Mit der Ökokonto-Verordnung verbunden ist bzw. war die Hoffnung auf sinnvollere Kompensationsmaßnahmen und ein geringeres Vollzugsdefizit im Naturschutz. Grundsätzlich ste hen wir der Ökokonto-Verordnung als Instrument positiv ge genüber. Ich sehe aber nicht, dass mit dem vorgelegten Ent wurf die genannten Ziele erreicht werden.
Wo stehen wir heute in Sachen Vollzugsdefizit? Nach einer Umfrage der Landesarbeitsgemeinschaft der Naturschutzbe auftragten liegt die Umsetzungsquote von Kompensations
wo die öffentliche Hand der Eingriffsverursacher ist, beträgt der Umsetzungsgrad der Kompensationsmaßnahmen nach An gaben des Rechnungshofs nur 50 bis 70 %; Funktions- und Wirkungskontrollen fehlen.
Nein, keine. Verlässliche Kontrollmechanismen fehlen. Es gibt keine Qualitätssicherung für die sogenannten Fachgut achter, und Aussagen für längerfristige Funktions- und Wir kungskontrollen fehlen gänzlich. Es ist unklar, wer sich dar um kümmern soll. Die unteren Naturschutzbehörden werden es aufgrund ihrer unzureichenden Personalausstattung nicht leisten können.
Auf die unteren Naturschutzbehörden kommt im Übrigen ei niges an Mehrarbeit zu. Ich teile die optimistische Einschät zung des Ministeriums nicht, dass das Ökokonto zu einer Ent lastung führen wird.
Dies geschieht jedenfalls nicht, wenn man das Ziel, das Voll zugsdefizit zu verringern, ernst nimmt.
Lange gedauert hat der Prozess zur Vorlage der ÖkokontoVerordnung im Landtag wohl auch deshalb, weil verschiede ne Akteure ihre Vorstellungen und Forderungen formuliert ha ben. Das ist erst einmal gut so. Eine Anhörung dient ja dazu, dass sinnvolle Vorschläge aufgenommen werden.
Was mir aber Sorge macht, ist der Eindruck, dass bestimmte Akteure ganz besonders erfolgreich dabei waren, ihre Inter essen zu vertreten. Denn es ist offensichtlich, dass der Indus trieverband Steine und Erden (ISTE) einen deutlichen legis lativen Fußabdruck in dieser Verordnung hinterlassen hat. Das gilt für die Aufnahme von Artenschutzmaßnahmen, das gilt für die Mindestgröße von Maßnahmen, das gilt auch für die Definition ökokontofähiger Maßnahmen. Die Anlage eines Steinbruchs wird vermutlich zukünftig als Schaffung einer vollbesonnten Steilwand positive Punkte geben.
Aber es geht noch weiter: Der ISTE ist als Industrieinteres senverband einer der Träger der neu gegründeten Flächen agentur, die künftig das Geschäft mit den handelbaren Öko kontomaßnahmen betreiben wird. Pikant daran ist, dass es eben nicht nur ein privater Verband ist, sondern dass zwei staatliche Einrichtungen mit im Boot sind: die Stiftung Natur schutzfonds und die Landsiedlung Baden-Württemberg. Das ist ein merkwürdiger Zusammenschluss staatlicher Einrich tungen mit einem Industrielobbyverband, dessen Mitglieder direkte Nutznießer der Ökokonto-Verordnung sind.
Wen wundert es bei dieser Sonderbehandlung noch, dass der ISTE auch regelmäßig Seminare zu Genehmigungsverfahren durchführt, die als Zielgruppe Mitarbeiter von Genehmigungs behörden haben? Der ISTE hat also auf die Regelungen der Ökokonto-Verordnung Einfluss genommen. Er sitzt im mit Landeshilfe neu installierten „Big Player“ des neuen Marktes und versucht zudem noch, auf die Verwaltungspraxis Einfluss zu nehmen. Das ist zu viel an Lobbyisteneinfluss.
