Die folgenden Petitionen zeigen beispielhaft die Arbeit des Petitionsausschusses und die für die Petenten erreichte Hilfe:
In Bausachen hat sich besonders bewährt, dass sich der Pe titionsausschuss nicht lediglich mit den Stellungnahmen der Regierung zur Sach- und Rechtslage begnügte und am „grünen Tisch“ entschied, sondern sich in vielen Fällen durch eine Kommission des Petitionsausschusses vor Ort ein eigenes Bild verschaffte. So konnte oft ein Kompromiss zwischen allen berechtigten Interessen gefunden werden. Exemplarisch dafür möchte ich einen Pferdebetrieb im Kreis Konstanz anführen, dem ursprünglich lediglich in sehr beschränktem Umfang eine Beherbergung und Verköstigung für übernachtende Wan derreiter zugestanden wurde. Die Nutzungsänderung des genehmigten Hobby- und Verpflegungsraums in eine Vesperstube im Außenbereich wurde versagt. Bei der Besichtigung vor Ort vertrat die Kommission des Petitionsausschusses übereinstim mend die Auffassung, dass sich mit der geplanten Umnutzung der Gaststätte am äußeren Erscheinungsbild des Gebäudes nichts ändere. Die Nutzungsänderung erfolge im Bestand. Auch die Parkplatzfrage erscheine lösbar. Im vorliegenden Fall seien die Eingriffe in Natur und Landschaft durch die Umnut zung relativ gering. Wasser- und Abwasseranschluss sowie die nötige Infrastruktur seien vorhanden. Bis auf eine Engstelle gebe es darüber hinaus auf dem bestehenden Zufahrtsweg kein Problem. Auch das zusätzliche Straßenverkehrsaufkommen durch Lieferfahrzeuge sowie an- und abfahrende Besucher und die damit einhergehende Lärmbelästigung seien nicht in dem befürchteten Maße zu erwarten bzw. ihnen könnte durch entsprechende Auflagen begegnet werden. Den Betreibern des Reiterhofs müsse ein Kompliment für das propere Aussehen ihres Betriebs gemacht werden. Dies sei nicht überall so. Es sollte daher, auch im Interesse der Stärkung des ländlichen Raums, eine Kompromisslösung angestrebt werden, die mit allen berechtigten Interessen im Einklang steht. Der Vertreter des Wirtschaftsministeriums schlug daraufhin vor, alle aufge worfenen Fragen wie z. B. die Problematik des Zufahrtswegs im Rahmen eines neuen, durch die Petenten eingereichten Bauantrags aufzuarbeiten.
Mit der Erteilung der Baugenehmigung für die öffentliche Vesperstube konnte der Petition abgeholfen werden.
Der Petent wandte sich gegen die Beseitigungsanordnung für eine von ihm an und auf dem Dach einer Feldscheune errich tete Fotovoltaikanlage. Er hält die Bewertung der Anlage als Beeinträchtigung des Landschaftsbilds für falsch und führt an, dass das Landschaftsbild auch Spiegel der gesellschaftlichen Entwicklung sei. Die Anlage sei als Symbol des Bekenntnisses zum Einsatz regenerativer Energien und dezentraler Systeme zu werten und dementsprechend positiv zu interpretieren.
Im Rahmen einer Baukontrolle hat die zuständige untere Bau rechtsbehörde im Jahr 2008 festgestellt, dass auf der geneh migten Feldscheuer ohne vorherige baurechtliche Abstimmung eine große schwenkbare bzw. aufgeständerte Fotovoltaikan lage errichtet worden ist. Die Feldscheuer befindet sich in
exponierter Lage unmittelbar an einer Verbindungsstraße. Die Feldscheuer, auf der die Anlage angebracht ist, ist im Besitz der Mutter des Petenten. Der ehemals zugehörige landwirt schaftliche Betrieb existiert nicht mehr. Der erzeugte Strom wird in das Netz der EnBW eingespeist. Der Petent gibt an, aufgrund der Landesbauordnung davon ausgegangen zu sein, dass Solaranlagen auf bestehenden Dächern sowie eine Mast höhe von unter 10 m genehmigungsfähig seien.
