Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Straßenverkehr. Bis Mitte 2012 sind in der zweiten Stufe der Kartierung nach der EU-Umgebungslärmrichtlinie rund 5 000 km Hauptver kehrsstraßen zu kartieren. Zur Entlastung der Gemeinden übernimmt dies erneut das Land. Aufgabe der betroffenen Kommunen ist es, die Lärmaktionspläne aufzustellen. Die Umsetzung der Maßnahmen obliegt dann den jeweiligen Bau lastträgern – das kann der Bund, das können Länder und das können Kommunen sein – sowie den zuständigen Straßenver kehrsbehörden.
Anfang Oktober lagen allerdings erst 25 fertige Lärmaktions pläne vor, obwohl wir davon ausgehen müssen, dass in we nigstens 100 Kommunen Lärmprobleme vorliegen und ein Lärmaktionsplan zu erstellen wäre. Hier besteht Nachholbe darf. Ich appelliere deswegen an die Verantwortlichen in den Städten und Gemeinden und bei den für die Umsetzung der Maßnahmen zuständigen Behörden, in enger Zusammenar beit entlang des gemeinsamen Erlasses von Innenministerium und Umweltministerium aus dem Jahr 2008 die Lärmaktions pläne rasch voranzubringen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, man muss wissen, dass hier die Umsetzung der Maßnahmen für den Bund, die Länder und vor allem die Kommunen eine Herkulesaufgabe ist.
Daher fordere ich den Bund erneut auf, das vor der Wirt schaftskrise geplante, von Bund, Ländern und Kommunen zu gleichen Teilen getragene Finanzierungskonzept zur Lärmsa nierung an hoch belasteten Straßen in kommunaler Baulast ab 2011 wieder aufzugreifen. Wir sind hierbei in Gesprächen mit dem Bund, weil dies ein Wunsch aller Länder ist.
Ein Erfolg ist – Kollege Lusche hat darauf hingewiesen –, dass die Lärmsanierungswerte an Bundesfernstraßen um 3 dB(A) gesenkt wurden. Dies geschah übrigens auch unter SchwarzGelb, wenn ich das so sagen darf. Das Land hat diese Absen kung bei uns übernommen und den Kommunen die Übernah me ebenfalls empfohlen.
Im Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz werden wir die Grundlagen dafür neu schaffen, dass ab dem Jahr 2014 nach dem Auslaufen der Zweckbindung auch Lärmschutz maßnahmen an bestehenden innerörtlichen Straßen gefördert werden können. Wir werden morgen über das Landesgemein
deverkehrsfinanzierungsgesetz debattieren. Auch hier sind wir den Kommunen entgegengekommen, weil wir wissen, dass es für sie eine riesengroße Herausforderung ist, dieser Aufga be entsprechend gerecht zu werden.
Das Land wird dem Lärmschutz auch bei der Priorisierung von Straßenbauprojekten eine hervorgehobene Bedeutung bei messen.
Ordnungsrechtliche Maßnahmen wie Tempolimits oder Durchfahrtsverbote für schwere Nutzfahrzeuge sollen dann in Betracht gezogen werden, wenn der erforderliche Schallschutz auf andere Weise nicht wirksam realisiert werden kann. Das Land wird sich dafür einsetzen, dass die rechtlichen Grundla gen dafür auf Bundesebene weiterentwickelt werden. Denn es gibt auch bestimmte Voraussetzungen, die es nicht so einfach machen, wie mancher es hier immer gern darstellt, Ordnungs recht einzusetzen.
Die wirksamste Lärmvorsorge, meine sehr geehrten Damen und Herren, besteht allerdings in einer Reduzierung des Stra ßenverkehrslärms an der Quelle. Wir müssen uns dem noch mals weit mehr zuwenden. Dazu gehören die auf EU-Ebene geänderten Lärmbegrenzungsvorschriften und verbesserte Ge räuschmessverfahren, um eine wirksame Begrenzung der Lärmemissionen von Motorrädern zu erreichen, was gerade in den Sommermonaten ein schwieriges Thema ist.
Wir haben strenge Lärmgrenzwerte für Neureifen, die Einbe ziehung runderneuerter Reifen in die Pflicht zur Lärmminde rung und ein präziseres Messverfahren für den Reifenlärm als vordringlich angesehen. Das Land hat hierzu einmal eine ent sprechende Bundesratsinitiative eingebracht, weil es wichtig ist, auch dort anzusetzen.
Ich begrüße, dass die Europäische Union ab dem 1. Juli 2012 für neu entwickelte Reifen die Umweltkennzeichnung vorge schrieben hat, die auch die Geräuschemissionen umfassen wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Lärmschutz gibt es nicht zum Nulltarif. Ambitionierte Ziele sind jedoch erreich bar, wenn sich Politik und Gesellschaft stärker als bisher für das Thema engagieren und wenn man sieht, dass es eine Viel zahl von Problemen gibt, die gemeinsam angegangen werden müssen, und dass es nicht nur die eine Möglichkeit gibt. Nur dann, wenn es uns gelingt, ein Bewusstsein für den hohen Wert von mehr Ruhe zu schaffen, werden auch die erforder lichen Ressourcen für den Lärmschutz mobilisiert werden können.
