Protocol of the Session on October 12, 2006

(Minister Dr. Ulrich Goll)

nagement im Bereich der justiznahen Sozialarbeit. Das merken Sie in der Zusammenarbeit auf Schritt und Tritt. Die sind professioneller. Das, was die machen, ist ganz einfach besser als das, was wir bisher gemacht haben. Das muss man auch einmal akzeptieren.

Außerdem gibt es noch ein paar handfeste Vorteile, weil die mit ihrer kompletten EDV anrücken. Vorhin ist gesagt worden, dass da mehr Kosten entstünden. Im Gegenteil: Wenn wir selbst die EDV aufbauen müssten, zum Beispiel zu einer elektronischen Klientendokumentation – was wir müssten, um die Qualität zu verbessern –, müssten wir das alles selbst entwickeln und bezahlen. Die Österreicher bringen das fertig mit. Da sparen wir natürlich gewaltig Geld ein.

Ferner ist es – das muss man auch einmal sagen – dank des Know-hows des freien Trägers gelungen, sofort – beinahe hätte ich gesagt: jede Menge – Ehrenamtliche zu finden, die diese Sache gern machen möchten. In den Pilotprojekten waren sofort zig Leute beieinander. Wir haben im Justizministerium extra eine Veranstaltung durchgeführt, um die ein bisschen zu begrüßen. Sie waren handverlesen, sie werden intensiv geschult, und sie waren sofort da. Daher verstehe ich an diesem Punkt wirklich nicht, nachdem das in der Realität klar positiv gelaufen ist, dass Sie, Herr Sakellariou, immer noch versuchen, umzudrehen. Viele selbst ernannte Experten, zu denen ich Sie in diesem Fall auch zählen muss, haben uns vorher prophezeit, wir könnten keine Ehrenamtlichen dafür gewinnen. Dann haben wir sofort welche, und Sie laufen immer noch herum und sagen, wir bekämen keine.

(Zuruf des Abg. Nikolaos Sakellariou SPD)

Das kann ich dann nicht fassen.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Sie haben ganz andere Zahlen!)

Offenkundig ist es so, dass nicht nur alles umgedreht wird, sondern es werden auch Gründe gesucht.

Jetzt wird natürlich von den Standorten geredet. Wir sind jetzt an über 70 Standorten. Hinterher sind wir, wenn ich es richtig im Gedächtnis habe, an ungefähr 50 Standorten. Eine solche Einschränkung hätte es übrigens bei jeder Reform gegeben, egal, wie wir sie machen.

Witzig ist vor allem Ihre Kritik, das sei dann eine Kommpraxis. Ja glauben Sie, dass eine Gehpraxis jetzt möglich ist, wenn jemand 80 Unterstellungen hat? Das wollen wir doch gerade abstellen. Beim jetzigen Zustand kommt der Bewährungshelfer bei einer Gehpraxis vielleicht alle drei Jahre einmal vorbei. Insofern wird dadurch, dass wir mehr Personal drin haben, auch wenn die Zahl der Standorte ein Stück weit reduziert wird, der Kontakt zum Probanden unterm Strich besser. Das ist ganz klar angestrebt, und das werden wir auch erreichen.

Damit ist schon einiges dazu gesagt, warum ich der Meinung bin, dass ein freier Träger besser geeignet ist, die Aufgabe zu übernehmen.

Jetzt zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Übertragung hoheitlicher Aufgaben. Eigentlich ist es wie vorher. Man

müsste zunächst nur einmal einen Blick ins Strafgesetzbuch werfen. Dort heißt es in § 56 d – Bewährungshilfe – unter Absatz 5 lapidar:

Die Tätigkeit des Bewährungshelfers wird haupt- oder ehrenamtlich ausgeübt.

Ende der Durchsage. – Haben Sie da eine Vorschrift entdeckt, die schon lange im Gesetz steht, aber zufällig verfassungswidrig ist? Wir sind auch hier auf der Linie des Gesetzes.

Auch hier sind die Argumente, die dann angeführt werden, schon stark vorgeschoben. Es wird darauf hingewiesen, dass einem Ehrenamtlichen eigene Zwangs- und Sanktionsbefugnisse nicht zustünden und dies die Arbeit erschweren würde. Es wird das Recht des Zutritts zur Wohnung bemüht. Allerdings ist nicht ein Fall bekannt, in dem das je praktisch geworden wäre.

Da sind wir genau an dem Punkt, den auch der Kollege Zimmermann angesprochen hat: Diese Doppelrolle der Bewährungshilfe – einerseits Beschäftigung beim Staat, andererseits Hilfe – wurde früher immer kritisiert. Das ist so. Ich habe an genügend Debatten teilgenommen, in denen gesagt wurde: „Ein Bestandteil des Staates wollen wir gar nicht sein. Wir wollen nur helfen.“ Das haben die Betroffenen früher eindringlich erklärt. Jetzt auf einmal dreht man das Ganze um und fordert, es müsse eine Doppelrolle sein, diese Personen müssten beim Staat beschäftigt sein. Verzeihung, das fängt am Ende irgendwo auch an, witzig zu sein. Es ist von so durchsichtigen Interessen geleitet, dass ich mich frage, wie man einer solchen Diskussion auf den Leim gehen kann.

