Protocol of the Session on February 3, 2011

Meine Damen und Herren, dies ist heute mein letzter Rechen schaftsbericht. Ich verabschiede mich zum Ende dieser Legis laturperiode aus dem Landtag. Die Arbeit im Petitionsaus schuss und der kollegiale Zusammenhalt in diesem Gremium haben mir viel Freude gemacht. Allen Abgeordnetenkollegin nen und -kollegen des künftigen 15. Landtags kann ich die

parlamentarische Arbeit im Petitionsausschuss nur empfeh len. Sie werden sehen, es lohnt sich.

Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluss allen, mit denen ich während meiner Tätigkeit als Vorsitzender des Pe titionsausschusses zu tun hatte, recht herzlich für die gute Zu sammenarbeit danken.

Dank sagen möchte ich auch allen, die unsere Arbeit unter stützten: den Ministerien und den nachgeordneten Behörden für ihre umfassenden Stellungnahmen, den Regierungsvertre tern für die kompetenten Auskünfte, ihre Mithilfe vor Ort und bei den Beratungen im Petitionsausschuss, den Medien für ih re meist objektive Berichterstattung. Einen ganz besonderen Dank sage ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Petitionsbüro mit Helmut Gerstner an der Spitze.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Wichtig war für mich auch Christoph Drißner vom Juristi schen Dienst. Ohne diese Hilfen ließen sich die Aufgaben des Petitionsausschusses im Dienst der Bürger unseres Landes nicht bewältigen.

Ein ganz besonderer Dank gilt meinem Stellvertreter Nik Sa kellariou und allen lieben Kolleginnen und Kollegen.

(Anhaltender Beifall bei allen Fraktionen – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut! Wir danken!)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Döpper, für diesen Bericht. Ich habe Sie auch immer als einen sehr engagierten Vorsitzenden wahrgenom men. Vielen Dank.

Meine Damen und Herren, für die Aussprache über den Be richt des Vorsitzenden hat das Präsidium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Das Wort darf ich Herrn Abg. Behringer für die Fraktion der CDU erteilen.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut und richtig, wenn der Bericht zur Arbeit des Petitionsausschusses zweimal pro Le gislaturperiode hier im Plenum aufgerufen wird. Allerdings hätte ich mir eine andere Reihenfolge der Tagesordnung vor stellen können,

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

um auch die Wichtigkeit des Petitionsausschusses deutlich zu machen.

Der vom Vorsitzenden Jörg Döpper vorgelegte Bericht hat uns allen einmal mehr gezeigt, wie vielseitig die Eingaben an den Petitionsausschuss sind. Die Arbeit, die die Kolleginnen und Kollegen im Petitionsausschuss leisten, ist eine sehr umfang reiche und im Dienste der Bürger auch sehr wichtige Arbeit, auch wenn sie vielleicht, was die Stellung des Parlaments und seiner Ausschüsse angeht, nicht immer ganz so Berücksichti gung bei den Kollegen findet, die nicht im Petitionsausschuss sind.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Was? – Abg. Stephan Braun SPD: A wa!)

Ich gehöre mittlerweile in der vierten Legislaturperiode dem Petitionsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg an. Ich mache diese Arbeit leidenschaftlich gern und freiwillig und, wie ich glaube, auch mit viel Engagement –

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

dies vor allem deshalb, weil der Petitionsausschuss nach völ lig anderen Regeln funktioniert als die übrigen Ausschüsse. Unsere Arbeit ist nämlich eine andere. Wir sollen objektiv, an onym und unvoreingenommen den Einzelfall betrachten und schauen, ob wir die Bürger in irgendeiner Art und Weise un terstützen können, ob wir hilfreich sein können, ob wir etwas ändern können.

Ein großer Teil der Fälle, die uns während meiner Zeit im Pe titionsausschuss beschäftigt haben, waren Ausländerpetitio nen, Bausachen oder die Petitionen ehemaliger Heimkinder, zu deren Unterbringung wir einen Vorschlag für eine Ent schließung verabschiedet haben. Meine Damen und Herren, für keinen der Kolleginnen und Kollegen ist es einfach, über solche Petitionen zu entscheiden, weil hinter jeder einzelnen Petition sehr differenzierte Schicksale stehen.

