Aber Sie sind noch nicht einmal in der Lage, zu erklären, was Sie vor fünf Tagen gedacht und erklärt haben, weil Sie heute genau das Gegenteil machen.
Da hält hier z. B. der Kollege Kretschmann eine launige Re de, wie negativ das alles wäre, es wäre doch gar kein Interes se der Stadtwerke an einer solchen Beteiligung vorhanden. Das haben Sie gerade vorhin wortwörtlich gesagt.
Sie haben sich zu der Aussage verstiegen – das sage ich ganz bewusst –, die EnBW wäre ein schlecht aufgestelltes Unter nehmen. Das hat es in diesem Haus auch noch nicht allzu oft gegeben, dass der große Energieversorger dieses Landes von einer Fraktion öffentlich in dieser Weise madig gemacht wird. Das hat es hier auch noch nie gegeben.
Jetzt lese ich Ihnen einmal vor, was Ihre eigene Fraktion am 6. Dezember dieses Jahres in einer Pressemitteilung veröffent licht hat. Ich zitiere:
Der energiepolitische Sprecher der Grünen Franz Unter steller ergänzte: „Ich kann mir gut vorstellen, dass für ei nen Teil des Aktienpakets sowohl andere regionale Ener gieversorgungsunternehmen als auch ein Konsortium von Stadtwerken als mögliche Partner infrage kommen; dies würde ich sehr begrüßen.“
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP – Zurufe von der CDU – Zuruf von der FDP/ DVP: Das Bündnis der Neinsager! – Zuruf von der CDU: Darum hätten sie doch Ja sagen müssen!)
Was mich am meisten interessieren würde, Herr Kretschmann, ist: Was ist eigentlich zwischen dem 6. Dezember dieses Jah res und dem heutigen Tag, was die Inhalte dieser Transaktion angeht – zum Verfahren komme ich noch –, passiert?
Wissen Sie, Herr Kretschmann – zum Thema Vertrauen kom me ich gleich, im Speziellen, was die Grünen angeht, auch noch –, Sie geben sich immer eher als Bürgerlicher, der die Menschen versteht, als jemand, der nach eigener Aussage zwar auf dem Teppich fliegt, aber auf dem Teppich bleibt, als jemand, der sagt: „Ich verstehe die Menschen; alles kein Pro blem.“ Das Problem ist nur, dass Sie in regelmäßigen Abstän den, in Rekordzeit Ihre Meinung ändern.
(Zurufe von der CDU: Genau! – Je nachdem! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Je nach Anruf aus Berlin!)
abends etwas vereinbart haben und Sie am nächsten Morgen – Ihrer eigenen Aussage zufolge nach einer Schaltkonferenz mit den Grünen im Bund – exakt das Gegenteil behauptet ha ben.
Jetzt haben wir die Situation, dass Ihre eigene Fraktion, in der Person des energiepolitischen Sprechers – vermutlich nicht, ohne dass Sie das wussten –, gesagt hat: „Das, was die Regie rung macht, ist gut“, und Sie sich neun Tage später hier hin stellen und im Brustton der Überzeugung exakt das Gegenteil sagen. Wissen Sie, Herr Kretschmann, bei Ihnen ist es wie bei der „Versteckten Kamera“: Sie sind der Lockvogel, aber da hinter stecken Özdemir und andere, die die eigentliche Linie vorgeben. Das ist das Problem.
Mich würde wirklich einmal interessieren, was denn inhalt lich in dieser Woche passiert ist. Zum Verfahren komme ich gleich noch.
Sie haben vielleicht vorhin gehört, dass ich in einer Passage meiner Rede ganz bewusst auch gesagt habe, dass ein solches Verfahren eine Ausnahmesituation bleiben muss. Ich weiß selbst – ich war lange genug Fraktionsvorsitzender und gehö re diesem Parlament seit bald 15 Jahren an –, dass diese Vor gehensweise, auch wenn sie entlang der Verfassung war, eine gewisse Zumutung für dieses Haus war – übrigens nicht nur für Sie.
Am Abend zuvor habe ich die Fraktionsvorsitzenden der CDU und der FDP/DVP angerufen und sie darum gebeten, eine Son dersitzung der Fraktionen einzuberufen. Als sie mich gefragt haben, warum sie das tun sollen, musste ich ihnen sagen, dass ich ihnen das aus rechtlichen Gründen nicht sagen darf. Jetzt können Sie sagen, ich wollte die Opposition ausbremsen; von mir aus. Das stimmt zwar nicht, aber das werden Sie aufrecht erhalten. Aber Sie können mir schon abnehmen, dass ich mir sehr genau bewusst war, dass diese Vorgehensweise etwas Be sonderes ist und etwas Besonderes bleiben muss – um auch das einmal klar zu sagen. Dafür bin ich mit Leib und Seele Parlamentarier und werde das auch immer bleiben.
Nun zum Thema Vertrauenswürdigkeit. Lieber Herr Kretsch mann, ich kann Ihnen nicht ersparen, zu sagen, dass Sie heu te einen eigenen Beleg dafür geliefert haben, wie vertrauens würdig Sie sind. Seit einigen Jahren haben wir die Regelung, dass die Regierungserklärung eines Ministerpräsidenten im Regelfall 48 Stunden vor der Plenarsitzung, in diesem Fall aus bekannten Gründen mit etwas kürzerer Frist, den Fraktions vorsitzenden zur Verfügung gestellt wird. Das dient der Fair ness, damit sie sich besser auf die Debatte vorbereiten kön nen. Auf dem Deckblatt steht: „Es gilt das gesprochene Wort.“ Sie haben mich gerade vorhin mit der angeblichen Aussage zitiert, ich wolle niemanden aus dem Osten haben. Ich will ausdrücklich feststellen: Das habe ich nicht gesagt.
Genau. Es stand in dem Manuskript, und ich habe es her ausgestrichen, weil ich genau dies nicht verwende. Aber Herr Kretschmann hat es hier zitiert. So viel hier zu Ihrer Vertrau enswürdigkeit, wenn es um einen solchen Vorgang geht.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Hört, hört! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Eine Leseschwä che der Grünen! – Zuruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE)
Ich möchte einmal wissen – dazu haben natürlich weder SPD noch Grüne irgendetwas gesagt –: Sagen Sie mir doch wirk lich einmal – auf das Verfahren komme ich gleich noch –, was inhaltlich gegen dieses Geschäft spricht.
Einen Großteil dessen, was Sie angeführt haben, hat Herr Un tersteller vor einer Woche schon abgeräumt, weil er genau das gesagt hat, was wir übrigens noch heute sagen.
Die Halbwertszeit von Ihren Aussagen ist bekanntermaßen ein bisschen kürzer. Aber er hat das richtig wiedergegeben oder entsprechend erklärt. Weil ich der tiefen Überzeugung bin, dass es der richtige Weg ist, dass wir Stadtwerke in BadenWürttemberg, die natürlich mit Blick auf eine Laufzeitverlän gerung eine gewisse emotionale Befindlichkeit hatten – –
Das stimmt übrigens auch nicht, Herr Untersteller. Stadt werke haben sich bei uns gemeldet und haben Interesse; das nur einmal zur Information.
Aber es ist doch klar, dass es sinnvoll ist, bei der entscheiden den Zukunftsinfrastruktur, die dieses Land hat – dazu gehört Energie –, wenn gewünscht, regionale Unternehmen einzu binden. Dagegen kann man doch schlechterdings wenig ha ben. Herr Untersteller hat dies in der letzten Woche noch be grüßt. Sie konnten sich heute nicht mehr so richtig daran er innern und haben exakt das Gegenteil behauptet. Ich gehe die sen Weg.
Ich habe heute auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es möglich sein muss, einen Teil des Aktienpakets an die Börse zu bringen. Warum?
Erstens: Zu Ihrer Aussage, Herr Dr. Schmid, in Verbindung mit dem DAX, dies wäre ein Ausliefern an die Heuschrecken, muss ich schon einmal sagen: Die Unternehmen des Deut schen Aktienindex per se mit Heuschrecken zu vergleichen,
Es geht um Folgendes – das werden Sie doch wohl kaum be streiten können –: Wenn man bei der EnBW als einem Unter nehmen, das weit über 10 Milliarden € Umsatz hat und schon deshalb nicht nur ein regionaler Energieversorger ist, eine zu kunftsgerichtete Unternehmensstruktur will, auch mit Blick auf Internationalität, auch mit Blick auf Investitionen in größe rem Umfang, insbesondere in erneuerbare Energien, dann ist es doch logisch, dass man dazu Kapital braucht.
Jetzt sind wir uns vielleicht doch einig, dass das Kapital nicht vom Steuerzahler kommen kann. Vielleicht sind wir uns auch noch darin einig, dass, wie ich sagte, das Kapital nicht in Gän ze von Stadtwerken wird kommen können – wenn sie sich denn beteiligen würden. Aber dann muss es doch einmal er laubt sein, darüber nachzudenken, wo dann dieses Kapital her kommen kann. Da gibt es nicht wahnsinnig viele Möglichkei ten. In Betracht kommen – Sie haben es selbst genannt – ent weder ein strategischer Investor – der kann bei einer Beteili
gung in Form eines großen Pakets kaum aus Deutschland kommen; Stichwort Kartellrecht – oder eben alternativ die Ka pitalbeschaffung über die Börse.
Klar muss immer sein: Ich will kein Aktienpaket an die Bör se bringen, bei dem man dann ein paar Jahre später über ver schiedene Mechanismen wieder die Mehrheit – am besten außerhalb von Baden-Württemberg – platzieren kann. Das ist klar. Aber die Börse als eine Einrichtung, über die man sich Kapital beschaffen kann, per se ad absurdum zu führen, zeigt, dass Sie von Wirtschaftspolitik nicht riesig viel Ahnung ha ben. Das muss ich bei dieser Gelegenheit auch einmal sagen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hel mut Walter Rüeck CDU: Gar keine! – Zuruf der Abg. Helen Heberer SPD)
Das Zweite, bei dem man Ihre Vertrauenswürdigkeit schon einmal ein bisschen infrage stellen darf, betraf Ihren ersten Satz. Dazu will ich einfach sagen: Dagegen verwahre ich mich. Sie haben nämlich in Ihrem ersten Satz wortwörtlich gesagt, wir hätten für 4,67 Milliarden € das Paket von der EdF gekauft, und die Gesamtkosten hierfür beliefen sich auf 5,9 Milliarden €. Ich habe schon vorhin erklärt, dass dies falsch ist. Vielleicht hat es nicht jeder gehört; aber vielleicht hat es auch mancher nicht begriffen.
Deshalb will ich es noch einmal sagen: Die 4,67 Milliarden € sind für den Erwerb des Anteils von 45,01 % an der EnBW, den wir von der EdF gekauft haben –