Es ist richtig: Es gab am Anfang in Baden-Württemberg wie in vielen anderen Bereichen auch ganz einfach freie Träger, die die Bewährungshilfe übernommen haben – wie vieles an Sozialarbeit in diesem Land, das erstklassig durch freie Träger erledigt wird. Es war so, dass die Betroffenen protestiert haben, als sie Beamte wurden, und gesagt haben, da seien sie nicht mehr frei.

Zum Wort Privatisierung würde ich gerne etwas sagen. Ich halte den Ausdruck Privatisierung hier nicht für ganz passend. Es ist die Übertragung an einen freien Träger. Der Ausdruck Privatisierung könnte den Anschein erwecken, als sei das hinterher Privatsache und nicht mehr Sache des Landes. Es ist natürlich weiter Sache des Landes, nur bedient man sich zur Ausführung freier Träger, wie das in vielen Fällen der Fall ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Um Sie zu dieser vorgerückten Stunde nicht zu sehr zu quälen, kann und will ich nicht auf alle Argumente eingehen.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie stoßen auf Ver- ständnis!)

Danke. Noch schneller wäre ich fertig, wenn Sie keine solchen Anträge stellen würden. Darüber sind wir uns auch einig. Dann wären wir schon auf dem Heimweg.

(Minister Dr. Ulrich Goll)

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aber der Antrag ist schon erledigt! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Ich habe etwas ganz anderes gefragt!)

Aber ich bitte Sie, in dieser Diskussion auf eines genau zu achten. Ich komme noch einmal auf den Anfang zurück. Wir hätten auch Reformen angestrebt. Wir wussten nicht, dass der Pilotversuch gut läuft. Er läuft gut. Deswegen bleiben wir auf diesem Weg, der einmal beschlossen worden ist. Aber wir selber waren nicht untätig. Wir haben auch Reformen im Kopf.

Mir fällt auf, dass in der jetzigen Debatte oft genau das kritisiert wird, was wir auch gemacht hätten und was jetzt der freie Träger macht. Er bringt nämlich Struktur hinein und nimmt die Aufsicht wahr, von der ich eben gesprochen habe, damit nicht jeder auf seinem Pfad wandert, sondern einer da ist, der ein bisschen darauf achtet: Was macht der eigentlich? Das hätten wir auch getan; das macht jetzt der freie Träger. Oft scheint mir der Stein des Anstoßes zu sein, dass im Zuge der Qualitätsverbesserung eine straffere Struktur eingebaut wird. Eben das kann der freie Träger besser und schneller als wir.

Darum sind wir – zuletzt ein Wort zum Ländervergleich – im Ländervergleich mit der Reform der Bewährungshilfe weiter als andere, und die anderen schauen schon wieder darauf, wie wir es machen. Es werden andere folgen, die genau diesen Weg einschlagen. Wir sind halt wieder einmal die Ersten,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

das ist alles. Wir werden sicher nicht die Einzigen bleiben.

Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Erledigung der beiden Anträge.

Ich gehe davon aus, dass der Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/285, durch die Aussprache erledigt ist. – Sie stimmen dem zu. Es ist so beschlossen.

Soll über den Antrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/292, abgestimmt werden? –

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Ja, selbstver- ständlich!)

Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Die Gegenstimmen waren die Mehrheit. Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Damit ist Punkt 11 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Umweltausschusses zu der Mitteilung des Umweltministeriums vom 10. August 2006 – Unterrichtung des Landtags in EU

Angelegenheiten; hier: a) Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Umweltqualitätsnormen im Bereich der Wasserpolitik und zur Änderung der Richtlinie 2000/60/EG (KOM[2006]397), b) Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Integrierte Vermeidung und Verminderung der chemischen Verschmutzung von Oberflächengewässern in der Europäischen Union (KOM[2006]398) – Drucksachen 14/260, 14/390

Berichterstatter: Abg. Ernst Behringer

Sie stimmen der Beschlussempfehlung zu. – Es ist so beschlossen.

Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses zu dem Schreiben des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Juli 2006 – Verfassungsbeschwerde der Frau M.-B., Altrip, wegen straßenrechtlicher Feststellung (Handverkauf von Zeitungen in Mannheim) – Drucksache 14/391

Berichterstatter: Abg. Winfried Mack

Sie stimmen der Beschlussempfehlung zu. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Es ist so beschlossen.

Ich rufe Punkt 14 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Schreiben des Staatsministeriums vom 28. Juni 2006 – Bereitstellung von personellen und sächlichen Hilfen für Herrn Ministerpräsident a. D. Erwin Teufel im Rahmen des Staatshaushaltsplans 2005/2006 – Drucksache 14/161

Berichterstatter: Abg. Ingo Rust

Sie stimmen der Beschlussempfehlung zu. – Es ist so beschlossen.