Sie alle wissen: Meine Zeit im Petitionsausschuss endet bald. Zum Abschluss sage ich allen noch einmal sehr deutlich: Ich halte die Arbeit im Petitionsausschuss für unheimlich wichtig und wertvoll. Denn der Petitionsausschuss ist nicht nur der größte Ausschuss, sondern auch der interessanteste. Deswe gen hätte dieser Punkt auch eine andere Platzierung in der heu tigen Tagesordnung verdient.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der Grünen und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, natürlich können wir es nicht al len Petenten recht machen. Wir können nicht alle Wünsche erfüllen. Wir können auch nicht alle Anliegen umsetzen. Als Abgeordnete des Landtags von Baden-Württemberg müssen wir uns auch einmal etwas trauen, mutig sein und den Bür gern die Wahrheit sagen. Denn der Staat kann und darf sich nicht alles leisten, und er kann es nicht jedem recht machen.

In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass die im Petitions ausschuss anfallende Arbeit und die hohe Zahl der Petitionen ein Spiegelbild der Gesellschaft sind. Der eine Bürger ver langt, dass der Staat alles regelt, der zweite meint, dass der Staat gar nichts regelt, und der dritte ist der Auffassung, dass der Staat zu viel regelt und seine persönliche Freiheit zu sehr einschränkt. Dieses Spannungsverhältnis müssen wir aushal ten, und wir müssen objektiv beurteilen, ob die Entscheidung im vorgebrachten Einzelfall angemessen ist oder nicht.

Dass wir im Petitionsausschuss trotz mancher inhaltlicher Auseinandersetzung ein kollegiales Verhältnis haben, verleiht der Arbeit die Würde und die Substanz, die wir brauchen. Der Bürger weiß, sein persönliches Anliegen ist bei uns in guten Händen. Auf diese Art und Weise sind die Mitglieder des Pe titionsausschusses für die Demokratie überaus wichtig.

Zum Schluss gilt mein Dank unserem Vorsitzenden, Jörg Döp per, und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitions ausschusses, die eine sehr gute und effiziente Arbeit leisten. Weiter möchte auch ich Herrn Gerstner danken, der seit vie len Jahren für das Petitionsbüro tätig ist und uns immer mit

Rat und Tat zur Verfügung steht. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen des Petitionsausschusses sowie den Regierungs vertreterinnen und -vertretern für die vertrauensvolle Zusam menarbeit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nun wünsche ich Ihnen allen eine gute Zukunft.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen – Zurufe von der CDU: Bravo!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Sakellariou für die Fraktion der SPD.

(Abg. Ingo Rust SPD: Bei ihm ist es nicht die letzte Rede!)

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Stellen Sie sich einmal dieses Bild vor: Der Bericht des Vorsitzenden des Petitionsausschusses wird nicht als Tagesordnungspunkt 10, sondern als Tagesord nungspunkt 1 behandelt, und die zwei CDU-Abgeordneten, die hier geredet haben, haben den vollen Applaus des gesam ten Hauses bekommen. Welchen Eindruck hätte dies zur bes ten Sendezeit auf die Menschen gemacht! Wir haben eine Chance vergeben, indem wir das nicht so gemacht haben. Ich rege aber an, das zukünftig so zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der Grünen und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, ich will mit einem Bild beginnen. Wir haben kürzlich in den Stuttgarter Zeitungen vom Bild des Abgeordneten als dem Maschinisten der Demokratie gelesen. Da ist viel dran. Ich will ein Bild für die Mitglieder des Peti tionsausschusses hinzufügen und sagen: Wir sind die Hyänen des Rechtsstaats.

