Protocol of the Session on February 2, 2011

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Staatssekretär Dr. Birk für die Landesregierung.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, wir können zu nächst einmal übereinstimmend feststellen, dass der Bache lor bislang als Regelabschluss in Baden-Württemberg berufs qualifizierend ist und seitens der Wirtschaft nachgefragt wird.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Dies haben die jüngsten Erhebungen ergeben. Im Bereich der Dualen Hochschule werden immerhin knapp 90 % der Absol venten übernommen. Sie kommen in eine berufliche Position, bei der sie ihre Qualifikation nutzen können. Sie werden sei tens der Wirtschaft nachgefragt. Ähnliches gilt für die Absol venten der Hochschulen für angewandte Wissenschaften.

Insofern meine ich: Der ganze Prozess der Umstellung von den bisherigen Diplomstudiengängen auf Bachelor- und Mas terstudiengänge ist in Baden-Württemberg gut umgesetzt. In einigen Bereichen sind sicherlich noch Verbesserungen mög lich. Das ist richtig. Aber zunächst einmal ist zu sagen, dass wir mit dem Bologna-Prozess richtig lagen und die Absolven ten der betreffenden Studiengänge auch von der Wirtschaft sehr gut nachgefragt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Frage ist bereits angesprochen worden: Was haben wir durch Bologna erreicht? Wir haben eine Vielfalt der Abschlüsse und der Übergangs möglichkeiten erreicht. Wer heute ein Bachelorstudium be ginnt, hat danach die Chance, in den Beruf zu gehen oder aber im selben bzw. in einem anderen Fach ein Masterstudium an zuschließen und dies gegebenenfalls berufsbegleitend zu re alisieren. Immerhin knüpft ein Drittel aller deutschen Master studierenden an die Berufspraxis an. Insofern zeigt sich hier ganz stark, dass unser Studiensystem heute viel durchlässiger ist, als es in der Vergangenheit war.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Der Artikel 12 des Grundgesetzes, nach dem Ausbildungsstät te und Beruf frei gewählt werden können, ist immer wieder angesprochen worden. Artikel 12, meine sehr geehrten Da men und Herren, fordert eben nicht, dass der ungeeignete Be werber einen Zugang bekommen soll,

(Abg. Johannes Stober SPD: Aber er muss vorher wissen, was gefordert wird! Er muss klar wissen, was als Eignung gefordert ist!)

sondern dass der geeignete Bewerber sehr wohl die Chance für ein entsprechendes Studium im Masterprogramm haben

soll. Wir haben das Auswahlrecht unserer Hochschulen, ent lang der Abschlussnote des Bachelors und weiterer Kriterien der Qualifizierung zu entscheiden, wer in ein Masterpro gramm kommen kann und wer nicht. Deshalb braucht man hier keinen Automatismus und letztendlich schon gar keinen Anspruch auf ein Masterstudium einzuführen, sondern den Zugang kann man anhand von definierten Kriterien festlegen.

Wir sind uns zweifelsohne einig: Wenn wir jetzt mit dem Aus bauprogramm „Hochschule 2012“ die geburtenstarken Jahr gänge mit Studienplätzen versorgen müssen und absehbar ist, dass ab dem Jahr 2015/2016 Masterstudienplätze in einem noch stärkeren Umfang benötigt werden, dann muss der Schwerpunkt in der kommenden Legislaturperiode ganz klar auf die Einrichtung von Masterstudienplätzen gelegt werden. Derzeit, meine Damen und Herren, sind unsere Masterpro gramme bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Bei vielen Mas terstudiengängen ist die Kapazität noch nicht voll ausge schöpft.

(Abg. Johannes Stober SPD: Teils, teils!)

