Protocol of the Session on November 24, 2010

reichen gibt es vieles, was in nächster Zeit unter datenschutz rechtlichen Gesichtspunkten sehr kritisch betrachtet und ge würdigt werden muss. Aber hinzu kommt eben eine Fülle von Aufgaben im Bereich des nicht öffentlichen Datenschutzes.

Da sind wir der Meinung, dass das Ganze nur funktionieren kann, wenn wir, wie es auch in anderen Bundesländern gang und gäbe ist, darauf deutlich mehr Gewicht legen. Das müs sen wir tun. Aufgrund der Entwicklungen, was die Nutzung der neuen Medien angeht, haben wir daher immer auch ein Datenschutzproblem. Ich bin deswegen sehr froh, dass sich in den letzten Tagen in den Gesprächen auch mit der CDU und der FDP/DVP eine gemeinsame Basis ergeben hat, die zu ei nem gemeinsamen Antrag geführt hat, den wir heute stellen werden

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

und dem sich auch die Grünen anschließen können. Wir ha ben quasi ein gemeinsames Dach gebildet, unter dem sich al le wiederfinden, wenngleich – dazu komme ich in der zwei ten Runde – von unserer Seite ein deutlich stärkeres Gewicht auf verschiedene einzelne Punkte gelegt wird. Aber im Grun de sind wir uns einig. Es freut einen Oppositionsabgeordne ten, wenn er in einem gemeinsamen Änderungsantrag ca. 80 % seines Vorschlags wiederfindet. Das freut mich sehr.

Das Weitere folgt in der zweiten Runde.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmer mann CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Walter für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren! Heute ist ein guter Tag für den Datenschutz in Baden-Württemberg. Wir haben einen langen Weg zurück gelegt, bis wir an diesem Punkt angekommen sind.

(Abg. Thomas Knapp SPD: Ein kleiner Schritt für die Grünen, aber ein großer Schritt für die Menschheit!)

Der Weg war für manche etwas länger und beschwerlicher als für uns, weil wir schon lange da sind, wo jetzt auch alle an deren angekommen sind. Aber es freut uns natürlich, Kolle ge Bopp, dass jetzt auch die CDU-Fraktion erkannt hat, dass man die Zusammenlegung des öffentlichen und des nicht öf fentlichen Datenschutzes nicht mehr länger blockieren darf und soll.

Sicherlich hat Ihnen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 9. März dieses Jahres mit auf die Sprünge geholfen. Aber das ist uns letztlich egal. Wir freuen uns, dass wir jetzt über einstimmend der Meinung sind, dass man diese Zusammen legung braucht.

Kollege Stoch hat darauf hingewiesen: Wir werden den Än derungsantrag von CDU, SPD und FDP/DVP, der jetzt einge reicht wurde, ebenfalls mittragen, auch wenn wir ebenso wie die SPD in dem einen oder anderen Punkt etwas weiter ge gangen wären. Aber wir hoffen, dass es den Datenschutz ins

gesamt stärkt, wenn hier in diesem Haus eine einheitliche Li nie vorherrscht, und wir dann entsprechend zusammenarbei ten können.

Es ist gut, dass jetzt ein Datenschutzzentrum – oder wie auch immer wir es nennen – entstehen soll, das dem Landtag zuge ordnet ist, und der Landtag die entsprechenden Gelder zur Ver fügung stellt. Ein ähnliches Konstrukt haben wir beim Rech nungshof. Das ist gut so. Denn wir haben schon immer gefor dert, dass die Rechtsaufsicht unabhängig von der Regierung und von einzelnen Ministerien sein muss. Das setzen wir jetzt endlich durch.

Nach wie vor sind wir der Meinung, dass Schleswig-Holstein hier Vorbildliches geleistet hat. Man muss es jetzt nur etwas anders regeln, was die Dienstaufsicht anbelangt. Aber ansons ten können wir den schleswig-holsteinischen Weg gehen. Schon seit Jahren gibt es dort eine vorbildliche Aufsicht, ei nen vorbildlichen Datenschutz.