Die untere Naturschutzbehörde des Landratsamts hat sich dahin gehend geäußert, dass die fragliche Fotovoltaikanlage einen erheblichen Eingriff in das Landschaftsbild darstelle und in dieser Form nicht geduldet werden könne.
Nach Nr. 21 des Anhangs zur Landesbauordnung 1995 waren Anlagen zur fotovoltaischen und thermischen Solarnutzung verfahrensfrei. Auch nach der Landesbauordnung 2010 sind Anlagen zur fotovoltaischen und thermischen Solarnutzung gebäudeunabhängig nur bis 3 m und einer Gesamtlänge bis zu 9 m verfahrensfrei.
Auch verfahrensfreie Vorhaben müssen jedoch ebenso wie genehmigungspflichtige Vorhaben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen. Die Vorgaben des Bauplanungs rechts sind bei der Errichtung von Fotovoltaikanlagen dann zu beachten, wenn die Anlage planungsrechtlich relevant ist.
Im vorliegenden Fall ist die planungsrechtliche Relevanz aufgrund der Höhe und Dimension der nachführbaren Anlage sowie der Aufständerung der übrigen Voltaikmodule gegeben. Die Zulässigkeit der Anlage richtet sich demnach nach § 35 BauGB.
Das Vorhaben beeinträchtigt öffentliche Belange, denn es wird die natürliche Eigenart der Landschaft und ihr Erholungswert beeinträchtigt und das Landschaftsbild verunstaltet. Die nicht bezweifelte ökologische Intention einer umweltfreundlichen Energiegewinnung des Petenten wurde in die baurechtliche Abwägung eingestellt. In einer dicht besiedelten Region hat aber der Schutz des Außenbereiches einen hohen Stellenwert und ist deshalb beim Gesetzesvollzug mit der sich dadurch ergebenden Wertigkeit zu beachten.
Im Rahmen eines Ortstermins durch eine Kommission des Petitionsausschusses konnte jedoch ein Kompromiss erzielt werden:
Entsprechend dem Ergebnis des Ortstermins hat das Wirt schaftsministerium den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags zwischen der Baurechtsbehörde und dem Petenten zwecks Duldung der strittigen Fotovoltaikanlage begleitet. Es wurde eine Duldung der Anlage in ihrem jetzigen Zustand bis 31. Dezember 2013 vereinbart. Danach werden die Anlagen ggf. in einer umgebauten, auf dem Dach aufgeständerten Form von der Baurechtsbehörde geduldet.
Die Petenten erbaten die Hilfe des Petitionsausschusses, weil sie sich „zwischen zwei Behörden zerrieben“ fühlten. Das
zuständige Finanzamt habe zur Erstellung ihres Einkommen steuerbescheids 2009 übermittelte Informationen der Renten versicherung verwendet, ohne diese auf ihre Plausibilität zu überprüfen, obwohl sie in mehreren Positionen eklatant von ihrer Steuererklärung abwichen. Eine Korrektur habe das Fi nanzamt wegen Überschreitung der Einspruchsfrist abgelehnt. Auf ihre als Entschuldigungsgründe geltend gemachte Krank heit habe das Finanzamt „als nicht ausreichend“ keine Rück sicht genommen. Die unterlassene Kontrolle und Missachtung ihrer Erklärungen machten sie ärgerlich; Frustrationen dieser Art ließen sie an einer „rechtsstaatlichen Ordnung“ zweifeln.
Der Petitionsausschuss forderte das Finanzministerium zu einer Stellungnahme zu der Petition auf. Kurze Zeit später be dankten sich die Petenten beim Petitionsausschuss: Sie hätten vom Finanzamt die erfreuliche Mitteilung erhalten, dass ihnen „wegen fehlender Begründung für die erfolgten Abweichungen von den erklärten Angaben“ gem. § 110 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werde. Auf Anforderung des Finanzamts würden sie die strittigen Beträge neu belegen und seien zuversichtlich, die angestrebte Akzeptanz zu erreichen.
Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, dass schon eine Nachfrage oder Bitte um Stellungnahme im Rahmen des eingeleiteten Petitionsverfahrens eine Abhilfe bewirken kann.