzug nach Kassenlage, sondern ein sehr sinnvoller Strafvollzug, bei dem insbesondere Opferschutz und Resozialisierung eine große Rolle spielen.

(Abg. Albrecht Fischer CDU: Sehr richtig!)

Ich denke, es ist wichtiger, dass die Menschen arbeiten, statt im Knast zu sitzen.

(Abg. Albrecht Fischer CDU: Richtig!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Behandlung von rückfallgefährdeten Sexualstraftätern ist ebenfalls ein wichti ges Projekt. Damit werden die Sicherheit und insbesondere auch das subjektive Sicherheitsempfinden der Menschen in Baden-Württemberg erheblich gestärkt. Bei diesem Thema geht es meines Erachtens – das ist wichtig; das möchte ich auch hervorheben – im Wesentlichen um den Opferschutz. Wenn wir erreichen, dass Menschen, die einmal gefehlt ha ben, nie wieder rückfällig werden, dann sind die Opfer ge schützt und die betreffenden Straftäter ebenfalls.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Ich denke, da sind wir auf dem richtigen Weg.

Auch das Projekt KURS ist ein Erfolg. Hier wird die Zusam menarbeit zwischen den öffentlichen Stellen gewährleistet und durch die Einrichtung einer gemeinsamen Zentralstelle koor diniert, um das Risiko zu mindern, dass die entlassenen Se xualstraftäter rückfällig werden. Die Arbeiten haben begon nen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch die Behand lungs-Initiative Opferschutz, BIOS-BW, hat begonnen. Das ist ebenfalls sehr sinnvoll.

Im Zusammenhang mit der Resozialisierung darf ich auch das Thema Bewährungshilfe ansprechen. Auch hier gibt es ganz konkrete Einsparpotenziale, die durch die Übertragung auf NEUSTART erreicht werden konnten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir konnten erreichen, dass sich die Zahl der Bewährungswiderrufe erheblich reduziert hat. Ich denke, das ist ebenfalls ein großes Stück Opferschutz. Auf diesem Weg müssen wir weitergehen.

Abschließend möchte ich mich beim Justizministerium und insbesondere bei Herrn Justizminister Professor Dr. Goll herz lich für die hervorragende und umfangreiche Antwort

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Das kann man sa gen!)

und auch für die gute Arbeit bedanken.

Dafür, dass das Ministerium so gute Zahlen vorweisen kann, gibt es natürlich noch einen weiteren Grund. Ich bedanke mich bei den Menschen, die im Ministerium und bei den Gerichten tätig sind, insbesondere bei den guten Richterinnen und Rich tern, bei den Staatsanwaltschaften – Staatsanwältinnen und Staatsanwälten –, bei den Justizvollzugsanstalten, den Ge richtsvollziehern usw. Sie alle leisten eine hervorragende Ar beit für unser Land, damit unser Land sicher bleibt, damit es sich lohnt, in Baden-Württemberg zu leben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Bevor ich jetzt Herrn Abg. Palm von der CDU- Fraktion das Wort erteile, will ich nur darauf hinweisen, dass ab jetzt eine Redezeit von insge samt fünf Minuten pro Fraktion gilt. Weil es eine Große An

frage der Fraktion der FDP/DVP ist, hatte die Fraktion der FDP/DVP insgesamt zehn Minuten Redezeit.