Das Ganze funktioniert natürlich nur, meine Damen und Her ren – ich habe es an dieser Stelle schon öfter gesagt; die De batte hierüber haben wir mindestens einmal pro Jahr geführt –, wenn wir auch eine entsprechende personelle Ausstattung haben. Im Innenministerium gab es hierfür bisher zu wenig Stellen. Da müssen wir kräftig nachlegen. Wir alle kennen die Haushaltssituation. Unter Umständen müssen eben andere Pri oritäten gesetzt werden. Dann muss dem Datenschutz mehr Personal zugestanden und an anderer Stelle entsprechend Per sonal eingespart werden. Eine bloße Zusammenlegung ohne personelle Ausweitung würde uns aber nicht weiterbringen, meine Damen und Herren. Dadurch würden wir sicherlich nur auf dem Papier etwas erzeugen.

Wir alle wissen – Herr Kollege Stoch hat ebenfalls darauf hin gewiesen –, dass die Anforderungen an den Datenschutz stän dig größer werden. Sie haben als Beispiel Google Street View genannt, Herr Kollege. Der Chef von Google hat gesagt, man solle sich überlegen, ob man zukünftig jungen Menschen, die womöglich durch Fotos oder einfach durch Einträge im Inter net einen schlechten Ruf bekommen haben, zubilligt, dass sie sich, wenn sie erwachsen werden, einen neuen Namen

(Lachen der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

und damit eine neue Identität geben dürfen.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Andernfalls – so hat er hinzugefügt – sollen sich die jungen Menschen vorher überlegen, was sie von sich selbst ins Inter net stellen und welche Handlungen sie vornehmen, die dann später vielleicht im Internet auftauchen.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Aber, meine Damen und Herren, so einfach geht es natürlich auch nicht. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, einen ef fektiven Datenschutz, auch im Internet, zu haben. Wir alle wissen aber auch, wie schwierig das ist. Google Deutschland hat seinen Sitz in Hamburg. Sitzt der Ansprechpartner aber letztlich in Europa oder in den USA? Das macht es für uns sehr schwierig, dort einzugreifen. Nichtsdestotrotz müssen wir schauen, wie wir den Ansprüchen eines modernen Daten schutzes entsprechen können.

Das Gleiche gilt für Geschäftsmodelle wie Facebook. Das nennt sich – ganz nett – „soziales Netzwerk“. Dahinter steht die Idee, möglichst viele Daten zu bekommen und mit diesen Daten möglichst viel Geld zu verdienen.

Natürlich ist der Einzelne aufgefordert, auf seine Daten auf zupassen. Wir wissen aber, dass das gerade bei Jugendlichen oft nicht funktioniert. Deshalb ist der Staat gefordert, entspre chende Regelungen zu schaffen. Eine Überprüfung funktio niert aber nur dann, wenn wir eine schlagkräftige Behörde ha ben.

Ich hoffe, dass wir das nun zügig umsetzen. Der Innenminis ter hat schon vor längerer Zeit versprochen, dass dies noch in der laufenden Legislaturperiode passiert. Herr Minister, ich hoffe, mit diesem Antrag im Gepäck haben Sie eine gute Chance und auch viel Rückenwind, den Datenschutz und die Datenschutzaufsicht tatsächlich neu zu ordnen. Sie bekom men Rückenwind von allen vier Fraktionen. Ich hoffe, dass uns ein entsprechender Gesetzentwurf bald vorliegt. Herr Kol lege Bopp, wir sind gern bereit, auch diesen Gesetzentwurf zu unterstützen, sofern er ungefähr dem entspricht, was mit diesem Änderungsantrag vorgelegt wurde.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Bopp für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs muss der Datenschutz in Baden-Württemberg – aber nicht nur der Datenschutz in Baden-Württemberg – neu organisiert werden. Das ist vollkommen klar. Herr Kollege Walter, ich habe schon vor mehr als einem Jahr an dieser Stel le gesagt, dass wir den nicht öffentlichen und den öffentlichen Datenschutz beim Landesbeauftragten zusammenfassen wol len.

