Protocol of the Session on February 3, 2011

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Damit können Sie natürlich in jedem Bierzelt und in jedem Festzelt die Leute auf die Bäume treiben,

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

aber es hat keinen Effekt. Es sind einfach Falschinformatio nen an die Bevölkerung.

Jetzt sage ich Ihnen einmal etwas dazu: Damit Haushaltsdis ziplin eintritt und man kein Geld für etwas ausgibt, wofür man kein Geld hat, ist in der Föderalismuskommission II unter Führung Ihres Vorgängers Oettinger, Herr Ministerpräsident, die Schuldenbremse eingeführt worden. Dafür ist sie das In strument. Egal, ob die Länder Rheinland-Pfalz, SchleswigHolstein oder Baden-Württemberg heißen, sie dürfen ab dem Jahr 2020 keine neuen Schulden mehr machen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: So lange warten wir?)

So ist es. Für die schwachen Bundesländer ist das ein außer ordentlich hartes Regime, dem sie unterworfen sind.

(Zuruf des Abg. Karl-Wolfgang Jägel CDU)

Das ist die Richtung, die angegeben wurde. Was Sie erzählen, hat mit dem Problem, um das es hier geht, gar nichts zu tun.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Manfred Groh CDU: Sehr viel!)

Was Sie hier betreiben, ist reiner Populismus.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Er ist in dieser Frage wirklich gefährlich.

Der ehemalige Bundespräsident Herzog und Ihr Kollege Paqué, Herr Rülke, haben in dieser Woche in der Zeitung „Das Parlament“ ein Interview gegeben. Herr Herzog sagt: Wir brauchen ein neues System.

(Abg. Manfred Groh CDU: Also!)

Er benennt die Eckpunkte deutlich. Sie sind völlig richtig. Er sagt:

All diese Länder

die Nehmerländer –

werden auf absehbare Zeit hin durch ihre Strukturge schichte schwächer dastehen, selbst wenn sie sich noch ordentlich in den nächsten zehn Jahren entwickeln. Ein neues System muss also her, zumal ein Zieldatum vorge geben ist: 2019 läuft der bisherige Länderpakt aus.

An einer späteren Stelle sagt er in diesem Interview: Zehn Jah re sind dafür eher kurz. Genau das sagt er in diesem Interview. Jeder, der in diesen Fragen Erfahrung hat, weiß, dass dies rich tig ist. Die Schweiz hat 17 Jahre gebraucht,

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Der „Schur kenstaat“!)

um ihr Finanzausgleichssystem wieder auf ein gutes Funda ment zu stellen. Das heißt, man muss jetzt damit anfangen, Vorschläge in die bundespolitische Arena einzubringen. Das

darf man nicht erst kurz vor Schluss tun, denn dabei käme wieder nichts Vernünftiges heraus.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Unser Ansatz ist, jetzt eigene Vorschläge einzubringen.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Diese müssen so gestaltet sein – wie auch immer man im Ein zelnen dazu steht, Herr Kollege Nils Schmid –, dass niemand mehr sagen kann: „Wir machen gar nichts und halten am al ten System fest.“ Das ist die erste wesentliche Hürde, die wir übersprungen haben. Ich habe meine Reihen jedenfalls so weit bekommen, dass niemand mehr sagt: „Nein, es bleibt alles beim Alten.“ Jeder, der ein bisschen Erfahrung hat, weiß: Das ist die richtige Vorgehensweise. Jeder weiß, dass jeder Vor schlag, den man in diesem Zusammenhang macht, am Ende der zehn Jahre nicht unverändert geblieben sein wird.

Das sind zunächst einmal Vorschläge, um andere zur Debatte einzuladen und die größten Fehlstellen in dem ganzen System offenzulegen. Dazu haben wir, denke ich, einen guten und pro funden Vorschlag gemacht.

Dieser Vorschlag beinhaltet zwei Gedankengänge, die klar und richtig sind: Er beachtet zum einen Leistungsgerechtig keit und zum anderen Bedarfsgerechtigkeit nach Artikel 106 des Grundgesetzes. Das ist der richtige Ansatz. Nur wenn man so vorgeht, hat man überhaupt eine Chance auf Erfolg.

Ich darf dazu sinngemäß eine Aussage von Minister Reinhart wiedergeben, der meinte, wir müssten Wege finden, um die finanzschwächeren Länder nicht zu benachteiligen; wir bräuchten ein Win-win-System:

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Quantität und Quali tät!)

Die Reform muss so aussehen, dass sie auch die Nehmer länder überzeugt.

Diese Aussagen liegen allerdings ein paar Jahre zurück, Herr Reinhart.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das war wahr scheinlich noch unter dem Vorgänger!)

Aber so geht man dabei in die Auseinandersetzung.

Ich sage noch einmal klar: Wenn uns die Wählerinnen und Wähler mit der Regierungsverantwortung betrauen,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nie!)

werden wir Baden-Württemberg als starkes Geberland – –

(Abg. Thomas Blenke CDU: Zum Nehmerland ma chen! – Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir werden genau an das Vorgehen Ihres Amtsvorgängers an knüpfen. Er hat in der Bundesarena mit Erfolg und Ansehen eine Führungsrolle übernommen.

(Abg. Ingo Rust SPD: Bundesweit!)

Er hat die Leute und die Vorschläge zusammengebracht.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nicht mit Draufschla gen!)

Was machen Sie dagegen? Sie wollen einfach nur vor Gericht gehen, und das aber auch erst im Sommer.

(Zuruf des Abg. Jörg Döpper CDU)

Sie haben nie dargelegt, wie die Erfolgsaussichten sind. Uns liegt noch nicht einmal das Gutachten vor.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Mündlich!)

Wenn einem solch starken Land wie Baden-Württemberg in einer derartigen Situation nichts anderes einfällt, als vor Ge richt zu gehen, bevor man auch nur einen einzigen Vorschlag gemacht hat – einen einzigen! –, sendet man das Signal an die Bevölkerung aus: „Die Politik ist nicht handlungs- und gestal tungsfähig. Man muss in diesem Land vor Gericht gehen, wenn man etwas erreichen will.“ Das ist nicht unsere Politik.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Oh! Das ist inte ressant! Das ist ja ganz neu! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Wir gehen mit Gestaltungsansprüchen in die Debatte. Erst zum Schluss, falls man hierbei nicht mehr weiterkommt, geht man vor Gericht – nicht umgekehrt. Das ist die Politik, mit der wir in den Wahlkampf gehen. Wir wollen – auch in der Bundesarena – gestalten.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)