(Abg. Klaus Herrmann CDU: Jetzt kommt die Quo tenfrau! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Jetzt kommt die Quote!)
Jetzt kommt die Quote. Ge nau. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Kollege Schmid schon angeführt hat, hat die Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister auf Antrag der Sozialministerin vor zwei Jahren einen Atlas zur Gleichstellung von Frauen und Männern auf den Weg ge bracht, um aufzuzeigen, wie es um die Gleichstellung in den Bundesländern bestellt ist. Dazu muss man klipp und klar fest stellen, dass sich Baden-Württemberg mit Blick auf die Frau enpolitik auf einem Abstiegsplatz befindet. Sowohl bei der Partizipation von Frauen, also beim Frauenanteil in Gremien und bei Führungspositionen, als auch hinsichtlich der Situa tion von Frauen im Bereich von Arbeit und Einkommen be legt Baden-Württemberg bundesweit den letzten Platz.
Das zeigt ganz deutlich, dass moderne Frauenpolitik bei der Landesregierung keine Rolle spielt und dass die Landesregie rung nicht erkannt hat,
dass der Preis für das Nichtstun die Kosten einer vernünfti gen Gleichstellungspolitik bei Weitem übersteigt. Das ist nicht nur undemokratisch, sondern es ist auch wirtschaftlich in höchstem Maß unsinnig.
In Baden-Württemberg verdienen Frauen 28,5 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Im Bundesdurchschnitt sind es le diglich 23 %. Das kann man doch nicht einfach so hinnehmen. Eine gute Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik muss auch für Frauen gelten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen nicht nur darü ber reden, sondern wir wollen den Verdienstunterschied zwi schen Männern und Frauen bis zum Jahr 2020 auf höchstens 10 % reduzieren und uns gemeinsam mit der Wirtschaft und der Arbeitnehmervertretung auf ein konkretes Programm zur Verringerung des Gender Pay Gap verständigen.
Was sind die Ursachen für die große Entgeltlücke, für den großen Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern in Ba den-Württemberg? Es ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen, die zusammenspielen. Ich möchte einige benennen.
Erstens: die Beschäftigungssituation von Frauen. Die Frauen erwerbstätigkeit in Baden-Württemberg hat zwar zugenom men – 70 % der Frauen zwischen 15 und 65 Jahren in BadenWürttemberg sind erwerbstätig –, aber gleichzeitig hat das Ar beitsvolumen abgenommen. Das heißt, die Zunahme der Frau enerwerbstätigkeit geht ausschließlich auf das Konto von Teil zeitbeschäftigung und auf das Konto von Geringbeschäfti gung. Da kann doch irgendetwas nicht stimmen. Mädchen ha ben heute die besseren Schulabschlüsse,
sind besser ausgebildet als je zuvor, sind fleißiger, haben die Hälfte aller Universitätsabschlüsse.
Dennoch finden sie sich am untersten Level der Entlohnung wieder. Das ist Diskriminierung, und das ist pure Verschwen dung von Ressourcen.
Woran liegt das? Das liegt natürlich vor allem an den famili enbedingten Erwerbsunterbrechungen, an der mangelnden Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Männer und Frauen in Baden-Württemberg. Eine Auszeit im Beruf führt in Ba den-Württemberg unweigerlich zu einem Karriereknick und letztlich zu einem geringeren Gehalt. Frauen müssen sich nach wie vor zwischen Beruf und Familie entscheiden, weil es nicht genügend Betreuungsangebote gibt, weder im Kleinkindbe reich noch im Bereich der Ganztagsbetreuung. So werden Frauen in Teilzeitarbeit gezwungen und können sich kein ei genes existenzsicherndes Einkommen erarbeiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer wie Ministerpräsident Mappus die Forderung nach einem Ausbau der Kinderbetreu
ung als familienfeindliche Illusion bezeichnet, der blockiert eine moderne Frauen- und Familienpolitik in Baden-Würt temberg und gefährdet die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg.
So sieht keine moderne und zukunftsgerichtete Frauen- und Beschäftigungspolitik aus, sondern so wird ein veraltetes Rol lenbild von Frauen und Männern zementiert, bei dem die Tä tigkeit von Frauen auf die der Zuverdienerin reduziert wird. Dabei sollte doch allmählich auch bei der Landesregierung angekommen sein, dass das Modell des Alleinverdieners aus gedient hat.
