Dazu kommt noch: Sie gehen jetzt mit dem Gestus der Ehrlichkeit unter die Leute. In Wirklichkeit ist Ihr Wahlkampfkonzept überhaupt nicht gegenfinanziert. Erst dachte man, Sie wollten mit der Mehrwertsteuer Ihre Kopfpauschale finanzieren. Pustekuchen!
Für die 20 Milliarden € haben Sie ja gar keine Gegenfinanzierung, weil Sie die Subventionen – Eigenheimzulage, Pendlerpauschale –, die Sie streichen wollten, die Sie sieben Jahre lang bekämpft haben, jetzt für andere Sachen in Ihren Programmen verwenden werden.
Ich kann zusammenfassen, was Sie hier steuerpolitisch abliefern: Sie sind jetzt in der Realität angekommen und müssen Ihr großspuriges Versprechen der Steuersenkung zurücknehmen. Sie erhöhen die Steuern, statt sie zu senken. Sie sind in der Wirklichkeit aufgeschlagen.
Es bleibt nur noch ein Trümmerhaufen Ihrer ganzen steuerpolitischen Konzeption von sieben Jahren übrig.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Döp- per CDU: Ein Trümmerhaufen sieht anders aus! – Abg. Seimetz CDU: Wir werden die Trümmer wegräumen, die Sie uns hinterlassen haben!)
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Aber jetzt bau mal auf! – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Blutig aufgeschlagen! – Weitere Zurufe)
Man hat den Eindruck, dass die Grünen und die SPD von einem Wahlsieg der Union und der FDP ausgehen; denn sonst wäre an das alles ja nicht zu denken.
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist ja kein Fehler! – Abg. Dr. Scheffold CDU: Da haben sie Recht! – Lebhafte Unruhe)
Eines muss ich Ihnen lassen: Sie sind wesentlich weiter als vor acht Jahren. Sie sind im Jahr 2005 wesentlich besser auf die Opposition vorbereitet, als Sie damals auf die Regierung vorbereitet waren. Das ist überhaupt keine Frage.
Eben ist der Satz gefallen, wir seien in der Wirklichkeit angekommen. In der Tat: Wir sind ganz hart aufgeschlagen, denn die Bundesrepublik Deutschland ist ein Sanierungsfall.
Wir sind hart aufgeschlagen. Lassen Sie es mich mit den Kriterien eines Unternehmens ausdrücken: Wir sind ein hervorragendes Unternehmen
mit ganz großen Aktiva. Wir haben eine motivierte Bevölkerung. Wir haben viele andere Vorteile. Aber dieses Unternehmen Deutschland ist in den letzten Jahren sehr schlecht gemanagt worden. Wir sind ein Sanierungsfall. Wir haben das niedrigste Wachstum. Wir haben eine Riesenarbeitslosigkeit. Dagegen muss etwas unternommen werden.
Jetzt ist die Frage: Welche Medizin hilft? Da muss man sich die Frage stellen: Welche Medizin hilft am besten, und welche hat die geringsten Nebenwirkungen?
Ich glaube, dass das größte Problem jetzt die Arbeitslosigkeit ist. Darüber sind wir uns einig. Deswegen sind wir der Meinung, dass die Lohnnebenkosten gesenkt werden müssen.
Wenn es anders möglich gewesen wäre, hätten wir es anders gemacht. Wir, die Union, sind aber der Meinung: Das ist die Medizin, die am meisten nutzt und am geringsten mit Nebenwirkungen behaftet ist.
Wie sieht es zunächst einmal wirtschaftlich aus? Es ist doch eine Tatsache, die wir einfach sehen müssen, dass in ganz Europa lediglich Zypern und Luxemburg, glaube ich, einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz haben als die Bundesrepublik Deutschland.
Ein Zweites – dabei geht es um die Umgehungsmöglichkeiten –: Hier wird immer wieder behauptet, die sehr gut Verdienenden bei uns würden nicht den Spitzensteuersatz zahlen, weil sie eine Reihe von legalen Möglichkeiten hätten, Steuern zu sparen. Bei der Mehrwertsteuer ist das nicht so einfach. Wenn jemand viel verdient und viel konsumiert,
Ein Weiteres: Der Export, der für Baden-Württemberg ganz besonders wichtig ist, wird ja durch die Mehrwertsteuer nicht belastet.
Sie wissen, dass die Mehrwertsteuer beim Export zurückerstattet wird. Also auch von dieser Seite her ist eine Mehrwertsteuererhöhung vertretbar.
Wie sieht es nun von der sozialen Seite her aus? Es wird zu Recht immer darauf hingewiesen, dass diejenigen, die durch die Lohnnebenkostensenkung nicht entlastet würden, eine höhere Belastung zu tragen hätten. Das ist richtig. Ich will mich gar nicht darum herumschlängeln. Aber eines muss man bei dieser Gelegenheit auch einmal feststellen: Ganz wichtige Dienstleistungen und Produkte des täglichen Bedarfs sind von einer Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht betroffen.
So sind erstens die Wohnungsmieten überhaupt nicht von der Mehrwertsteuer belastet, und zweitens sind Lebensmittel nur mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz belastet.
Das wichtigste Argument – es ist schon einige Male genannt worden –: Die von uns geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer muss man eingebettet in ein Gesamtsystem, in eine Gesamtkonzeption sehen.
Wir haben bereits beschlossen, dass zum 1. Januar 2007 vor allem die Familienkomponenten zur Entlastung bei der Einkommen- und der Lohnsteuer gestärkt werden sollen. Wir wollen sowohl den Eingangssteuersatz als auch den Spitzensteuersatz senken, und wir wollen vor allem die Freibeträge für Familien erhöhen.
Deswegen bin ich der Meinung – um es noch einmal zu sagen –: Eine Mehrwertsteuererhöhung ist wirtschaftlich verantwortbar und in gleichem Maß auch sozial verantwortbar.
Die nächste Frage ist natürlich: Warum haben wir eine Erhöhung angekündigt? Ich darf Ihnen sagen, warum wir sie angekündigt haben. Ich bin davon überzeugt, neben vielen anderen Gründen ist ein Hauptgrund des Versagens der bisherigen Bundesregierung: Es war keine Konzeption zu erkennen, die Bundesregierung war unehrlich, und vor allem glaubt ihr die Bevölkerung heute nichts mehr.
Der erste Finanzminister unter der bisherigen Bundesregierung war Herr Lafontaine. Er hat die Steuern gewaltig erhöht, insbesondere für den Mittelstand.
Das war das so genannte Steuersenkungsgesetz. In Wirklichkeit sind die zu zahlenden Steuern dadurch um 20 Milliarden € gestiegen.