(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Das ist be stellt! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das sieht schwer nach Vorlesestunde aus! – Abg. Jürgen Walter GRÜ NE: Das ist ganz peinlich! Das ist abgesprochen! – Unruhe bei der SPD und den Grünen – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ruhe da drüben!)
Herr Kollege, wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen – das wollte ich in Form einer Kurz intervention schon vorhin sagen –, dass Herr Kollege Sckerl seine Gespräche mit den Polizeigewerkschaften inhaltlich vielleicht nicht ganz vollständig wiedergegeben hat? Mir liegt eine sehr aktuelle Stellungnahme einer Polizeigewerkschaft vor, in der sie sich mit der Frage der Gewalttätigkeiten bei den Demonstrationen auseinandersetzt. Ich darf jetzt die Einschät zung dieser Gewerkschaft zitieren:
Der Einsatz war rechtmäßig, die eingesetzten Kräfte ha ben nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit ge handelt. Sie sind dort, wo ihnen erheblicher Widerstand entgegengebracht wurde, konsequent eingeschritten. Es entspricht nicht der Wirklichkeit, dass es sich bei den im Park versammelten Stuttgart-21-Gegnern ausnahmslos
um friedliche Rentner und Schüler gehandelt habe. Ein zelne Beamte sind von Personen massiv angegriffen wor den, die die überwiegend arglose Menge zur Deckung be nutzt haben.
Weiter schreibt die Gewerkschaft, ihr gehe es um die politi sche Seite des Einsatzes. Das ist auch der Auftrag an den Un tersuchungsausschuss.
Wären Sie bereit, das auch zum Gegenstand Ihrer Rede zu ma chen, weil Herr Sckerl das vorhin nicht gemacht hat?
Herr Kollege Blen ke, ich bin bereit, dies mit Respekt zur Kenntnis zu nehmen und dazu zu sagen, dass sich das mit meinen eigenen Eindrü cken deckt. Aber, wie ich schon gesagt habe: Die Opposition kann dies anders sehen, und sie kann natürlich Aufklärung verlangen.
Jetzt stellt sich die Frage nach den Mitteln und nach der Mo tivation. Da ist die Frage, ob es den Grünen, die sofort gefor dert haben, das scharfe Schwert eines Untersuchungsaus schusses zu zücken, tatsächlich um Aufklärung oder nicht vielmehr um die Bilder geht, die Herr Sckerl angesprochen hat. Als Sie vorhin von diesen Bildern, die niemand mehr ein fangen kann, sprachen, haben Ihre Augen richtig geleuchtet.
Das ist doch Ihre Motivation: Sie möchten, dass diese Bilder, die dem Land Baden-Württemberg schaden, möglichst bis zum Wahltag nicht in Vergessenheit geraten. Denn Sie verfol gen mit diesem Untersuchungsausschuss wahltaktische Ab sichten und nichts anderes.
Es geht Ihnen nämlich nicht um Aufklärung, sondern um flie gende Teppiche. Das ist doch der Grund dafür, dass Sie so auf treten, meine Damen und Herren.
Aber gut, Sie haben nicht die Möglichkeit, einen solchen Un tersuchungsausschuss durchzusetzen. Deshalb müssen Sie den Auftrag des Untersuchungsausschusses, wie ihn die SPD vor schlägt, zähneknirschend mittragen und akzeptieren.
Ich sage für die FDP/DVP-Fraktion ganz deutlich: Wir leh nen die Einsetzung des Ausschusses nicht ab. Aus unserer Sicht ist klar: Der Ausschuss ist ein rechtsstaatliches Instru ment, das die Opposition hat.
Wenn es die Opposition an dieser Stelle für richtig hält, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu beantragen, dann akzeptieren wir dies als legitim, obwohl wir nicht der Auffassung sind, dass dieser Weg unbedingt notwendig ist. Der gleichen Auffassung ist offensichtlich auch die SPD-Frak tion – nicht die SPD als Partei. Im Übrigen besteht auch die Möglichkeit, dass im Untersuchungsausschuss vielleicht die eine oder andere Sicht auf diesen 30. September 2010, die nicht im Interesse der Opposition ist, zur Sprache kommt.