Manche Masterstudiengänge mussten mangels Nachfrage so gar eingestellt werden. Insofern müssen wir hier in der kom menden Legislaturperiode flexibel arbeiten und dort, wo wir einen verstärkten Bedarf an Masterstudiengängen erkennen, diese aufbauen.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bislang ist von der Kultusministerkonferenz und auch in unserem Landeshoch schulgesetz festgelegt, dass der Bachelor der Regelabschluss ist. Wir können uns allerdings auch vorstellen, dass man die se Regelung aus dem bisherigen Landeshochschulgesetz he rausnimmt. Ich sage aber: Derzeit sind die Vorgaben durch die Kultusministerkonferenz noch so, dass der Bachelor der Re gelabschluss sein soll. Dies ist aber im Zuge einer Novelle des Landeshochschulgesetzes in der nächsten Legislaturperiode sicherlich entsprechend veränderbar.

Wenn wir heute in manchen Studiengängen den „Master für alle“ einführen würden und ihn sozusagen als Verpflichtung vorgäben, dann würden wir eher Gefahr laufen, dass wir den bisherigen Bachelor in manchen Bereichen abwerten und der Bachelor dann eher ein besseres Vordiplom wäre.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So ist es! Das kann nicht sein!)

Das kann im Hinblick auf einen ersten berufsqualifizierenden Abschluss nicht in unserem Interesse sein.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Deshalb denke ich, dass wir den Anspruch auf den „Master für alle“, wie er mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gefor dert wird, nicht erfüllen können. Manche Überlegung, auch im Hinblick auf den Ausbau von Masterprogrammen, ist si cherlich berechtigt und kann in der nächsten Legislaturperio de aufgegriffen werden. Aber wir fahren hier auf Sicht und tragen vor allem auch dafür Sorge, dass wir die großen Vor teile der Flexibilität der gestuften Studienstruktur auch wei terhin nutzen können.

Dies macht nicht nur Baden-Württemberg als Studienstand ort attraktiv, sondern ist auch attraktiv für die Menschen, die hier arbeiten, wenn sie die Chance haben, in Zukunft im Rah men ihrer beruflichen Tätigkeit noch stärker auf Masterange bote zuzugreifen, oder wenn eine Polyvalenz gegeben ist, wenn damit nach einer möglichst breiten Bachelorausbildung fächerübergreifend unterschiedliche Spezialisierungen vorge nommen werden können.

(Beifall des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP)

Ich glaube, damit werden wir den Anforderungen der Arbeits welt von heute und morgen gerecht. Ich denke, dazu brauchen wir den Gesetzentwurf der SPD nicht. Ich würde deshalb da rum bitten, dass er abgelehnt wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 14/7167. Ab stimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Aus schusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Drucksache 14/7464. Der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst empfiehlt Ihnen in Ziffer 1 seiner Beschlussempfeh lung, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Ich bitte, damit einverstanden zu sein, dass ich den Gesetz entwurf im Ganzen zur Abstimmung stelle.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Aber sicher!)

Wer dem Gesetzentwurf Drucksache 14/7167 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Ent haltungen? – Der Gesetzentwurf ist mehrheitlich abgelehnt.

Wir haben noch über die Ziffern 2 bis 6 der Beschlussemp fehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Drucksache 14/7464, abzustimmen. – Sie stimmen die sen Ziffern zu. Es ist so beschlossen.

Damit ist Punkt 7 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD und der Fraktion GRÜNE – Gesetz zur Änderung des Landeshochschulgesetzes – Drucksache 14/7307

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Drucksache 14/7466

Berichterstatter: Abg. Dr. Klaus Schüle

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gelten.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Schüle für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Bereits in der ersten Lesung hatten wir die SPD aufgefordert, sich ernsthaft mit den Ursachen dafür auseinanderzusetzen, dass die Verfasste Studierendenschaft vor über 30 Jahren gescheitert ist. Das haben Sie bis heute nicht getan; vielleicht geschieht es ja im nächsten Redebei trag.

Deshalb muss an dieser Stelle nochmals festgehalten werden, warum die Verfasste Studierendenschaft vor über 30 Jahren aus Sachgründen abgeschafft wurde: katastrophale Wahlbe teiligung bei den Abstimmungen – 20 %, 15 %, 10 %, 8 %, 5 % –, extremistische, demokratiefeindliche Resolutionen der verbliebenen Funktionäre und nur noch in Ausnahmefällen Stellungnahmen zur Hochschulpolitik und konkret zu der Hochschule, an der die Verfasste Studierendenschaft einge richtet war.

Ihr Konzept hat drei entscheidende Nachteile:

Erstens: Sie arbeiten mit Zwang. Bei Ihrem Modell sind Zwangsmitgliedschaften aller Studierenden sowie ein finan zieller Zwangsbeitrag vorgesehen. Das lehnen wir ab. Wir set zen auf Freiwilligkeit.

(Beifall des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP)

Zweitens: Die Idee der Universität ist die Einheit der Lehren den und der Studierenden. Warum Sie die Lehrenden, auch den Mittelbau, in Ihrem Konzept außen vor lassen, was der Grundsatzidee unserer Universitäten widerspricht, haben Sie bis zum heutigen Tag nicht ausreichend begründet.

Drittens: Das Modell des allgemeinpolitischen Mandats hat in der Praxis versagt, und es ist auch vom Grundsatz her nicht richtig. Fragen der Allgemeinpolitik, der Gesellschaftspolitik sind Aufgaben von Initiativen, von Vereinen, von Jugendor ganisationen und Parteien. Aber es gibt keine sachliche Be gründung, warum wir Studierenden in dieser Hinsicht Son derrechte oder -pflichten einräumen sollten. In der Hochschu le geht es um alle Fragen des Studiums und um die konkrete Mitgestaltung in der Hochschule und an der Hochschule. Die se Fragen müssen im Zentrum stehen; das ist sachlich richtig.

Deshalb geht es jetzt darum, aufbauend auf den bisherigen Mitwirkungsmöglichkeiten diese weiterzuentwickeln. Wir ha ben schon jetzt die studentische Mitwirkung im Senat, im Fa kultätsrat, in den Fachschaften und in den Allgemeinen Stu dierendenausschüssen. Jetzt halten wir nach der Einführung der Studiengebühren den Zeitpunkt für richtig, eine Weiter entwicklung in Richtung eines zentralen Mitwirkungsorgans der Studierenden vorzunehmen. Auf diesem Weg befinden wir uns aktuell. Zentrale Themen sind die Verwendung der Studi engebühren, die Abfassung von Studien- und Prüfungsord nungen sowie alle fakultätsübergreifenden Fragen zu Studi um und Hochschule.

Wir haben begonnen, ausführliche Gespräche zu führen. Wir sind am Beginn und entscheiden erst dann, wenn alle die Mög lichkeit hatten, sich intensiv in die Vorberatungen einzubrin gen. Das gilt natürlich auch für die Rektorinnen und die Rek toren. Man erkennt auch, dass es ein Spannungsfeld zwischen den Studierenden einerseits und den Rektorinnen und Rekto ren andererseits gibt. Um eine gemeinsame gute Lösung hin

zubekommen, sind ausführliche, gründliche und nach Mög lichkeit konsensuale Beratungen erforderlich.

Das werden wir nicht noch vor der Landtagswahl über das Knie brechen, wie es von SPD und Grünen vorgesehen ist – also im Schnellverfahren und ohne große Diskussionen die Verfasste Studierendenschaft einführen zu wollen. Wir wol len das nach der Wahl sorgfältig tun – und zwar auf freiwilli ger Basis und unter Einbeziehung aller Betroffenen im Land Baden-Württemberg –, weil wir wollen, dass unsere Hoch schulen auch in Zukunft an der Spitze stehen. Dazu gehört auch, dass wir die Mitbestimmung und die Mitwirkung der Studierenden in sachgerechter Form weiterentwickeln.