ich überzeugt bin, dass es auch in Zukunft diese Erfolgsgeschichte von Bildung, Ausbildung, Wissenschaft und Forschung als Herzstück der Landespolitik fortsetzen wird, dem ich wünsche, dass jede und jeder von Ihnen immer stärker wahrnehmen kann, wie sehr die jeweils nächste Generation darauf wartet, dass wir ihr eine Chance geben, dass wir sie in ihrer Neugierde, Lernbereitschaft und Leistungsbereitschaft sowie in ihren Talenten wahrnehmen. Vielleicht ist es für die politische Kultur – egal, in welchem Ressort, und egal, in welcher Aufgabenstellung – ein ganz bedeutsamer Faktor, Kinder und Jugendliche mit ihren Talenten, ihren Chancen und Grenzen wahrzunehmen und daraus auch selbst Kraft für die alltägliche Arbeit in der Politik und für die Wirren des politischen Alltags zu schöpfen.
Ich wünsche Ihnen Kraft und Durchstehvermögen in wirren Tagen und persönlichen Erfolg in dem, was Ihnen wichtig ist.
(Die Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP spenden stehend anhaltenden starken Beifall. – Abg. Teufel CDU schüttelt Ministerin Dr. Annette Schavan die Hand.)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Debatte ist noch nicht zu Ende. Bevor ich zu einem persönlichen Wort zu Frau Schavan komme, möchte ich noch einige Bemerkungen machen. Ich finde es übrigens sehr interessant, dass heute bei dieser wichtigen Debatte der Ministerpräsident nicht anwesend ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Schmie- del SPD: Wo ist er denn, der Herr Oettinger? – Abg. Wacker CDU: Drexler ist auch nicht da! Wo ist denn der Herr Drexler? – Gegenruf der Abg. Marianne Wonnay SPD: Er ist da!)
Dies halte ich nicht gerade für den Ausdruck einer besonderen Wertschätzung gegenüber der Bildungspolitik.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will noch ein paar Bemerkungen machen. Wer bei PISA – und darum geht es ja – die Spitzenränge belegen will, hat zwei Möglichkeiten: Entweder er greift zurück auf die Lehrmethoden der Fünfzigerjahre, die ja auch bei uns hier sehr vorherrschend waren – das heißt also, er übt Druck und Drill aus wie zum Beispiel in Korea und in Japan; das wollen wir aber nicht –, oder er gestaltet eine zukunftsorientierte Schule, so wie es in den skandinavischen Ländern gang und gäbe ist, wo Lernen – und da stimme ich mit Ihnen, Frau Schavan, überein – also einen anderen Stellenwert hat.
Aber die Frage ist natürlich, welchen Stellenwert Bildung in diesem Lande hat. Sie tragen dafür die Verantwortung, wie die Bildungspolitik nach 50 Jahren – Sie haben es ja betont – aussieht.
Wer besseres, effektives Lernen will, braucht eine andere Lernkultur, der braucht auch eine andere Fehlerkultur, der braucht längere gemeinsame Lernzeiten, der braucht die
Jetzt sage ich Ihnen – weil Sie von Regierungsseite heute schon so oft Herrn Prenzel zitiert haben – noch etwas: Herr Prenzel als verantwortlicher Koordinator der PISA-Studie 2003 sagt: Schulen tun sich schwer im Umgang mit unterschiedlichen Begabungen. Genau das ist das Problem. Schulen können letztendlich nicht oder noch nicht ausreichend mit der individuellen Förderung umgehen. Wir brauchen also eine andere Lernkultur, und zwar eine solche, die eben jene Bildungsressourcen weckt, die bislang vernachlässigt werden.
Ich verzichte jetzt auf die Erwähnung vieler Punkte, die ich noch anführen könnte, wo es in Baden-Württemberg klemmt und wo wir auch künftig eine entsprechend andere Politik brauchen.
Einen Punkt will ich aber doch noch nennen. Wer hier jetzt erstmals die Berufsschulen erwähnt, die in der Bildungspolitik in Baden-Württemberg gerade von Ihrer Seite aus bis jetzt leider kaum eine Rolle spielen, dem muss ich sagen: Wer allein schon einen strukturellen Unterrichtsausfall an unseren Berufsschulen von 10 % hinnimmt, schadet der beruflichen Ausbildung.
ich weiß nicht, ob das Gespräch mit Ihrem Nachfolger so wichtig ist –, die Sonderpädagogik hervorzuheben. Auch dazu ließe sich viel sagen. Tatsache ist aber, dass es in Baden-Württemberg nahezu ausgeschlossen ist, dass Kinder mit Behinderung in der Regelschule integriert werden, weil die dazu erforderlichen Ressourcen nicht bereitgestellt werden. Selbst Außenklassen, die Sie sonst hervorheben, kommen nicht zustande, wie dies erst kürzlich in Leutkirch der Fall war, weil sich dort die Schulverwaltung nicht dazu bereit erklärt.
