Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Politik be ginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit“, ein wahres Wort des großen Sozialdemokraten Kurt Schumacher. Die Wirk lichkeit sieht so aus, dass das Land Baden-Württemberg dank einer überzeugenden politischen Führung bei allen wesentli chen Parametern des Vergleichs an der Spitze im Bundesge biet steht. Das dürfen wir bei dieser Gelegenheit feststellen.
Deswegen lohnt es sich, im Rahmen des Wettbewerbsfödera lismus einen Blick dorthin zu werfen, wo andere ihre politi sche Chance haben. Rot-Grün hat im Moment allerdings nicht viele Möglichkeiten, seine Leistungsstärke unter Beweis zu stellen. Da ist zum einen Bremen. Das ist unter verschiede nen Aspekten nun wirklich keine Benchmark für Baden-Würt temberg.
Da ist zum anderen Nordrhein-Westfalen, dort allerdings in der Situation einer Minderheitsregierung, die sich ihre parla mentarischen Mehrheiten erst dadurch beschaffen kann, dass sie sich mit dem SED-Nachfolger Linke arrangiert.
Rot und Grün in Nordrhein-Westfalen haben sich bereitwillig in die Abhängigkeit von einer Partei begeben, die in ihren Landtagswahlprogrammen ernsthaft die Verstaatlichung von Schlüsselindustrien und die Abschaffung des Verfassungs schutzes fordert.
Ich glaube, dass dieses rot-grüne Minderheitsexperiment so instabil ist, dass es sich die Zustimmung der Bürger jetzt ganz schnell mit einer sehr starken, hohen Neuverschuldung erkau fen will. Die ursprünglich für 2010 vorgesehene Neuverschul dung Nordrhein-Westfalens betrug 6,6 Milliarden €. Sie wur de kurzerhand zur Einlösung von Wahlversprechen und für
Wahlgeschenke um 2,3 Milliarden € auf 8,9 Milliarden € er höht. Eine zukunftsorientierte Haushaltspolitik auch in die sem Land würde ganz sicher ganz anders aussehen. Das ist nicht verantwortungsvoll gegenüber kommenden Generatio nen.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Ojemine! Wer hat Ih nen denn das aufgeschrieben? – Gegenruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Mensch, Ulla!)
Das gleiche Bild der politischen Unzuverlässigkeit zeigt sich bei der Energiepolitik. Dort gibt es ein im Bau befindliches Kraftwerk in Datteln, das fast fertig ist. 900 Millionen € von 1,2 Milliarden € Gesamtkosten sind bereits investiert und ver baut. Dieses neue Kohlekraftwerk soll nicht in Betrieb gehen.
Ähnlich geht man auch hier mit geplanten großen Investitio nen in die Zukunft des Landes um. Die Grünen wollen uns das auch in Baden-Württemberg zumuten.
Ich erinnere im Feld der Wirtschaftspolitik an die Opposition der Grünen zur neuen Landesmesse, die bereits heute eine rie sige Erfolgsgeschichte ist. Es gibt noch viele Beispiele, die man in diesem Zusammenhang erwähnen kann.
Wenn man an die rot-grüne Bundesregierung denkt, dann er innert man sich vor allem an eines: an die Hartz-IV-Reformen.
Diese Hartz-IV-Reformen waren das Werk von Rot und Grün, von dem sich jetzt der eine oder andere gern wieder absetzen würde.
Die Neuordnung der Sozialhilfe innerhalb der Agenda 2010 war Ihr Gesetz; das waren auch Ihre Regelsätze. Jetzt kom men die Grünen auf die Idee, die Regelsätze von 359 € auf 420 € anzuheben und damit über 10 Milliarden € Mehrkosten im Jahr auszulösen. Die Wahlversprechen der Grünen aus der letzten Bundestagswahl belaufen sich auf über 80 Milliar den €. Für eine Haushaltspolitik in diesen Jahren sind die Grü nen als politischer Partner völlig ungeeignet.
Ich möchte zum Abschluss Wolfgang Clement zitieren, der viele Jahre Rot-Grün-Regierung miterlebt hat, im Bund und in Nordrhein-Westfalen.
Die Grünen sind für mich maßgeblich daran schuld, dass hierzulande Zukunftsängste, Innovations- und Risiko scheu grassieren.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Diskussion zeigt doch deut lich, dass Sie die Wahrheit nicht vertragen können
und in dieser Debatte versuchen, den Fakten auszuweichen. Freuen Sie sich doch! Die Umfragewerte sprechen für Sie. Gerade weil das so ist, haben doch wir die verdammte Pflicht, die Menschen darauf hinzuweisen, was sie im Falle Ihrer Wahl erwarten würde. Das ist demokratisch völlig gerechtfertigt.
Herr Schmiedel, Sie haben ein Beispiel gefordert. Sie haben gesagt, man würde im Kreis herum reden und würde keine konkreten Beispiele bringen. Ich nenne Ihnen jetzt ein kon kretes Beispiel, wo Sie zum Schaden des Landes tätig wür den, wenn Sie an die Regierung kämen, nämlich den ländli chen Raum. Eindeutig sagen Sie, dass Sie das zuständige Mi nisterium abschaffen wollen.
Sie von den Roten sind für Zentralismus, Sie wollen die Land kreise abschaffen und Regionalkreise einführen. Dann wäre der ländliche Raum natürlich nur noch ein reines Anhängsel der Stadt.
Die Grünen drücken sich sehr kryptisch aus. Sie reden davon, dass sie die Förderprogramme, wie es in Protokollen immer wieder zu lesen ist, „auf den Prüfstand stellen“ wollen. Sagen Sie doch ehrlich, dass Sie sie abschaffen wollen, um Ihre Kli entelpolitik betreiben zu können!
(Beifall bei der CDU – Abg. Ursula Haußmann SPD: Sie haben doch keine Ahnung! – Zuruf von der SPD: Was war das jetzt?)
Herr Kollege Röhm, Sie woll ten etwas zur Wahrheit sagen. Was verstehen Sie eigentlich unter Wahrheit?
Die Wahrheit ist, Herr Minister Rau, dass Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen abgewählt wurde. Dass Sie jetzt im Landtag von Baden-Württemberg deshalb zu einer Wählerbe schimpfung anheben, ist doch unglaublich.
Sie beschimpfen die Wähler, weil sie die abgewählt haben! Was für ein Demokratieverständnis ist denn das?
Das Einzige, was man aus dieser Debatte mitnehmen kann, ist, dass Sie Angst haben, wie in Nordrhein-Westfalen auch in Baden-Württemberg abgewählt zu werden. Wir werden alles tun, damit das passiert. Dann schauen wir einmal. Aber dass Sie als Demokraten ein Wahlergebnis respektieren und nicht die Wähler beschimpfen, das kann man doch erwarten.
Es liegen keine weite ren Wortmeldungen zu dieser Aktuellen Debatte vor. Damit ist der Tagesordnungspunkt 2 beendet.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zum Vierzehnten Rundfunkänderungsstaatsver trag – Drucksache 14/6802
Das Präsidium hat folgende Redezeiten beschlossen: Nach der Begründung durch die Regierung erfolgt eine Aussprache mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion.