Protocol of the Session on March 2, 2011

Minister Hauk hat in seiner Amtszeit nach der Kritik an der Maisausbringung und an der Vermischung von nicht gentech nisch und gentechnisch verändertem Mais übrigens eine gute Bemerkung gemacht. Er hat sinngemäß gesagt, dass BadenWürttemberg mit seiner Kleinflächigkeit nicht über die nöti gen Abstandsstrukturen verfügt und dass wir mit unseren auch biologisch angebauten Flächen diese Abstände gar nicht um setzen können.

Insofern ist Gentechnik in Baden-Württemberg praktisch ei gentlich nicht umsetzbar. Das muss die Landesregierung auf nehmen und umsetzen. Sie darf die Gentechnik nicht fördern. Vielmehr muss sie die Landwirte, die die Gentechnik nicht wollen – das sind neben den Verbrauchern, die sie auch nicht wollen, die allermeisten –, unterstützen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Re nate Rastätter GRÜNE – Zuruf des Abg. Dr. Hans- Peter Wetzel FDP/DVP)

Das Qualitätslabel Baden-Württemberg und Gentechnik pas sen nicht zusammen. Verbrauchersicherheit und Gentechnik passen nicht zusammen.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Biologische Vielfalt und Gentechnik passen nicht zusammen. Gentechnik und Baden-Württemberg passen nicht zusammen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Gentechnik ist eben nicht durch Koexistenz zu sichern, weil die Gentechnik nicht koexistenzfähig ist. Vielmehr ist Gen technik in unserer Landwirtschaft eigentlich ein Trojanisches Pferd.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die EU-Kommission hat ein Verbot ausgesprochen, und das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass unser Gen technikgesetz richtig ist. Insofern ist es schade, dass die Bun deskanzlerin beim Jubiläum der Deutschen LandwirtschaftsGesellschaft mit Blick auf die Biotechnologie in der Land wirtschaft davor gewarnt hat – ich zitiere; das war ebenfalls im Dezember –:

Die Auseinandersetzung mit genveränderten Pflanzen ist etwas, was uns sehr leicht von der weltweiten Entwick lung entkoppeln kann.

Das ist das falsche Signal, meine Damen und Herren. Es geht nicht um das Entkoppeln, es geht um das Verhindern – auch hier in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Fischer für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es kommt sicher nicht so oft vor, dass ein Abgeordneter in der letzten Plenarsitzung einer Legislaturperiode seine erste und gleich zeitig seine letzte Rede hält – zumindest für die nächsten fünf Jahre.

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Karl Zim mermann CDU)

Über die grüne Gentechnik wird in unserem Land eine Phan tomdiskussion geführt. Um es gleich vorweg zu sagen: Unse re Landesregierung empfiehlt den Landwirten momentan nicht den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen. Es wird in Ba den-Württemberg auch kein Bedarf für den Anbau gentech nisch veränderter Pflanzen gesehen. Denn erstens gehen die Haftungsregelungen zulasten der Landwirte. Zweitens beste hen Vermarktungsrisiken, und drittens ist ein wirtschaftlicher Vorteil für die Landwirtschaft bei den heutigen gentechnisch veränderten Organismen nicht erkennbar.

Noch eine Feststellung zu Beginn meiner Ausführungen: Es zählt mit zu den Hauptaufgaben der Landwirtschaft, Nah rungsmittel zu produzieren und die Ernährung zu sichern. Die Menschen in Baden-Württemberg können den im eigenen Land produzierten Lebensmitteln vertrauen;

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

denn bei uns werden Lebensmittel unter Einhaltung hoher Standards und nachvollziehbarer Produktionsmethoden er zeugt. Die Menschen in Baden-Württemberg sind im Ver gleich zu denen in allen anderen Bundesländern nachgewie senermaßen am gesündesten und werden am ältesten.

(Beifall bei der CDU)

Das muss doch einen Grund haben, nämlich gesunde Ernäh rung.

Doch wir stehen auch vor Herausforderungen, welche der Globalisierung, dem Klimawandel, der Rohstoffknappheit und einer wachsenden Weltbevölkerung geschuldet sind. Unsere

Ressourcen sind begrenzt. Das gilt ebenso für unsere land wirtschaftlich genutzten Flächen.

Hochrechnungen zufolge muss die Weltnahrungsmittelpro duktion in den kommenden vier Jahrzehnten um 70 % stei gen; das ist gewaltig. Bereits heute nagen weltweit eine Mil liarde Menschen am Hungertuch.

Eine weitere interessante Information zum heutigen Thema: Über 70 % der Eiweißfuttermittel werden in die Europäische Union eingeführt. Dabei sind genveränderte Sojabohnen für die richtige Ernährung in der landwirtschaftlichen Tierhaltung unverzichtbar. An dieser Realität kommen wir nicht vorbei.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! – Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

Das ist nachweisbar. Lieber Herr Kollege Winkler, wissen Sie, wie Tierernährung funktioniert? Ich weiß es. Man braucht einen bestimmten Anteil Eiweißfuttermittel. Deshalb sind sie nicht verzichtbar. Sie können in Deutschland nicht erzeugt werden.

Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen – ob es uns gefällt oder nicht –, dass die Bedeutung der grünen Gentechnik welt weit zunimmt, was durch die wachsende Anbaufläche mit GVNutzpflanzen – 2009 waren es bereits 134 Millionen ha – do kumentiert wird. 2010 ist die Anbaufläche allein in den USA nochmals um 2,5 Millionen ha auf 65 Millionen ha gestiegen.

Noch eine Zahl, die interessant ist: In 25 Ländern nutzen et wa 14 Millionen Landwirte die grüne Gentechnik. Der Anbau von GV-Pflanzen kann zur Beseitigung von in der Welt herr schendem Hunger dienen und vorliegenden Mangelerkran kungen entgegenwirken. Deshalb wird dies in vielen Ländern nicht so kritisch gesehen wie in Deutschland.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Gegenruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE: So ein Quatsch!)

Andererseits können GV-Pflanzen zur Absicherung von Ern teerträgen und Einkommen in der Landwirtschaft beitragen. Die grüne Gentechnik kann eine umweltschonende und wirt schaftliche Rohstofferzeugung unterstützen, beispielsweise durch die Einsparung von Insektiziden und Düngemitteln.

Trotzdem sage ich noch einmal, damit es auch die Grünen und die Roten kapieren, dass das Land Baden-Württemberg den Anbau von GV-Pflanzen nicht empfiehlt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Angesichts der weltweiten Entwicklung müssen wir aber er kennen, dass die Biotechnologie eine wichtige Zukunftsbran che mit hohem Entwicklungspotenzial ist. Gentechnische Me thoden sind in der Pflanzenzüchtung inzwischen von zentra ler Bedeutung und können beispielsweise zur Bewältigung von Folgen des Klimawandels durch tolerante Sorten bei Tro ckenheit, bei Überschwemmungsflächen und bei versalzten Böden beitragen.

Forschung ist aus Sicht des Landes wichtig und notwendig, damit Deutschland nicht weiter in Rückstand gerät. BadenWürttemberg wird daher seinen Beitrag zur Grundlagen- und anwendungsorientierten Forschung im Bereich der grünen

Gentechnik leisten. Damit wird sichergestellt, dass erstens die erforderlichen Kenntnisse über Chancen und Risiken vorliegen, zweitens die wissenschaftliche Kompetenz im Land bleibt und drittens die Forschungseinrichtungen den internationalen An schluss auf hohem Niveau halten können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Im Ständigen Ausschuss der EU-Mitgliedsstaaten wurde vor wenigen Tagen dem Vorschlag der EU-Kommission für eine Toleranzschwelle für nicht zugelassene gentechnisch verän derte Pflanzen in Futtermitteln zugestimmt. Die technische Nachweisgrenze von 0,1 % darf jedoch nicht überschritten werden. Der Ministerrat muss allerdings noch zustimmen.

Wenn die Toleranzschwelle von 0,1 % für Futtermittel rechts kräftig wird, sind EU-weit einheitliche Standards für Nach weisverfahren und die Probenahmen für GVO-Kontrollen gül tig, und es besteht Rechtssicherheit für die Landwirtschaft und die Agrarwirtschaft. Das ist wichtig, meine Damen und Her ren.

Die Landesregierung hat ein großes Interesse daran, dass die Wahlfreiheit der Verbraucher beim Konsum sichergestellt ist. Voraussetzung für eine bewusste Kaufentscheidung der Ver braucher ist, dass die Angaben den rechtlichen Vorgaben ent sprechen. Daher werden in Baden-Württemberg Lebensmit tel, Futtermittel und Saatgut regelmäßig überwacht.

Aber die Verbraucher haben natürlich auch die Verpflichtung, durch ihr Einkaufsverhalten dem Einsatz von GVO entgegen zuwirken. Seit mehreren Jahren finden regelmäßig Kontrol len zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben statt. Auch in diesem Jahr werden wieder Untersuchungen von Saatgutpar tien, beispielsweise von Mais- und Rapssaatgut, auf GVO-Be standteile rechtzeitig vor der Aussaat der Kulturpflanzen ab geschlossen, um die Aussaat genveränderter Partien zu ver hindern.

Herr Dr. Murschel, Sie wissen genau, dass die Verunreinigun gen nicht von Baden-Württemberg ausgegangen sind. Dann sollten Sie das bei Ihren Ausführungen auch so wiedergeben.

Das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg untersucht allein circa ein Drittel aller Maissaatgutproben in Deutschland. Alle Ergebnisse werden veröffentlicht und ins Internet eingestellt. Damit ist die notwendige Transparenz ge währleistet, und in Baden-Württemberg ist eine weitestgehen de Sicherheit gegeben.

Das war’s.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Super!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Chef für die Fraktion der FDP/DVP.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen von den Grünen, mit vollem Magen lässt es sich natürlich leicht sa gen: Die Gentechnik brauchen wir nicht.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es!)

Fragen Sie aber auch die vielen Menschen, die in anderen Ländern leben und die froh über den Einsatz der Gentechnik sind. Das hat mittlerweile auch unser Papst erkannt.