Meine Damen und Herren, ich will trotzdem allen, die in der Schule tätig sind, die trotz dieser schwierigen Bedingungen in Baden-Württemberg in der Schule arbeiten und dafür sorgen, dass Schulentwicklung trotz dieser erheblichen Schwierigkeiten stattfindet, recht herzlich danken.
In der Tat haben wir hart gestritten. Das ist in der Demokratie auch wichtig. Ich will Ihnen jetzt gar nicht eine Note erteilen. Das hat der Fraktionsvorsitzende getan.
Wir müssten eigentlich ein Berichtszeugnis machen. Meine Rede war auch eine Bilanz ihrer Leistung. Sie haben sicherlich nicht alles falsch gemacht.
(Lachen bei der CDU – Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Wacker CDU: Manchmal ist es besser, man schweigt! – Abg. Seimetz CDU: Si tacuisses!)
Wir haben auch einige Punkte mitgetragen. Ich denke da zum Beispiel an die Kopftuchgeschichte. Aber Sie haben eben vieles nicht richtig oder unvollständig gemacht.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Abg. Seimetz CDU: Kein Niveau! Das war echt peinlich! Zeller, wie er leibt und lebt!)
Frau Kultusministerin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie können sich natürlich denken, dass ich auch jetzt noch sehr gern und intensiv mit Ihnen weiter streiten würde. Sie haben vieles angesprochen, zu dem ich sehr gerne noch inhaltlich intensiv einsteigen würde. Aber klar ist, dass das heute nicht mehr der Tag dafür ist,
sodass ich mich deshalb auf ganz wenige Bemerkungen beschränken möchte, die für mich einfach noch einmal als Kommentar wichtig sind.
Zum Ersten: Sie haben Professor Klemm und seine Äußerung erwähnt, dass die südlichen Länder möglicherweise deshalb besser abgeschnitten hätten, weil sie das dreigliedrige Schulsystem konsequenter verwirklicht hätten. Liebe Frau Kultusministerin, für diese Erkenntnis hätte ich nicht Herrn Klemm gebraucht; das habe ich schon vor fünf Jahren gesagt. Ich bin ja nun wirklich absolut unverdächtig, eine überzeugte Anhängerin des dreigliedrigen Schulsystems zu sein.
Allerdings ist es in der Tat so: Sie haben natürlich aufgrund dieser Dreigliedrigkeit bereits in der Vergangenheit extrem viele Ressourcen aufwenden müssen, um dieses dreigliedrige Schulsystem zu optimieren. Sie stoßen jetzt an die Grenzen dieser Optimierungsstrategie.
Diese Grenze ist schon längst erreicht, und Sie werden angesichts zweier Entwicklungen, nämlich zum einen der demografischen Entwicklung und des damit verbundenen Schülerrückgangs und zum anderen der Abstimmung der Eltern „mit den Füßen“ – freiwillig wählen die Eltern nicht mehr die Hauptschule – weiter an Ihre Grenzen stoßen und werden diese Optimierungsstrategie nicht weiter fortsetzen können. – Das ist der erste Punkt.
In Bezug auf den zweiten Punkt möchte ich einfach noch einmal ein Wort zur humanen Ausgestaltung des Bildungswesens sagen: Frau Schavan, Sie haben wieder betont – und da stimme ich ja mit Ihnen überein –, dass die Bildung einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft haben muss. Auch ich sage: Wir brauchen einen hohen Stellenwert für die Bildung, und wir brauchen auch die Anerkennung dieses hohen Stellenwerts durch die Eltern. Wir wissen ja, dass dies in Finnland, in Schweden und auch in Kanada sehr viel stärker der Fall ist als bei uns. Aber ein Bildungssystem sollte nicht so ausgestaltet werden, dass Kinder, die nicht schnell genug lernen können, bereits nach der zweiten Klasse mit Ziffernnoten bestraft werden.
(Abg. Wieser CDU: Das ist doch keine Strafe! Leistungsbeurteilung ist Motivation und keine Stra- fe!)
Vielen Dank für Ihre Initiativen in Sachen Noten. Mein Sohn, zweite Klasse, kam heute mit einem sonderbaren Zeugnis nach Hause: Mathematik ausreichend, Deutsch ausreichend. Ich weiß nicht, wie er angesichts solcher Benotungen der Schule noch etwas abgewinnen kann. Warum werden nur diese zwei Fächer bewertet und nicht die vielen anderen Dinge, die er in der Schule geboten bekommen hatte und in denen er gut ist – Sport, Musik, Naturkunde, Technik, Soziale Dienste?
Ein Bildungssystem muss doch so ausgestaltet werden, wie es ja auch Professor Spitzer fordert: Kinder müssen auch merken, dass sich das Lernen lohnt