Kein anderes Unternehmen in der Bundesrepublik kommt auch nur annähernd an solche Strompreissteigerungsraten heran, wie wir sie in den letzten Jahren bei der EnBW zu verzeichnen hatten.
Jetzt könnte man ja annehmen – wenn man die Argumentation insbesondere der Kollegen von CDU und FDP/DVP in den letzten Jahren ernst nehmen würde –, wir müssten eigentlich die Billigsten sein. Die EnBW hat den höchsten Atomstromanteil. Uns wurde immer gesagt, das sei eine besonders günstige Energieform.
Also müssten wir eigentlich die Billigsten sein. Fakt ist aber, dass die ganze Geschichte mittlerweile so aussieht: Grundlage für die Strompreisbildung ist die Börse in Leipzig. Das ist sozusagen der Leitmarkt, obwohl da nur 16 % gehandelt werden. Trotzdem richten sich alle an den Preisen aus, die tagtäglich dort gebildet werden. Jeder von uns kann im Internet nachschauen, wie das geht. In den letzten anderthalb Jahren sind die Preise ständig angestiegen. Sie befinden sich mittlerweile im Großhandel auf dem Spotmarkt bei einem Preisniveau von 55 € pro Megawatt.
Das heißt, es gab einen stetigen Anstieg. Ein Unternehmen wie die EnBW mit einem hohen Atomstromanteil von über 60 % und gleichbleibenden Brennstoffkosten – da hat sich ja nichts geändert – hat nicht das Argument, dass die Brennstoffkosten teurer geworden wären. Es gibt auch nicht das Argument, dass die Emissionshandelszertifikate bei den Kernkraftwerken hätten eingepreist werden müssen. Was hat das nun zur Folge? Die Stromgestehungskosten sind gleich geblieben, während auf der anderen Seite die Großhandelspreise hochgeschnellt sind. Die Schere ging immer weiter auseinander. Ich sage Ihnen: Kein anderes Unternehmen von den genannten vier großen Energiekonzernen in der Bundesrepublik hat so von dieser Situation profitiert wie die EnBW.
Jetzt ist natürlich die Frage: Macht es einen Sinn, die Strompreisaufsicht zum jetzigen Zeitpunkt wieder einzuführen, was ja sozusagen das tiefere Anliegen Ihres Antrags war, Kollege Schmiedel?
Ich habe den Eindruck, dass Sie davon auch nicht mehr so sehr überzeugt sind. Aus meiner Sicht macht das keinen Sinn,
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Richtig! Ein halbes Jahr! – Minister Ernst Pfister: Auslauf- modell!)
denn zum 1. Juli des kommenden Jahres läuft die Tarifordnung Elektrizität auf Bundesebene aus. Damit ist die Rechtsgrundlage für die Strompreisaufsicht nicht mehr vorhanden. Für nur sieben Monate diesen Schritt zu gehen – da möchte ich doch infrage stellen, ob das richtig ist. Die Frage ist aber: Was muss man dann machen?
Machen muss man den Punkt, den ich angesprochen habe. Man muss endlich dafür sorgen, dass wir in der Bundesrepublik und insbesondere auch in Baden-Württemberg zu mehr Wettbewerb kommen. Es kann nicht sein, dass der Markt weiterhin von diesen vier Großen beherrscht wird. Das ist der ganz entscheidende Punkt.
Wir haben in unserem Änderungsantrag einige Punkte benannt. Ich fange einmal mit einem an, bei dem Sie auf Landesebene etwas tun könnten.
Wir sind heute in einer Situation, in der die EnBW der beherrschende Akteur am Markt ist. Die EnBW ist übrigens auch derjenige Akteur am Markt, der im Besitz der Kraftwerksstandorte ist, wenn Sie einmal von Mannheim, von der MVV absehen. Das heißt, wenn Sie in Baden-Württemberg andere Akteure wollen – nehmen wir einmal einen Verbund von Stadtwerken oder Investoren von außerhalb an –, dann brauchen Sie Kraftwerksstandorte. An diesen Kraftwerksstandorten fehlt es uns, insbesondere an Kraftwerksstandorten, die für den KWK-Bereich oder für GuDAnlagen interessant sind. Hier, Herr Minister, könnten Sie – ohne dass man da über den Bundesrat gehen müsste oder irgendetwas anderes tun müsste – selbst initiativ werden.
Herr Abgeordneter, ich darf Sie bitten, zum Ende zu kommen. Sie haben Ihre Redezeit bereits weit überzogen.
