Protocol of the Session on July 28, 2005

Ich darf noch einmal daran erinnern, worum es geht. Die Windenergie hat sicher keinen herausragenden Anteil an der Energieversorgung, leistet aber einen wichtigen Beitrag, den wir im Rahmen der Nutzung erneuerbarer Energien benötigen. Die Windkraft ist die Energie, die bislang auch die großen Zuwachsraten hatte. Wir sind in Baden-Württemberg nur bei einem Anteil von etwa 0,3 oder 0,4 %. Dieser Anteil wäre auch in Baden-Württemberg ausbaubar. Das hat der Herr Minister soeben gesagt und darauf hingewiesen, dass wir an diesem Ziel festhalten. Das würde für Baden-Württemberg bei der Leistung, die neue Windkraftanlagen gegenwärtig haben, vielleicht 200 neue Windkraftanlagen bedeuten. Wenn sich die Technik weiter verbessert, ist es durchaus möglich, dann auch die angestrebten Anteile von 3, 4, 5 oder 6 % zu erreichen, wie es auch in anderen Bundesländern angestrebt wird.

Überhaupt nicht eingegangen sind Sie darauf – was man aber hervorheben sollte –, dass durch die Nutzung dieses Potenzials auch Arbeitsplätze in unserem Land geschaffen werden.

(Beifall des Abg. Knapp SPD)

Mittlerweile arbeiten im Bereich der Windkraftanlagen und der damit verbundenen Industrie mehr Menschen als in der Atomindustrie. Die mit der Windenergienutzung verbundene Industrie ist nach der Autoindustrie der zweitgrößte Nachfrager nach Stahl. Das heißt, die Potenziale im Energiesektor spiegeln sich auf der anderen Seite auch auf dem Arbeitsmarkt. Ich meine, das ist ein Gesichtspunkt, den wir hier durchaus berücksichtigen sollten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Birk CDU: Durch Verlagerung von Arbeitsplätzen!)

Ja, ja! – Sie haben, verehrte Frau Kollegin Brenner, auch noch auf den Vogelschutz hingewiesen. Ich will dazu einen ganz unverdächtigen Zeugen benennen.

(Zuruf der Abg. Dr. Carmina Brenner CDU)

Es gibt eine NABU-Studie, vorgestellt am 3. März 2005. Darin steht:

Vogelschlag durch Windräder unbedeutend

Vogelschlag kommt in Deutschland nur vereinzelt vor. „Wenn man die intensiven Zählungen aus Brandenburg umrechnet, kommen dort auf 1 800 Anlagen 115 Opfer. …“

(Abg. Dr. Carmina Brenner CDU: Den Rest holt der Fuchs! – Abg. Fleischer CDU: Die anderen sind weggetragen worden!)

Meine Damen und Herren, wir sollten das in der Dimension lassen, wie es sich auch tatsächlich abspielt.

(Abg. Fleischer CDU: Denken Sie an die Fleder- mäuse am Rosskopf!)

Sicher gibt es Flächen in unserem Land, die man als Ausschlussgebiete definieren kann.

(Abg. Dr. Carmina Brenner CDU: Vogelzuggebie- te! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, das Wort hat Herr Abg. Kaufmann!

Das gibt es. Aber was Sie praktiziert haben, ist ja ein automatischer Ausschluss aller Gebiete, die nicht Vorranggebiete sind.

(Abg. Dr. Carmina Brenner CDU: Vogelzugge- biet!)

Durch das Landesplanungsgesetz haben Sie – daran möchte ich Sie erinnern – Vorranggebiete geschaffen und damit einen automatischen Ausschluss aller anderen Gebiete erreicht. Das heißt, quasi 99 % der Fläche sollen für die Windkraftanlagen tabu sein. Das ist unvernünftig. Das hätte kein Regionalverband von sich aus geplant. Vielmehr hätte man dort gesagt: „Ausschlussgebiete ja, Vorranggebiete auch, und beim Rest machen wir Einzelfallprüfung.“ Sie haben nämlich jetzt genau die Situation, dass es Kommunen gibt, die, auch unter dem Gesichtspunkt zusätzlicher Gewerbesteuereinnahmen, gerne Windkraftanlagen errichten wollen, und dass dort investiert werden könnte. Aber es kann wiederum nicht investiert werden, weil die Landesplanung es nicht zulässt. Und dort, wo die Vorranggebiete ausgewiesen sind, haben Sie oft die Situation, dass man sich sowohl vom Eigentümer als auch vom Umfeld her dagegen wehrt, dort Windkraftanlagen zu schaffen, sodass Sie auch keine entsprechenden Investitionen haben.

Das heißt, es ist eine absurde Situation. Sie müssen hier nicht lange nach Beispielen suchen. In meinem eigenen Wahlkreis haben wir eine solche Situation im Raum Gernsbach/Loffenau an der so genannten Teufelsmühle – nomen est omen –, wo Sie sich so sehr verkämpft haben. Es gibt noch andere Gebiete, etwa „Kohlwasen“, wo Sie sich auch streiten. Das heißt, Sie haben jetzt die Auseinandersetzung, dass dort, wo investiert werden kann und wo man investieren will, die Vorgaben der Regionalplanung dies verhindern. Damit ist dieses Gesetz oder sind diese Vorgaben, die Sie gemacht haben, unter diesem Gesichtspunkt einfach unvernünftig.

Wir werden in Bezug auf unsere beiden Anträge, die Ihnen zu diesem Tagesordnungspunkt mit vorliegen, damit einverstanden sein, dass sie an den zuständigen Ausschuss überwiesen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Witzel.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Noch ein Plädoyer für die Windkraft!)