(Oh-Rufe – Beifall des Abg. Hans-Martin Haller SPD)

Da wird jeder fragen: Was ist denn das? Aber so, wie die Hy änen dort hingehen, wo es wehtut, so gehen die Mitglieder des Petitionsausschusses genau dorthin, wo der Rechtsstaat ver sagt hat, wo wir hier Fehler gemacht oder etwas übersehen haben. So, wie die Hyänen im Ökosystem eine wichtige Auf gabe haben, damit es insgesamt stimmig ist, so wichtig ist es, dass die Mitglieder des Petitionsausschusses hingehen, wo et was schiefgelaufen ist, und das dort wieder in Ordnung brin gen.

Wir haben dafür ein interessantes Instrumentarium. Wir ha ben nicht nur die Möglichkeit, Gesetze und Verordnungen zu ändern oder – wie das in einem konkreten Fall geschehen ist – zur Nichtanwendung zu bringen, sondern auch die Möglich keit, den Behördenvertretern einmal auf die Finger zu klop fen und sie zu einem anderen Umgang mit den Bürgern anzu halten. Wir haben sogar die Möglichkeit, der Regierung die Aufgabe zu geben, bestimmte Regeln aufzuheben oder zu ver ändern, wenn wir festgestellt haben, dass wir mit unserem ur sprünglichen Anliegen nicht weitergekommen sind.

Es gibt tatsächlich unterschiedliche Schwerpunkte in den ver schiedenen Lagern. Wenn es gegen Steuern ging, ist die FDP/

DVP sehr weit vorn gewesen. Wenn es um Hecken und Käfer ging, waren die Grünen immer sehr sensibel.

(Zuruf von den Grünen: Und Windräder!)

Bei Windkrafträdern ist bei der CDU der eine oder andere schnell hellhörig geworden. Bei der SPD war große Sensibi lität festzustellen, wenn Familien abgeschoben werden muss ten.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Sollten! – Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Aber das Faszinierende an der Arbeit des Petitionsausschus ses beginnt dann, wenn sich etwa ein CDU-Mann gegen die Abschiebung eines Petenten wehrt oder ein Grüner gegen ei ne Finanzverwaltung vorgeht oder ein Sozi gegen ein Wind kraftrad wettert.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Diese Fälle gibt es doch gar nicht! – Gegenruf des Abg. Jörg Döpper CDU)

Denn daran merkt man, dass die Uhren im Petitionsausschuss eben anders ticken.

Ich will an dieser Stelle – gerade weil auch gesagt wurde, wie interessant die Arbeit des Petitionsausschusses sei – drei Fäl le dokumentieren, mit denen ich mich in der letzten Legisla turperiode befasst habe – die sind alle bei mir gelandet und wurden unterschiedlich behandelt –:

Den ersten Fall haben wir schon einmal hier im Plenum be sprochen. Dabei ging es um eine Familie mit acht Kindern. Da wurde der Mutter, einer Kurdin, die acht Kinder großge zogen hat, vorgeworfen, dass sie nicht gut genug Deutsch spreche. Dieser Alleinerziehenden mit acht Kindern wurde auch vorgeworfen, sich nicht selbst ernähren zu können. Wir haben versucht, die Abschiebung dieser acht Kinder zu ver meiden. Das ist uns nicht gelungen. Aber das war ein Fall, der auch in den Lagern der anderen Parteien sehr viel Aufmerk samkeit erregt hat.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Das war ein Fall im Petitionsausschuss, der keine Mehrheit gefunden hat.

Bei dem zweiten Fall, den ich anführen möchte, ging es um eine deutsche Frau, die zwischen 1943 und 1945 17 Monate im KZ verbracht hat, die Zwangsarbeit verrichten musste und an der medizinische Experimente ausgeführt worden sind. Diese Frau kam völlig krank und entkräftet aus dem KZ und hat dann nie mehr Anschluss gefunden. Diese Frau ist mit ih rer Tochter von Behörde zu Behörde gegangen, hat aber nie mals erreichen können, dass wenigstens ein Gericht einmal über ihren Haftentschädigungsantrag befand.