Bei Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, liegen die Dinge etwas schwieriger. Sie haben festgestellt, dass das Thema Stuttgart 21 für Sie Haken und Ösen hat.
Deshalb ändern Sie auch hin und wieder Ihre Position und ent decken das Instrument der Volksabstimmung. Denn Sie haben festgestellt, dass Ihr Teppich im Gegensatz zu dem der Grü nen nicht fliegt.
(Heiterkeit bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Peter Hofelich SPD: Wir stehen mit beiden Beinen auf der Erde!)
Deshalb wollten Sie zuerst auch diesen Untersuchungsaus schuss nicht. Denn Sie haben gemerkt, dass Ihnen dieses The ma eher schadet.
Das konnten Sie aber nicht zugeben. Deshalb haben Sie den Leuten erzählt: „Wir machen das lieber mit Fragen.“ Dann sind Sie auf Ihrem Parteitag gelandet. Offensichtlich haben dort Ihre Erklärungsversuche, weil sie einigermaßen komplex sind, bei den Jusos keinen Widerhall gefunden. Deshalb hat Sie dann auch der Parteitag gezwungen, einen Untersuchungs ausschuss einzusetzen, den Sie nicht wollen, weil Sie Angst haben, dass das Ganze nur den Grünen nutzt.
Aber gut, Umfallen hat bei Ihnen mittlerweile eine gewisse Tradition, insbesondere dann, wenn es um dieses Thema geht.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Marianne Wonnay SPD: Glashaus! Glashaus! – Weitere Zurufe von der SPD und den Grünen)
Aus diesem Grund ist die Einsetzung in Ordnung. Setzen Sie diesen Untersuchungsausschuss ein. Wir sind derselben Mei
nung, die Sie ursprünglich hatten, dass es dieses Untersu chungsausschusses nicht bedurft hätte. Man hätte die Fragen durchaus im parlamentarischen Verfahren beantworten kön nen. Sie bekommen alle Fragen beantwortet, die Sie stellen. Letztlich kann dann die Bevölkerung selbst urteilen, ob es die ses Untersuchungsausschusses bedurft hätte.
Eine Anmerkung noch, Herr Kollege Schmiedel: Sie haben gesagt, Sie hätten wegen der demonstrierenden Schüler Zu schriften bekommen. Ich kann Ihnen sagen: Ich habe auch Zu schriften bekommen. Aber diejenigen, die mir geschrieben ha ben, haben überwiegend die Frage gestellt: Was machen denn diese Schüler während der Schulzeit auf Demonstrationen?
Diese Frage muss man vielleicht auch einmal stellen. Ich ha be nichts dagegen, wenn auch Schüler demonstrieren. Dafür gibt es aber die Freizeit, und dafür gibt es das Wochenende.
(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Die haben sich für ei ne bessere Qualität der Schulen eingesetzt! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)
Herr Kollege Sckerl, Sie sprechen von einer schlimmen Lek tion in Staatsbürgerkunde. Genau Sie sind doch derjenige, der schlimme Lektionen in Staatsbürgerkunde erteilt, weil Sie nämlich der Auffassung sind, dass Schüler, die im Alter zwi schen 13 und 17 Jahren sind, während der Schulzeit gegen Stuttgart 21 demonstrieren sollten,
Die FDP/DVP-Fraktion akzeptiert das Recht auf Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses. Wir halten ihn für nicht an gemessen. Wir halten diesen Untersuchungsausschuss für nicht notwendig. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung über den Einsetzungsantrag der Stimme enthalten.
Ich möchte zum Schluss dieser Debatte eine Bitte äußern. Je der hat seine Einstellung zu dem, was geschehen ist. Das weiß man. Vielleicht können wir uns gemeinsam darauf einigen, dass es doch in weiten Teilen unserer Bevölkerung in BadenWürttemberg und darüber hinaus eine Betroffenheit über das gibt, was sich ereignet hat und was zu sehen war.