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren! Angesichts des Debattenverlaufs ist es notwendig, auf ein paar Punkte hinzuweisen. Frau Brenner, es stimmt schlicht und einfach nicht, dass sich die Windkraftanlagen in Baden-Württemberg nur aus Abschreibungsgründen drehen. Investoren in Windkraft wollen auch Geld verdienen, und die guten Standorte im Hochschwarzwald sind in Bezug auf den Ertrag mit Standorten an der Nordsee vergleichbar.

(Abg. Fleischer CDU: Ach was!)

Das heißt, es gibt gute Standorte, und wenn die von der Regionalplanung ausgewiesen werden, kann man dort auch sinnvoll mit Windkraftanlagen Strom zu günstigen Bedingungen erzeugen. Dafür ist natürlich eine richtige Regionalplanung wichtig, die nicht die gut sichtbaren Standorte einfach von vornherein ausblendet.

(Beifall der Abg. Kretschmann und Brigitte Lösch GRÜNE)

Lassen Sie mich zum Zweiten noch einmal auf das angeführte Argument zu dem Verbot der Nutzung staatlicher Forstwege eingehen. Frau Brenner, Sie haben eine solche Nutzung mit Ihrem Beispiel von dem Stuttgarter, der am Sonntagnachmittag zu seiner Windkraftanlage fahren will, lächerlich gemacht.

(Abg. Drautz FDP/DVP: Aber Recht hat sie ge- habt! – Gegenruf des Abg. Teßmer SPD – Abg. Dr. Carmina Brenner CDU: Wer bezahlt die Waldwege hinterher?)

Herr Hofer, Ihr Urteil als Jurist schätze ich, aber auch Ihr Votum trifft nicht den Punkt. Wichtig ist ja erst einmal, dass eine Anlage gebaut werden kann. Das Beispiel Loffenau ist genannt worden. Dort sollten vier Windkraftanlagen entstehen. Ein Investor stand bereit. Eine Investitionssumme von etwa 10 Millionen € stand auf dem Spiel. Dann hat der Forst gemauert, indem er gesagt hat: „Ich gebe nicht die Erlaubnis, dass diese Anlagen über meine Forstwege dorthin transportiert werden können.“ Wohlgemerkt, es ist gutes Recht des Landes, also des Besitzers des Grundstücks, so etwas zu machen – es könnten auch Gebühren verlangt werden. Aber aus ideologischen Gründen den Transport zu verbieten, um die Windkraftanlagen zu verhindern, das ist das, was wir angreifen. Das macht Investitionen kaputt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das sorgt auch dafür, dass wir das Klimaschutzziel möglicherweise nicht erreichen.

Ich darf Herrn Pfister dafür danken, dass er in dieser teilweise etwas emotional geführten Debatte noch einmal klar die Potenziale genannt hat: Die Biomasse liegt an erster Stelle der Ausbaupotenziale, an zweiter Stelle die Wasserkraft und an dritter Stelle – –

(Minister Pfister: Umgekehrt!)

Wenn man die Ausbaupotenziale anguckt, ist es anders, aber wir sind uns einig, dass die Windkraft im Strombereich an dritter Stelle liegt, beispielsweise weit vor der Solarenergie. Diese Potenziale dürfen wir nicht einfach kaputtmachen, indem wir irgendwo das Befahren von Waldwegen mit Schwertransportern während der Bauphase halsstarrig verhindern. So geht das nicht.

(Abg. Schmiedel SPD: Zu den Forstwegen hat er aber auch nichts gesagt!)

So werden Investitionen verhindert, und das bewirkt, dass Arbeitsplätze nicht entstehen. Das ist Gift für dieses Land.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das Wort erhält Herr Minister Hauk.

(Abg. Teßmer SPD: Freigabe der Waldwege! – Abg. Schmiedel SPD: Jetzt kommt die Freigabe al- ler Waldwege!)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Entschuldigung Ihrerseits wäre eigentlich angebracht. Die Anträge sind bereits ein Jahr alt. Ich hatte eigentlich gedacht, sie seien damit – auch bei besserem Kenntnis- und Wissensstand – ein Stück weit erledigt. Dass Sie diese heute in einer veränderten Gesamtsituation erneut aufrufen, zeigt eigentlich, dass Sie in dieser Frage noch nichts dazugelernt haben.

Den Grünen allerdings will ich zumindest ein gewisses Umdenken attestieren, da Sie, Herr Kollege Dr. Witzel, jetzt neuerdings die Biomasse als den für Baden-Württemberg geeigneten Energieträger im regenerativen Bereich erkennen.

(Abg. Schmiedel SPD: Da machen Sie ja auch kaum etwas!)

Ich kann nur sagen: Gut, dass Sie endlich aufwachen!

(Abg. Kretschmann GRÜNE: Wir haben hinzuge- lernt! – Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Aber Biomasse allein reicht auch nicht!)

Wir wären froh gewesen, wenn wir bereits vor zehn Jahren im Holzfeuerungsbereich Ihre Unterstützung in diesem Umfang gehabt hätten und wenn Sie diese echte Alternative damals mit uns gemeinsam vertreten hätten. Das hätte dem Land gut getan, und es hätte auch der Akzeptanz der regenerativen Energien in der Summe gut getan.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, wo stehen wir denn beim Thema Windkraft im Augenblick? Einmal ganz nüchtern bilanziert: Die Verbraucherpreise erhöhen sich sukzessive, Vögel sterben – ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht –,

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Und die Fle- dermäuse! – Abg. Dr. Birk CDU: Vogelkiller! – Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)