Zweitens: Entgeltdiskriminierung. Auch wenn Frauen keine familiären Verpflichtungen haben, sind sie von Entgeltun gleichheit betroffen, wenn sie sich bei ihrer Berufswahl für die sogenannten typischen Frauenberufe entscheiden, wenn sie sich beispielsweise für einen Beruf im sozialen Bereich oder im Dienstleistungsbereich entscheiden. Es darf doch nicht sein, dass diese Berufe noch immer ein geringeres ge sellschaftliches Ansehen haben und schlechter bezahlt sind. Wir haben doch schon jetzt einen Fachkräftemangel, angefan gen beim Erzieherberuf bis hin zur Altenpflege. Diese Beru fe müssen attraktiver gemacht werden. Da spielt natürlich die Bezahlung eine ganz wichtige Rolle.
Deshalb muss hier gelten: gleicher Lohn für gleichwertige Ar beit. Es ist nicht hinnehmbar, dass Verantwortung für Men schen schlechter honoriert wird als Verantwortung für Tech nik.
Diese Schieflage zu verändern ist Aufgabe der Tarifpartner, zu denen auf der Arbeitgeberseite auch der Staat und die Kom munen gehören. Um eine bessere Bezahlung auch in den So zialberufen, z. B. in den Kindertageseinrichtungen, durchset zen zu können, ist das Land in der Pflicht, mehr Geld für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auszugeben, mehr Geld in die Kleinkindbetreuung zu geben, damit die höheren Kos ten für die Erzieherinnen und Erzieher auch bezahlt werden können.
Der dritte Punkt ist die gleichberechtigte Teilhabe auch in Führungspositionen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da sa ge ich ganz klar: Die Zeit der freiwilligen Selbstverpflichtung, der gut gemeinten Appelle ist endgültig vorbei.
Damit sich etwas verändert, brauchen wir ganz klare gesetz liche Vorgaben, gesetzliche Verpflichtungen, und wir brau chen dafür eine Quote.
In der Mittagspause der letzten Plenarsitzung – die eine oder andere erinnert sich daran – haben wir Frauen interfraktionell eingeladen, um „100 Jahre Internationaler Frauentag“ zu fei ern und unsere überfraktionellen, gemeinsamen frauenpoliti schen Erfolge darzustellen; die Kollegin Krueger hat es er wähnt. In dieser Legislaturperiode haben wir – alle weibli chen Abgeordneten gemeinsam – zwei Briefe an die jeweili gen Ministerpräsidenten geschrieben, in denen wir für eine
geschlechtergerechte Besetzung von landeseigenen Gremien – Rundfunkrat und Nachhaltigkeitsbeirat – eingetreten sind. Was war das Ergebnis? Schließlich stand in der Zeitung, dass der Ministerpräsident für den Aufsichtsrat der EnBW fünf Männer nominiert hat. Das ist doch ein Schlag ins Gesicht bei unseren frauenpolitischen Bestrebungen.
Deshalb halte ich übrigens auch diese Aussage des amtieren den Ministerpräsidenten: „Ich habe übrigens vor, nach dem 27. März mehr Frauen ins Kabinett zu holen“ für ein Lippen bekenntnis. Er hätte doch schon jetzt mehr Frauen in die Bei räte und Aufsichtsräte holen können. So glaubt Herrn Map pus kein Mensch mehr.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Dann ist er weg! Er kann dann nicht mehr! – Gegenrufe der Abg. Hagen Kluck FDP/DVP und Dr. Klaus Schüle CDU)
Deshalb sage ich noch einmal: Wir wollen eine verbindliche Quote für alle Gremien, an deren Besetzung das Land betei ligt ist, um diese paritätisch zu besetzen.
(Abg. Karl Zimmermann CDU zu Abg. Claus Schmie- del SPD: Es wird über Frauenquote geredet, und bei euch geht ein Mann ans Rednerpult! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Chefsache! – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP zu Abg. Karl Zimmermann CDU: Jimmy, warum sprichst du nicht für die CDU? – Gegenruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt in Baden-Württem berg 55 landeseigene Unternehmen, bei denen Aufsichtsräte zu besetzen sind.
Raten Sie einmal, wie viele dieser 55 Unternehmen Frauen in den Aufsichtsräten haben. In 56 % dieser Aufsichtsräte sitzen null Frauen.
Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ganz klar: Ohne eine gesetzliche Verpflichtung wird sich in Baden-Württem berg in diesem Bereich nichts ändern.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Doch, wenn wir regie ren! – Gegenruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Jetzt machen Sie uns doch keine Angst, Herr Schmie del!)
Veränderungen fallen nicht vom Himmel, sondern müssen auf den Weg gebracht werden. Das gilt eben auch für die Präsenz
Schauen wir uns doch einmal den Frauenanteil an den Bewer bungen für die Landtagswahl an. Da muss man feststellen, dass dieser Anteil gegenüber dem Jahr 2006 sogar gesunken ist,
obwohl wir schon jetzt mit einem Frauenanteil von 23,7 % das Schlusslicht im Vergleich der Bundesländer darstellen. Der positive Ausreißer dabei sind die Grünen.