Über die Regelungen zu den ökokontofähigen Maßnahmen im Einzelnen kann man trefflich streiten. Einige Anforderun gen sollten aber schon erfüllt sein. Beispielsweise hätten wir gern eine Lenkungsfunktion in Richtung einer Reduzierung des Flächenverbrauchs gehabt. Wir sehen das Gegenteil: Für die Entsiegelung der Flächen bekommt man mehr Punkte, als die Versiegelung kostet, und die Versiegelung kann man rela tiv leicht mit Dachbegrünung oder Oberbodenauftrag an an derer Stelle ausgleichen.
Zerschneidungseffekte, Landschaftsbild und Klimaschutz werden keine Rolle mehr spielen. Den Bau einer Straße auf einer Ackerfläche kann man dadurch ausgleichen, dass man ein paar Holunderbüsche pflanzt.
Sie haben es sich wahrscheinlich nicht genau angeschaut. Sonst wüssten Sie, dass auch die Verzinsung problematisch ist und dass die Aufnahme der Artenschutzmaßnahmen eben falls gewisse Zweifel aufwirft.
Die Wasserwirtschaftsverwaltung ist einer der Gewinner. Denn zukünftig können die alten Sünden der Wasserwirtschaft über die Ökokonto-Verordnung durch die Zahlung anderer ausge glichen werden.
Insgesamt – ich komme zum Schluss – ist zu befürchten, dass die Ökokonto-Verordnung nicht dazu dienen wird, Eingriffe zu vermeiden und unvermeidbare Eingriffe möglichst gut aus zugleichen, sondern dazu, den Prozess möglichst reibungslos zu organisieren. In der Pressemitteilung des Umweltministe riums zur Verordnung ist dargestellt, welche Vorteile die Re gelung für Kommunen und für die Vorhabenträger bringt.
Klar ist, wer die Gewinner sind. Klar ist auch, wer die Verlierer sein werden: Natur und Landschaft.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Ich werde meine Rede zu diesem durch aus wichtigen Thema Ökokonto zu Protokoll geben. (Siehe Erklärung zu Protokoll am Schluss des Tagesordnungspunkts.)
Die FDP/DVP denkt ökologisch. Wir werden dieser Ökokon to-Verordnung sehr gern zustimmen, weil allein schon die Ein richtung des Ökokontos für alle Beteiligten sehr sinnvoll ist. Diese Verordnung gibt gute Instrumente für den Umwelt schutz an die Hand.
Ich danke Ihnen, Frau Ministerin, und dem Ministerium für die gute Vorlage. Ich danke auch den Kolleginnen und Kolle gen, die ob der Wichtigkeit des Themas so lange ausgeharrt haben.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Einführung einer Ökokonto-Regelung für den Außenbereich ist ein Kernelement des Arbeitsprogramms der Landesregierung im Bereich des Naturschutzes. Mit dem Öko konto geben wir allen mit dem naturschutzrechtlichen Ein griffsausgleich befassten Akteuren ein modernes und flexib les Instrumentarium an die Hand, ein Instrumentarium, mit dem es künftig möglich sein wird, zeitlich vorgelagert und freiwillig ökologische Aufwertungsmaßnahmen durchzufüh ren, die in der Regel erst Jahre später für die Kompensation eines Eingriffs Verwendung finden.
Liebe Frau Dr. Splett, wissen Sie, ich finde es manchmal an strengend. Egal, ob wir Ihnen drei-, vier- oder fünfmal diesel be Frage beantworten; wenn ich mit meiner Wand rede, weiß ich, dass sie es nicht versteht.
Regelungen für die Kontrolle für Kompensationsmaßnahmen, die Sie angesprochen haben, können Sie nicht in eine Verord nung aufnehmen, die freiwillige Maßnahmen beinhaltet.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Vielleicht ha ben Sie die Frage nicht verstanden!)
Ich glaube, es war jetzt das fünfte oder sechste Mal, dass ich Ihnen das erklärt habe. Ich habe es deswegen noch einmal ge
sagt, liebe Frau Dr. Splett, damit es jetzt auch im Protokoll steht, in der Hoffnung, dass Sie es beim nächsten Mal nicht noch einmal sagen – weil ich nicht leugnen will, dass es et was anstrengend ist.