Protocol of the Session on November 8, 2006

(Abg. Boris Palmer GRÜNE unterhält sich mit Abg. Rudolf Köberle CDU.)

Liebe Kollegen, ich hätte die Bitte, dass Sie Ihre Gespräche nach außerhalb des Saals verlegen, Glückwünsche hin, Glückwünsche her. – Herr Kollege Palmer!

Bitte, Frau Kollegin Dr. Brenner.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe diese Woche Post von meinem Stromversorger bekommen. Hier steht drauf: „Im Dunkeln ist gut munkeln.“ Ich habe das mitgebracht. Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Spruch ironisch gemeint ist. Dort steht auch: „Am 31. Dezember schnell in den Keller.“

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Zum La- chen!)

Wahrscheinlich ist das eine Vorwarnung.

Jetzt zur Großen Anfrage: Das Ziel der Verdoppelung des Anteils der erneuerbaren Energien am Primärenergieverbrauch ist erfüllt. Was wiederum den Anteil an der Bruttostromerzeugung betrifft, ist die Erfüllung dieses Ziels bis 2010 auf einem guten Weg.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Na ja!)

Bei der Wasserkraft ist die Lage bekannt. Das Potenzial liegt überwiegend bei den Großanlagen am Rhein. Die Verfahren der Genehmigung von Kleinanlagen gingen in 92 % der Fälle positiv aus. Das ist ja ganz gut. Aber wir alle wissen, wie schwierig es bei den Kleinanlagen ist – hauptsächlich deshalb, weil der Kapitalbedarf für Ausbau und Sanierung so hoch ist. Hier ist tatsächlich zu fragen, ob nicht Eigentümergemeinschaften, wie es sie bei der Fotovoltaik gibt, einen Versuch wert wären. Ich möchte das Wirtschaftsministerium bitten, hier unterstützend und beratend tätig zu werden.

Windenergie: Auch hier ist die Situation bekannt. Seit 2000 wurde die Stromeinspeisung verfünffacht. Aber inzwischen landet fast jeder Bauantrag für Windkraftanlagen zielsicher im Petitionsausschuss.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Ja! Selbst für Vorrangflächen!)

Generell haben die Leute nichts gegen Windenergie. Aber sie wollen die Anlagen nicht in Sichtweite ihrer Häuser. Es gibt weiterhin die Zielkonflikte mit dem Naturschutz und dem Landschaftsschutz sowie die physikalische Tatsache, dass Windräder im Binnenland nicht einmal 20 % ihrer technischen Leistungsfähigkeit erbringen und auch nicht grundlastfähig sind. Windkraft ist nicht die Alternative für Baden-Württemberg. Wir sind in den Bereichen Biomasse, Geothermie und Solarenergie viel besser aufgestellt.

(Beifall des Abg. Thomas Blenke CDU)

Wenn Sie sich heute in Neubaugebieten umschauen, sehen Sie, dass inzwischen fast jedes Haus Kollektoren auf dem Dach hat. Das ist Standard. Auch nutzen immer mehr die Fotovoltaik.

Erfreulich ist die Entwicklung im Bereich der Geothermie. Innerhalb von fünf Jahren hat sich die Zahl der Anlagen mehr als verzehnfacht. Gerade bei Neubauten mit Fußbodenheizung und einer guten Dämmung ist die Geothermie inzwischen eine sehr beliebte Alternative, übrigens nicht nur mit Landesförderung, sondern auch ohne diese.

Ebenso erfreulich ist die Zunahme bei der Nutzung von Biomasse. Unsere verschiedenen Landesprogramme laufen alle sehr gut und sehr zielgerichtet.

Knapp 50 Millionen € sind in den letzten Jahren ausgegeben worden. Das ist ganz ordentlich. Sie haben vor allem eine wesentlich höhere Investitionssumme ausgelöst. Natürlich kann man sagen: „Das ist zu wenig.“ Wenn man Geld hat, kann man viel fördern. Aber bei einem Sparhaushalt muss man natürlich auch abwägen.

Jetzt zum Antrag Drucksache 14/376: Die Stellungnahme zu dem Antrag zeigt, dass bei privaten Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen oft ein Zielkonflikt besteht: Strom – wegen der Einspeisevergütung – oder Wärme, die wiederum im Sommer oft nicht genutzt werden kann. Ich denke, dass wir hier weitere Anwendungsforschung benötigen, um dieses Problem zu lösen. In der Gegend, in der ich wohne, versucht es jetzt jemand damit, dass er mit der Wärme im Sommer Hackschnitzel trocknet. Das ist sicher eine Alternative, aber es müsste eigentlich auch noch andere Möglichkeiten geben.

Ein Wort zu den Kleinkraftwerken im privaten Bereich, die mit Heizöl oder Rapsöl laufen. Diese Anlagen sind recht teuer, und es ist hauptsächlich ein Anbieter auf dem Markt. Es gibt aber technisch ausgereifte Geräte aus Schweden und Norwegen, die hier mangels technischer Zulassung noch nicht zu haben sind. Mehr Wettbewerb mit günstigen Alternativen würde diese Technik vor allem im privaten Bereich, aber auch im landwirtschaftlichen und kommunalen Bereich sicher voranbringen. Den Herrn Minister möchte ich deshalb auffordern, herauszufinden, weshalb die technische Zulassung von ausgereiften und in anderen Ländern gängigen Kleinkraftwerken nicht funktioniert.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Herr Wirt- schaftsminister, Sie werden gerade von Ihrem Koa- litionspartner angegriffen!)

Sie müssen das nicht heute beantworten, Herr Minister. Bitte beantworten Sie dies gegenüber dem Wirtschaftsausschuss und dem Landwirtschaftsausschuss.

(Zuruf: Eine Attacke!)

Zum Antrag Drucksache 14/377: Wir müssen keine Energiegesellschaft zur Biomassenutzung aufbauen, wenn es genügend private Fachbüros mit viel Erfahrung gibt. Das wäre staatliche Konkurrenz. Diese Büros kennen sich aus. Es ist gerade ein Kennzeichen dezentraler Anlagen, dass sie auf spezifische örtliche Gegebenheiten abgestimmt sind. Eine

Verzögerung bei der Genehmigung kann ich auch nicht ersehen.

Kurz zu den virtuellen Kraftwerken: Es scheint, dass die kleinen Kraftwerke sich nicht koordinieren lassen wollen. Denn sie wollen einfach einspeisen, was das Kilowatt hält, damit die Vergütung kommt. Sie wollen nicht warten müssen, weil gerade ein anderer dran ist. Offensichtlich funktioniert das virtuelle Kraftwerk nicht.

Sie erlauben mir zum Begriff „virtuell“ noch eine kurze philosophische Ausführung. Virtuell ist gerade ein Modebegriff. Jedes Problem möchte man erst einmal virtuell lösen. Da probiert man ein bisschen herum. Wenn es nicht klappt, ist es auch nicht schlimm. Virtuell heißt doch, es ist bei jemandem im Hinterkopf oder auf einem PC da; real ist es aber nicht da. Wenn also von einem virtuellen Kraftwerk virtueller Strom aus der Steckdose kommen sollte, dann kommt er gar nicht.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Wenn man virtuelles Licht macht und virtuelle Wärme, ist es schon da!)

Das heißt, ich müsste meinem Mann bei virtuellem Strom sein Süppchen auf dem Lagerfeuer kochen und müsste ihm bei Kerzenschein eine Story von der Waldfee erzählen.

Virtuell könnten wir für das Hohe Haus hier einen Energiepass erstellen. Wir würden real feststellen, dass der Landtag energietechnisch betrachtet dringend saniert gehört.

Herr Kollege Kretschmann, ich sage es offen: Sie sind mir natürlich real wesentlich lieber als virtuell.

(Oh-Rufe von der CDU, der SPD und der FDP/ DVP)

Ich bedanke mich für Ihre hoffentlich nicht nur virtuelle, sondern sehr reale Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort für die Fraktion GRÜNE erhält Herr Abg. Untersteller.

Manche Abgeordnete bekommen bei manchen Reden auch noch rote Köpfe, Frau Kollegin Dr. Brenner.

(Heiterkeit – Zurufe)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor wenigen Wochen hat die katholische Bischofskonferenz ein Papier vorgelegt, das ich Ihnen allen empfehle, in dem es ziemlich unmissverständlich heißt – ich zitiere einen Satz –:

(Abg. Thomas Knapp SPD: Das hat er von Herrn Kretschmann!)

Auch andere lesen katholische Papiere, nicht nur Kretschmann, Herr Kollege Knapp.

Der globale Klimawandel ist die wohl umfassendste Bedrohung menschenwürdiger Existenz und der natürlichen Ökosysteme. … Klimaschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels sind deshalb unaufschiebbare Aufgaben, ….

Im Sommer dieses Jahres haben wir eine Regierungserklärung erlebt und eine Koalitionsvereinbarung vorgelegt bekommen, in der diesbezüglich einiges Positives drinsteht. Wir haben damals auch nach außen deutlich gemacht, dass wir dies durchaus begrüßen. Ich finde, es ist jetzt, ein halbes Jahr später, an der Zeit, einmal zu schauen, inwieweit es hier mit dem, was Sie uns damals in der Koalitionsvereinbarung vorgelegt haben, in die richtige Richtung geht.

Ich fange mit der Kraft-Wärme-Kopplung an, Herr Minister. Sie haben seinerzeit in der Koalitionsvereinbarung geschrieben:

Das Potenzial der CO2-Reduzierung im Wärmebereich ist weitgehend ungenutzt. Wir streben an, in diesem Bereich eine Vorreiterrolle in Deutschland zu übernehmen. Wir werden deshalb ein Förderprogramm für die Wärmeproduktion aus erneuerbaren Energien und zum Einsatz der Kraft-Wärme-Kopplung entwickeln.

Wie sieht es denn tatsächlich aus? Herr Kollege Knapp hat es vorhin schon einmal kurz angesprochen. Es ist aber noch viel schlimmer, als er es vorhin gesagt hat. Ich zitiere einmal aus Ihrer Stellungnahme zum Antrag Drucksache 14/376. Darin heißt es nämlich:

Es gibt daher leider keinerlei Übersichten, aus denen eindeutiges Zahlenmaterial zur umfassenden Bilanzierung der Nutzung der KWK entnehmbar wäre.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Verstehen Sie: Das ist eine Bankrotterklärung, die Sie hier liefern. So wird man wirklich nicht Vorreiter, sondern so bleibt man weiterhin am Schluss der Kette, an dem Sie im Moment auch stehen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Von dem Förderprogramm, von dem Sie noch in der Koalitionsvereinbarung gesprochen haben, reden Sie schon gar nicht mehr. An keiner Stelle in der Stellungnahme zu diesem SPD-Antrag reden Sie noch davon, dass Sie vorhaben, ein Förderprogramm aufzulegen. Wenn wir den Klimaschutz ernst nehmen, dann ist die KWK ein ganz zentraler Punkt, den man in Baden-Württemberg voranbringen muss. Wie das geht, können Sie beispielsweise in Schwäbisch Hall sehen,

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

wo es der Stadt mit den Stadtwerken gelungen ist, einen KWK-Anteil von 35 % zu erreichen. Ich kann Ihnen sagen: Wir haben 40 Städte in Baden-Württemberg, in denen das möglich wäre. Da sind Sie gefordert, Stadtwerke und Städte hierbei zu unterstützen.