Ich habe mit dem Satz begonnen: Jeder von uns prüfe sich auch immer selbst, wie er unterwegs ist, weil auch dies damit zu tun hat. Die Landesregierung von Baden-Württemberg wird auch künftig alles Notwendige für den Lärmschutz tun. Wir werden den Weg weitergehen, den wir bisher beschritten ha ben, den wir, wie ich finde, erfolgreich beschritten haben und bei dem wir uns hinter keinem anderen Land in irgendeiner Form verstecken müssen.
Frau Ministerin, ich bedan ke mich, dass Sie viele unserer Punkte bis hin zu der Defini tion und der Wortwahl teilen, dass es eine Herkulesaufgabe sei.
Zwei Kleinigkeiten aber doch noch zur Klarstellung: Die K-Sohle wünschen wir uns alle. Entsprechende Maßnahmen sind erfreulicherweise auch im Koalitionsvertrag vorgesehen. Nur ist es halt wie so oft in Verträgen und Plänen – das ist das, was wir Ihnen vorwerfen –: Es passiert nichts. Es ist wie mit den Steuersenkungen. Sie sind, glaube ich, im Koalitionsver trag auch vorgesehen.
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Na, na, na! – Gegen ruf des Abg. Thomas Knapp SPD: Ja, ja, ja! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Ruhig, ganz ruhig! – Weitere Zurufe – Unruhe)
Das sind ambitionierte Ziele. Darin sind wir uns einig. Noch mals: Die Bürger werden nicht durch Ziele, durch Ambitio nen, sondern nur durch Taten vor Lärm geschützt.
Damit noch einmal zu den Grünen. Sie sagen: Wir wehren uns dagegen, dass in die Finanzierung von Aufgaben, für die der Bund originär zuständig ist, auch Landesmittel einfließen. Diese Position kann man einnehmen. Das ist klar. Aber man kann das nicht als Dogma durchführen, wenn es darum geht, Bürger vor Lärm zu schützen oder Verbesserungen im Ver kehrsbereich zu erzielen.
Nehmen Sie doch einmal eine planfestgestellte Trasse. Daran können Sie doch nichts mehr ändern, weil der Bund dem nicht entsprechen wird. Wir sagen: Wenn die Regierung dazu be reit ist, muss man es machen. Dann kommen die Grünen und sagen: Nein, Dogma, das ist Bundessache; es gibt kein Geld vom Land.
Gehen Sie einmal nach Bayern. Die Schweiz zahlt dem Bund 50 Millionen €, damit die Eisenbahnstrecke München–Lindau elektrifiziert werden kann. Fordern die Grünen in Bayern, dass das Geld zurück in die Schweiz geht, oder dürfen die Schwei zer zahlen? Die Grünen müssen einmal eine Linie finden. Wir können das nicht nachvollziehen.
(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Schlingerkurs! – Zuruf der Abg. Dr. Gi sela Splett GRÜNE)
Seiʼs drum. Zum Schluss: Den Antrag zur Rheintaltrasse möchten wir gern an den Ausschuss überweisen. Über den An trag zu den Seitenstreifen wollen wir abstimmen. Denn klar ist: Diese verkehrliche Verbesserung, die damit verbunden ist,
erhöht die Akzeptanz für solche Maßnahmen, die verkehrlich sinnvoll sind. Sie sind doch völlig richtig. Sie erhöhen die Ak zeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern, wenn Sie deutlich machen, dass Sie sich bemühen, hier eine Änderung herbei zuführen. Wenn Sie nicht einmal am Bemühen beteiligt sind, dann mindern Sie auch die Akzeptanz für solche sinnvollen Projekte und jagen die Bürger zum Aufstand gegen diesen Staat.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir müssen nun über die Anträge befinden.
Nun kommen wir zum Antrag Drucksache 14/6001. Ab schnitt I dieses Antrags ist als Berichtsteil ebenfalls erledigt. Über Abschnitt II ist Abstimmung gewünscht. Wer diesem Ab schnitt zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegen stimmen? – Enthaltungen? – Abschnitt II ist mehrheitlich ab gelehnt.
Wir kommen nun zum Antrag Drucksache 14/6395. Sie wün schen eine Überweisung an den Umweltausschuss? –
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Ziele der Messe Stuttgart und Landeskonzept der Messeplätze – Drucksache 14/4890
Die Fraktionen sind übereingekommen, den Antrag Drucksa che 14/4890 ohne Aussprache für erledigt zu erklären. – Es ist so beschlossen.
Wir sind am Ende der heutigen Sitzung angelangt. Meine Da men und Herren, die nächste Sitzung findet morgen, Donners tag, 25. November 2010, um 9:30 Uhr statt.