Wir wollten dabei aber keinen Schnellschuss machen, sondern die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs abwarten. Ich glaube, das war auch gut so; denn sowohl uns als auch Sie hat dieses Urteil überrascht. Wir hätten womöglich schon jetzt nachbessern müssen, weil wir unter Umständen das eine oder andere organisatorisch anders geregelt hätten, als es sich heu te als erforderlich darstellt.

Es ist für uns vollkommen klar: Eine Anforderung an den Da tenschutz im Land ist die völlige Unabhängigkeit des Daten schutzes. Dabei sehe ich eine große Übereinstimmung mit den Anträgen, die Sie eingebracht haben. Deshalb bin ich sehr froh, dass es jetzt zu einem gemeinsamen Antrag gekommen ist. Wir sehen es offenbar gemeinsam so, dass der Datenschutz im öffentlichen und im nicht öffentlichen Bereich beim Lan desbeauftragten für den Datenschutz zusammengelegt werden soll und dass diese Behörde dem Landtag angegliedert wer den soll.

Wir sind auch gemeinsam der Meinung, dass der Datenschutz beauftragte völlig unabhängig sein muss. Wir sind ferner ge meinsam der Auffassung, dass das Parlament ihn zu kontrol lieren hat und er dem Parlament gegenüber rechenschafts pflichtig ist.

Die Unterschiede, die es noch gibt, sehe ich vorwiegend im organisatorischen Bereich. Wir sind der Auffassung, dass die Personalausstattung des Landesbeauftragten für den Daten schutz tatsächlich dem Datenschutz zugutekommen soll und von dieser Personalausstattung kein Personal für reine Ver waltungsaufgaben abgezogen werden soll.

Deshalb sehen wir die Synergieeffekte für den Fall, dass der Datenschutz beim Landtag angesiedelt ist, nur dann gewahrt, wenn die Personalverwaltung und die Haushaltsbewirtschaf tung über den Landtag erfolgen. Ich habe Sie so verstanden, dass Sie eine vollkommen unabhängige Behörde haben wol len, so, wie sie beispielsweise der Rechnungshof darstellt.

Dies ginge uns organisatorisch zu weit. Wir sind dafür, dass die rein organisatorischen Dinge von der Landtagsverwaltung aus gemacht werden sollen. Gleichwohl muss eine sachliche und inhaltliche Unabhängigkeit gewährleistet sein.

Die Regierungsfraktionen werden in Kürze einen Gesetzent wurf vorlegen. Wir werden dies deshalb als Fraktionen tun, weil es ansonsten aus terminlichen Gründen nicht mehr mög lich wäre, den Gesetzentwurf noch vor der Landtagswahl zu verabschieden. Wir sind dabei schon sehr weit fortgeschrit ten. Wir sind gern bereit, diesen Gesetzentwurf vorher mit Ih nen abzustimmen, sodass wir eine möglichst breite Mehrheit für diesen Gesetzentwurf erreichen. Dies würde die Autorität des Landesbeauftragten für den Datenschutz natürlich zusätz lich stärken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Wetzel für die Fraktion der FDP/DVP.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich freue mich, dass wir heute offenbar in so vielen Punkten überwiegend einig sind. Sie von der Op position können daran sehen: Es geht auch gemeinsam.

Die Debatte ist meines Erachtens wichtig, insbesondere weil man immer wieder hervorheben muss, wie wichtig der Daten schutz ist. Das Bundesverfassungsgericht hat 1983 in seinem Urteil zum Volkszählungsgesetz den Datenschutz zum Grund recht erhoben. Hiervon müssen wir immer ausgehen.

Die FDP hat sich seit Jahren dafür eingesetzt, dass der öffent liche und der nicht öffentliche Datenschutz in einer Behörde zu einer einheitlichen Datenschutzstelle zusammengelegt wer den und dass diese Behörde dem Landtag unterstellt wird. Das ist sinnvoll. Meines Erachtens würde es keinen Sinn machen, die beiden Datenschutzstellen getrennt zu betreiben und un terschiedliche Zuständigkeiten zu haben. Mit der jetzt ange strebten Lösung gibt es auch erhebliche Synergieeffekte.