Ein letzter Punkt: Auch die Verbraucher haben es in der Hand. Ich sage nur: Eine Postkarte genügt, und sie können von der EnBW zu günstigeren Anbietern wechseln. Mittlerweile gibt es in Baden-Württemberg sogar Ökostromanbieter wie die Energiewerke in Schönau, die günstiger sind als die EnBW.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich sagen: Es hat mich beeindruckt, das Diagramm von Herrn Schmiedel zu sehen. Herr Schmiedel hat sozusagen nachgewiesen, dass ein Teilzeitparlamentarier auch in seiner Freizeit sinnvolle Sachen macht, nämlich Diagramme klebt.
Nur langsam! – In der Analyse sind wir uns einig: Die Strompreise in Baden-Württemberg sind hoch; sie sind sogar an der Spitze. Das hat der Wirtschaftsminister übrigens nie bestritten. Die Frage ist nur, woran das liegt, Herr Schmiedel. Darüber streiten wir. Sie machen es sich relativ einfach und sagen: „Daran ist die Genehmigungspflicht schuld.“ Wir sind da anderer Auffassung; das werde ich darlegen.
Eines kann ich Ihnen in diesem Zusammenhang aber nicht ersparen, wenn Sie sagen, das seien „FDP-Preise“. Sie haben zitiert, was die EnBW gestern kommuniziert hat, und haben dabei eines weggelassen, nämlich dass die EnBW gesagt hat: „Wir erhöhen die Preise bis zum 31. März 2008 nicht.“ Nun bin ich weit davon entfernt, Herrn Claassen für seine Politik zu loben. Sie wissen ja, dass meine beiden Minister eine innige Männerfreundschaft mit Herrn Claassen verbindet.
Der Fairness halber muss man aber schon hinzufügen: Die zitierte Preiserhöhung zum 1. Januar 2007 ist auf die Mehrwertsteuererhöhung zurückzuführen.
Ich erinnere mich gut an den Wahlkampf der SPD im Jahr 2005: „Mehrwertsteuer ist Merkel-Steuer“. Dann kam die SPD in die Große Koalition, und aus den geplanten 2 % Mehrwertsteuer wurden offensichtlich 3 % „SchmiedelSteuer“.
Das ist eine „Schmiedel-Preiserhöhung“, die zum 1. Januar 2007 stattfindet, aber nicht eine Preiserhöhung, an der die FDP/DVP schuld ist.
Seit jeher führt die SPD die hohen Energiepreise in BadenWürttemberg darauf zurück, dass die Landesregierung im Jahr 2000 die Genehmigungspflicht für neue Stromtarife durch eine Anzeigepflicht ersetzt hat. Aber die SPD-Fraktion weist in ihrem Antrag zu Recht darauf hin, dass es die SPD selbst war, die im neuen Energiewirtschaftsgesetz die Genehmigungspflicht für Stromtarife gemäß der Bundestarifordnung Elektrizität aufgehoben hat. In Artikel 5 Abs. 3 des
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Woher kommen jetzt die hohen Strompreise in Baden-Württemberg? Auf diese Antwort warte ich immer noch!)
Kein Problem. – Insofern sind sich Bund und Land im Grunde einig, dass der Wegfall der Genehmigungspflicht eine höchst sinnvolle Entbürokratisierungsmaßnahme ist.
An dieser Stelle ist auch interessant, dass das Energiewirtschaftsgesetz, das endlich den Wettbewerb auf dem Energiemarkt voranbringen und somit auch zur Senkung des Strompreises beitragen sollte, zu großen Teilen eine Richtlinie der EU-Kommission in deutsches Recht umsetzt. Diese Richtlinie schreibt die Umsetzung in nationales Recht bis spätestens 1. Juli 2004 vor. Die Umsetzung wurde von der damals regierenden rot-grünen Bundesregierung zunächst einmal verschleppt.
Am 16. Juli 2004 legte daher der Bund der Energieverbraucher Beschwerde bei der EU-Kommission ein. Es wurde dargelegt, dass die Verbraucher durch die Untätigkeit der rot-grünen Bundesregierung monatlich mit Mehrkosten von 500 Millionen € bis 1 Milliarde € belastet würden. Daraufhin leitete die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren wegen der Nichtumsetzung der Richtlinie gegen Deutschland ein. – So viel zum Engagement der SPD für niedrige Strompreise in der Vergangenheit, das angesichts des hier geführten Angriffs auf die Landesregierung schon noch einmal hervorgehoben werden darf.