Der Europäische Gerichtshof ist in seinem Urteil vom 9. März 2010 ebenfalls dieser Forderung gefolgt. Dieses Urteil begrü ßen wir, natürlich insbesondere auch vor dem Hintergrund der zahlreichen Datenschutzskandale, die es in den vergangenen Jahren gab. Ich nenne als Beispiele nur Lidl, Facebook, Goo gle, Sehne etc.

Wir brauchen eine unabhängige, schlagkräftige und personell angemessen ausgestattete Kontroll- und Aufsichtsbehörde für die Wahrung unserer Grundrechte. Die Bedeutung, die der Da tenschutz im öffentlichen wie auch im nicht öffentlichen Be reich bei der Bevölkerung hat, zeigt sich deutlich bei einer Al lensbach-Umfrage. 82 % der Befragten misstrauen den Un ternehmen grundsätzlich in der Frage, was diese mit den ge sammelten Daten machen. 72 % misstrauen dem Staat in der Frage, was er mit den gesammelten Daten anfängt.

Das heißt für mich: Die Bürger sind sich des Risikos bewusst, dass sich aus den großen Datensammlungen – sowohl bei den Unternehmen als auch beim Staat – Probleme ergeben kön nen. Wir müssen meines Erachtens auch dafür sorgen, dass das Problembewusstsein, die Sensibilität der Bürger für den Datenschutz erhöht wird. Meines Erachtens sollten wir damit schon in den Schulen beginnen.

Es ist daher erforderlich, eine neue Datenschutzstelle dem Landtag anzugliedern und sie nicht etwa einem Ministerium zu unterstellen. Damit sind die Vorgaben des EuGH auch er füllt. Wir zeigen damit deutlich und klar, dass es uns mit ei nem von der Politik unabhängigen Datenschutz ernst ist.

Die Forderung nach teilweise erheblichen Stellenaufstockun gen, die die Grünen nun erhoben haben, ist aber natürlich schon etwas abenteuerlich; das muss man sagen. Sie berufen sich da immer wieder auf das Ihres Erachtens vorbildhafte Da tenschutzzentrum in Schleswig-Holstein. Wenn man jedoch, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Grünen, ein mal fragt, was die Schleswig-Holsteiner denn dabei so gut ma chen, dann zeigt sich: In diesem Zentrum gibt es momentan 55 Stellen. Wir werden aufgrund unserer Planungen, wenn es gutgeht, in den Jahren 2010 bis 2012 30 Stellen haben. Wenn wir in der Relation bezüglich der Stellenzahlen mit Schles wig-Holstein gleichziehen wollten, Herr Walter, dann müss ten wir mit unseren ca. 10,8 Millionen Einwohnern – Schles wig-Holstein hat ca. 2,8 Millionen Einwohner – ca. 200 Stel len vorsehen.

Sie sehen dabei, dass die Schleswig-Holsteiner gut vom Län derfinanzausgleich profitieren, was sich auch auf den Daten schutz auswirkt – die anderen zahlen es ja. Ich meine, wir brauchen dies, zumindest in dieser Form, nicht zu übertreiben – es sei denn, Sie schicken uns hierfür die Mittel.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das sind doch schwarz-gelbe Regierungen! – Abg. Reinhold Gall SPD: Die FDP muss weg!)

Nein, dabei haben Sie nicht recht. Die Datenschutzstelle wurde in der Amtszeit von Herrn Weichert eingeführt. Sie können sich vermutlich an ihn erinnern; er war auch bereits hier im Haus. Er ist der dortige Landesbeauftragte für den Da tenschutz, und diese Landesdatenschutzzentrale wurde zu ei nem Zeitpunkt eingeführt, als es in Schleswig-Holstein noch eine rot-grüne Landesregierung gegeben hat, und nicht unter Schwarz-Gelb. Das sollten Sie beachten.